Zeitschrift EE

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Saisonale Wärmespeicherung auf Basis von Phasenwechselmaterial

Speicher mit Phasenwechselmaterial (PCM) haben im Vergleich zu Wasser bei gleichem Volumen eine größere Energiedichte. Wenn nun zusätzlich die Fähigkeit des Unterkühlens genutzt wird, kann Wärme latent und somit nahezu verlustfrei über große Zeiträume gespeichert werden. Dieses Konzept hat das Potenzial, herkömmliche Wasserspeicher mit ihren großen Volumina im Bereich der saisonalen Speicherung zu ersetzen.

Christoph Moser

Funktionsmechanismus

Kompakte Wärmespeicher auf Basis von Phasenwechselmaterial zeichnen sich durch die Nutzung des sensiblen und des latenten Anteils der gespeicherten Wärme aus. Das eingesetzte Speichermedium, ein Natrium-Acetat-Trihydrat-Wassergemisch, besitzt die Fähigkeit des Unterkühlens. Die Unterkühlung ist ein wesentlicher Bestandteil des untersuchten Speicherkonzeptes, da bei Unterschreiten der Schmelztemperatur kein Phasenwechsel (Erstarrung des flüssigen Speichermaterials) erfolgt und somit die latent gespeicherte Wärme nicht freigesetzt wird. Die beim Schmelzvorgang zugeführte Solarwärme kann über einen großen Zeitraum latent und somit nahezu verlustfrei gespeichert werden. Wenn nun ein Wärmebedarf vorhanden ist, kann die Kristallisation durch einen speziellen Mechanismus gezielt ausgelöst werden. Das erstarrte Fluid gibt nun die latent gespeicherte Wärme, auf dem Temperaturniveau des Schmelzpunktes (im Falle von Natrium-Acetat-Trihydrat ca. 58 °C), frei. Bekannt ist dieser Effekt auch von kommerziell erhältlichen Handwärmern. Dieser Mechanismus kann aber auch zur Warmwasserbereitung und zur Raumheizung dienen.

Abbildung 1: Versuchsstand für zwei Prototypen am IWT der TU Graz. Quelle aller Bilder: IWT TU Graz

Entwicklung eines Speichermoduls

Die Entwicklungslinie C –im derzeit laufenden EU Projekt COMTES hat die Aufgabe, einen Speicher auf Basis von Phasenwechselmaterial zu entwickeln, der den Wärmebedarf der kalten Jahreszeit durch saisonale Speicherung von Solarwärme decken kann. Das verwendete Material Natrium-Acetat-Trihydrat wurde bereits im Rahmen der TASK 32 [1] für den Einsatz in Wärmespeichern untersucht, jedoch ohne Nutzung der Unterkühlung. Das Speichermaterial stellt besondere Anforderungen an den Speicherbehälter hinsichtlich der Volumenausdehnung. Die mit der Volumenausdehnung verbundenen mechanischen Belastungen können zu ungewollter Kristallisation an auftretenden Mikrorissen oder Poren des Speicherbehälters führen. Daher muss dem Speichermodul ein zusätzliches Expansionsvolumen hinzugefügt werden.

Abbildung 2: Versuchsaufbau eines Phasenwechselmaterial-Moduls: Speichermodul (1), Druckausdehnungsgefäß (2), Stickstoffversorgung (Inertgas zur Korrosionsminderung, 3), sowie verschiedene Möglichkeiten zur Auslösung der Kristallisation (4-5)

Auslösemechanismus als Kernkomponente

Der Auslösemechanismus stellt eine Kernkomponente dieses Speicherkonzeptes dar, denn die Kristallisation im unterkühlten Fluid muss zuverlässig ausgelöst werden können. Der Prototyp besteht aus einzelnen Modulen und auf jedem Modul wurde ein Auslösemechanismus installiert, damit eine Auslösung getrennt erfolgen kann. Dabei rücken vor allem die Kostenfrage und eine einfache Erweiterbarkeit in den Mittelpunkt. Grundsätzlich können zwei Möglichkeiten als Auslösemechanismen in Betracht gezogen werden:

Die erste Möglichkeit ist das gezielte Einbringen von kristallinem Natrium-Acetat-Trihydrat.. Hierfür muss eine zusätzliche Schnittstelle (Membran) am Speicherbehälter installiert werden. Die hohe Volumenausdehnung von ca. 10 % im relevanten Temperaturbereich (20-90 °C) stellt hier besondere Anforderungen an Dichtheit (Dampfdiffusion) und Langzeittauglichkeit dieser Membran. Durchgeführte Versuche bestätigten die Eignung der ausgewählten Membran.

Die zweite Möglichkeit besteht in einer gezielten lokalen Abkühlung des Phasenwechselmaterials, wobei spontane Kristallisation auftritt. In der Literatur wird für unterkühltes Natrium-Acetat-Trihydrat ein Bereich von -10 bis -25°C angegeben [2]. Diese Abkühlung kann durch einen mit dem Phasenwechselmaterial in Kontakt stehenden Mechanismus (Peltier- Elemente) oder durch einen an der Speicherwandung befestigten Entspannungsbehälter durchgeführt werden. Bei letzterem wird die Verdunstungskälte von Kohlendioxid bei einem Druck von 5 bar (ca. -78 °C) genutzt. Diese Methode unterliegt der Einschränkung, dass eine Kohlendioxidversorgung sichergestellt werden muss [3].

Beim direkten Kontakt zum Phasenwechselmaterial sind weitaus geringere Wärmeentzugsleistungen erforderlich, welche durch Peltier- Elemente abgeführt werden können. Um die geforderte Mindesttemperatur zu erreichen, ist ein zumindest zweistufiger Peltier- Aufbau erforderlich, wobei die Entzugsleistung des Peltier- Elements am Phasenwechselmaterial der limitierende Faktor ist. Es wurden bereits mehrere Prototypen gebaut und in umfangreichen Testzyklen untersucht (Abbildung 3). Die Experimente zeigen, dass die Literaturwerte der Kristallisationstemperatur unterschritten wurden (im Mittel wurden -26,7 °C erreicht). Zusätzliche Versuchsreihen sind notwendig, um eine eventuelle Beeinflussung der Kristallisationstemperatur durch die verwendeten Werkstoffe zu untersuchen.

Abbildung 3: Prototyp des Auslösemechanismus durch Peltier-Elemente

Die Messungen zeigten, dass eine genaue Kenntnis der chemischen und physikalischen Eigenschaften der verwendeten Werkstoffe und der Speichermaterialien unerlässlich für die Konzeptionierung eines derartigen Wärmespeichers sind. Da die bekannten Literaturwerte [4, 5,  6] sehr große Schwankungsbreiten aufweisen, wurden Dichte, Viskosität und Enthalpie des verwendeten Materials gemessen und ausgewertet.

Messungen am Prototypen

Zur Bestimmung der über die Wärmetauscher entzogenen Leistung sowie der Austrittstemperaturen am Wärmetauscher wurden erste Messungen an einem Prototyp-Modul durchgeführt. Die Abmessungen des Moduls betrugen 2,45x1,2x0,05 m, die Wärmetauscher bestanden aus vierzehn parallel angeströmten Segmenten und die Wärmetauscherhöhe betrug an der Oberseite 3 mm und der Unterseite 4 mm (das Titelfoto zeigt diesen Prototyp) . Als Speichermedium kam Natrium-Acetat-Trihydrat mit 46 Gew.-% Wasser zur Anwendung. Es konnte gezeigt werden, dass eine stabile Unterkühlung des Phasenwechselmaterials möglich war, wenn folgende Punkte erfüllt wurden:

  1. Durchführung von mindestens vier Zyklen (aufheizen/abkühlen) nach dem Befüllvorgang des Moduls
  2. Luftvolumen an der Oberseite des Moduls zur Minimierung des Überdrucks im Speicherbehälter und
  3. Temperatur im gesamten Modul beim Ladevorgang größer als 80 °C. Die Leistungsmessung wurde mit vier unterschiedlichen Massenströmen durchgeführt (1000, 500, 250, 150 kg/h), wobei der Massenstrom gleichmäßig zwischen oberem und unterem Wärmetauscher aufgeteilt wurde.

Die Ergebnisse aus den vier Messungen sind in Abbildung 4 dargestellt, wobei als Abbruchkriterium für die Auswertung der Leistung eine Wärmetauscher-Austrittstemperatur von 35 °C gewählt wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass die dem Modul entzogenen Leistungen gering sind und sich zwischen theoretischer Schmelztemperatur (58 °C) und der Austrittstemperatur am Wärmetauscher für alle Massenströme große Differenzen ergeben. Mit diesen ersten Messungen wurde auch ein TRNSYS-Modell validiert.

Abbildung 4: Leistungsmessungen am PCM-Modul mit unterschiedlichem Massenfluss (Leistungen blaue, Rücklauftemperaturen rote Linien)

TRNSYS-Modell

Zur Abbildung des zuvor vermessenen Speichers in der Simulationsumgebung TRNSYS wurde ein neues Speichermodell erstellt. Der Detaillierungsgrad der bereits bestehenden Speichermodelle (Type185 und Type840) reichte nicht aus, bzw. es konnten die geometrischen Abmessungen, die beim Wärmeübergang von Bedeutung sind, nicht definiert werden. Das Speichermodell ist nach dem Ansatz eines eindimensionalen Knotenmodells aufgebaut, wobei ein interner Zeitschritt (explizite Methode) verwendet wird. Dieser Ansatz und die wesentlichen Wärmeströme sind in Abbildung 5 dargestellt.

Abbildung 5: Knotenmodell mit den wesentlichen Wärmeströmen

Im Modell kann die Anzahl von gleichartigen Modulen (Abmessungen, Speichermedium) definiert werden, wobei jedes Modul getrennt betrachtet wird (keine direkte Interaktion zwischen den Modulen). Zusätzlich zum Speichermodell wurde ein Modell entwickelt,welches die Ein- und Ausgänge aller Module zusammenfasst und somit als Verteiler fungiert. Als weitere Funktion ist in diesem Modell eine automatische Modulauswahl implementiert, wobei die Temperatur und der Aggregatszustand des Phasenwechselmaterials (fest, flüssig) als Parameter herangezogen werden. Mit der Kombination dieser beiden Modelle können auch bestehende Simulationen mit nur geringfügigen Änderungen um einen Phasenwechselmaterialspeicher ergänzt werden.

Simulationen

Die beiden zuvor beschriebenen Modelle wurden in die Simulation eingebunden und mit einem Referenzsystem (Wasserspeicher mit 50 m³) verglichen. Zur ersten Abschätzung wurden 3 Konzepte näher untersucht, wobei hier der Fokus auf eine möglichst einfache Integrierbarkeit gelegt wurde:

  1. Konzept A: Austausch des Wasserspeichers durch einen PCM- Speicher (4,5 m³)
  2. Konzept B: Wasserspeicher gekoppelt mit PCM- Speicher (4,5 m³ PCM und 5 m³ Wasser)
  3. Konzept C: Wie B jedoch mit direkter Beladung des Wasserspeichers durch die Solaranlage.

Die Entladung erfolgte für die Konzepte B und C immer über den Wasserspeicher. Mit den im Projekt gewählten Randbedingungen konnten für Konzept A keine positiven solaren Deckungsgrade ermittelt werden. Der Hauptgrund hierfür waren die hohen notwendigen Entzugsleistungen für die Warmwasserbereitung, welche nur unzureichend erfüllt werden konnten. Die Ergebnisse der Simulationen für den solaren Deckungsgrad sind in Abbildung 6 für den Referenzspeicher (REF) und die Konzepte B und C zusammengefasst.

Abbildung 6: Solarer Deckungsgrad für das Referenzsystem und 3 PCM-Konzepte (für Konzept A konnte kein positiver Deckungsgrad erzielt werden)

Wie die Abbildung zeigt, konnte ein solarer Deckungsgrad von 95 % mit den gewählten Konzepten nicht erreicht werden. Im Speziellen stellte die Warmwasserbereitung auch für die Konzepte B und C das größte Problem dar. Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass zukünftige Simulationen immer einen zusätzlichen Wasserspeicher mit 0,2 – 0,5 m³ beinhalten werden. Weiters werden die im Projekt gebauten Prototypen unter realen Betriebsbedingungen beim Projektpartner an der Technische Universität von Dänemark (DTU) vermessen und mit den Ergebnissen Systemoptimierungen vorgenommen. Diese Ergebnisse werden zeigen, ob Wärmespeicherung auf Basis von Phasenwechselmaterialien das Potential hat eine Alternative zu herkömmlichen großvolumigen Wasserspeichern darzustellen.

Quellen

  1. Streicher W., Heinz A., Bony J., Citherlet S., Cabeza L., Schultz J.M., Furbo S., Results of IEA SHC Task 32: Subtask C: Phase Change Materials. EuroSun 2008 Congress Proceedings. Lisbon, Portugal
  2. Sandnes B., Exergy Efficient Production, Storage and Distribution of Solar Energy, PhD thesis, University of Oslo, 2003
  3. Furbo S., Fan J., Andersen E., Chen Z., Perers B., Development of seasonal heat storage based on stable supercooling of a sodium acetate water mixture, Energy Procedia, Vol. 30, 2012, p. 260-269
  4. Cabeza L., Heinz A., et al., Inventory of Phase Change Materials (PCM), Report C2 of Subtask C of IEA Solar Heating and Cooling programme – Task 32 “Advanced storage concepts for solar and low energy buildings”, 2005
  5. Lane G .A., Solar Heat Storage: Latent Heat Materials, 1986, CRC Press, Inc., Florida

Autorenbeschreibung

Dipl-Ing. Christoph Moser ist Universitätsassistent am Institut für Wärmetechnik der TU Graz (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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