Zeitschrift EE

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2004-04: Windenergie zwischen Euphorie und Widerstand

Windenergienutzung in Österreich

Wir gehen auf Windfang und ernten ÖKOSTROM. 3,778.815 kWh seit Juni 2001 bis Oktober 2004.

Windfang

Von Doris Hammermüllerr*

Die AEE NÖ-Wien entschloss sich im Jahre 1999 gemeinsam mit ihren Mitgliedern eine Windkraftanlage zu finanzieren. Ab einer Beteiligungshöhe von € 1000.- kann der Eigenstrombedarf eines durchschnittlichen österreichischen Haushalts von ca. 3.500 kWh pro Jahr ökologisch produziert werden. "Windfang" versorgt also gut 350 Haushalte mit Ökostrom und vermeidet damit 550 kg CO2.
Einerseits als ein weiterer Schritt des von der AEE NÖ mitgestalteten Projekts "Windkraft für Österreich", dem Grundlagenprojekt der österreichischen Windenergienutzung in den frühen neunziger Jahren und andererseits als ein Beitrag der schon seit Jahren heftig geführten Ökostromdiskussion entschloss sich die AEE NÖ-Wien sich noch einmal aktiv in die Ereignisse rund um Windenergieerzeugung einzuschalten.
Nach einer intensiven Recherche von Standorten und möglichen Betriebsformen wurde eine Projektpartnerschaft mit der Ökoenergie Windkraft Wolkersdorf eingegangen um die Organisationskosten und das Beteiligungsrisiko möglichst gering zu halten und somit einen möglichst großen Nutzen für die Umwelt und die beteiligten AEE-Mitglieder zu erzielen. Die damals in der Errichtung von Windkraftanlagen schon sehr erfahrene GesmbH & CoKG bot sich an, symbolisch ein Windrad als AEE Anlage "Windfang" zu deklarieren. Formal gesehen sind alle GesellschafterInnen aber im Ausmaß ihrer Einlage an der gesamten Gesellschaft beteiligt.

Finanzierungsmodelle

Mit dem Ziel möglichst vielen AEE´lerInnen einen passenden Zugang zur Finanzierung zu ermöglichen, wurden drei Varianten der Finanzierung entwickelt:

  • Die Beteiligung als KommanditistIn,
  • die Beteiligung als stille GesellschafterIn
  • der Ökobaustein als reines Darlehen mit einem fixen Zinssatz und einem Bonus für besonders ertragreiche Windjahre.

Ein wichtiges Ziel war, eine Möglichkeit der Teilnahme an der Finanzierung einer Windkraftanlage bereits ab 500 Euro zu bieten, in diesem Fall in Form eines Darlehens.
Die AEE NÖ-Wien schuf sich und ihren Mitgliedern damit aber auch die Möglichkeit mit einer Investitionsbeteiligung ab € 1000.- ihren Strombedarf mittels einer Ökostromanlage "selbst" zu produzieren und WindmüllerIn zu werden. Die AEE NÖ-Wien sieht ihre Geldanlage als nachhaltige und sinnvolle Investition für die Zukunft im doppelten Sinn, sowohl zum Zweck seiner Vermehrung als auch als eine Investition in eine nachhaltige Energiepolitik an. Die AEE NÖ-Wien übernahm die Treuhandschaft für die Finanzierungsbeiträge der stillen GesellschafterInnen und KomanditistInnen und vertritt sie bei der Generalversammlung der Ökoenergie Windkraft Wolkersdorf GesmbH & CoKG.
Das AEE-Windkraftwerk steht heute als eines von ursprünglich Dreien in Schrick, einem kleinen Ort im Weinviertel. Es ist eine 600 kW Anlage der Firma Enercon. Der Windpark Schrick wurde im April 2003 noch um eine 1,8 MW Anlage erweitert.

Abbildung 1: Transport des Turmes der AEE-Windkraftanlage

Kosten

Die Gesamtkosten von Windfang betrugen 523.000 €. Der Eigenmittelanteil für die Finanzierung der Planung und Errichtung in der Höhe von 186.500 € konnte zur Gänze aus den Beteiligungen und Darlehen der AEE Mitglieder finanziert werden. Der Rest der Finanzierung wurde über einen Bankkredit vorfinanziert, der aus den Erträgen der Anlage rückbezahlt wird.
61 Personen haben sich persönlich beteiligt und über die Landesorganisationen sind alle AEE Mitglieder mit 5 € an der Anlage beteiligt. Die Erträge aus dieser Beteiligung, ca. € 200,- pro Jahr, fließen den regionalen Vereinen zu. Die Gewinnausschüttungen werden zukünftig jährlich erfolgen und sind voraussichtlich im Herbst des darauffolgenden Kalenderjahres zu erwarten (Gewinn für 2003 im Herbst 2004, etc).

Anlagenbetrieb

Die Windkraftanlage Schrick I ("Windfang") wurde im Juni 2001 in Betrieb genommen und läuft seither, mit einer Ausnahme im August 2003, problemlos. Aufgrund einer zu starken Kabelverdrillung kam es zum einzigen längeren Stillstand der Anlage. Die Verfügbarkeiten der Anlage seit Betriebstart liegt dennoch bei fast 99%.
Prognostiziert wurde "Windfang" ein Energieertrag von cirka 1.114.000 kWh Ökostrom pro Jahr. Der tatsächlich erzielte durchschnittliche Jahresertrag liegt erfreulicherweise höher und beträgt 1.162.712 kWh (siehe Tabelle 1). Seit Inbetriebnahme hat die Anlage insgesamt 24.151 Betriebsstunden absolviert (bei 28.460 Gesamtstunden).

  Prognosen Erreichte Zahlen
Durchschnittlicher
Jahresertrag
1.114.000 kWh/a 1.162.712 kWh/a
Gewinn Langfristig ca.8% 2002: 1,4%
2003: über 7%

Tabelle 1: Jahresertrag und Gewinn von Windfang

Abbildung 2: Montage des Rotors

Beteiligte Personen

Wie sehen die damals maßgeblichen Personen das Projekt heute? Gertraud Grabler-Bauer, damalige Geschäftsführerin der AEE NÖ, meint heute: "Eine breit gestreute private Beteiligung war uns vor allem auch deshalb wichtig, weil dadurch die Akzeptanz für Ökostromanlagen nachhaltig in der Bevölkerung verankert werden konnte und die Wertschöpfung, die durch diese Form der Investition entsteht, auch wieder an viele InvestorInnen zurückfließen konnte. Wir sahen diesen Ansatz auch als Möglichkeit zur Demokratisierung der Energiepolitik. Nicht zuletzt durch dieses Projekt wurde heftig an der damaligen Deckelung der Windenergieförderung gerüttelt." Fritz Herzog, damaliger Geschäftsführer der Ökoenergie Windkraft Wolkersdorf GesmbH & Co KG, meint: "Erneuerbare Energie war und ist unsere Zukunft. Das Windrad auf dem Logo der AEE war damals schon eine Verbindung zu uns. Durch die Mitglieder der AEE konnte einerseits eine wesentliche Ausweitung der potenziell an einer Beteiligung Interessierten erreicht werden. Andererseits war die AEE vor allem in Niederösterreich eine wichtige Lobbyorganisation für die Nutzung erneuerbarer Energie. Anfangs waren in der Windszene nur die drei "F" als verbündete verfügbar. Friends, family, and fools."

Österreichische Windenergieentwicklung

Die letzten Jahre waren auch auf Grund des geltenden Ökostromeinspeisegesetzes sehr erfolgreich für die österreichische Windenergieentwicklung. Die Entwicklung der Windkraftanlagen ist gewaltig. Nicht nur die Anzahl der errichteten Anlagen, auch die Größe der Windparks und vor allem die Leistung der einzelnen Maschinen hat sich vervielfacht. Ende September 2004 war in Österreich eine Windkraftleistung von 436,6 MW installiert, das sind 330 Anlagen bis Ende Juni 2004 (weitere detaillierte Angaben zur Windkraft in Österreich siehe auch Artikel von Dimmel ab Seite XX).
Wolf: hier bitte Seitenzahl von Artikel Dimmel einfügen
Auf Grund der bis Ende 2004 geltenden Ökostromregelung werden noch circa 300 MW genehmigt werden. Diese Anlagen müssen laut geltender Bestimmungen bis Mitte 2006 errichtet werden. In Summe werden dann etwa 700 MW Windkraftleistung in Österreich installiert sein. Diese können knapp 400.000 Hauhalte versorgen.

Neuer Gesetzesentwurf

Nach den jüngsten Entwicklungen sieht die Zukunft jedoch düster aus. Wenn der am 6. Oktober 2004 von Energieminister Bartenstein vorgestellte Gesetzesentwurf vom Parlament so verabschiedet wird, dann werden in den nächsten Jahren vermutlich kaum weitere Anlagen gebaut werden. Denn die für den Windkraftausbau zur Verfügung stehenden Mittel sollen auf 20% von 17 Mio € (= jährliches Gesamtfördervolumen für alle Ökostromanlagen) gedeckelt werden.
Laut Einigung der Minister soll die Ökostromförderung in Zukunft begrenzt werden. Das Ausmaß der Fördertöpfe wird drastisch gekürzt. Während für Kleinwasserkraft, Biomasse und Sonnenenergie das Einspeisesystem beibehalten wird, kommt für Windstrom, derzeit die kostengünstigste Variante der Ökostromerzeugung, ein administrativ höchst aufwendiges Ausschreibungssystem.
Das geplante Gesetz hat zahlreiche Haken: Bei der Kleinwasserkraft kann es im Nachhinein zu Einspeisetarifkürzungen kommen. Bei der Windkraft sind, abgesehen davon, dass Ausschreibungen für Ökostromprojekte nirgends in Europa erfolgreich funktionieren, zur Absicherung des Todesstoßes die Ausschreibungsbedingungen besonders schlecht. Bei Biomasse, Biogas und Photovoltaik erfahren AnlagenbetreiberInnen erst, wenn das Projekt fix und fertig genehmigt ist, ob es Anspruch auf Förderung hat. Zu alledem kommt, dass es für alle Projekte aller Technologien keine Rechtssicherheit mehr gibt, da die Förderungen nur ausbezahlt werden müssen, wenn die sogenannte Ökoenergie-AG die Mittel auch angewiesen bekommt (siehe Konflikt zu Beginn des Jahres 2004).

Abbildung 3: Montage der Nabenabdeckung

Abbildung 4: Das geplante Ausschreibungssystem für Windkraftanlagen lässt die Zukunft düster aussehen

Ziel: 7% Ökostromanteil

Positivste Errungenschaft dieses Gesetzes ist, dass über 2008 hinaus, nämlich für 2010, als Ziel ein 7% Ökostromanteil an der gesamten Stromabgabe an LetztverbraucherInnen definiert wurde. Aus ökologischer Sicht, aber längerfristig wohl auch aus Sicht der Versorgungssicherheit, ist dieser Anteil leider zu gering.
Mag. Stefan Hantsch, Geschäftsführer der IG Windkraft, meint dazu: "Der Beschluss wird die österreichische Ökostromerfolgsgeschichte stoppen. Keine Rechtssicherheit, weniger Neuanlagen sowie Stopp gerade bei der billigsten Ökostromform, der Windenergie. Zukunftsarbeitsplätze werden geopfert. Die Regierung geht nun einen energiepolitischen Weg in mehr Energieabhängigkeit und setzt auf Gas und Kohle, die in wenigen Jahren deutlich teurer sein werden als Ökostrom. Im Gegensatz dazu garantieren heimische Ökoenergien langfristig kalkulierbare Preise. Für die Windkraft bedeutet dieser Entwurf das Aus. Rechtssicherheit gibt es für keine Ökostromanlage mehr."

*) Doris Hammermüller ist Geschäftsführerin der AEE Niederösterreich-Wien, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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