Zeitschrift EE

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2010-02: Energie in Gemeinden

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Blick auf begrünten Erdreichwärmespeicher

Im Rahmen des Pilotprojektes “Solarunterstützte Nahwärmeversorgung mit Langzeit-Wärmespeicher Neckarsulm/Amorbach II” wurde 1997 in Neckarsulm zum ersten Mal ein Langzeit-Wärmespeicher gebaut, bei dem das Erdreich direkt als Speichermedium verwendet wird. Die Ein- und Ausspeicherung der Wärme erfolgt über senkrechte Erdsonden. Die im Sommer gewonnene Solarwärme wird mittels Erdwärmesonden im Erdreich gespeichert.

Solare Nahwärme mit Erdsonden-Wärmespeicher
Betriebserfahrungen und Optimierungen im Rahmen des EU-Projektes „Energy in minds!“

Von Ursula Knapp und Boris Mahler*

Mit fortschreitendem Ausbau der Bebauung wurden die Kollektorflächen und der Speicher sukzessive erweitert. Mit momentan rund 5.500 m² Kollektorfläche und einem erschlossenen Erdreichvolumen von 63.000 m³ ist die Anlage eine der größten thermischen Solaranlagen in Europa. Angestrebt ist eine 50 prozentige Deckung des Brennstoffbedarfes der Siedlung durch Sonnenenergie. Da der Deckungsgrad bisher nur etwa 30% betrug, wurde ein Konzept zur Optimierung des Nahwärmenetzes ausgearbeitet. Im August 2008 wurde im Rahmen des EU-Projektes „Energy in Minds!“ eine Wärmepumpe in das System integriert. Dadurch soll die Effizienz des Speichers und der Solarkollektoren gesteigert werden.

Speicherung von Solarenergie im Erdreich

Es wurden unterschiedliche Systeme von Solarkollektoren realisiert. Aufgeständerte Flachkollektoren, dachintegrierte Solaranlagen und „Solarroofs“ sind auf den Dächern der Mehrfamilienhäuser, einer Schule, Sporthalle, Ladenzentrum sowie als Überdeckung eines Carports und auf einem Lärmschutzwall installiert.
Die Wärme der Solarkollektoren wird in zwei Pufferspeichern mit je 100 m³ gespeichert. Die Versorgung des Netzes erfolgt aus den Pufferspeichern. Eine Rücklaufbeimischung begrenzt die Vorlauftemperatur für das Verteilernetz auf den benötigten Wert. Wird die Vorlauftemperatur nicht erreicht, erfolgt die Zusatzheizung mittels Gas-Spitzenkessel.
Überschreitet der Wärmespeicher aufgrund geringer Wärmeabnahme und hoher solarer Erträge eine gewisse Temperatur, wird die Wärme dem Erdreich über Erdsonden zugeführt.
Bisher wurde bei großen Solaranlagen in Verbindung mit einer Nahwärmeversorgung immer ein eigenes Rohrleitungsnetz für den Kollektorkreislauf verwendet und die Wärme über dieses Nez bis in die Heizzentrale und weiter zum Langzeit-Wärmespeicher transportiert. Dieses System ist hydraulisch und regelungstechnisch einfach, erfordert jedoch die Investition für ein eigenes erdverlegtes Rohrnetz und eine erhebliche Menge an Frostschutzmittel.
In Amorbach wurde dagegen die Einbindung mit einer dritten Leitung realisiert, welche die Solarwärme zur Heizzentrale transportiert. Der Rücklauf für Solaranlage und Wärmeverteilung ist derselbe. Dieses System hat die Vorteile, daß sich bei großen Kollekorfeldern Kostenvorteile durch die Einsparung einer Leitung ergeben und sich das System leichter erweitern läßt.

Eigenschaften Langzeitwärmespeicher

Verglichen mit einem Wasserspeicher ist das nötige Speichervolumen bei einem Erdsonden-Wärmespeicher etwa um den Faktor 5 größer.
Weiterhin ist die Temperaturspreizung im Speicher während des saisonalen Speicherzyklus im Erdsonden-Wärmespeicher deutlich niedriger. Grund hierfür sind zu einem die stetigen Wärmeverluste an das umgebende Erdreich (keine seitliche Wärmedämmung) und zum anderen das deutlich trägere Betriebsverhalten eines Erdsonden-Wärmespeichers aufgrund des begrenzten Wärmeübertragungsvermögens der Erdsonden und des Wärmetransportes durch die Wärmeleitung im Speicher.
Im Gegensatz zu einem Wasserspeicher (bei dem nur eine vertikale Temperaturschichtung vorliegt) stellt sich bei einem Erdsonden-Wärmespeicher ein dreidimensionales Temperaturfeld ein. Insbesondere bildet sich in der Speicherebene ein Temperaturfeld aus, das sowohl vom gesamten Ladezustand des Speichers abhängt, als auch um die Erdsonden deutlich von den momentan herrschenden Be- bzw. Entladevorgängen geprägt ist.

Optimierung durch die Installation einer Wärmepumpe

Der Betrieb wird seit mehreren Jahren vom ITW der Universität Stuttgart messtechnisch begleitet. Dabei zeigte sich, dass die Anlage weitgehend die in sie gesetzten Erwartungen erreicht. Allerdings begrenzten etwas erhöhte Netzrücklauftemperaturen den Solarertrag und behinderten die vollständige Entladung des saisonalen Speichers.
Als Resultat einer vom Büro EGS-plan durchgeführten Machbarkeitsstudie wurde entschieden, eine Wärmepumpe mit einer thermischen Leistung von ca. 500 kW zu integrieren. Der Strom zum Antrieb der Wärmepumpe wird in vorhandenen städtischen BHKW’s in der Heizzentrale eines nahe gelegenen Nahwämenetz erzeugt. Dazu wurde eine etwa 80 m lange Stromverkabelung verlegt.
Die Wärmepumpe wird an die bestehenden Pufferspeicher angeschlossen. Sie heizt den oberen Bereich auf Sollvorlauftemperatur auf und kühlt gleichzeitig den unteren Teil des Pufferspeichers ab. Durch die Absenkung der Rücklauftemperatur erhöhen sich die Solarerträge laut Simulation um ca. 28%. Gleichzeitig werden die Wärmeverluste im Erdspeicher drastisch reduziert, d.h. es kann mehr Wärme entladen werden und die Speichereffizienz steigt. Dadurch werden die CO2-Emissionen um ca. 20% reduziert.
Die Installation der Wärmepumpe im August 2008 und Optimierung des Betriebes durch kontinuierliches Monitoring erfolgt im Rahmen des EU-Projektes „Energy in Minds!“.

Monitoring-Ergebnisse

Im ersten Winter wurden die simulierten Ergebnisse nicht erreicht. Detailliertes Monitoring und Anpassung der Regelung von Mischventilen im Verdampfer- und Kondensatorkreis der Wärmepumpe, Programmierung einer Kennlinie zur Regelung der Rücklauftemperatur des Kondensatorkreises in Abhängigkeit von der Eintrittstemperatur in den Verdampfer, Anpassung verschiedener Stellparameter, usw. führten zur ersten Optimierung des Nahwärmenetzes. Der Sollwert der Vorlauftemperatur des Kondensatorkreises wurde so programmiert, dass ab einer bestimmten Außentemperatur (z.B. 5°C) der Gaskessel nicht mehr läuft. Die Wärmpumpe erzeugt die benötigte Vorlauftemperatur von 65°C. Ist die Außentemperatur niedriger und der zusätzliche Betrieb durch einen Gaskessel notwendig, wird der Sollwert auf 55°C reduziert. Dadurch läuft die Wärmpumpe bei einem besseren COP effizienter.
Die Monatsmittelwerte des COP der Wärmepumpe liegen seit der Umstellung bei 4,3 bis 4,5 und damit sogar etwas besser als die Annahmen aus der Simulation. Die ausgespeicherte Wärmemenge übertrifft die Annahmen aus der Simulation (Abbildung 5).
Die niedrigste Temperatur im Erdreichwärmespeicher zeigte im Januar 2008 ca. 40°C und wurde durch den WP-Betrieb auf ca. 25°C im Januar 2010 verbessert.

Weiterer Optimierungsbedarf

Die Optimierungsphase dauert bei einem saisonalen System länger, da viele Betriebszustände nur einmal jährlich eintreten. Die Tendenz Abkühlung des Erdsondenspeicher und damit der effizientere Betrieb der Solaranlagen ist erkennbar, kann jedoch durch längere Laufzeiten der Wärmepumpe noch verbessert werden. Die Regelung muss weiter angepasst werden. Insbesondere die dezentralen Solarübergabestationen können weiter im Betrieb verbessert werden.

Fazit

Der Einsatz der Wärmepumpe hat für das solare Nahwärmenetz mit Erdsondenspeicher den gewünschten Effekt. Allerdings sind noch nicht alle Ziele erreicht. Die schrittweise Optimierung des Nahwärmenetzes zeigt die Notwendigkeit eines detaillierten Monitorings und kontinuierlicher Betriebsanpassung.

Abbildung 2: Solarsystem in Neckarsulm Amorbach II

Abbildung 3: Drei Solarsysteme:
Vordergrund: Kollektordachelemente auf Unterkonstruktion Schule,
Bildmitte: Aufgeständerte Kollektoren Sporthalle,
Hintergrund: Solar-Roof Kollektoren Reihenhäuser

Abbildung 4: Wärmepumpe mit 500 kWth

Abbildung 5: Vergleich simulierter und gemessener Werte, Be- und Entladung Erdreichwärmespeicher, COP Wärmepumpe

*) Dipl.-Ing. Ursula Knapp (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) ist Mitarbeiterin im Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Gebäude- und Solartechnik in Stuttgart und hat gemeinsam mit
Dr.-Ing.
Boris Mahler (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) die Projektkoordination übernommen. [^]

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