Effekte der Förderung von Biomasse-Nahwärme im ländlichen Raum
Harald Schrammel, Sabrina Metz
Das Österreichische Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums[CITATION BML13 \l 1031 ] hat die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft, die Verbesserung der Umwelt und der Landschaft sowie die Diversifizierung der Wirtschaft zum Ziel, um den Abwanderungstendenzen aus dem ländlichen Raum in urbane Ballungszentren entgegenzuwirken und die Lebensqualität in ländlichen Gebieten zu verbessern. Zudem werden strategische Ziele der EU wie die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten und Wachstumsgrundlagen, Erhaltung und Entwicklung von Agrar- und Forstsystemen mit hohem Naturwert und Verbesserung der Biodiversität sowie der Klimaschutz unterstützt. In der Maßnahme 321c „Bioenergieerzeugung mittels Biomasse“ sowie in der kleineren Schwestermaßnahme 311a „Diversifizierung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe durch Energie aus nachwachsenden Rohstoffen sowie Energiedienstleistungen“ erfolgt eine Investitionsförderung von Bioenergieprojekten. Unterstützt werden hauptsächlich die Errichtung und Erweiterung von Biomasseheizwerken und Nahwärmenetzen. Dabei erfolgt die Förderungsfinanzierung aus Mitteln der EU, des Bundes und der Länder. AEE INTEC wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) mit der Evaluierung der Wirkung dieser Fördermaßnahmen im Zeitraum von 2007 bis 2014 in Hinblick auf die Zielsetzungen des Österreichischen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raumes und der diesbezüglichen Kohäsionspolitik der EU beauftragt. Zwanzig repräsentative Heizwerksstandorte, wurden in Hinsicht auf die drei Wirkungsbereiche Wirtschaft, Regional/Sozial und Umwelt auf Basis von eigens entwickelten Bewertungsfaktoren untersucht.
Abbildung: Auch optisch neue Wege gehen, Biomasseheizwerk Altach, Foto: AEE INTEC
Biomasse-Nahwärme ist eine nachhaltige Investition
Zwischen 2007 und 2013 wurden rund 400 Mio € an nationalen und EU-Fördermitteln für mehr als 2.000 Projekte im Bereich von Bioenergieanlagen bereitgestellt.
Im Zeitraum von 2007 bis 2014 hat sich die Anschlussleistung der mit Biomasse-Nahwärme versorgten Wärmeabnehmer um mehr als 619 MW erhöht, wodurch zusätzlich rund 897 GWh/a an erneuerbarer Wärme an Wärmekunden abgegeben und größtenteils fossile Energieträger substituiert werden. Der Ausstoß an CO2-Emissionen wird um 298.000 t pro Jahr reduziert. Kumuliert bedeutet dies bis zum Jahr 2020 eine CO2-Einsparung von 3,2 Mio t und bis zum Ende der theoretischen Nutzungsdauer der Erzeugungsanlagen von 15 Jahren eine CO2-Einsparung von rund 4,5 Mio t. Die Länge der Biomasse-Nahwärmenetze hat um mehr als 700 km zugenommen und die installierte Biomassekesselleistung ist um 290 MW gestiegen.
Die detaillierte Evaluierung der ausgewählten Fallbeispiele bestätigt eine äußerst positive und langfristige Wirkung besonders auch im Bereich der Wirtschaft. durch aus der Errichtung und dem Betrieb der Anlagen resultierende Beschäftigungseffekte, den positiven Einfluss auf die Kapitalkosten und der entstehenden Wertschöpfung in der Region. Die durch Errichtung und Betrieb der untersuchten Fallbeispiele generierten Beschäftigungseffekte in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) sind in nachfolgender Abbildung dargestellt. Zu den Beschäftigungseffekten tragen auch die fast ausschließlich regionale Brennstoffversorgung und die häufige Einbindung regionaler Unternehmen bei.
In der Bevölkerung und den Gemeinden finden die Anlagen eine breite Akzeptanz sowie Unterstützung und generell besteht eine hohe Kundenzufriedenheit. Die Errichtung von Nahwärmeprojekten führt mitunter zu Ansiedelung bzw. Gründung neuer Betriebe und ist oft Initialzündung für weitere Initiativen und Projekte im Bereich Erneuerbare Energien und Energiebewusstsein. Das hohe Maß der Einbindung landwirtschaftlicher Betriebe als Betreiber und Brennstofflieferanten führt zur Diversifizierung hin zu nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten und entsprechenden Zusatzqualifikationen. Mehrere Bespiele in Österreich zeigen, dass daraus kleinere Wärmeversorgungsunternehmen sowie hochspezialisierte Unternehmen im Bereich Planung, Errichtung und Betriebsführung von Nahwärmeanlagen hervorgehen können, was die regionale Bedeutung der Maßnahmen zusätzlich unterstreicht.
Auswirkungen auf Umwelt und Klimaschutz
Biomasseheizwerke haben eine positive Auswirkung auf den Bereich Umwelt und Klimaschutz (CO2-Einsparungen und die Zunahme der Produktion erneuerbarer Energie), wobei anzumerken ist, dass die Planungsziele oft nicht in vollem Umfang erreicht werden. Äußerst positiv wirken sich der sehr hohe Anteil an regionalem Brennstoffeinsatz und die daraus resultierende nachhaltige und sichere Energieversorgung aus.
Die Beeinträchtigungen durch Emissionen, Geruch oder Lärm sind aufgrund der hohen Umweltstandards und Vorgaben von Förderstellen in Österreich relativ gering, sodass sich hier keine negativen Auswirkungen ergeben.
Die Effizienz der Anlagen hat sich im Laufe der Jahre durch das im Zuge der Förderung verpflichtend umzusetzende Qualitätsmanagementprogramm qm heizwerke sukzessive verbessert, wenngleich insbesondere Anlagen älteren Baujahrs noch Optimierungspotential aufweisen. Derzeit nutzt nur ein kleinerer Anteil der Heizwerke Wärmerückgewinnungsanlagen oder alternative Energiequellen wie beispielsweise Solarthermie oder Abwärme. Diese Technologien tragen zur Erhöhung der Anlageneffizienz und zur Schonung der Ressourcen bei und sollten verstärkt genutzt werden. Da alle Fallbeispiele trotz ihrer Unterschiedlichkeit im Wesentlichen gute Evaluierungsergebnisse aufweisen, ist für den Großteil der geförderten Anlagen und Projekte von einer grundlegend positiven Wirkung im Sinne des Österreichischen Programms zur Ländlichen Entwicklung auszugehen.
Für die Errichtung und den Betrieb von Bioenergieprojekten benötigt es Idealismus und persönlichen Einsatz, berichtete ein befragter Heizwerksbetreiber. Es ist eine Investition für die Zukunft und die Zukunft unserer Kinder, sowie eine Dienstleistung für die Gesellschaft. Im Hinblick auf die durchwegs positive und nachhaltige Wirkung der Fördermaßnahme kann dies jedenfalls bestätigt werden.
Bewährtes Weiterführen - Neue Wege gehen
Werden Nahwärmeanlagen auf Basis eines schlüssigen Gesamtkonzeptes und unter Einhaltung strenger Qualitätskriterien errichtet und betrieben, können sie wirtschaftlich und ökologisch erfolgreich sein, tragen maßgeblich zu einer klimaschonenden und nachhaltigen Energieversorgung bei und erhöhen die regionale Wertschöpfung.
Die Ergebnisse der Studie zeigen klar, dass die Förderung von Biomasse-Nahwärmeanlagen eine sinnvolle, nachhaltige und zukunftstaugliche Investition sind. Die laufende Verbesserung der Förderabwicklung, die verstärkte Koordination der einzelnen Stellen und das begleitende Qualitätsmanagement sollten jedenfalls konsequent weitergeführt werden. Die mit öffentlichen Mitteln geförderte Infrastruktur sollte von allen Gebäuden im Eigentum von Bund, Ländern und Gemeinden, die entlang bestehender Nahwärmetrassen liegen, genutzt werden. Dementsprechend wird die Aufnahme einer eindeutigen Empfehlung in öffentlichen Beschaffungsrichtlinien und die Forcierung von Nahwärmeanschlüssen für diese Objekte empfohlen.
Aktuellen und zukünftigen Herausforderungen wie niedrige Energiepreise für fossile Energien, sinkender Wärmebedarf durch höhere Gebäudestandards und Klimaerwärmung sowie erhöhte Anforderungen an Effizienz und Wirtschaftlichkeit kann mit Weiterentwicklung und Innovation begegnet werden. Dementsprechend sind ressourcenschonende und effizienzsteigernde Technologien und Energiequellen (Solarthermie, Abwärme, Niedertemperatursysteme, innovative Regelungen,..) zu forcieren. Zudem steigt die Relevanz von Dienstleistungen hinsichtlich Betreuung, Service und Information von bestehenden und zukünftigen Kunden. Die Entwicklung zusätzlicher Produkte und Dienstleistungen, wie bereits von einzelnen Vorreitern umgesetzt, erhöht die Attraktivität und Kundenbindung und ermöglicht zusätzliche Einnahmen. Neue Wege im Bereich Technologie, Organisation und Leistungsumfang zu gehen, ist daher auch das Thema der diesjährigen klimaaktiv qm heizwerke Fachtagung am 30. Juni in Salzburg.
Literatur
BMLFUW. 2008. Österreichisches Programm für die Entwicklung des Ländlichen Raums 2007 – 2013. Fassung nach der 8. Programmänderung. Wien: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 2008.
Österreichische Energieagentur. 2015. Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung durch Energie aus fester Biomasse. Wien: Österreichische Energieagentur - Austrian Energy Agency, 2015.
Weiterführende Informationen
Informationen zur Evaluierungsstudie:
www.bmlfuw.gv.at/land/laendl_entwicklung/le-07-13/evaluierung/le_studien/Ma-nahme-321c.html
Qualitätsmanagementprogramm qm heizwerke:
www.klimaaktiv.at/qmheizwerke
qm heizwerke-Fachtagung am 30. Juni 2017:
www.klimaaktiv.at/erneuerbare/effiziente_heizwerke/fachtagung2017.html
Autorenbeschreibung
Dipl.-Ing. Harald Schrammel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE INTEC und Leiter des klimaaktiv Programms qm heizwerke. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Mag.a Sabrina Metz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bereichs Thermische Energietechnologien und hybride Systeme bei AEE INTEC.