Zeitschrift EE

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2001-01: Erneuerbare Energien in der Entwicklungszusammenarbeit

Warmwasser und Solarstrom

Am Wasso Hospital im nördlichen Tansania wurde im Sommer 2000 ein Dampfsterilisator mit solarer Energieversorgung installiert. Das Krankenhaus wird seit dem Jahr 1997 ausgebaut und dabei wird die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt. Für Spitzenlasten und für die Regenzeit stehen weiterhin herkömmliche Aggregate bereit, insbesondere ein Dieselgenerator. Die Einrichtung des solaren Sterilisators ist Teil dieses Ausbauprogramms und der Umstellung des Krankenhauses auf erneuerbare Energien.

Solarer Sterilisator für das Wasso Hospital in Tansania

Von Arne Knoblauch und Otfried Ischebeck*

Das Wasso Hospital ist ein Bezirkskrankenhaus im Gebiet der Maasai. Es liegt auf 1950 m Höhe zwischen der Serengeti Steppe und dem Lake Natron. Das Krankenhaus wird von der Römisch Katholischen Diözese Arusha betrieben. Im Jahr 1998 wurden 1.252 Patienten aufgenommen und 33.000 Patienten ambulant behandelt. Die nächsten Krankenhäuser sind über 150 Kilometer entfernt und die nächste Stadt, Arusha, ist über eine 370 Kilometer lange Piste zu erreichen. Das Krankenhaus liegt ca. 300 Kilometer vom Stromnetz entfernt.
Die Konstruktion des Sterilisators, seine medizinische Validierung und die Installierung wären nicht ohne fachliche Beratung sowie technische und adminsitrative Unterstützung von mehreren Seiten möglich gewesen. Austroprojekt GmbH, Wien, die den Ausbau des Krankenhauses leitet, hat den Sterilisator in Auftrag gegeben und das Projekt durch Finanzierung und Logistik unterstützt. Die Konstruktion erfolgte am ZAE Bayern im Rahmen einer Diplomarbeit der Fachhochschule München. Die Gefäße aus Edelstahl zur Dampferzeugung, Destillation und zur Kondensation sowie die Spiralwärmetauscher wurden von der Werkstatt der Sektion Physik der Ludwig-Maximilians-Universität München hergestellt. Das Missionsärztliche Institut an der Universität Würzburg und Heart Consultancy, Renkum (Holland) boten Beratung in medizinischen Fragen und zur Erfahrung mit der Sterilisation an afrikanischen Krankenhäusern. Die Firma KSG Sterilisatoren GmbH, Olching bei München lieferte den Autoklaven und beteiligte sich bei der medizinischen Validierung der Anlage und stellte dafür ihre Messgeräte zur Verfügung.
Der Sterilisator wurde im August 2000 im Krankenhaus Wasso installiert. Auf Grund eines Transportschadens an den Vakuumröhrenkollektoren konnte das Kollektorfeld allerdings noch nicht in Betrieb genommen werden. Im Sommer 2001 soll nun nach Lieferung neuer Kollektoren der solare Betrieb endgültig aufgenommen werden.

Technische Rahmenbedingungen der Konstruktion

Um im Autoklaven Dampf der Sterilisationstemperatur 134°C bereit zu stellen, muss das Fluid im Kollektorkreislauf auf 165°C erhitzt werden. Das Solarfeld soll an sonnigen Tagen 4 kW thermische Leistung liefern. Ein größeres Solarfeld würde zu teuer und zu komplex werden. Andererseits muss die thermische Leistung des Kollektorfeldes nicht nur für den Sterilisationsvorgang selbst ausreichen, bei dem während 15 Minuten die Temperatur von 134°C eingehalten werden muss, sondern auch für mehrere vorangehende Dampfpulse, mit denen die Luft vollständig aus dem Autoklaven und dem zu sterilisierenden Gut verdrängt werden muss. An verbleibenden Luftblasen würde keine Sterilisierung stattfinden. Der Autoklav soll ein Volumen von 75 Litern besitzen. Die Komponenten des Sterilisators müssen aus säurebeständigem Edelstahl hergestellt werden. Die Solarenergie soll, wenn sie nicht zur Sterilisation benutzt wird, zur Destillation von Wasser bereit stehen. Destilliertes Wasser wird im Labor des Krankenhauses gebraucht und nicht zuletzt muss der Sterilisator mit destilliertem Wasser betrieben werden, damit sich im Autoklaven, an Rohrleitungen, Ventilen, sowie an den medizinischen Geräten kein Kalk absetzt. Die Leistung der Pumpe im Kollektorkreislauf soll 250 Watt nicht überschreiten, da im Normalbetrieb der elektrische Strom ausschließlich über die Photovoltaikanlage des Krankenhauses geliefert werden soll. Um an Regentagen sterilisieren zu können, muss neben dem Solarfeld eine zusätzliche Wärmequelle verfügbar sein. Auf elektrisch betriebene Vakuumpumpen zur Evakuierung des Autoklaven zu Beginn und am Ende des Sterilisationsvorgangs soll verzichtet werden. Die Steuerung der Anlage soll ohne elektronische Geräte auskommen.

Die Beschränkung auf eine solare Heizleistung von 4 kW bei einem Autoklavenvolumen von 75 Litern erfordert, das Volumen des auf zu heizenden Wassers möglichst gering zu halten. Das Wasser wird deshalb nicht direkt im Autoklaven erhitzt, sondern einem eigenen Verdampfungsgefäß. Dadurch kann die eingesetzte Wassermenge möglichst gering gehalten werden. Gleichzeitig kann dadurch der Druck und die Dampftemperatur im Autoklaven geregelt werden, indem die Überleitung des Dampfes in den Autoklaven durch ein Druckminderventil geregelt wird, das auf 3 bar (134°C) eingestellt ist.

Abbildung 2: Aufbau des Sterilisators am Wasso Hospital. Von Links nach Rechts: Autoklav, Dampferzeuger, Destillationsgefäß

Auswahl und Auslegung der Komponenten

Der Dampferzeuger und das Destillationsgefäß, einschließlich ihrer Spiralwärmetauscher, wurden aus V4A Stahl hergestellt. Der Dampferzeuger ist ein Druckgefäß, sein Betriebsdruck liegt zwischen 0 und 5,5 bar. Das verwendete Sicherheitsventil öffnet bei 5 bar. Der Boden des Druckgefäßes ist durch einen Flansch angeschraubt. Für einen Sterilisationsvorgang müssen 15 Liter Wasser eingefüllt werden, wovon 5 Liter verdampfen. Im Unterschied zum Dampferzeuger wurde das Destillationsgefäß als druckloses System ausgelegt. Ein druckloses System wurde gewählt, weil so ein Verschluss konstruiert werden konnte, der leicht und oft geöffnet werden kann, ohne dabei die Dichtung zu beschädigen. Beide Gefäße sind 70 cm hoch und haben einen Innendurchmesser von 21,3 cm. Die Wandstärke ist 3 mm. Zur thermischen Isolierung erhielten die Gefäße eine Iso-Quick Textilwärmedämmung von 7 cm Dicke. Diese Wärmedämmung kann wie ein Mantel um die Gefäße gelegt werden und bietet gleichzeitig einen Verbrennungsschutz. Der Autoklav ist ein einwandiger Vertikalsterilisator, der von der Firma KSG Sterilisatoren GmbH geliefert wurde. Es handelt sich um ein modifiziertes Standardgerät.
Um die Temperatur von 165°C im Kollektorkreislauf zu erreichen, müssen leistungsfähige Vakuumröhrenkollektoren oder Parabolrinnen eingesetzt werden. Wir entschieden uns für CPC-Kollektoren (Concentrating Parabolic Collector) VAC 2008 der israelischen Firma Solel, deren Parabolrinnenspiegel innerhalb der Glasröhre angebracht ist. Ein Modul besteht aus acht 4 m langen Glasröhren und besitzt eine Aperturfläche von 3,6 m2. Drei Module wurden geliefert.
Als Wärmeträger im Kollektorkreislauf bieten sich prinzipiell Wasser und nicht-giftige Thermoöle an. Beide Fluide haben Vor- und Nachteile. Auf Grund der geringeren Wärmekapazität von Thermoöl gegenüber Wasser muss der Kollektorkreislauf im Fall von Thermoöl mit ungefähr doppelter Pumpenleistung betrieben werden, wodurch sich die Leitungsaufnahme der Pumpe über den gesetzten Maximalwert von 250 Watt erhöht hätte. Mit Wasser ist hingegen im Fall des Aussetzens der Pumpe der Stillstand des Kollektorfelds (Stillstandstemperatur 370°C) schwieriger zu beherrschen. Den Ausschlag, als Wärmeträger Wasser zu verwenden, gab dessen gute Verfügbarkeit vor Ort.
Weitere technische Möglichkeiten für die solare Energieversorgung der Anlage bieten Vakuumröhrenkollektoren mit Heat Pipe oder direkt verdampfende Kollektoren. Bei den gegenwärtigen Erfahrungen mit solar beheizten Sterilisatoren kann noch nicht abschließend entschieden werden, welche der solarthermischen Techniken die geeignetste ist. Betriebserfahrungen mit den unterschiedlichen Systemen müssen verglichen werden.
An die Pumpe, die den Kollektorkreislauf aufrecht erhält, werden folgende Anforderungen gestellt: Leistungsaufnahme maximal 250 Watt, Druckbeständigkeit bis 10 bar, Temperaturbeständigkeit bis 180°C, sowie möglichst geringer Wartungsaufwand. Das Fördervolumen soll 400-500 Liter pro Stunde betragen bei einem Druckverlust von 8 m Wassersäule. Die Wahl fiel auf eine Kleinkreiselpumpe der Firma Speck Pumpen GmbH, Lauf. Sie kommt sowohl den Anforderungen am nächsten und ist preislich am günstigsten. Motor und Keramiklaufrad sind magnetisch gekoppelt. Die Pumpe ist wartungsfrei, der Motor hat eine Laufzeit von 8000 Stunden und kann einfach ausgetauscht werden. Der Leistungsbedarf liegt mit 250 Watt gerade noch innerhalb des gesetzten Konstruktionsrahmens.
Als zusätzliche Wärmequelle ist das Gefäß zur Dampferzeugung mit einem elektrischen Heizstab, 4,5 kW, ausgestattet, der von unten senkrecht eingeschraubt ist. Eine dritte Energiequelle könnte zugeschaltet werden, eine Art Badeofen, der mit Holz oder getrocknetem Kuhdung befeuert werden kann. Dieser Ofen müsste außerhalb der Sterilisationsgebäudes aufgestellt werden. Die Firma KSG Sterilisatoren GmbH hat bereits einen solchen Ofen erprobt und damit gute Erfahrung gemacht. Der Dampfbehälter und die Rohrleitungen sind aus Edelstahl. Bei der Konstruktion des Sterilisators wurde hingegen vom Einsatz eines Kerosinbrenners abgesehen, da sich an afrikanischen Krankenhäusern in der letzten Zeit mehrere Unfälle mit Kerosinbrennern von Sterilisatoren ereignet haben.
Am Ende des Sterilisationsvorgangs muss der Dampf aus dem Autoklaven evakuiert werden, da er sich sonst beim Öffnen auf das Sterilgut niederschlägt. Dafür wurde ein Kondensationsgefäß mit Doppelmantel an den Autoklaven angeschlossen. Durch den äußeren Ring wird kaltes Wasser geleitet, wodurch der Dampf im Gefäßinnern kondensiert.
Die Rohrleitungen sind mit Schneidringverschraubungen zusammengefügt, wodurch Löt- und Schweißarbeiten bei der Installierung am Krankenhaus vermieden werden und Reparaturen an den Rohrleitungen erleichtert werden.

Energetische Tests und medizinische Validierung

Die Tests des Sterilisators im Labor des ZAE Bayern hatten zwei Ziele: Die Überprüfung der allgemeinen Funktion und des energetischen Verhaltens und die medizinische Validierung mit dem Ziel, eine Prozessführung zu finden, die mit Sicherheit sterile Güter liefert. Die energetischen Tests ergaben, dass bei einer thermischen Leistung von 3,9 kW noch eine erfolgreicher Sterilisationsvorgang möglich ist.

Abbildung 3: Druck- und Temperaturverlauf im Autoklaven während des Sterilisationsprozesses. Aufgezeichnet sind die Messdaten eines Drucksensors (p), von zwei Temperaturfühlern (t1, t2) und einem Temperaturfühler innerhalb der Messpatrone (ti). Dem eigentlichen Sterilisationsvorgang mit konstantem Temperaturverlauf gehen vier Dampfpulse zur Austreibung der Luft voraus.

Für die medizinische Validierung muss der Sterilisator mehrere Standardtests bestehen. Durchgeführt wurden erfolgreich die folgenden Tests: Im "Browne Test" der Fa. Albert Browne Ltd, Leicester U.K. wird ein verpackter Stapel Papier in den Autoklaven gestellt. In der Mitte des Papierstapels liegt ein Indikatorblatt, das beim Sterilisationsprozess gleichmäßig verfärbt werden muss. Beim "Helixtest" der Fa. Merk, Darmstadt wird ein 1-Meter langer Gummischlauch mit Innendurchmesser 1 mm in den Autoklaven gelegt. Am Ende befindet sich in einer Kapsel ein Indikatorpapier. Der Dampf muss durch den Schlauch bis zum Indikatorpapier dringen. Beim "Sporentest" der Fa. Simicon GmbH, München werden fünf kleine Papiertütchen mit aktiven Keimen in eine dicht gepackte Wäschebox eingeschoben. Die Wäschebox besitzt im Deckel und Boden dampfdurchlässige Filter und wird in den Autoklaven gestellt. Ein sechstes Tütchen desselben Tests wird zur Kontrolle nicht mitsterilisiert, es dient zur Überprüfung, ob die Keime tatsächlich aktiv waren. Nach der Sterilisation werden die Proben in einem Biolabor bebrütet und dürfen bis auf die nicht sterilisierte Probe kein Wachstum zeigen.

Literatur
Huys J.: Sterilization of Medical Supplies by Steam, Volume I, Wageningen (Holland), 1996
Huys J.: Standards for sterile supply in low-income countries, Sterilization in Australia, September 1999
Knoblauch A.: Konstruktion und Test eines Systems zur Dampfsterilisation mit thermischer Solarenergie, Diplomarbeit, FH-München, Fachbereich Physikalische Technik, 2000

*) Dr. Otfried Ischebeck ist Diplom Physiker im Bayrischen Zentrum für angewandte Energieforschung in München.
Arne Knoblauch ist Ingenieur bei der Fa. Ballard Power Systems in Kirchheim-Nabern bei Stuttgart [^]

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