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Thermodynamische und ökonomische Kriterien für die Auslegung von Membrandestillationsmodulen

von Rebecca Schwantes

Membrandestillation (MD) gilt als innovatives thermisches Trennverfahren, dem besonders für die Aufbereitung hochkonzentrierter Salzlösungen und anorganischer Säuren ein hohes Potential zugesprochen wird. In den vergangenen Jahren ist das Verfahren kontinuierlich in Richtung Marktreife weiterentwickelt worden. Ein Schwerpunkt liegt dabei vor allem auf der Entwicklung einer anwendungsoptimierten Modultechnologie. Die SolarSpring GmbH in Freiburg, Süddeutschland, arbeitet seit 2009 an der Herstellung und Optimierung von Membrandestillationsmodulen.

Abbildung 1: SolarSpring System „MD Lab“ Modulteststand und Spiralwickelmodule. Quelle: SolarSpring GmbH

Als thermisch getriebenes Verfahren zur Stofftrennung unterliegt die MD den gleichen thermodynamischen Gesetzmäßigkeiten wie die Verdampfer- und Wärmeübertragertechnologie. In der folgenden beispielhaften Erläuterung einer MD- Modulauslegung für den Einsatzzweck der Konzentration von Prozesswässern aus der metallurgischen Industrie sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • Die Bereitstellung einer ausreichenden Triebkraft (=Temperaturdifferenz) zur Erzeugung eines Stoffübergangs durch die Membran 
  • Die Auswahl der MD-Konfiguration 
  • Günstige Einflussnahme auf die Strömungseigenschaften im Feedkanal 
  • Anpassung der Modulgeometrie an eines der Optimierungsziele „hoher Flux“ oder „hohe Wärmerückgewinnung“

Bereitstellung einer ausreichenden Triebkraft

Werden anstelle von reinen Fluiden Mischungen bzw. für die Anwendung in der industriellen Prozesswasseraufbereitung speziell salzige Lösungen betrachtet, kommt als zusätzliche Einflussgröße die stoffliche Zusammensetzung der Lösung hinzu. Das Diagramm in Abbildung 2 stellt die Dampfdruckdifferenz zwischen zwei Temperaturniveaus als Triebkraft der Membrandestillation für H2O und eine salzige Lösung mit einer Salinität von 150 g/kg dar und zeigt die Reduktion der Triebkraft durch den Einfluss des Salzes. Ist bei der markierten Temperaturdifferenz von 10 Kelvin zwischen 80°C und 90°C und reinem Süßwasser auf beiden Seiten der Membran eine Dampfdruckdifferenz Δp von ~0,22 bar präsent, so reduziert sich diese für die Salzlösung im Feed auf ~0,14 bar – immerhin eine Reduktion der Triebkraft von über einem Drittel.

Abbildung 2: Reduktion der treibenden Kraft Δp durch Salzeinfluss. Quelle: Sauter, C.: Experimentelle Untersuchung der Membrandestillation mit einer Flachmembrantestzelle. Diplomarbeit, Karlsruher Institut für Technologie, 2011

Der Flux ist direkt abhängig von der transmembranen Temperaturdifferenz. Um einen bestimmten gewünschten Flux zu erzielen, muss der dampfdrucksenkende Effekt der Komponenten in Lösung also unbedingt berücksichtigt werden.

Auswahl der Membrandestillations-Konfiguration

Je nach Anwendungsziel gibt es in der MD verschiedene Kanalkonfigurationen. Die drei Konfigurationen, die bei Umgebungsdruck betrieben werden, sind Direct Contact MD (DCMD), Permeat Gap-MD (PGMD) und Air Gap-MD (AGMD) (siehe dazu auch Abbildung 3 und Beschreibung der Konfigurationen im Artikel „Optimierungsgrundlagen für die Membrandestillation“ von Joachim Koschikowski in dieser Ausgabe). Die Selektion der MD-Konfiguration hängt hauptsächlich von den Ausgangsgrößen gelöste Salze und dem Wärmerückgewinnungskonzept ab.

Apparativ entsprechen die Membrandestillationsmodule der SolarSpring GmbH dem Grundprinzip eines Gegenstromwärmeübetragers in Spiralwickel- und Plattenbauform.

Eine Beeinflussung der Temperaturdifferenz über der Membran, die sich im Modul während des Betriebs einstellt, kann durch diese Bauform über eine Änderung der Kanallänge erreicht werden. Ist die Kondensatorauslasstemperatur höher als die Auslasstemperatur des Verdampfers, so kann der Verdampfer über einen Wärmeübertrager vorgewärmt werden.

Spacer für optimalen Wärmetransport

Der Wärmetransport innerhalb der Strömungskanäle – von Kernströmung zur Grenzfläche der Membran oder der Folie- wird typischerweise durch den Einsatz von Spacermaterialien optimiert. Diese Materialien bestehen aus Polymeren mit unterschiedlichen geometrischen Parametern und definieren nicht nur die Strömungsverhältnisse im Kanal, sondern bestimmen gleichzeitig die Dicke des Kanals. Ein Material, welches einen guten Wärmeübergang im Kanal herstellt, erzeugt gleichzeitig einen entsprechenden Druckverlust, der mit einem höheren Bedarf an Pumpenenergie einhergeht. Folglich wird ein effizienter Spacer in der MD durch einen hohen Wärmeübergang bei einem akzeptablen Druckverlust definiert.

Kostenspezifische Randbedingungen

Ein maßgeblicher Faktor in der Modulauslegung wird durch kostenspezifische Randbedingungen bestimmt. Sollte der spezifische Verbrauch an thermischer Energie eine untergeordnete Rolle spielen, oder eine große Menge Abwärme auf einem nutzbaren Niveau von 65-80°C zu Verfügung stehen, so ist ein Modul-und Systemkonzept, welches auf einen hohen flächenspezifischen Ertrag hin optimiert ist, möglich. Eine weitere Rolle spielt das Platzangebot am Installationsort. Ist dieses gering oder teuer spricht dies ebenso für das genannte Szenario.

Ist die Bereitstellung thermischer Energie ein hoher Kostenfaktor, so empfiehlt sich eine Optimierung hinsichtlich eines niedrigen spezifischen Energiebedarfs. Dieser ist durch eine hohe interne Wärmerückgewinnung in den Membrandestillationsmodulen umsetzbar. Da der Ertrag pro Flächeneinheit Membran in diesem Fallbeispiel sinkt, wird eine weitaus höhere Membranfläche bzw. Modulzahl benötigt. Dies wirkt sich in der Gesamtsystemgröße, respektive dem Fußabdruck des Systems aus. Es kann also festgestellt werden, dass die Wahl des energetischen Konzeptes von mehreren Faktoren, wie zum Beispiel Kosten der thermischen Energie, Kosten der Materialien und Quadratmeterpreise des Bodens am Aufstellort bestimmt wird. Maßgeblich ist bei der Wahl des Konzepts jedoch immer eine Austauschbeziehung zwischen einem hohen flächenspezifischen Ertrag, geringeren Investitionskosten und höheren Betriebskosten auf der einen Seite, sowie einer höheren Effizienz der modulinternen Wärmerückgewinnung, niedrigeren Betriebskosten und höheren Investitionskosten auf der anderen Seite. Diese Beziehung wird auf der Modulebene in Abbildung 3 verdeutlicht.

Abbildung 3: Entwicklung von GOR (Maß zur Bewertung der internen Wärmerückgewinnung) und Temperaturdifferenz ΔT Heizseite mit zunehmender Kanallänge in einem Direct Contact Membrane Distillation (DCMD)- Modul. Quelle: SolarSpring GmbH

Die auf der linken Achse aufgetragene Temperaturdifferenz zwischen Verdampfereinlass und Kondensatorauslass ist in einem Direct Contact-MD-Modul mit einer Kanallänge von 1 m mit einem Betrag von ca. 19 Kelvin um ein 3,4-faches höher als in einem Modul mit einem 7 m-Kanal.

Der GOR – ein Maß zur Bewertung der internen Wärmerückgewinnung im MD-Modul-auf der rechten Achse aufgetragen, ist indes in dem 7 m Modul um ein 4-faches höher als bei einer Kanallänge von 1 m. Ein GOR von 5 besagt, dass lediglich ein Fünftel der Wärme, die zur Verdampfung von einer Tonne Destillat benötigt wird, von außen in das System hinzugegeben werden muss und entspricht folglich einer 5-fachen Verbesserung der Energieeffizienz gegenüber einem direkt verdampfenden Verfahren.

Optimierungsbeispiel

Im Sinne einer Anpassung an ein wahrscheinliches Szenario in einem Galvanikbetrieb mit vorhandener Abwärme auf einem nutzbaren Temperaturniveau, wird an dieser Stelle eine Konzeptvariante vorgestellt: ein Direct Contact MD-Plattenmodul mit einer kurzen Kanallänge von 2 m und dem Optimierungsziel eines höheren flächenspezifischen Ertrages. Hier die geometrischen Hauptparameter des MD-Moduls:

Kanallänge 2 m
Kanalhöhe 0,36 m
Effektive Membranfläche   4,96 m²

Mit den Simulationswerkzeugen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme wurden Berechnungen durchgeführt um Aussagen zur Leistung und zur Effizienz einer Anlage zur experimentellen Integration in den Prozess im Galvanikbetrieb zu bekommen. Die Berechnungen wurden bei dem thermodynamisch günstigen Temperaturprofil von 25°C am Kondensatoreinlass und 80°C am Verdampfereinlass simuliert, sowie bei einer niedrigeren Verdampfereinlasstemperatur von 60°C. Der dampfdrucksenkende Effekt der Feedlösung ist in diesen Berechnungen berücksichtig.

Abbildung 4 zeigt die Ertragsentwicklung bei steigendem Feedmassenstrom für die beiden Temperaturprofile (25_60; 25_80). Der festgelegte Nennmassenstrom im Feed liegt bei ca. 1000 kg/h. Hier produziert das Modul im Temperaturprofil 25_60 ca. 20 kg/h Permeat, während bei der höheren Verdampfereinlasstemperatur von 80°C fast die doppelte Menge von ca. 39 kg/h anfällt.

Abbildung 4: Ertrag in Abhängigkeit vom Speisewassermassenstrom, Kondensatoreinlasstemperatur TKE 25, Verdampfereinlasstemperatur TVE 60/80. Quelle: SolarSpring GmbH

In Abbildung 5 sind sowohl der spezifische thermische Energiebedarf als auch GOR Werte für Feedmassenströme von 0-1600 kg/h abgebildet. Da das hier vorgestellte Modulkonzept auf einen hohen Flux bei niedriger Energierückgewinnung abzielt, sind die GOR Werte relativ gering mit 2,5 (bei 400 kg/h und 25_80) bis 1,1 (bei 1600 kg/h und 25_60), stellen jedoch dar, dass gegenüber einer Direktverdampfung (GOR 1) immer noch ein erheblicher Effizienzgewinn vorhanden ist. Bei 1000 kg/h liegt der erwartete spezifische thermische Energiebedarf für TKE 25 und TVE 60 bei ca. 350 kWh pro Tonne Destillat und für TKE 25 und TVE 80 bei ca. 500 kWh pro Tonne.

Abbildung 5: Spezifischer thermischer Energiebedarf und GOR im Verhältnis zum Speisewassermassenstrom. Quelle: SolarSpring GmbH

Resümee

Die Einflussfaktoren „Zusammensetzung des Speisewassers“, „Wahl der MD-Konfiguration“ sowie „Kostenstrategie und Wärmerückgewinnungskonzept“ geben in der Auslegung von Membrandestillationsmodulen und -systemen den Rahmen für eine ökonomisch sinnvolle Konzeption vor. Es gibt jedoch noch weitere entscheidende Merkmale, die diese Technologie interessant erscheinen lassen. Die Möglichkeit des Einsatzes von Polymermaterialien anstatt hochlegierter Stähle zusammen mit produktionstechnischen Vorteilen. in der automatisierten Fertigung und die hohen Flexibilität der Membrandestillation bei der Einbindung der Technologie in Prozessketten, lassen erwarten, dass das Verfahren eine vielversprechende Rolle in der Zukunft der industriellen Wasseraufbereitung spielen wird.

Autorenbeschreibung

Rebecca Schwantes, M.Sc. ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Solar Spring GmbH tätig. (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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