2001-01: Erneuerbare Energien in der Entwicklungszusammenarbeit
Entwicklungspolitik und Energie
Eine zuverlässige, kostengünstige und umweltschonende Energieversorgung ist eine wichtige Voraussetzung für die Aufrechterhaltung und die Verbesserung des Lebensstandards bzw. der Lebensqualität in den Industrieländern. Für die Länder der "Dritten Welt" ist die ausreichende Energieversorgung ebenfalls eine wesentliche Voraussetzung für die Verbesserung der Lebensumstände sowie für die soziale und ökonomische Entwicklung.
Ungleiche Verteilung des Energieverbrauchs und Klimaänderung erfordern rasches Handeln
Bedingt durch den hohen Energieverbrauch in den Industrieländern, einer steigenden Energienachfrage in den Entwicklungsländern sowie verschärft durch das Bevölkerungswachstum ist in den kommenden Jahren bei ein enormes Anwachsen der Energienachfrage zu erwarten.
Energieversorgung wird damit zu einem Schlüsselfaktor für die Zukunft der globalen wirtschaftliche Entwicklung.
Abgesehen von der sich abzeichnenden Verknappung von fossilen Energieträgern ist die Anreicherung treibhauswirksamer Gase in der Atmosphäre und die damit verbundene globale Erwärmung und Klimaveränderung eine der großen Herausforderungen für eine sozial- wie auch ökologisch verträgliche globale Energieversorgung.
Klimaveränderung
Die anthropogenen Ursachen der Klimaveränderung sind zum größten Teil auf die energetische Nutzung und Verbrennung fossiler Primärenergieträger zurückzuführen.
Wie eine vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC ) [1] Anfang Jänner 2001 im Auftrag der UNO erstellte Studie zeigt, waren die 90er Jahre das wärmste Jahrzehnt in den vergangenen 1000 Jahren. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre ist entsprechend der Studie seit der Industriellen Revolution um 31% gestiegen, und es wird erwartet, dass die Temperaturen weltweit bis zum Ende dieses Jahrhunderts um durchschnittliche 5,8°C steigen. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre und dem kontinuierlichen Anstieg der Temperatur auf der Erde wird - anders als noch vor wenigen Jahren - von praktisch allen Wissenschaftern außer Streit gestellt.
Bedingt durch den Anstieg der Temperaturen haben sich, als eines der offensichtlichsten Auswirkungen, in den letzten 40 Jahren die arktischen und antarktischen Eismassen um 15% reduziert. Es wird erwartet, dass der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um 88 cm steigt, was zur Überflutung weiter Gebiete in China, Bangladesch, im Nildelta und in anderen küstennahen Gebieten führen wird.
Weiters ist zu erwarten, dass der Anbau von Nahrungsmitteln in weiten Teilen Afrikas, bedingt durch ein Ausbleiben von Niederschlägen und erhöhten Temperaturen nicht mehr möglich sein wird.
In welchem Ausmaß wir von fossilen Energieträgern und Kernenergie abhängig sind zeigt die Tatsache, dass die derzeitige Energieversorgung der Welt im wesentlichen auf den nichterneuerbaren Energieträgern Erdöl, Kohle, Erdgas und Uran basiert, die zusammen etwa 82 % des Weltprimärenergiebedarfes decken. Die restlichen 18 % verteilen sich zu ca. 2/3 auf Biomasse und zu ca. 1/3 auf Wasserkraft.
Ein vorsorgender, effektiver Klimaschutz erfordert nach Meinung vieler Experten in den nächsten 50 bis 100 Jahren mindestens eine Halbierung der weltweiten anthropogenen Treibhausgasemmissionen [3]. Hält man sich dies vor dem Gesichtspunkt eines sehr ungleich verteilten Zugangs zu Energie vor Augen, so wird die Dramatik der Lage deutlich. Mehr als zwei Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern haben derzeit keinen Zugang zu kommerzieller Energieversorgung.
CO2 Reduktion in den Industrieländern um 90 %
Unter Berücksichtigung üblicher Bevölkerungswachstumsszenarien, einer weltweit annähernd gleichen Nutzung von Energie und bei Annahme eines Gleichheitskriteriums für CO2-Emmissionen aus fossilen Brennstoffen ergibt sich daraus die Forderung nach einer durchschnittlichen Pro-Kopf- des Ausstoßes in den Industrieländern D.h. 1/10 des derzeitigen Pro-Kopf-Ausstoßes an CO2.
Abbildung 1: Konsequenzen bei Anwendung eines Gleichzeitigkeitskriteriums von wachsender Weltbevölkerung bei gleichzeitiger Einhaltung des Klimastabilisierungskonsenses [2].
Eine Reduktion von CO2-Emissionen im dargestellten Ausmaß erfordert allerdings weltweit einen Umstieg auf eine nachhaltige Energieversorgung, die auf der Nutzung erneuerbarer Energien mit hohem Anteil direkter Solarenergienutzung basiert.
Der Kern des Problems liegt derzeit beim immensen CO2-Ausstoß einer Minderheit der Weltbevölkerung in den Industrieländern. Hier müssen daher auch vorrangig Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zum raschen Umstieg auf erneuerbare Energieträger gesetzt werden.
In den Entwicklungsländern sollten gleichzeitig die guten Chancen für erneuerbare Energieträger genutzt werden, denn die Implementierung von Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien hat derzeit gute Chancen, da eine erst im Aufbau befindliche Energiewirtschaft bzw. Energieversorgungsstruktur, der dezentrale Bedarf in den ländlichen Regionen sowie die in vielen Ländern im reichlichen Ausmaß vorhandene Solarenergie günstige Rahmenbedingungen bieten. Zudem kann die verstärkte Nutzung lokal vorhandener Ressourcen wesentlich zur Entschuldung vieler Länder beitragen, denn das bisher für Energieimporte investierte Kapital ist eine der Ursachen für die hohe Verschuldung der Entwicklungsländer.
Literatur:
[1] Radford, T., Brown, P.: Global Warming could be worst in 10,000 years, Intergovernmental Panel on Climate Change, The Guardian Weekly, Vol. 164/No5
[2] Lang, R.W., Jud, T., Paula, M.: Impulsprogramm Nachhaltig Wirtschaften, Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr, Wien, 1999
[3] Nakicenovic, N., u. a.: Global Energy Perspectives to 2050 and Beyond, Joint IIASA-WEC Study, Report 1995, International Institute for Applied Systems Analysis, Laxenburg 1995
*) Ing. Werner Weiß ist Geschäftsführer der AEE in Gleisdorf [^]