Zeitschrift EE

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Kombination von Solarthermie und Wärmepumpe – ungenutzte Potenziale in der Industrie

Jürgen Fluch und Anna Grubbauer

Ausgangspunkt

Die Senkung der Treibhausgasemissionen um 40 % unter das Niveau von 1990 und die Steigerung der Energieeffizienz sowie erneuerbarer Energien um 27 %, das sind die Kernziele die sich die Europäische Union im Rahmen der COP 21 gesteckt hat [1]. Der industrielle Sektor zeichnet sich durch mehr als 25 % des europäischen Endenergieverbrauchs aus, wovon 88 % durch nicht erneuerbare Energieträger gedeckt werden [2]. Sollen die gesteckten Klimaziele erreicht werden, muss die Industrie in die Klima- und Energiestrategien eingebunden werden und eine aktive Rolle spielen.

Das Handlungsfeld umfasst dabei energieeffizienzsteigernde Maßnahmen sowie den Einsatz erneuerbarer Energieträger – beides sowohl auf Prozess- als auch Versorgungsebene von Industriebetrieben. Wärmepumpen (WP) und solarthermische Anlagen (ST) weisen großes Potenzial auf, wenn es um die Bereitstellung von industrieller Prozesswärme im Nieder- und Mitteltemperaturbereich (bis 250 °C) geht. Beide Technologien werden verstärkt industriell eingesetzt, sehen sich jedoch großen Vorurteilen und Barrieren gegenüber.

Ausgangslage des Forschungsprojektes „EnPro“ (Erneuerbare Prozesswärme – Integration von Solarthermie und Wärmepumpen in industrielle Prozesse) war es, die Grundlagen zur Überwindung dieser Barrieren zu schaffen, durch eine Kombination der beiden Technologien neue Potenziale zu identifizieren sowie die Einsatzmöglichkeiten von Solarthermie und Wärmepumpen in ausgewählten Industriesektoren anhand Fallstudien zu untersuchen und aus den Erkenntnissen multiplizierbare Ansätze zur Integration abzuleiten. Außerdem wurde der Forschungs- und Entwicklungsbedarf erhoben, um eine signifikante Steigerung des Einsatzes beider Technologien zu erreichen.

Generische Integrationskonzepte für eine flexible Planung

„Die Integration von erneuerbaren Energien ist komplex, zeit- und kostenintensiv und mit hohem Planungsaufwand verbunden“, geben die meisten Unternehmer als Hürde und Entscheidungsgrund gegen die Einbindung erneuerbarer Energien an. Dieses Vorurteil sowie mangelnde Erfahrung und fehlendes Wissen über die tatsächlichen technischen Rahmenbedingungen und technologischen Weiterentwicklungen gilt für die monovalente Integration, verstärkt sich insbesondere aber bei der möglichen Kombination von zwei verschiedenen erneuerbaren Technologien.

Ungeachtet von Industriebranche und -prozessen wurden im Projekt „EnPro“ daher verallgemeinerte Konzepte für die kombinierte Integration von Solarthermie und Wärmepumpe erstellt. Dafür wurden im Rahmen des Projektes Fallstudien in zwölf österreichischen Unternehmen durchgeführt. Klares Ziel war die Identifikation und Bewertung der Integrationsmöglichkeiten. Aufbauend auf den Ergebnissen wurden branchenübergreifende Konzepte für die bestmögliche Integration der beiden erneuerbaren Technologien Solarthermie und Wärmepumpe entwickelt, sowohl in bestehende thermische Versorgungssysteme als auch auf Prozessebene.

Solarthermie und Wärmepumpen sind im Gebäudebereich bereits gut etabliert. Aufbauend auf den im Gebäudebereich angewandten kombinierten Konzepten [3], wurden in „EnPro“ vier verschiedene Solarthermie-Wärmepumpen-Systeme untersucht und bewertet. Diese können wie folgt klassifiziert werden:

  • Parallele Kombination von Solarthermie / Wärmepumpe (siehe Abbildung)
  • Serielle Kombinationen: Hier wird entweder Prozessabwärme oder die solarthermische Anlage als Wärmequelle für die Wärmepumpe genutzt. Bei Nutzung von Prozessabwärme als Quelle für die Wärmepumpe kann entweder die Wärmepumpe auf die solarthermische Anlage oder umgekehrt die solarthermische Anlage auf die Wärmepumpe folgen.

Die für die Einbindung solarer Prozesswärme erstellten Schemen in modularer Darstellungsform basieren auf den Integrationskonzepten, die in einem Projekt der Internationalen Energieagentur erstellt wurden [4].

Abbildung: Integrationskonzept für die parallele Integration von Solarthermie und Wärmepumpe. Solarthermie und Wärmepumpe versorgen einen Speicher, aus dem der Prozess mit Wärme versorgt wird. Eine (bestehende) konventielle Energieversorgung dient als Back-up.

In den modularen Aufbau der Integrationskonzepte werden alle notwendigen Bestandteile wie Solarthermie, Wärmepumpe, Speicher, Wärmetauscher, Pumpen und Ventile aufgenommen. Je nach Anwendungsfall kann auf spezifische Module jedoch verzichtet werden, beispielsweise kann der Speicher durch die gleichzeitig durch Wärmepumpe und Solarthermie zur Verfügung gestellte Prozesswärme obsolet werden. Durch die einfache Darstellung wird eine weitgehende Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse über die Grenzen der betrachteten Branchen hinaus ermöglicht und gezeigt, wie eine modulare Betrachtungsweise die Komplexität verringert. Um eine einfache Handhabung der entwickelten Konzepte zu erreichen und PlanerInnen und AnwenderInnen mittels Entscheidungsbaum und definierten Entscheidungskriterien Hilfestellung bei der Auswahl von sinnvollen Varianten für konkrete Anwendungsfälle zu bieten, wurde ein Leitfaden erstellt. Der Leitfaden enthält eine detaillierte Beschreibung der Integrationskonzepte sowie Best Practice Beispiele. Ergänzt wird der Leitfaden um aktuelle Förderprogramme.

Technische und wirtschaftliche Bewertung

„In meinem Unternehmen gibt es kein oder nur geringes Potenzial für die Einbindung von erneuerbaren Energien wie Solarthermie und Wärmepumpen für Prozesswärmeerzeugung“.

Das tatsächlich vorhandene Integrationspotenzial ist für Unternehmen oft nicht klar. Daher wurde im Projekt „EnPro“ neben dem Leitfaden ein nutzerfreundliches Tool entwickelt, das die Anwendungspotenziale von Solarthermie und Wärmepumpen aufzeigt und Unternehmen bei der raschen und einfachen Identifikation und Bewertung möglicher Integrationspunkte unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten unterstützt. Die Zielgruppe des Tools sind Industrieunternehmen, Anlagenplaner, Industrieanlagenbauer sowie Solarthermie- und Wärmepumpenhersteller. Für die Bedienung des Bewertungstools ist kein fachspezifisches Knowhow erforderlich und die Handhabung wird schrittweise in einem Online-Handbuch erläutert.

Der Anwender kann in einem ersten Schritt die bestehende Versorgungsstruktur, Wärmeverteilung und Produktionsprozesse definieren und darauf aufbauend Prozess- und Systemoptimierungen erkennen. Der wichtigste Schritt ist die prozess- und versorgungsrelevante Identifikation und Bewertung der Integration von Solarthermie, Wärmepumpen und kombinierten Systemen. Die einzelnen Integrationsmöglichkeiten werden gegenübergestellt und einer technischen und wirtschaftlichen Bewertung unterzogen (Anlagenleistung, Wirkungsgrad, COP, Amortisationszeit, Energiegestehungskosten etc.).

Weitere Forschungsschwerpunkte für den Ausbau von Solarthermie und Wärmepumpe in der Industrie

Die durchgeführten Fallstudien zeigen das große Potenzial erneuerbarer Prozesswärmeversorgung durch Solarthermie und/oder Wärmepumpe in den untersuchten Industriesektoren. Gleichzeitig ergibt sich aus den entwickelten Konzepten weiterer Forschungsbedarf, um das Potenzial nutzen zu können. Das betrifft sowohl die technologische Weiterentwicklung als auch die entsprechende Umsetzungsunterstützung durch Politik und entsprechende Förderinstrumente.

Technologisch gilt es, solarthermische Anlagen und Wärmepumpen für den Einsatz im industriellen Bereich weiterzuentwickeln. Beispiele dafür sind höhere erzielbare Temperaturen bei besserer Effizienz, Simulationsmodelle, Dampferzeugung aus Wärmepumpen, Komponentenoptimierung, innovative Wärmeträgermedien, die Nutzung von Solarkollektoren als Prozessreaktoren oder die bessere Integration in den Produktionsprozess. Dazu zählt auch die Anpassung und Entwicklung innovativer Prozesstechnologien mit verbesserten Möglichkeiten für die Versorgung durch erneuerbare Energien. Auf Systemebene zeigen optimierte Regelungsstrategien im Kontext ganzheitlicher Energieversorgungskonzepte (Solarthermie, Wärmepumpe, Speicher, konventionelle Versorgung) großes Optimierungspotenzial und entsprechenden Forschungsbedarf.

Des Weiteren wurden nationale und internationale Förderinstrumente analysiert und politische Empfehlungen (z. B. CO2-Steuer auf Ebene der Produktionsbereiche, Investitionsförderungen für die Implementierung von Solarthermie und/oder Wärmepumpen) sowohl für eine Anreizschaffung zur Integration als auch die Bearbeitung der identifizierten Forschungsbereiche ermittelt. Der identifizierte Forschungsbedarf und die Förderinstrumente wurden einem internationalen Begutachtungsprozess unterzogen, um die gewonnen Erkenntnisse noch weiter zu stärken. Das daraus entstandene Dokument wurde im Rahmen des EnPro-Symposiums am 12. Juni 2017 vorgestellt und diskutiert.

Danksagung

Die Forschungsarbeiten des Projektes wurden mit Mitteln des Klima- und Energiefonds finanziert sowie gemeinsam von den Projektpartnern AIT - Austrian Institute of Technology GmbH, TU Wien - Institut für Energietechnik und Thermodynamik und AEE INTEC bearbeitet. Dank für die Unterstützung und das Engagement im Projekt ergeht an die Studienteilnehmer Albin Sorger „Zum Weinrebenbäcker“ GmbH & Co KG, Bichlbäck, Der Bäcker Ruetz Tiroler Backhaus GmbH, Norske Skog Bruck GmbH, SCA Hygiene Products GmbH, Roto Frank Austria GmbH, A&R Carton Graz GmbH, MKE Metall- und Kunststoffwarenerzeugungs-ges.m.b.H, Salesianer Miettex GmbH, Otto Wirl GmbH und Austrotherm GmbH.

Literatur

[1] Europäische Kommission (2014): 2030 climate and energy goals for a competitive, secure and low-carbon EU economy. Abgerufen am 28.04.2017 um 08:00 Uhr: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-54_en.htm

[2] Eurostat (2017): Final energy Consumption by Industry Sectors. Abgerufen am 27.04.2017 um 8:00 Uhr: http://ec.europa.eu/eurostat/web/products-datasets/-/tsdpc320.

[3] Hadorn, J.C. (2016): Solar and Heat Pump System for Residential Buildings, Darmstadt, Wilhelm Ernst & Sohn, ISBN: 978-3-433-03040-0

[4] Muster-Slawitsch, B.; Hassine, B.I.; Helmke, A.; Heß, S.; Krummenacher, B.; Schmitt, B.; Schnitzer, H. (2015): Integration Guideline, Deliverable B2, IEA Task 49/IV, http://task49.iea-shc.org/data/sites/1/publications/150218_IEA%20Task%2049_D_B2_Integration_Guideline-final1.pdf

Weiterführende Informationen

http://www.aee-intec.at/index.php?seitenName=projekteDetail&projekteId=176

http://task49.iea-shc.org/data/sites/1/publications/150218_IEA%20Task%2049_D_B2_Integration_Guideline-final1.pdf

Autorenbeschreibung

Dipl.-Ing. Anna Grubbauer und Dipl.-Ing. Jürgen Fluch sind wissenschaftliche Mitarbeiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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