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„Inspirierende“ Gebäudesanierung auf Europa-Level  

iNSPiRe ist ein EU-Projekt, gefördert im 7. Rahmenprogramm der EU, in dem 24 Projektpartner aus ganz Europa, die in den Arbeitsbereichen Forschung und Entwicklung, der Industrie, in Kleinunternehmen und Non-Profit- Organisationen tätig sind, im Rahmen von neun Arbeitspaketen über vier Jahre zusammenarbeiten. Das Projekt beschäftigt sich mit der Lösung der Frage der Vermeidung des hohen Energieverbrauchs in Gebäuden durch die Entwicklung von systemischen Sanierungskomponentenn für Wohn- und Bürogebäude.  

Die durch iNSPiRE entwickelten Sanierungskomponenten zielen darauf ab, den Primärenergieverbrauch auf weniger als 50 kWh/m²a zu senken. Die Sanierungssysteme werden so konstruiert, dass sie passend für eine Vielzahl verschiedener Klimata ein Optimum an BenutzerInnenkomfort garantieren.

Von Roberto Fedrizzi, Fabian Ochs und Robert Weitlaner

Abbildung 1: Eines der drei Demonstrationsgebäude (Madrid). Quelle: iNPiRe/projektintern

Abbildung 2: Verteilung des Gebäudebestands in Europa (EU-27). Datenquelle: BSRIA

Gebäudebestandsanalyse

Eine Gebäudebestandsanalyse, geleitet von der Britischen Marktinformationsfirma BSRIA, bildet die Grundlage des Projekts, die auf der Bewertung und Kategorisierung einer Vielzahl von Gebäuden in der Europäischen Union aufbaut, sowohl Wohngebäude als auch Gebäude des tertiären Sektors. Dieser Klassifikationsprozess umfasst sowohl das Alter der Gebäude als auch ihre strukturellen Besonderheiten und Eigentumsverhältnisse. Der Strom und Heizung umfassende Energieverbrauch wurde ausgewertet und die Gebäudenutzung bzw. Komfortanforderungen und Bauvorschriften wurden ebenfalls charakterisiert.

Dieser Profilerstellungsprozess führte auf der einen Seite zur Definition des Energiebedarfs von Wohn- und Bürogebäuden in der EU-27 (für Heizung, Kühlung und Warmwasserbereitung) und auf der anderen Seite wurden Typen von Gebäuden definiert, die für die Sanierung mittels der durch iNSPiRe entwickelten Sanierungskomponenten geeignet sind. Die durch den Kategorisierungsprozess erhaltenen Daten werden direkt für die Entwicklung der Technologien und Sanierungskomponenten verwendet.

Abbildung 3: Überblick über das Projekt iNSPiRe

Angepasste IKT (Informations- und Komunikationstechnologien) – Lösung zur Datenerfassung

Der erste Schritt um das Energiemanagement zu verbessern ist die Messung wie, wo und wann Energie verbraucht wird. Während die Erfassung allein noch keine Energie spart, kann die Information aus dem Messsystem zu signifikanten Energiereduktionen führen.

Ein wesentlicher Teil des Projektes beschäftigt sich mit der Erfassung von Energieperformance und thermischem Komfort dreier Demonstrationsgebäude - situiert in Verona, Stuttgart und Madrid – vor und nach der Sanierung. Die Wirksamkeit von mehreren Sanierungsmaßnahmen und die Effizienz eines neuen HLK- Systems wird mit der Ausgangsbasis, die vor der Sanierung erfasst wurde, verglichen werden.

Zu diesem Zweck wurde im Rahmen von iNSPiRe bereits ein Bericht veröffentlicht, um Design und Entwicklung der dezentralen Monitoringsysteme zu beschreiben, die zum Aufbau der Kommunikation zwischen Sensoren und Monitoring Hardware im Betrieb benutzt werden. Das Ziel war, die Verfügbarkeit von erforderlichen Informationen für eine detaillierte Überwachung des Gebäudes sicherzustellen, sodass die Sanierungskomponenten genau auf die Sanierungserfordernisse eines bestimmten Gebäudes angepasst werden können [1].

Beleuchtung

Ein wesentlicher Bestandteil jedes Sanierungsmodells für ältere Gebäude ist die Integration von Beleuchtungslösungen. Ein Großteil des Energieverbrauchs in Gebäuden (hauptsächlich Bürogebäuden) geht auf das Konto von Beleuchtung und für das Projektziel, den Energieverbrauch in älteren Gebäuden um 50 % zu senken, werden neue Beleuchtungssysteme für die Sanierungslösungen notwendig sein. Bartenbach Lichtlabor hat im Rahmen des Projekts eine Analyse veröffentlicht, die eine detaillierte Sicht auf Charakteristika und Eigenschaften herkömmlicher Lichtquellen und Beleuchtungskörper erlaubt. Diese Analyse beschreibt heutige Lichtlösungen und sieht für die nahe Zukunft Entwicklungen basierend auf verschiedenen Referenzen vor. Lösungen mit Halogen, kompakten Leuchtstoffröhren (CFL) und LEDs werden für Lampen und Beleuchtungskörper verglichen. Empfehlungen für Beleuchtungslösungen wurden bereits sowohl für die Anwendung in Wohn- als auch in Bürogebäuden herausgegeben und diese stellen eine klare Handlungsanweisung für einen wesentlichen Aspekt der durch iNSPiRe vorgeschlagenen Sanierungspakete dar.

Abbildung 4: Verschattungssystem mit Flügellamellen für eine vorgehängte Fassade. Quelle: Bartenbach Licht Labor

Gebäudehülle

Der Zweck des Projektes ist nicht nur die Entwicklung der besten Sanierungsstrategien für Bestandsgebäude, sondern auch die Ausarbeitung verschiedener Technologien, die den gesamten Sanierungsprozess erleichtern. Aus Sicht der Gebäudehülle bedeutet diese Arbeit vor allem die Entwicklung von Gebäudeteilen, die an ältere Gebäude angepasst werden. In Fassaden- und Dachelemente werden Heizung, natürliche Belichtung und in den Gebäuden verwendete Energiesysteme bereits integriert. Dieser systemische Ansatz in Hinsicht auf Sanierung ist der neuartige Zugang von iNSPiRe. Innerhalb des Projektes werden vier Fassadensysteme entwickelt werden: zwei aus Metall/Glas für den tertiären Sektor und zwei Holzfassaden für Wohngebäude. Die vier Fassaden sind gekennzeichnet durch vier verschiedene Lösungen in Bezug auf die Integration des HLK–Systems und die Integration von Energiespeichern. Beispiele dieser Arbeiten werden im Folgenden dargestellt.

Abbildung 5: In die Holzfassade integrierte Mikrowärmepumpe im Test einer Passys Testanordnung an der Universität Innsbruck. Quelle: Universität Innsbruck

Mikrowärmepumpe  

Um ein Heizungssystem in das Dämmelement der neuen Fassaden zu inkludieren, wurde im Rahmen des Projektes eine neuartige Mikrowärmepumpe (µWP) entwickelt. Der Prototyp von SIKO Solar ist eine Abluft/Luft-Wärmepumpe in Kombination mit einer mechanischen Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Die Mikrowärmepumpe wird in einem vorgefertigten Holzrahmen-Fassadenelement von Gumpp & Maier integriert. Da die Wärmepumpe Teil einer kompakten Fassade des sanierten Gebäudes ist, ist sie signifikant kleiner als eine typische Wärmepumpe sowohl was die Größe als auch die Wärmeleistung betrifft (weniger als 30 cm dick und ungefähr 1kWth). Dieses System wird derzeit im Labor getestet und wird voll integriert in einer neuartigen Fassade im Rahmen des Demonstrationsprojektes in Stuttgart untersucht.

Solarthermisches Kühlgerät

Eine weitere neuartige Komponente der im Rahmen von iNSPiRe entwickelten Sanierungskomponenten betrifft die Nutzung der Solarenergie. Während der letzten fünf Jahre hat die Schwedische Firma ClimateWell einen solarthermischen Kollektor entwickelt, der eine Absorptionskälteanlage integriert. Dieser nutzt die Solarenergie, die im Inneren der Komponente gespeichert wird und bei Bedarf für Kühlung oder Heizung verwendet wird.

Die Komponente hat keine beweglichen Teile und ist aus inerten Materialien hergestellt. Die Anlage arbeitet gemäß einer durch ClimateWell patentierten triple-state (eine Art „dreifach wirksame“) Absorptionstechnologie, die ein speziell zusammengesetztes Salz nutzt. Der Kühlwirkungsgrad beträgt typischerweise 50-60% und die Energiespeicherfähigkeit ist hoch genug um die Einstrahlung eines Tages zu speichern.

Die Arbeit im Rahmen des Projektes besteht in der Vorfertigung einer solarthermischen Komponente, die in ein Metall/Glas-Fassadenmodul für Bürogebäude integriert und durch die Firma Officine Tosoni produziert wird. Einerseits wird die Funktionsfähigkeit dieser Komponente in verschiedenen Anwendungsfällen und Klimata erforscht. Andererseits wird sich die Industrie mit Fragen in Bezug auf Integration und Installation beschäftigen.

Energieerzeugung und Verteilung in Gebäuden

Neben den die Gebäudehülle betreffenden Lösungen arbeitet iNSPiRe an Sanierungspaketen mit dem Ziel, alte, zentrale Heiz- und Kühlsysteme durch neue, erneuerbare Energiequellen nutzende Energieerzeugungssysteme zu ersetzen. Ineffiziente Gas- oder Ölkessel verbrauchen einen Großteil der Primärenergie im Gebäudebestand, daher wird der Ersatz dieser Kessel den Energieverbrauch um mehr als 70 % verringern. Diese neuen Systeme sind häufig komplexer und teurer als die alten Systeme, besonders in Hinsicht auf ihre Komponenten und ihre Integration, und so erforschen ExpertenInnen im Rahmen des Projektes die Kombinationen von Heiz-und Kühltechnologien in Hinblick auf Anwendung, Klimabedingungen , Energiekosten und soziale Akzeptanz, um möglichst effiziente, kostengünstige Lösungen für die neuen Sanierungskomponenten und Baukastenlösungen zu entwickeln. In dieser Hinsicht wurde eine Anzahl von Technologien, die den Modernisierungsprozess erleichtern, ausgearbeitet.

Warmwassermodule

In einem Heiz- und Kühlsystem mehrere Komponenten unter Nutzung verschiedener erneuerbarer Energiequellen zu verbinden, ist üblicherweise eine schwierige Aufgabe, die aufgrund von Planungs- und Installationsfehlern möglicherweise eine schlecht arbeitende Anlage zum Ergebnis hat. Im Rahmen von iNSPiRe entwickeln EURAC und Manens-Tifs Warmwassermodule, die die einfache Integration verschiedener Komponenten und Konfigurationen erlaubt. Die grundlegende Idee ist es Module zu entwickeln, die eine flexible Systemkonfiguration ermöglichen, die sowohl an die Anforderungen verschiedener Gebäude als auch an verfügbare erneuerbare Energiequellen angepasst werden kann. Zusätzlich zu den bereits am Markt erhältlichen Warmwasserstationen mit einfachen hydraulischen Verbindungen werden die entwickelten Module in der Lage sein, Verbindungen vom Standpunkt der Steuerungslogik aus zu knüpfen: Lösungen werden entwickelt basierend auf detaillierter Temperatur- und Energieerfassung, einfachen Konfigurationen und aktiven Regelungselementen für Pumpen und Ventile.

Deckenstrahlungspaneele

Die Firma TRIPAN ist verantwortlich für die Entwicklung und das Design von Energieverteilungssystemen, in die ein vorgefertigtes modulares Deckenelement eingebaut ist, das Beleuchtung und Niedertemperaturheizung bzw. Kühlung enthält.

Üblicherweise sind Deckenstrahlungs-Heizsysteme teurer im Betrieb als konventionelle Heizkörper oder auch Fußbodenheizungen. In der Modernisierung ist die Anwendung von Deckenstrahlungselementen aber oft die einzige mögliche Lösung, die es erlaubt, Wärmepumpen mit niedriger Enthalpie (30°C im Heizmodus und 18°C im Kühlmodus) einzusetzen, ohne dass die BewohnerInnen oder NutzerInnen die Gebäude während der Sanierungsarbeiten verlassen müssen.

Eine detaillierte Marktstudie zu verfügbaren Deckenstrahlungspaneelen wurde durchgeführt, um eine bessere Kenntnis der Schwachpunkte zu gewinnen. Basierend auf den Ergebnissen werden zwei Verteilungssysteme entwickelt.

Ein Element wird speziell für den Einsatz in Wohngebäuden entwickelt: es wird eine kostengünstige Lichtlösung – durchschnittliche Beleuchtungserfordernisse werden für diesen Anwendungsfall angenommen – und Deckenstrahlungselemente verbinden. Nach Sanierung der Gebäudehülle sind die Heiz- und Kühlanforderungen reduziert und daher kann die Leistung der Deckenstrahlungselemente verringert werden. Durch die Herstellung von an die Raumkonturen angepassten vorgeformten Elementen, die leicht und genau an der Decke fixiert werden können, werden auch Anstrengungen unternommen die Installationszeiten zu reduzieren.

Ein zweites Verteilungselement wird speziell für den Einsatz in Bürogebäuden entwickelt: Dieses wird das Deckenstrahlungselement mit einem teureren Beleuchtungssystem verbinden, das wiederum höhere Energieeinsparungen ermöglicht. Außerdem wird das Deckenstrahlungselement dafür verwendet werden, das Tageslicht von den Fenstern in die Büros umzuleiten.

Die erhöhten Kosten für die Herstellung der Deckenstrahlungselemente werden durch ihre Multifunktionalität aufgefangen und Installations-, Heizungs-, Kühlungs-, und Beleuchtungskosten werden ebenfalls sinken.

Ganzheitlicher Ansatz

Jede dieser Innovationen wird dazu beitragen, schrittweise dem Ziel einer Reduktion des Energieverbrauchs in älteren Gebäuden um 50 % näherzukommen. Der im Projekt iNSPiRe übernommene ganzheitliche Ansatz in der Sanierung bedeutet, dass alle Beteiligten in umfassender Weise profitieren, indem Einsparungen im Energieverbrauch in allen denkbaren Aspekten eines Gebäudes umgesetzt werden und ein „Gesamtpaket“ geschnürt wird.  

Literatur

  1. http://inspirefp7.eu/wp-content/uploads/2013/01/WP5_D5-1_20131215_PP2_Report-on-the-Adopted-ICT-Solutions.pdf

Autorenbeschreibung

Dr. Ing. Roberto Fedrizzi ist Koordinator der Forschungsgruppe Solarthermische Heiz- und Kühlsysteme von EURAC Research, Bozen (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Dr.-Ing. Fabian Ochs ist Post-Doc-Researcher an der Universität Innsbruck, Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften, AB Energieeffizientes Bauen (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Mag. Robert Weitlaner ist Projaktmanager bei Bartenbach GmbH, Research & Development (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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