Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2007-02: Hochwertige Sanierung von Gebäuden

Solarthermie

Steigende Energiepreise machen solare Prozesswärme immer interessanter. Die PSE GmbH in Freiburg entwickelt derzeit einen linearkonzentrierenden Fresnel-Prozesswärmekollektor, der Prozesswärme bis 200°C bereitstellen kann.
In sonnenreichen Ländern kann mit diesem Kollektor z.B. Prozesswärmebedarf in der Textil- oder Lebensmittelindustrie gedeckt werden. Eine andere attraktive Anwendung ist mit dem Kollektor Absorptionskältemaschinen zu betreiben und Kälte zu erzeugen um Gebäude zu klimatisieren.

Fresnel-Kollektor zur solaren Prozesswärmeerzeugung

Von Christian Zahler und Andreas Häberle*

Technik und Historie

Abbildung 1: Fresnel Kollektor in Bergamo

Linear konzentrierende Fresnel-Kollektoren reflektieren die direkte Solarstrahlung mit einem Feld einzeln nachgeführter Spiegelreihen auf einen stationären Receiver (Abbildung 1). Dadurch werden hohe Betriebstemperaturen erreicht, die den Einsatz von Fresnel-Kollektoren sogar zur solarthermischen Stromerzeugung in großen Kraftwerksfeldern ermöglichen. Das Konstruktionsprinzip verspricht Vorteile durch eine vergleichsweise einfache Bauweise, die kostengünstig herstellbar ist sowie durch niedrige Windlasten und eine effiziente Ausnutzung der Grundfläche.

Abbildung 2: Funktionsprinzip des Fresnel Kollektors

Bereits vor etwa 200 Jahren wurde das dem Kollektor zugrundeliegende optische Prinzip von dem französischen Physiker Augustin Jean Fresnel entdeckt. Der erste lineare Fresnel-Reflektor wurde 1964 von Giovanni Francia und Marcel Perrot in Marseille aufgebaut. Mit der Anlage wurde Dampf bei 450 °C erzeugt.

Heute bieten drei Firmen große lineare Fresnel-Kollektoren zur solarthermischen Stromerzeugung an:

  • Die australische »Solar Heat and Power Pty Ltd«, baut aktuell ein Kollektorfeld mit etwa 20 MWth zur Speisewasservorwärmung eines Braunkohlekraftwerks in Liddell, nördlich von Sydney.
  • Ausgehend von der Technologie der belgischen Firma Solarmundo baut die deutsche »Solar Power Group GmbH« in Kooperation mit »MAN Ferrostaal Power Industry GmbH« einen Demonstrationskollektor auf der Plataforma Solar de Almeria in Spanien.
  • Ebenfalls in Spanien steht der Prototyp der deutschen »NOVATEC Biosol AG«, die dort aktuell eine automatisierte Produktion aufbaut.

 

Wenn sich auch die konstruktiven Detaillösungen der drei Firmen stark unterscheiden, so sind sie sich doch in der Dimensionierung des Kollektors (Länge, Höhe, Breite) sehr ähnlich. Das Ziel ist jeweils Kollektorfelder im Kraftwerksmaßstab d.h. mit mindestens einigen 10 bis zu einigen hundert MWth zu bauen.

Der Fresnel-Prozesswärmekollektor der PSE GmbH

Der PSE Fresnel-Kollektor ist um etwa einen Faktor zwei kleiner dimensioniert als die Kollektoren für Kraftwerksanwendungen. Ziel der Entwicklung war ein Kollektor, der Prozesswärme im Temperaturbereich von etwa 200°C bereitstellen kann und der für Kollektorfelder mit einer thermischen Leistung ab etwa 50 kW eingesetzt werden kann. Bei dieser Größe wird es attraktiv, die Dachfläche von Industriehallen für die Aufstellung des Kollektors zu nutzen. Da der Kollektor nur sehr niedrige Windlasten hat, ist es möglich ihn ohne Durchdringung der Dachhaut aufzustellen. Grundgedanke der Konstruktion war eine hohe Modularität zu schaffen. Ein Kollektormodul ist 4 m lang (dieses Maß ist durch das Absorberrohr definiert) und 7,5 m breit. 11 Spiegelreihen mit je 0,5 m Breite sind darin mit jeweils 20 cm Abstand zueinander montiert. Damit wird eine Aperturbreite von 5,5 m bzw. eine Aperturfläche von 22 m² pro Modul erreicht.
Wie jede konzentrierende Kollektortechnologie kann auch der Fresnel-Kollektor nur Direktstrahlung nutzen. Diffusstrahlung, welche von nichtkonzentrierenden Kollektoren und PV-Modulen absorbiert wird, kann vom Fresnel-Kollektor nicht genutzt werden.
Der Energieertrag eines Kollektors hängt sehr stark vom Installationsort ab, so ist der Bruttowärmeertrag pro Jahr eines Fresnel-Kollektors in Südspanien mit 654 kWh/(m²a) mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland mit 251 kWh/(m²a), in Ägypten mit 1025 kWh/(m²a) fast viermal so groß.
Im Dezember 2005 wurde ein erster Prototyp des Kollektors mit 88 m² Spiegelfläche in Freiburg installiert (Abbildung 2). Das Spiegelfeld überragt den Absorber auf jeder Seite um 4 m um eine hinreichend lange Messzeit zu erreichen, in der der komplette Receiver beleuchtet ist. An dem Kollektor wurden im Sommer 2006 ausführliche Detailuntersuchungen und Leistungsmessungen durchgeführt.

Abbildung 3: Erster Prototyp des PSE Fresnel-Kollektors in Freiburg

Ein zweiter Prototyp mit 132 m² Spiegelfläche liefert seit September 2006 die Antriebswärme zum Betrieb einer NH3/H2O-Absorptionskältemaschine der Firma Robur S.p.A. in Bergamo, Italien. Der Fresnel-Kollektor liefert der sonst erdgasbetriebenen Kältemaschine heißes Druckwasser, mit dem sie Temperaturen bis unter den Gefrierpunkt erzeugen kann. Dadurch ist der Einsatz eines Eisspeichers möglich, der die Kälte zeitversetzt abgibt und so auch einen Betrieb der Klimaanlage während der Nachtstunden ermöglicht.

Anwendungen und Ausblick

NH3/H2O-Absorptionskältemaschinen sind aufgrund ihres großen Temperaturhubs besonders attraktiv für solare Kühlungsanlagen: Einerseits benötigen sie auch bei sehr hohen Umgebungstemperaturen keinen Nasskühlturm um die Abwärme abzuführen, was besonders in ariden Zonen ein sehr wichtiger Vorteil ist. Andererseits erreichen sie Temperaturen unter 0°C, was wiederum den Einsatz von Eisspeichern und die Erzeugung von Industriekälte ermöglicht.
Der Antrieb von Absorptionskältemaschinen ist eine sehr attraktive, jedoch nur eine von vielen Anwendungsmöglichkeiten solarer Prozesswärme. In einer Vielzahl von industriellen Prozessen, z.B. in der Lebensmittelindustrie und Textilindustrie wird Wärme auf einem hohen Temperaturniveau benötigt (Abbildung 3).

Abbildung 4: Prozesswärmebedarf der Industrie nach Temperaturbereichen
(Angaben zu Österreich nach Neubarth, Kaltschmitt, 2000)

Die Größenordnung des industriellen Prozesswärmebedarfs zwischen 100°C und 200°C entspricht etwa dem Energiebedarf der häuslichen Warmwasserversorgung - ein riesiger noch nicht erschlossener Markt. Für Prozesswärmeanwendungen ist die Installation von Fresnel-Kollektoren auf Industrie¬flachdächern im Augenblick die nächstliegende und einfachste Art der Montage. Soll der Fresnel-Kollektor jedoch Absorptionskältemaschinen antreiben, welche wiederum große repräsentative Gebäude kühlen, dann steigen die Ansprüche an Ästhetik. Eine aussichtsreiche Option hierfür ist die Integration des Fresnel-Kollektors in die Gebäudehülle: Große Bereiche des Gebäudes könnten flexibel verschattet werden und gleichzeitig Energie zum Betrieb einer Kältemaschine liefern.
Die PSE GmbH forderte deshalb Studentinnen und Studenten an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart zur Entwicklung von Ideen auf: Es sollte ein städtisches Gebäudesystem im südlichen Europa entworfen werden, das Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen Lebensraum bietet und den Fresnel-Kollektor sinnvoll im Gebäude einsetzt.
Die Entwürfe mit dem Titel »Eintausendundeinraum« wurden im Rahmen einer Semesterarbeit in der Klasse von Prof. Dr. Michel Müller (Klasse für integrative Planungsmethodik und Gebäudetechnologie) entwickelt. Das Ergebnis ist eine Reihe von Entwürfen, die zeigen, dass die Integration von Fresnel-Kollektoren in Gebäude sowohl ästhetische als auch funktionale Anforderungen erfüllen kann

Abbildung 5: Entwurf eines gebäudeintegrierten Fresnel-Kollektors
(Matthias Kübler, ABK Stuttgart)

Nachwort

Die Kollektorentwicklung der PSE wurde gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.
Der Kältemaschinenhersteller Robur entwickelt derzeit eine dem Kollektor angepasste Ammoniak-Wasser-Absorptionskältemaschine. Sie ist besonders wartungsarm und hat eine hohe Abwärmetemperatur. Letzteres garantiert, dass sie bei über 45 °C Außentemperatur noch arbeiten kann, ohne auf Nasskühltürme mit einem hohen Wasserbedarf angewiesen zu sein. Für südliche Länder ein gutes Argument.

Abbildung 6: Konstruktion des ersten linearen Fresnel-Reflektors von Giovanni Francia und Marcel Perrot, 1964
(Quelle: Privatarchiv von Giovanni Francia (1911-1980)[Sil05]

Weitere Informationen:

Die PSE GmbH entstand 1999 als Ausgründung des Fraunhofer ISE. Das Unternehmen hat sich auf Anwendungen für Solarthermie und Photovoltaik spezialisiert. Zur Produktpalette gehören Mess- und Regeltechnik für solare Kühlungsanlagen und konzentrierende Kollektoren. Weitere Geschäftsfelder sind die Entwicklung und Produktion von Sonderanfertigungen für Solar-Prüfstände wie Nachführgeräte oder Sonnensimulatoren sowie das Management internationaler Forschungsprojekte.

Ansprechpartner PSE GmbH – Forschung, Entwicklung, Marketing:
Christian Zahler, Solar Info Center, D-79072 Freiburg,
Tel. +49/761/479 14-0, Fax +49/761/479 14-44
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.pse.de

Literatur

  • [Sil05] Cesare S.: The Work of Italian Solar Energy Pioneer Giovanni Francia(1911-1980), ISES Solar World Congress, Orlando, Florida, 2005.

*) Dr. Andreas Häberle ist Geschäftsführer und Dipl. Phys. Christian Zahler leitet den Marktbereich Solarthermie sowie das Geschäftsfeld Anlagenbau der PSE GmbH, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.pse.de [^]

Top of page