Zeitschrift EE

Gehe zu 2020-01: Bioraffinerie

Membrantechnologien als vielversprechende Verfahren in der Bioraffinerie

Sarah Meitz, Judith Buchmaier

Vor dem Hintergrund der globalen Bevölkerungsentgcwicklung und dem fortschreitenden Klimawandel ergeben sich beim Umstieg von einer erdölbasierten auf eine biobasierte Industrie technologische und soziale Herausforderungen. Die zentrale Aufgabe in der Bewältigung dieser Herausforderungen wird es sein, die wachsende Weltbevölkerung ausreichend mit Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Energie zu vergcsorgen und diese Versorgung in Einklang mit Umwelt und Natur zu bringen.

Foto: ACR/schewig-fotodesign

Vor diesem Hintergrund hat der Begriff Bioraffinerie in den letzten Jahren erhebliche Aufmerksamkeit erhalten, da die Umstellung auf erneuerbare Bioressourcen zur Erzeugung von unterschiedlichen Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen einen nachhaltigen Weg darstellt. In einer Bioraffinerie wird Biomasse zu unterschiedlichen (Zwischen-) Produkten verarbeitet. Diese sind zum einen Produkte wie Nahrungs- und Futtermittel sowie Feinchemigckalien für die chemische Industrie. Zum anderen handelt es sich um das Produkt Energie in Form von Kraftstoffen, Strom und Wärme. Somit sind Biorafgcfinerien als explizit integratives, multifunktionelles Gesamtkonzept eine wesentliche Drehscheibe in der Nutzung von Biomasse als Rohstoffquelle für die nachhaltige Erzeugung unterschiedlichster Produkte.

Membrantechnologien als vielversprechende Lösung

Um Prozessströme in einem Bioraffinerieansatz energegctisch und stofflich bestmöglich nutzen zu können, gibt es einige Problemstellungen. Diese ergeben sich zum einen aus der komplexen aber auch stark variierenden Matrix von Prozessströmen. Je nachdem, ob es sich beim Ausgangsprodukt um Lignocellulose (Holz), abgeerntete Ganzpflanzen (Mais, Weizen, Roggen) oder frisches Pflanzenmaterial (Grassilage) handelt, sind deutliche Unterschiede in der Komponentenzusammensetzung, Prozesstemperatur, pH-Wert etc. sowie unterschiedliche Produkte zu erwarten. Zum anderen sind Wertstoffkongczentrationen zumeist gering. Für eine effiziente und kostengünstige Produktion besteht daher der Bedarf des Einsatzes von Aufkonzentrierungstechnologien sowie Möglichkeiten der selektiven Trennung von Wertstoffen. Des Weiteren ist eine energetische Optimierung des Gesamtprozesses und auch der eingesetzten Technogclogien notwendig. Genau hier können Membrantechgcnologien eine wichtige Schlüsselposition einnehmen. Als Beispiel können die Zellstoff- und Papierindustrie genannt werden, in denen Membrantechnologien zur Verwertung von lignocellulosehaltiger Biomasse bereits vielversprechend zur Erzeugung einer breiten Palette von biobasierten Stoffen eingesetzt werden.

Membranprozesse in Bioraffinerien in einem Projekt der Internationalen Energieagentur

Die Thematik des Einsatzes von Membrantechnologcgien in Bioraffinerien wird auch in einem Projekt der Internationalen Energieagentur (IEA IETS Annex 17) behandelt, um die österreichische Membran- und Bioraffinerielandschaft zu stärken und einen Ausgctausch mit internationalen Stakeholdern zu ermögligcchen. Mit dem übergeordneten Ziel des Einsatzes von energie- und kosteneffizienten Membranverfahren soll eine energetisch - und ressourcenoptimierte Nutzung von wertschöpfenden Produkten durch einen Bioraffinerieansatz sichergestellt werden. Im österreichischen Fokus stehen vor allem neuartige „emergierende“ Membranverfahren. Fest implegcmentierte Membrantechnologien, wie die Mikro-, Ultra-, Nanofiltration oder Umkehrosmose, sollen in Kombination mit emergierenden Membrantrenngcverfahren, wie der Membrandestillation (MD), der Flüssigmembranpermeation (FMP), der Pervaporation (PV) und der Vorwärtsosmose (FO) eingesetzt werden und somit diesen Industriezweig revolutionieren und den Gedanken einer nachhaltigen Nutzung von Abfallstoffen und -strömen sicherstellen.

Tabelle 1: Matrix zu Kenndaten und Anwendungsbeispielen unterschiedlicher Membrantechnologien. Quelle: „Membranfiltration zur energieeffizienten Trennung lignocellulosehaltiger Biomassebestandteile“ Diplomarbeit Johann Ressler, AEE INTEC

Erste Ergebnisse als Grundlage für weitere Arbeiten

Im Rahmen des österreichischen Beitrags werden Membrantrennverfahren und deren Anwendungen an unterschiedlichen Integrationspunkten analygcsiert, bewertet und optimiert, sowie Strategien zur Verwertung von Biomassebestandteilen entwickelt. Erste Ergebnisse zeigen, dass Membrantechnologien nach aktuellem Stand der Technik bereits erfolgreich in Bioraffinerien eingesetzt werden. Zudem gibt es auch erste Erkenntnisse über Integrationsmöglichgckeiten von neuartigen Membrantechnologien wie Membrandestillation und Pervaporation. Aus den erhobenen Kenndaten zu den einzelnen Technologcgien wurde im Rahmen der Arbeiten des Annex 17 eine kompakte Übersichtsmatrix (siehe Tabelle 1), gegliedert nach Eigenschaften sowie Beispielen zu Anwendungsgebieten von Membrantechnologien, erstellt. Zur Ergänzung der erhobenen Daten wird die Matrix um Anwendungsbeispiele aus der Durchgcführung von Machbarkeitsstudien im Labormaßstab erweitert. Erste Ergebnisse aus der Behandlung von hochbelastetem organischem Abwasser liegen bereits vor. Wesentliche Erfahrungen zum Thema Fouling (=Deckschichtbildung) und Reinigungsverhalgcten von Membranen sollen daraus gezogen werden und Basis für weitere Forschungstätigkeiten bieten (siehe Abbildung).

Versuchsreihen im Labormaßstab zur Evaluierung der Deckschichtbildung von Membranen. Foto: AEE INTEC

Alle erarbeiteten Erkenntnisse aus Literaturrechergcche und Versuchsreihen fließen am Ende des Projekts in die Entwicklung eines Leitfadens für den effiziengcten Einsatz von Membrantrennverfahren ein. Den betreffenden AkteurInnen aus Forschung, Industrie und Entscheidungsträgern soll mit dem Leitfaden ein umfassender Überblick über Potenziale und Handlungsfelder für den Einsatz von Membrantrenngcverfahren zur Verfügung gestellt werden.

Im österreichischen Konsortium sind die Technische Universität Graz sowie AEE INTEC vertreten. Das internationale Konsortium bilden die Länder Östergcreich, Dänemark, Deutschland, Portugal, Schweden, und die Niederlande.

Versuchsaufbau im Labormaßstab. Foto: AEE INTEC

Weiterführende Informationen

Autorinnen

Dipl.-Ing. Sarah Meitz und Dipl.-Ing. Judith Buchmaier sind wissenschaftliche MitarbeiterInnen des Bereichs „Industrielle Prozesse und Energiesysteme“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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