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Desert Mountain High School- Solare Kälteanlage mit 1.750 kW

Die Desert Mountain Highschool in Arizona liegt an einem der heißesten Orte der USA. Im Sommerhalbjahr sind Temperaturen von über 40°C an der Tagesordnung. Im „Valley of the Sun“—dem Markennamen der Region- scheint die Sonne im Durchschnitt 10,5 Stunden am Tag. Scottsdale ist eine Stadt mit 200.000 Einwohnern und mit Phoenix, der bekannteren Bundesstaats- Hauptstadt, verschmolzen. 

Von Christian Holter

Abbildung 1: Thermische Kälteanlage in Scottsdale, USA mit 4.865 m² Solarkollektorfläche und 1.750 kW Kälteleistung

Der Scottsdale Unified School District, die lokale Bezirksschulbehörde, kümmert sich nicht nur um das Wohl der 2.600 Schüler der Schulstufen 9 bis 12 am Standort, sondern engagiert sich auch für erneuerbare Energie. Viele der verfügbaren Dachflächen sind mittlerweile genutzt, neben verschiedenen PV Anlagen gibt es auch Sonnenkollektoren zur solaren Kühlung. Die thermische Solaranlage ist mit 4.865m² und einer Kälteleistung von 1.750 kW die leistungsstärkste Solare Kälteanlage weltweit. Das zur Gänze von Österreich aus geplante Projekt ist gleichzeitig die zweitgrößte Solarthermieanlage Nordamerikas.

Technische Eckdaten

Die Auslegung der Solaranlage erfolgte auf eine Volldeckung des Kältebedarfs der Schulgebäude für Perioden mit geringer Nutzung. Im Sommer wird für den gesamten Gebäudekomplex, von dem nur ein Teil für spezielle Sommerkurse genutzt wird, eine Basiskühlung bereitgestellt. Durch diese Auslegung kann sämtliche Solarwärme unmittelbar in Kälte umgesetzt und an die Gebäude geliefert werden. Während der Spitzenlast zu Unterrichtszeiten ergänzen die bestehenden konventionellen elektrischen Kältemaschinen den Klimatisierungsbedarf. Die Öffnungszeiten der Schule passen nahezu perfekt zu den Betriebszeiten der Solaranlage: Beginnend mit 9.00h morgens, endet der Ganztagesunterricht um 16.00h, einzelne Vorträge und Sportveranstaltungen dauern noch darüber hinaus. 

Sämtliche der installierten Kollektoren verfügen über eine doppelte Abdeckung mit Glas und Unterspannfolie. Überwiegend kommen diese von Ökotech, Teilflächen wurden von ARCON geliefert. Die Aufstellung ergab eine Kombination vieler architektonischer Gestaltungen: Während 1.500m² die Parkplätze für das Lehrpersonal beschatten und so für eine willkommene Doppelnutzung sorgen, sind weitere 1.300 m² dachparallel montiert. Die restlichen Flächen sind auf Flachdächern aufgestellt. Scottsdale liegt 33°N; sämtliche Kollektoren sind südseitig ausgerichtet. Die Neigung der Kollektoren von 20° bis 30° bewirkt Spitzenleistungen der Anlage jeweils in der Übergangszeit, in der die Schule auch voll besetzt ist. Dagegen fällt im Hochsommer die Kollektorleistung durch den Aufstellungswinkel etwas geringer aus.

Über vorisolierte Leitungen wird die Wärme zur Technikzentrale transportiert. Der Kollektorkreis ist direkt ohne Wärmetauscher mit dem Speicher und der Kältemaschine verbunden. Aufgrund der permanenten Energieabnahme wirkt der vorhandene 30.000l Speicher nur als hydraulische Weiche. Bei Volllast wird er in weniger als einer halben Stunde vollständig umgewälzt. Der BROAD Chiller mit einer nominellen Kälteleistung von 1.750 kW wird um die Mittagszeit für mehrere Stunden seine volle Spitzenleistung erbringen und den Rücklauf der Gebäude vorkühlen. In den Morgen- und Abendstunden wird die Kältemaschine mit niedrigeren Temperaturen von 65° bis 75° versorgt und liefert im Teillastbetrieb immer noch einen wesentlichen Beitrag zur Kälteversorgung.  

Abbildung 2: Einbringung der Kühlmaschine (links), „Christmas Tree Mounting“ der Kollektoren (Quelle SOLID)

Die Absorptionskältemaschine selbst erlaubt viele Einstellmöglichkeiten von Durchflüssen, Druck oder Flüssigkeitsstand im Inneren und damit eine Optimierung auf die typisch vorherrschenden Betriebszustände. Leider sind diese spezifischen Kenntnisse über die wesentlichen Parameter nur wenig verbreitet. Geräte werden meist mit Standardeinstellungen, welche unpassend für die spezifischen Arbeitspunkte sind, ausgeliefert und betrieben.

Mit Ausnahme der Ausdehnungsanlage der Kollektoren wurden alle Anlagenteile im bestehenden Technikraum untergebracht, die Kältemaschine steht dabei auf dem Platz, wo zuvor ein Uralt- Elektrochiller stand. Der zugehörige Kühlturm wie auch der Speicher haben neben dem Technikraum im Hof Platz gefunden. 

Abbildung 3: letzter Kollektor des Tages

Eine ständige Herausforderung ist, solarthermische Anlagen - weitgehend erprobt und entwickelt nach dem Stand der europäischen Normen - in den USA mit deutlich anderen Rahmenbedingungen umzusetzen. Unterschiedliche Materialverfügbarkeiten, Planungsstandards und Ausbildungsniveaus von lokalen Arbeitskräften erfordern immer wieder Kompromisse und Konzentration auf die technischen Kernnotwendigkeiten, unabhängig von zu Hause Erprobtem und Gelerntem.   

Solarenergieerträge

Viele Details, welche aus dem Betrieb einer solaren Kälteanlage beim United World College in Singapur gelernt wurden, konnten in die Planung dieser Anlage einfließen. Durch Optimierungen des Rohrleitungssystems, der Regeltechnik, der Kältemaschine und der Speichertechnik erwarten wir uns Erträge von über 800 kWh/m² Kollektorfläche und Jahr auf einem Kollektor-Temperaturniveau von 75°C. Diese Ertragserwartung beruht auf Erfahrungswerten kleinerer Anlagen im Großraum Phoenix, verbunden mit hier bereits realisierten Verbesserungen. Damit werden über 2.700 MWh Kälte pro Jahr mit einem elektrischen SPF (Seasonal Performance Factor = Verhältnis Nutzkälte zu Stromverbrauch) von bis zu 20 unter Volllast bzw. von 12 im Jahresmittel bereitgestellt. Ein SPF von 20 bedeutet, dass im Vergleich zu einer durchschnittlichen Kälteanlage (SPF 3-4) nur ein Fünftel bis ein Siebentel der elektrischen Antriebsenergie benötigt wird. Nur kurze Zeiträume im Winter kühlt es soweit ab, dass keine Kühlung erforderlich ist, der Heizbedarf ist allerdings so gering, dass es sich nicht lohnt, dafür eigene Anlagenteile zu errichten.  

Geschäftsmodell

Nachdem die finanziellen Mittel einer Schule auf den Bildungsauftrag fokussiert sind, wurde das Projekt über ein Contractingmodell abgewickelt. Die eigens gegründete Firma SOLID DMHS- ESCo lnc. hat mit der Schulverwaltung einen 20- Jahresvertrag abgeschlossen. In diesem Zeitraum zahlt die Schule für die gelieferte Kälte.  

Entlastung des Stromnetzes & Fördermodell

Die solare Kühlungsanlage vermindert nicht nur den Strombedarf sondern entlastet auch die Stromnetze, gerade zu Zeiten der Spitzenlast. In Klimazonen wie in Arizona, aber auch im Nahen Osten, werden in Hitzeperioden über 75% des Stromverbrauchs für Kühlzwecke eingesetzt. Aufgrund wachsender Gebäudeflächen und noch immer zunehmender Kühlanforderung steigt der Strombedarf vielerorts weiter an.

Den Vorteil der Technologie des Solaren Kühlens hat ein regionaler Energieversorger, APS, erkannt und unterstützt das Projekt in Bindung an die Anlagenfunktion. Pro kWh erzeugter Solarwärme wird ein Förderbeitrag gezahlt, dieser wird quartalsmäßig abgerechnet und über maximal 10 Jahre bezahlt. Dieses Fördersystem belohnt gut laufende Anlagen langfristig, völlig unabhängig von den Investitionskosten.

Der Energieversorger unterstützt die solare Kühlung mit denselben Fördermodellen wie Photovoltaik. Dabei hat sich gezeigt, dass Solarthermieanlagen mit Kühlung in diesem Klima der PV überlegen sind. PV verliert in den spitzenlastrelevanten trockenen Hitzeperioden durch Staub und Temperatur deutlich an Leistungsfähigkeit, während Solarthermie durch hohe Umgebungstemperaturen begünstigt wird und weniger kritisch auf Staub reagiert.  

Zum Ausklang

Die Solaranlage wurde im Frühjahr 2014 fertig gestellt und in Betrieb genommen. Wir werden als Betreiber die Anlage intensiv beobachten und optimieren. Auf unserer Homepage (http://solid.at/de/referenzen/solares-kuehlen) können Nachteulen und Abendarbeiter(die Zeitdifferenz beträgt im Winter 8 Stunden, im Sommer 9) bald im Minutenintervall die Betriebsdaten live beobachten.

Autorenbeschreibung

Christian Holter ist Geschäftsführer von S.O.L.I.D. Gesellschaft für Solarinstallation und Design mbH

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