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Entwicklung braucht Energie - Sonnenwende im südlichen Afrika

Von Werner Weiss

Ein vorsorgender, effektiver Klimaschutz erfordert nach Meinung vieler Experten eine Halbierung der weltweiten anthropogenen Treibhausgasemmissionen. Hält man sich dies vor dem Gesichtspunkt eines sehr ungleich verteilten Zugangs zu Energie zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern vor Augen, so wird die Dramatik der Lage deutlich: Mehr als zwei Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern haben derzeit keinen Zugang zu moderner Energieversorgung. Sie werden daher ihren Energieverbrauch in den kommenden Dekaden deutlich erhöhen.
Vor diesem Hintergrund wird klar, dass die Erreichung des oben genannten Ziels nur auf Basis eines auf Erneuerbaren Energien basierenden Energiesystems möglich ist.

Abbildung 1: Ausbildungsanlagen am Bethel Business and Community Development Center (BBCDC) in Lesotho. Quelle: AEE INTEC (Rudi Moschik)

Nachhaltige Energie für Alle

Die Initiative Sustainable Energy for All (SE4All) des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon brachte seit dem namensgleichen UN-Jahr 2012 viel Schwung in den internationalen Diskurs zu Energie für Entwicklung.
Zentrales Anliegen von SE4All ist, Menschen in Entwicklungsländern Zugang zu leistbaren, sicheren, verlässlichen, gesundheitlich unbedenklichen Energiedienstleistungen und Energieträgern zu ermöglichen, primär aus erneuerbaren Energiequellen.

Die Implementierung von Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien hat gerade in Entwicklungsländern gute Chancen, da eine erst im Aufbau befindliche Energiewirtschaft bzw. Energieversorgungsstruktur, der dezentrale Bedarf in den ländlichen Regionen sowie die in vielen Ländern im reichlichen Ausmaß vorhandene Solarenergie günstige Rahmenbedingungen bieten.

Zudem kann die verstärkte Nutzung lokal vorhandener Ressourcen wesentlich zur Entschuldung vieler Länder beitragen, denn das bisher für Energieimporte investierte Kapital ist eine der Ursachen für die hohe Verschuldung der Entwicklungsländer.

Thermische Solaranlagen, Photovoltaikanalagen, Solare Trocknung und Solares Kochen können signifikante Beiträge zum Aufbau eines nachhaltigen Energiesystems in Entwicklungsländern leisten und bei entsprechender Implementierung zudem lokale Arbeitsplätze schaffen.

SOLTRAIN – Österreichische Initiative im südlichen Afrika

Ein Projekt, das einen Beitrag zur SE4All Initiative leistet, ist das Projekt SOLTRAIN.
Aufbauend auf den Ergebnissen der ersten Phase des Projekts, das von AEE INTEC in Kooperation mit fünf Partnern aus Namibia, Südafrika, Mosambik und Simbabwe von 2008 – 2012 durchgeführt wurde, werden im Rahmen eines von der Austrian Development Agency (ADA) und OFID1 finanzierten Nachfolgeprojekts die Partnerländer beim Umstieg von einer weitgehend fossilen auf eine nachhaltige Energieversorgung basierend auf Erneuerbaren Energien im Generellen und auf Solarthermie im Besonderen unterstützt.
Projektlaufzeit ist von 2012 bis 2016. In der Phase 2 wurde das Projekt um das neue Partnerland Lesotho erweitert und umfasst somit fünf Länder im südlichen Afrika.
Die Partner des Projekts sind drei Universitäten, ein überregionaler Solarenergieverband (SESSA), ein regionales Ausbildungszentrum sowie Solartechnikunternehmen.

Der Bogen der Aktivitäten spannt sich von Bewusstseinsbildungskampagnen und Öffentlichkeitsarbeit über Ausbildungslehrgänge für Universitäten (Train the Trainer Kurse) und Handwerker bis hin zur Unterstützung der zuständigen Ministerien bei der Initiierung von Förder- und Begleitprogrammen.
Um sicherzustellen, dass das in den Ausbildungslehrgängen erworbene Wissen auch angewandt wird, werden auf universitärer Ebene Masterkurse durchgeführt sowie Masterarbeiten betreut. Zudem wurde an der Universität Stellenbosch in Südafrika der Aufbau eines Kollektor- und Anlagenprüfstandes unterstützt. Auf der praktischen Ebene wird das erworbene Wissen in Demonstrationsanlagen umgesetzt.

Das Arbeitsprogramm, das sich in die folgenden vier Hauptaktivitäten gliedert, wurde in enger Kooperation mit den Projektpartnern erarbeitet.

Kampagnen zur Bewusstseinsbildung

Durch zielgerichtete Kampagnen werden alle relevanten Stakeholder und die interessierte Bevölkerung über das breite Spektrum der Anwendung von thermischen Solaranlagen informiert. Darüber hinaus sollen die mit der Nutzung von thermischen Solaranlagen zusammenhängenden Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit im Energiebereich, auf Armut, die Schaffung von Arbeitsplätzen und auf die Umwelt bewusst gemacht werden.

Insgesamt sechs mobile Anlagen, bestehend aus je einer Thermosyphonanlage und einer gepumpten Solaranlage, die für Ausbildungszwecke an Universitäten und Berufsschulen eingesetzt sind, werden auch für die Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung genutzt. Die mobilen Ausbildungsanlagen, welche auch mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet sind, wurden von einer südafrikanischen Firma gebaut und den Bildungseinrichtungen im Rahmen des Projekts zur Verfügung gestellt.

Abbildung 2: Übergabe einer der mobilen Ausbildungsanlagen an Dr. Geraldo Nhumaio von der Eduardo Mondlane Universität in Maputo, Mosambik durch die österreichische Botschafterin Brigitte Öppinger-Walchshofer in Pretoria am 3. Juni 2014. Quelle: AEE INTEC (Werner Weiss)


Aufbau von Kompetenzzentren

Da es derzeit in den Partnerländern keine etablierten Informations- und Kompetenzzentren für thermische Solarenergie gibt, werden im Rahmen des Projekts institutionelle Strukturen aufgebaut, welche fundierte Information, Ausbildung und technische Unterstützung für die lokale Industrie sowie für die Politik anbieten können. Darüber hinaus wird in diesen Zentren auch eine entsprechende Forschungs- und Entwicklungskompetenz aufgebaut.
Diese Kompetenzzentren werden in Institutionen höherer Bildung (Universitäten, Fachhochschulen sowie beim Solarenergieverband SESSA) implementiert, da dort schon ein institutioneller Rahmen sowie Basiswissen zu diesem Thema vorhanden sind.
Die Kompetenzzentren führen im Rahmen des Projekts umfangreiche Ausbildungsprogramme durch, welche von praktischen Installationskursen bis hin zu universitären Masterkursen reichen. Bisher nahmen in Phase 1 und 2 insgesamt mehr als 2300 Personen an den verschiedenen Ausbildungskursen und Workshops in den fünf Ländern teil.

Abbildung 3: Berufschullehrer, die in Namibia an einem praktischen Ausbildungskurs teilgenommen haben.

Technologieplattformen für Solarthermie

Eine weitere wesentliche Aktivität im Rahmen des Projekts ist die Gründung von nationalen „Technologieplattformen für Solarthermie“ nach dem Muster der von der Europäischen Kommission initiierten Technologieplattformen.
Die nationalen Plattformen in Südafrika, Namibia und Mosambik umfassen alle wesentlichen Interessensgruppen und Sektoren (Solartechnikfirmen und Komponentenlieferanten, Universitäten, Fachhochschulen und Berufsschulen, die Verwaltung sowie Vertreter der Politik), welche einen Einfluss auf die Rahmenbedingungen zur beschleunigten Verbreitung und Nutzung von thermischen Solaranlagen haben.
Die Technologieplattformen erarbeiten basierend auf den unterschiedlichen Rahmenbedingungen im jeweiligen Land in einem Stakeholderprozess Roadmaps und Implementierungspläne für thermische Solaranlagen.
Neben diesen nationalen Technologieplattformen ist eine überregionale Zusammenarbeit im Rahmen einer regionalen Technologieplattform beabsichtigt. Durch diese regionale Solar-Thermieplattform für das südliche Afrika sollen der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Plattformen im Rahmen der Süd-Süd Kooperation intensiviert werden.
Die überregionale Zusammenarbeit umfasst den Austausch des vorhandenen umfassenden Wissens unter den Partnern, wie zum Beispiel die gemeinsame Nutzung des Kollektor- und Systemteststandes an der Universität Stellenbosch in Südafrika oder das sehr umfangreiche Wissen und die praktische Erfahrung, die am BBCDC in Lesotho in 20 Jahren aufgebaut wurde.
Das BBCDC, der Projektpartner in Lesotho, versorgt das ganze Ausbildungszentrum ausschließlich mit Solarenergie. Dies reicht von Photovoltaikanlagen für die Stromversorgung über thermische Solaranlagen bis hin zu solaren Backöfen, in denen täglich Brot und Pizza gebacken werden.

Abbildung 4: Einfacher Speicherkollektor, der am Bethel Business und Community Center (BBCDC) entwickelt wurde. Quelle: AEE INTEC (Werner Weiss)

Abbildung 5: Solarer Backofen, in dem mehrmals in der Woche Brot gebacken wird. Quelle: AEE INTEC (Werner Weiss)

Demonstrationsanlagen

Um das Wissen anwenden zu können, das im Rahmen der Ausbildungsprogramme an Handwerker, aber auch an Studenten und die Politik weitergegeben wird, werden im Rahmen des Projekts solarthermische Demonstrationsanlagen errichtet. Diese Demonstrationsanlagen sollen die unterschiedlichen Anwendungsgebiete der Solarthermie aufzeigen und zugänglich machen. Um dies zu gewährleisten, werden Anlagen in verschiedenen Größen bei sozialen Einrichtungen sowie bei kleinen und mittleren Unternehmen errichtet. Der Bogen spannt sich dabei von Anlagen zur Warmwasserbereitung in Kinderheimen und Spitälern bis zu Anlagen, welche Wärme für gewerbliche Prozesse (z.B. den Lebensmittel- und Getränkesektor) bereitstellen.

Das Projekt SOLTRAIN wird finanziert durch:

  • The OPEC Fund for International Development
  • Austrian Development Cooperation

Autor

Werner Weiss ist Geschäftsführer von AEE INTEC und Leiter des Projekts SOLTRAIN.

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