Zeitschrift EE

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2000-02: Solar-Luftsysteme

Grundlagen

Das solare Luftsystem ist eine noch wenig verbreitete Technologie. Sie kann aber entscheidende Beiträge liefern, die Wärmeversorgung von Gebäuden - die in Österreich etwa 40% des Gesamtenergiebedarfes ausmacht - ökologisch verträglich zu gestalten.

Solar-Luftkollektoren - eine Übersicht

Von Hubert Fechner*

Im Unterschied zu den bereits etablierten solaren Wassersystemen muss bei der Nutzung von Luft als Wärmeträger beachtet werden, dass aufgrund der geringen Wärmekapazität von Luft große Volumina benötigt werden, um die erforderlichen Energiemengen zu transportieren. Im Kollektor direkt erschwert der - im Vergleich zu Wasser - wesentlich schlechtere Wärmeübergang auf den gasförmigen Wärmeträger Luft den Prozeß.
Was im ersten Moment daher als Nachteil erscheint, gewinnt durch die Tatsache neue Bedeutung, dass durch die Tendenz zur Niedrigenergiebauweise, die Frage der Wohnraumbelüftung neuen Stellenwert bekommt. Der Aufschwung und die neue Bedeutung der Luftsysteme machen daher auch die Nutzung der Sonnenenergie nun besonders attraktiv.

Worauf es bei Solar-Luftsystemen an kommt

Freilich ist die Optimierung bei Auslegung und Betrieb der Gesamt-Anlage von entscheidender Bedeutung. Wie bei allen solaren Anwendungen steht aber auch hier der Kollektor im Zentrum, denn nur was im Kollektor gewonnen werden kann, steht zur weiteren Verteilung zur Verfügung.
Es war daher auch im Rahmen des IEA Tasks "Solar Air Systems" eine wesentliche Aufgabe, sich der Bewertung von Solar-Luftkollektoren zu widmen. arsenal research hatte in diesem Task die Aufgabe, die unterschiedlichsten am Weltmarkt erhältlichen Solar-Luftkollektoren erstmalig vergleichend zu untersuchen. In den Jahren 1996 bis 1999 wurden daher am Arsenal sieben Luftkollektoren - australische, kanadische und diverse europäische Produkte - nach ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer Abhängigkeit von verschiedensten Einflußparametern untersucht. Die Meßsystematik, die grundsätzlichen Ergebnisse und die Wirkungsweisen verschiedenster Technologien wurden bereits früher hier publiziert. [1]
Grundsätzlich lassen sich Solar-Luftkollektoren nach 4 technologischen Grundprinzipien einteilen:

Abbildung 1: Strömungsprinzipien in Luftkollektoren

Folgende Eigenschaften sind dabei zu beachten:

  • Der unterströmte Absorber: (Luftstrom unter dem Absorber)
    + Der Luftspalt zwischen Absorber und Verglasung wirkt wärmedämmend
    - nur eine Oberfläche dient als Wärmeübertragungsfläche (d.h. Rippen, oder eine andere Art der Oberflächenvergrößerung ist oft sinnvoll
  • Der überströmte Absorber (Luftstrom zwischen Absorber und Abdeckung)
    + einfach herzustellen, kostengünstig
    - bei hoher Differenz zwischen Absorber- und Aussenlufttemperatur treten große Wärmeverluste durch die Abdeckung auf, starke Abhängigkeit von der Aussenluftgeschwindigkeit; nur eine Oberfläche dient als Wärmeübertragungsfläche
  • Der beidseitig umströmte Absorber:
    + Wärmeübertragung auf beiden Seiten des Absorbers
    - bei hoher Differenz zwischen Absorber- und Aussenlufttemperatur treten große Wärmeverluste durch die Abdeckung auf, starke Abhängigkeit von der Aussenluftgeschwindigkeit
  • Der durchströmte Absorber: (Stoff- oder perforierte Metallabsorber)
    + sehr guter Wärmeübergang vom Absorber an die durchströmende Luft
    - hohe Druckverlustbeiwerte, abhängig vom Einsatzort (Staub, Luftschadstoffe...) hohe Absorber-Materialbelastung

Bei den Messungen zeigte sich, dass von all den Konstruktionsmerkmalen der Wärmeübergang vom Absorber auf den Wärmeträger Luft der wesentlichste Punkt ist. Für einen guten Wärmeübergang sind möglichst große Oberflächen zur Verfügung zu stellen. Dem Luftstrom große Flächen entgegenzustellen bedeutet wiederum erhöhten Druckabfall, was eine erhöhte elektrische Leistung für den Lüfter mit sich bringt. Eine Optimierung der Bauweise und des Betriebes von Solar-Luftkollektoren stellt daher ein komplexes Problem dar. Darüber hinaus gilt es in den meisten Fällen ein Mindesttemperatur-Niveau bereitzustellen. d.h. für die Wahl der Luftmenge gibt es einen weiteren Parameter, der beachtet werden muss.
Aufgrund der äußerst geringen Anzahl der serienmäßig hergestellten Luftkollektortypen sollen nachfolgend die derzeit auf diesem Gebiet innovativen Produkte und Firmen vorgestellt werden.

Abildung. 2: Luftkollektor der Grammer Solar-Luft-Technik

Wirkungsweise: Die Luft wird durch parallele Kanäle, die durch U-förmige Aluminium Profile gebildet werden, geführt. Die von Luft umströmte Fläche ist im Vergleich zu einem ebenen unterströmten Absorber etwa um den Faktor 3 größer. Dieser Kollektor zeichnet sich durch hohe Wirkungsgrade aus, speziell auch in höheren Temperaturbereichen. Die Strömung unter dem Absorber, sowie die Abdeckung bewirken, dass auch die Abhängigkeit von der Außenluftkonvektion gering ist. Wesentlich im Betrieb ist, wie bei den meisten anderen Kollektortypen auch, dass bei der Verschaltung darauf geachtet wird, dass der gesamte Absorberbereich gleichmäßig von Luft benetzt wird, d.h. besonders auch im Ein- und Auslassbereich keine "toten Ecken" auftreten.

Abbildung 3: Durchströmter Summer-House-Kollektor der Fa. Aidt Miljø, Thorsø, Dänemark. Dabei wird die Luftführung im Kollektor ist derart gestaltet, dass die Luft durch die poröse Absorbermatte gezwungen wird.

 

Abbildung 4:Prinzip des Summer-House-Kollektors


Eine völlig andere Wirkungsweise hat der durchströmte Kollektor: Das besondere daran ist der Absorber, der bei diesem Kollektor aus einer 2mm dicken schwarzen porösen Filzmatte besteht. Die Luftführung im Kollektor ist derart gestaltet, dass die Luft durch die Absorbermatte gezwungen wird.
Das ermöglicht einen äußerst guten Wärmeübergang. Der von der dänischen Firma Aidt MiljÆ üblicherweise als Summerhousepackage" angebotene Kollektor wird zur Belüftung und Entfeuchtung von Wochenendhäusern eingesetzt, um Feuchteschäden zu verhindern.
Die Stromversorgung des Lüfters erfolgt bei den "Summerhouse"-Anwendungen üblicherweise über ein Photovoltaik-Modul.
Aber auch in diversen Großanwendungen zur Beheizung und teilweise auch zur Warmwasserbereitung in Mehrfamilienhäusern kommt dieser Kollektortyp vor allem in Dänemark zum Einsatz.
Zu den bekanntesten und sicherlich auch bewährtesten Solar-Luftsystemen zählt die kanadische "Solarwall". Eine dünne, nicht abgedeckte, dunkel beschichtete Fassade aus Aluminium oder galvanisiertem Stahl, mit kleinen Löchern. Die Luft wird durch diese kleinen (0.8 mm großen) Löcher eingesaugt, nachdem sie vorher an der Fassade erwärmt wurde.

Abbildung. 5: Solarwall, ein bewährtes System zur Beheizung von Produktionshallen, Fa. Solarwall, Toronto, Kanada. Die größte Installation bisher ist die 10.200 m² große Fassade am Gebäude der Canadair in Montreal, Quebec.

Die Wirkungsweise unterscheidet sich grundsätzlich von der anderer Luftkollektortypen. Besonders beachtenswert ist der Einfluß der Umgebungsluft-Geschwindigkeit sowie der Windrichtung. Die Größe des Massenstromes durch den Kollektor steht mit der Leistungsfähigkeit in engem Zusammenhang.
Als weiteres Luftkollektor-System sei hier noch das italienische Bara Constantini-System genannt, das Luft ausschließlich durch natürliche Konvektion durch den Kollektor treibt. Der Kollektor wird dabei üblicherweise umströmt betrieben, das bedeutet, beide Seiten des Absorbers wirken als aktive Flächen.

Abbildung 6: Beim Bara Constantini-System wird Luft ausschließlich durch natürliche Konvektion durch den Kollektor getrieben, Secco Sistemi Preganziol (TV), Italien.

Weiters sei noch auf ein Summerhouse package des australischen Solahart-Konzerns (gerippter, unterströmter Aluminium-Absorber) und auf eine Entwicklung von ABB Norwegen hingewiesen, die als "Friendly Wall" - Prototyp-Fassadensystem im Rahmen von IEA Task 19 getestet und anschließend weiter optimiert wurde.

Abbildung 7: ABB - "Friendly Wall" am Prüfstand von arsenal research in Wien

Einige Luftkollektor-Typen werden direkt am Gebäude zusammengebaut. Aussagen über die Wirkungsweise sind dabei aber schwer zu treffen, da je nach Bauweise und Einbauart des Absorbers unterschiedlichste Eigenschaften zu erwarten sind.
Weitere Einflussfaktoren auf die Leistungsfähigkeit sind:
die Leckagenrate, d.h. die Undichtheit des Kollektors, die auch sehr stark davon abhängt, wie der Kollektor betrieben wird, ob im Überdruck- oder Unterdruckmodus.

  • die Art der Verschaltung mehrerer Kollektoren (Serien-Parallelschaltung),
  • die Luftführung im Kollektor,
  • die Anbindung von Ein- und Auslassleitungen,
  • die Wärmekapazität des Kollektors (und des Gesamtsystems),
  • etc...

Warme Luft zu erzeugen ist bekanntermaßen eine einfache Sache. Optimierte Solar-Luftsysteme zu entwickeln, die im gewünschten Einsatzbereich optimale Ergebnisse liefern, ist eine Angelegenheit, für die einiges Know-how erforderlich ist. Mit dem "Design-Handlook" des IEA-Task 19 [2], an dem über 20 internationale Experten aus 10 Ländern Erfahrungen, Tips und Installationshinweise zusammengetragen haben, wird Planern und Architekten ein Werkzeug in die Hand gegeben, um solare Luftsysteme mit hoher Effizienz und guter Wirtschaftlichkeit umsetzen zu können

Literatur:
[1] H. Fechner, O. Bucek, "Tests an Serien-Luftkollektoren im Rahmen von IEA Task 19 Solar Air Systems", Erneuerbare Energie 1-99, AEE
[2] Robert S. Hastings, "Solar Air Systems Design-Handbook", James and James-Verlag, 35-37 William Road, London NW1 3ER
[3] Robert S. Hastings, Harald N.Røstvik, "Solar Air Sytsems - Product Catalogue", James and James-Verlag, 35-37 William Road, London NW1 3ER
[4] Robert S. Hastings, "Solar Air Systems - Built examples", James and James-Verlag, 35-37 William Road, London NW1 3ER
[5] H.Fechner, "Investigations on Series Produced Solar Air Collectors", Final Report, arsenal research, 1999
[6] H.Fechner, O.Bucek, "Vergleichende Untersuchungen an Serien-Luftkollektoren im Rahmen von IEA Task 19 Solar Air Systems", OTTI-Symposium Thermische Solarenergie 99
[7] H.Fechner, O.Bucek, "Solar Air collectors - Investigations on several series produced collectors" -ISES - Solar World Congress, Jerusalem July 1999

*) Dipl.-Ing. Hubert Fechner ist Mitarbeiter von arsenal research in Wien und österreichischer Experte in der IEA Task 19 [^]

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