Zeitschrift EE

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Nachhaltige Infrastrukturen für die Wasserwirtschaft

Infrastruktureinrichtungen werden bei der Umstellung auf ein zukunftsfähiges nachhaltiges Wirtschaftssystem eine bedeutende Rolle spielen, da diese die hinter einem Wirtschaftssystem stehende Philosophie widerspiegeln. Im Fall der Mobilität wird z.B. ein System, das verstärkt auf Dienstleistungen setzt, deutlich mehr Möglichkeiten über den öffentlichen Verkehr anbieten als ein System, das mehrheitlich auf Individualität und Just-in- Time-Lösungen setzt.  In letzterem wird die Straße deutlich mehr Bedeutung haben und auch beim Ausbau bevorzugt behandelt werden.
Die Abhängigkeit der Ausgestaltung vom herrschenden Wirtschaftssystem gilt auch für andere Infrastruktureinrichtungen.

Nachhaltige Entwicklung

Eine kurze Darstellung von nachhaltiger Entwicklung soll helfen die Aussagen und daraus abgeleiteten Vorschläge für die Wasserwirtschaft in einem auf nachhaltiger Entwicklung basierenden Wirtschaftssystem einordnen zu können.
Der Begriff „nachhaltige Entwicklung“ wurde zu einem der am häufigsten verwendeten Begriffe in der Entwicklungs- und Umweltdiskussion. War er zu Beginn noch mehrheitlich mit Umweltthemen verknüpft, so wurden im Laufe der Jahre immer stärker auch ökonomische und soziale / gesellschaftliche Fragestellungen als gleichwertige Dimensionen integriert. Dadurch gelingt es, die Langfristorientierung mit dem Aspekt der Ganzheitlichkeit zu verschmelzen.

Ökologische Nachhaltigkeit

Ökologische Nachhaltigkeit bedeutet, kurzfristig negative Umwelteinflüsse zu minimieren und langfristig die negativen Einflüsse weitestgehend zu vermeiden. Dies bedeutet, bereits heute die Umweltbeeinflussung bei Entscheidungen mit zu berücksichtigen und zukünftig ökonomische Lösungen zu finden, bei denen die Ökologie gleichbedeutend mit der Ökonomie behandelt wird. Eine intakte Umwelt gilt als wertvolles Gut.

Ökonomische Nachhaltigkeit

Ökonomische Nachhaltigkeit ist die Einordnung des Wirtschaftens in gesellschaftliche und ökologische Zielsetzungen. Dies bedeutet, dass das Gemeinwohl und Ein­zelinteressen über entsprechende Regulationsschritte wieder stärker miteinander zu verknü­pfen sind.
Die Langfristigkeit darf jedoch auf wirtschaftlicher Ebene nicht zu einer defensiven, besitzstandswahrenden Interpretation führen. Unternehmen, die ökonomische Nachhaltigkeit ohne Anpassungsprozesse, ohne Anpassungskosten, ohne Neuorientierungen, kurz: ohne Innovationen erreichen wollen, werden ihre Aktivitäten sicherlich nicht zukunftsfähig gestalten können.

Soziale Nachhaltigkeit

Soziale Nachhaltigkeit ist aus meiner Sicht die Befriedigung der materiellen wie immateriellen Grundbedürfnisse aller Menschen und die Wahrung ihrer Grundrechte, wobei die Verteilungsgerechtigkeit auch für globale Ressourcennutzung gilt. Aus dieser Formulierung lässt sich ableiten, dass das Hauptziel der sozialen Nachhaltigkeit die Über­nahme der Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.

Nachhaltigkeit in der Trinkwasserwirtschaft

Ressourceneffizienz spielt in einem zukünftigen Wirtschaftssystem eine wichtige Rolle und betrifft unter anderem auch den Wasserverbrauch sowohl in Unternehmen als auch im privaten Sektor. Ein Großteil der Kosten für Trinkwasser entsteht jedoch durch die Abschreibung der Leitungen, und die Bewertung der Notwendigkeit aber auch Sinnhaftigkeit von strikten Wassersparprogrammen muss auch die Auswirkungen, die lange Stehzeiten in den Leitungen z.B. auf die Wasserqualität haben, mitberücksichtigen. Somit ist es schwierig eine gesamtgültige Aussage zu treffen, vielmehr werden Einzelbetrachtungen notwendig sein. Auch die Diskussion leitungsgebundene Versorgung versus Trinkwasserbrunnen am eigenen Grundstück sollte insbesondere bei Neubau bzw. Ausbau von Trinkwasserleitungen Berücksichtigung finden.

Nachhaltigkeit in der Abwasserentsorgung

Während in bestehenden Netzen der Trinkwasserversorgung keine tiefgreifenden Systemänderungen notwendig sind, ist dies im Bereich der Abwasserwirtschaft deutlich anders. Das heute genutzte Abwassersystem ist über 100 Jahre alt. Es wurde zwar in den letzten Jahrzehnten neuen Anforderungen angepasst, aber keinen gravierenden Änderungen im gesamt­technologischen Ansatz unterzogen. Die Technologie erfüllt ja auch die Ansprüche zur Reinigung von kommunalen und betrieblichen Abwässern und der Zustand der österreichischen Gewässer dokumentiert dies eindrucksvoll. Auch hinsichtlich der Reduzierung des Ressourceneinsatzes wurden deutliche Verbesserungen erreicht.
Trotzdem ist aus meiner Sicht diese Form der Abwasserreinigung nicht zukunftsfähig.

Wenn

  • sich die Kosten für den Betrieb einer Kläranlage deutlich in den Aufwendungen einer Gemeinde bemerkbar machen,
  • die Kläranlage zu den größten Energieverbrauchern einer Gemeinde gehört, weil der Kohlenstoff aerob mit hohem Energieaufwand zu CO2 umgewandelt wird,
  • Stickstoff, ein nur mittels hohen Energieaufwands aus der Luft künstlich herstellbares Düngemittel, mit Energieaufwand in die Luft abgegeben wird,
  • Phosphor, ein endlich zur Verfügung stehendes Element gemeinsam mit Klärschlamm verbrannt wird und somit nicht wiedergewinnbar ist,
  • der im Abwasser vorhandene Energieinhalt nicht verwertet wird,
  • das Potential der Kläranlage als Regelenergieanbieter nicht genutzt wird,

dann müssen langfristig deutliche Änderungen am Abwassersystem vorgenommen werden.


Die für eine solche Umstellung notwendigen Technologien sind bereits technisch verfügbar. Es fehlt jedoch die Verschaltung der Einzeltechnologien und die Optimierung des Gesamtsystems. Eine integrierte Lösung kann gleichzeitig der Energiegewinnung, der Ammoniumgewinnung und der Nährstoffrückgewinnung dienen und die oben dargestellten Schwachstellen des heutigen Systems vermeiden.


Optimierung des Gesamtsystems Abwasser: Eine integrierte Lösung ermöglicht Energiegewinnung, Ammoniumgewinnung sowie Nährstoffrückgewinnung.

Autor

Dipl.-Ing. Dr. Horst Steinmüller ist Geschäftsführer des Energieinstitutes an der Johannes Kepler Universität Linz und beschäftigt sich seit nahezu 30 Jahren mit Technologieentwicklungen zur Umstellung auf ein zukunftsfähiges Wirtschaftsssystem.

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