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Kosteneffiziente energetische Optimierung bei der Gebäudesanierung

Ergebnisse aus einem Projekt der Internationalen Forschungskooperation (IEA EBC Annex 56)

Von David Venus und Karl Höfler

Im Rahmen eines Projektes der Internationalen Forschungskooperation (IEA EBC Annex 56 [1]) wurden auf internationaler Ebene Untersuchungen zu energetisch relevanten Sanierungsmaßnahmen und deren Auswirkungen auf Lebenszykluskosten sowie Treibhausgasemissionen und Primärenergiebedarf durchgeführt. Das Ziel war dabei, kosteneffiziente Sanierungsmaßnahmen zu identifizieren und die möglichen Einsparpotenziale über den Lebenszyklus des Gebäudes aufzuzeigen.

Abbildung 1: Im Rahmen des IEA EBC Annex 56 detailliert untersuchte Gebäude nach deren Sanierung (Quelle: [1])

Einleitung

Um energieeffiziente Gebäude mit geringem Energiebedarf und erneuerbarer Energieerzeugung vor Ort voranzutreiben braucht es innovative Sanierungsprojekte, die eine Vorreiterrolle übernehmen und zur Inspiration als Best-Practice Beispiele für Expertinnen und Experten sowie für die breite Öffentlichkeit dienen. Im Rahmen der Internationalen Forschungskooperation (IEA) wurden dazu sechs solcher Vorzeigesanierungen recherchiert und detailliert analysiert. Bei den Gebäuden handelt es sich um Wohn- und Nicht-Wohngebäude, die als Vorzeigeprojekte in jedem einzelnen europäischen Land angesehen werden. Tabelle 1 zeigt einen Überblick über die untersuchten Gebäude.

Tabelle 1: Übersicht der im IEA EBC Annex 56 untersuchten Gebäude

Methodik

Für jedes dieser sechs Gebäude wurden Sanierungspakete mit einer Reihe von unterschiedlichen Sanierungsmaßnahmen angenommen. Die Maßnahmen umfassten dabei:

  • Gebäudehülle: Maßnahmen zur Verbesserung der thermischen Qualität der Gebäudehülle, wie z.B. Wärmedämmung der Fassade, des Daches, des Fußbodens und/oder Fenstertausch
  • Haustechnik: Modernisierung bzw. Erneuerung von Heizungsanlagen, Brauchwarmwasserbereitung, Kühlung, Lüftung sowie Allgemein- und Haushaltsstrom (z.B. Beleuchtung)
  • Variation von Energieträgern für Heizung, Kühlung und Brauchwarmwasser
  • Erneuerbare Energieerzeugung vor Ort, wie z.B. Solarthermie oder Photovoltaik

Die Varianten reichten dabei von minimalen Maßnahmen bis hin zu umfassenden hochwertigen Sanierungen. Zusätzlich wurde bei den Untersuchungen auch die tatsächlich umgesetzte Sanierung abgebildet und verglichen.

Neben jenen Sanierungsmaßnahmen, die zu einer Reduktion des Energiebedarfs führen, wurde auch ein Referenzfall definiert, der nur SOWIESO-Maßnahmen berücksichtig, wie z.B. Streichen der Fassade, Ausbessern des Daches,… Dieser Referenzfall dient als Ausgangspunkt und Vergleich mit den energetisch relevanten Maßnahmen.

Die Bewertung aller definierten Sanierungsmaßnahmen und -pakete erfolgte entsprechend der im Projekt entwickelten Berechnungsmethodik [2] und umfasst dabei die Lebenszykluskostenberechnung (LCC) sowie die Lebenszyklusanalyse (LCA), wobei hier als Parameter der Primärenergiebedarf und die Treibhausgasemissionen über die angenommene Lebensdauer der Gebäudekomponenten herangezogen wurden.

Ergebnisse

Für jedes der sechs untersuchten europäischen Gebäude wurden die Varianten der Lebenszykluskosten in Abhängigkeit vom Primärenergiebedarf und von den Treibhausgasemissionen dargestellt.

Abbildung 2 zeigt beispielhaft die Ergebnisse für das österreichische Mehrfamilienhaus.

Abbildung 2: Vergleich der Varianten in Bezug auf Lebenszykluskosten, Treibhausgasemissionen (links) und Primärenergiebedarf gesamt (rechts) für das österreichische Mehrfamilienhaus (Quelle: [1])

Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass alle berechneten Sanierungsmaßnahmen kosteneffizient sind. Das bedeutet, dass die Lebenszykluskosten der Sanierungsvarianten geringer sind als jene der Referenzvariante (SOWIESO-Variante). Die geringsten Treibhausgasemissionen und auch der geringste Primärenergiebedarf werden in Österreich von der tatsächlich ausgeführten Sanierung erreicht. Im Vergleich zur Referenzvariante kann die ausgeführte Sanierung die Treibhausgasemissionen um 87% und den Primärenergiebedarf um 65% senken.

Eine genaue Betrachtung der Ergebnisse zeigt, dass die Sanierungsvarianten, in welchen die Heizung und Brauchwarmwasserbereitung über Biomasse oder Fernwärme (auf Basis erneuerbarer Energieträger) erfolgt, geringere Treibhausgasemissionen aufweisen als die Varianten in denen Öl oder Gas verwendet wird. Es zeigt sich aber auch, dass alle vier Varianten mit Biomasse und Fernwärme ähnliche Ergebnisse erzielen. Das bedeutet, dass die Unterschiede der Sanierungspakete durch unterschiedliche Dämmdicken (U-Werte) und Haustechnik (z.B. mechanische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung) in den Treibhausgasemissionen und Lebenszykluskosten nicht sichtbar sind. Bei den Sanierungsvarianten, die Öl oder Gas verwenden, zeigen sich diese Unterschiede jedoch schon. Die umfassende Sanierung kann hierbei deutlich geringere Emissionen erzielen, dies bei etwas höheren Lebenszykluskosten bei Öl beziehungsweise etwas geringeren Lebenszykluskosten bei Gas, jeweils im Vergleich zu einer minimalen Sanierung entsprechend den Mindestanforderungen der OIB Richtlinie 6 (2011) [3] (Variante „minimum“ in Abbildung 2).

Die in den Treibhausgasemissionen festgestellten Unterschiede zwischen den Varianten mit erneuerbaren Energieträgern Biomasse und Fernwärme und den Nicht-erneuerbaren Energieträgern Öl und Gas zeigen sich beim Gesamt-Primärenergiebedarf in geringerem Ausmaß. Demnach sind die Primärenergiewerte der einzelnen Sanierungspakete recht ähnlich, wobei mit den umfassenden Sanierungsvarianten etwas geringere Werte im Vergleich zur Mindestsanierung erreicht werden können.

In weiterer Folge wurden nicht nur die Auswirkungen der einzelnen Sanierungsmaßnahmen auf die Lebenszykluskosten, die Treibhausgasemissionen und den Primärenergiebedarf untersucht und analysiert, sondern auch jene Einsparpotenziale ermittelt, die sich für die sechs europäischen Gebäude durch die Sanierung im Vergleich zu den SOWIESO-Varianten ergeben.

Abbildung 3 zeigt die Einsparpotenziale aller untersuchten Sanierungsvarianten für die sechs Gebäude. Dargestellt sind dabei die relativen Einsparungen von Treibhausgasemissionen (CO2), Primärenergiebedarf (PE) und Lebenszykluskosten (LCC) bezogen auf die jeweilige Referenzvariante (SOWIESO-Sanierung). Bei den Einsparungen handelt es sich jeweils um die maximal möglichen Einsparungen.

Abbildung 3: Relative Einsparpotentiale von Treibhausgasemissionen (CO2), Primärenergiebedarf (PE) und Lebenszykluskosten (LCC) aller untersuchten Sanierungsmaßnahmen (Quelle: [1])

Fazit

Die detaillierte Analyse zeigt, dass enorme Einsparpotenziale vorhanden sind. So können die Treibhausgasemissionen und der Primärenergiebedarf bis zu über 90% reduziert werden. Auch Reduktionen der Lebenszykluskosten von bis zu 50% sind möglich. Für Österreich konnten im Vergleich zur Referenzvariante Einsparungen von 87% der Treibhausgasemissionen, 65% des Primärenergiebedarfs und 38% der Lebenszykluskosten durch die verschiedenen Sanierungsmaßnahmen erreicht werden.

Das zeigt eindeutig, dass hohe Einsparungen der Treibhausgasemissionen und des Primärenergiebedarfs möglich sind, wobei die entsprechenden Sanierungsmaßnahmen auch kosteneffizient sind.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Die detaillierten Untersuchungen der sechs Gebäude ermöglichen Empfehlungen für zukünftige kosteneffiziente Sanierungen in Richtung „nearly zero-energy“ und „nearly zero-emissions“ abzuleiten:

  • Die Anzahl der sanierten Bauteile ist wichtiger als die Wärmedämmdicke des einzelnen Bauteils.
  • Ein Wechsel zu Erneuerbaren Energieträgern reduziert die Treibhausgasemissionen deutlicher als thermische Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle.
  • Umgekehrt haben Maßnahmen an der Gebäudehülle einen größeren Einfluss auf den Primärenergiebedarf.
  • Wenn das Sanierungsziel ein „Net Zero Emissions“-Gebäude ist, so ist eine Kombination von Maßnahmen an der Gebäudehülle und der Wechsel auf erneuerbare Energieträger erforderlich.
  • Kosteneffiziente Sanierungen sind immer gegeben, wenn das Bestandsgebäude einen schlechten thermischen und haustechnischen Zustand aufweist.

Sämtliche Ergebnisse der Untersuchungen der sechs europäischen Gebäude sowie die weiteren Ergebnisse dieses Forschungsprojektes fließen in einen finalen Bericht, der unter dem Titel „Renovation Guidebook“ publiziert wird und als Hilfestellung für Gebäudeeigentümerinnen und –eigentümer, Professionisten sowie für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger dient. Die Publikation ist für das Jahr 2016 geplant.

Hinweis

Weitere Informationen zu diesem Projekt der Internationalen Forschungskooperation und den durchgeführten Berechnungen sowie Ergebnissen sind auf der Website des IEA EBC Annex 56 unter http://www.iea-annex56.org/ verfügbar.

Dieses Projekt wird im Rahmen der IEA-Forschungskooperation im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie durchgeführt.

Logos

Literatur

[1] IEA EBC Annex 56 – Cost-effective energy and carbon emission optimization in building renovation, http://www.iea-annex56.org

[2] Ott, W. et al. (2015): “Methodology for Cost-Effective Energy and Carbon Emissions Optimization in Building Renovation (Annex 56)”, http://www.iea-annex56.org/Groups/GroupItemID6/STA_methods_impacts_report.pdf

[3] Österreichisches Institut für Bautechnik (2011): OIB-Richtlinie 6 – Energieeinsparung und Wärmeschutz; www.oib.or.at

Autorenbeschreibung

DI David Venus ist Mitarbeiter des Bereichs Nachhaltige Gebäude bei AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

DI Dr. Karl Höfler ist Leiter des Bereichs Nachhaltige Gebäude bei AEE INTEC.

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