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Solare Prozesswärme für Brauereien

Im Rahmen des Projektes SOPREN (Solare Prozesswärme und Energieeffizienz) realisierte die Universität Kassel eine Pilotanlage bei der Hütt-Brauerei und untersuchte systematisch die Möglichkeiten zur Einbindung von Solarwärme in Brauereien.

Von Bastian Schmitt und Klaus Vajen*

Einleitung

Industrielle Produktionsbetriebe sind mit ihrem großen Anteil am gesamten Endenergieverbrauch und der Tatsache, dass ein Großteil davon als thermische Energie benötigt wird (in Deutschland etwa 75 %) ein aussichtsreiches Anwendungsfeld für die Nutzung thermischer Solarenergie [1]. Trotz des großen Potentials solarer Prozesswärme ist der Anteil thermischer Solaranlagen an den jährlichen Zubauraten und der insgesamt installierten Kollektorfläche jedoch bisher verschwindend gering [2]. Da aus unterschiedlichen Potentialstudien zur solaren Prozesswärme die Ernährungsindustrie als Branche mit der größten Relevanz hervorging, erfolgte durch die Universität Kassel im Rahmen des Projekts SOPREN – Solare Prozesswärme und Energieeffizienz (gefördert vom BMU - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit) eine systematische Untersuchung des Brauwesens. Durch die detaillierte Analyse sollte die Frage beantwortet werden, welche Möglichkeiten zur Einbindung thermischer Solarenergie in Brauereien gegeben sind und wie diese möglichst schnell identifiziert werden können.

Fallstudie bei der Hütt-Brauerei

Im Verlauf des SOPREN Projekts wurden Fallstudien bei mehreren Brauereien durchgeführt und ausgewertet. Die Fallstudie mit dem größten Detaillierungsgrad erfolgte bei der Hütt-Brauerei. Die einzige mittelständische Privatbrauerei im Raum Kassel produziert jährlich etwas mehr als 60.000 hl Bier und repräsentiert somit eine große Anzahl Brauereien in Deutschland. Im Verlauf der Untersuchungen wurden die Produktionsprozesse der Brauerei detailliert analysiert, eine Energiebilanz erstellt und Effizienzmaßnahmen für unterschiedliche Prozesse und Nebeneinrichtungen identifiziert. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wurde ein umfassendes Energiekonzept für das Sudhaus der Hütt-Brauerei entwickelt und umgesetzt, dessen Kern eine solarthermische Pilotanlage zur Bereitstellung von Prozesswärme ist.

Der Ausgangspunkt zur Einbindung der thermischen Solaranlage war die Umstellung des bisher in der Brauerei genutzten Kochverfahrens. Die Untersuchungen im Rahmen der Fallstudie zeigten den großen Wärmebedarf der atmosphärischen Würzekochung und die möglichen Einsparungen bei der Umstellung auf ein effizienteres Vakuumkochverfahren. Im Zuge der Umstellung des Kochverfahrens wurde zudem ein Konzept zur Optimierung der sudhausinternen Wärmerückgewinnung entwickelt. Dabei übernimmt ein zusätzlicher Wärmeübertrager die Aufheizung der Läuterwürze vor dem Kochvorgang. Die hierfür benötigte Wärme wird vom vorhandenen Pfannendunstkondensator während der Würzekochung zurückgewonnen.

Abbildung 1: Neues Vakuumkochverfahren der Brauerei mit dem Whirlpool im Vordergrund sowie Außenkocher mit Entspannungsverdampfer und Pfannendunstkondensator im Hintergrund. (Foto: Universität Kassel)

Zu Projektbeginn nutzte die Hütt-Brauerei die Wärmerückgewinnung während der Würzekochung zur Bereitstellung von Warmwasser. Dadurch war der Warmwasserbedarf für die Produktion mit dem Beitrag aus der Wärmerückgewinnung weitgehend gedeckt. Nach der erläuterten Umstellung der Wärmerückgewinnung zur Aufheizung der Läuterwürze stand allerdings weniger Warmwasser für die Produktionsprozesse zur Verfügung. Durch die Abwärmenutzung auf einem höheren Temperaturniveau ergab sich die Möglichkeit, eine thermische Solaranlage in die Brauwasserversorgung zu integrieren.

Pilotanlage

Nach der Umsetzung des Energiekonzepts für das Sudhaus der Brauerei wurde im Juni 2010 eine thermische Solaranlage, bestehend aus 155 m² Flachkollektoren und einem 10 m³ Pufferspeicher, in Betrieb genommen und das Monitoring der Anlage gestartet. Abbildung 2 zeigt die Hydraulik der Solaranlage bei der Hütt-Brauerei mit den installierten Sensoren, die für Regelung und Monitoring der Anlage benötigt werden. Die blau markierten Sensoren werden zusätzlich für die Anlagenregelung verwendet, bevor die Messwerte im Datenlogger erfasst werden. Zusätzlich wurden auch im Sudhaus Sensoren eingebaut, um die Wärmerückgewinnung und Brauwasserreserve zu überwachen.

Abbildung 2: Hydraulik der Solaranlage mit der installierten Messtechnik. Blau umrandete Sensoren werden auch zur Regelung verwendet.

Wie in der Hydraulik dargestellt, wird der Füllstand des Entleerungsspeichers (Teil der Brauwasserreserve) kontinuierlich erfasst. Sinkt der Füllstand unter ein bestimmtes Level, beginnt die solare Aufheizung von Brauwasser. Dazu wird das kalte Brauwasser aus einem Speicher über den externen Entladewärmeübertrager des Pufferspeichers geführt und in den Entleerungsspeicher eingespeist. Gemäß den Produktionsabläufen in der Brauerei geschieht dies hauptsächlich in den frühen Morgenstunden und Freitagnachmittags. Die Investitionskosten für die Solaranlage inkl. Speicher lagen bei etwa 94.000 € und wurden vom BMU im Rahmen des Programms Solarthermie2000plus gefördert.

Ergebnisse der messtechnischen Begleitung

Im Rahmen des Monitorings konnten unterschiedlichste Betriebszustände der Solaranlage erfasst werden. Während der Planung der Solaranlage wurde auf Basis umfangreicher Simulationen ein Nutzwärmeertrag von knapp 450 kWh/m²ap ermittelt. Das Monitoring zeigte, dass der in 2011 erzielte Nutzwärmeertrag lediglich bei 310 kWh/m²apa lag. Für den niedrigen Ertrag konnten im Verlauf des Monitorings mehrere Ursachen identifiziert werden. Einerseits wurden regelmäßige manuelle Eingriffe in den Solaranlagenbetrieb auf der Entladeseite beobachtet. Dabei wurde die Pumpe, die das kalte Brauwasser über den Entladewärmeübertrager des solaren Pufferspeichers aufheizen soll, manuell abgestellt und somit die solare Befüllung der Brauwasserreserve verhindert. Andererseits zeigte die Auswertung der Sudhausmessdaten, dass die vorgeschlagene neue Betriebsweise der Wärmerückgewinnung nicht wie vorgesehen umgesetzt wurde. Die Abwärme wurde zumeist weiterhin zur Aufheizung von Kaltwasser verwendet. Damit reduzierten sich die Zeiten einer möglichen solaren Einspeisung von Warmwasser in die Brauwasserreserve signifikant. Beide Effekte führten zu einem relativ geringen solarem Nutzungsgrad, da es zu einer selteneren Entladung des Solarspeichers und damit zu häufigen Stagnationszeiten kam. In Betriebsphasen an denen die Wärmerückgewinnung wie geplant betrieben wurde und keine manuellen Eingriffe in die Brauwasserpumpe auftraten, stellte sich hingegen das geplante Anlagenverhalten mit dem entsprechenden Ertrag ein.

Neben der anwenderverursachten Ertragsminderung konnten auch technische Mängel identifiziert werden. So wurde beispielsweise ein viel zu kleiner Wärmeübertrager auf der Beladeseite installiert. Außerdem stellten sich bei Rohrleitungen und Pufferspeicher höhere Wärmeverluste ein, als dies in der Planung angenommen wurde. Alle identifizierten Mängel wurden im Rahmen einer detaillierten Simulationsstudie untersucht, um den jeweiligen Einfluss auf die Ertragsminderung zu quantifizieren. Dies zeigte beispielsweise, dass ein Ausbleiben der manuellen Eingriffe in die Entladung in einem um gut 20 % gesteigerten Nutzwärmeertrag resultieren würde [3].

Zusammenfassend lässt sich aus der messtechnischen Begleitung schließen, dass einerseits in der Planungsphase etwas zu optimistische Annahmen getroffen wurden, dass andererseits jedoch nach der Umsetzung auch Betriebszustände aufgetreten sind, die im Vorhinein nicht abzusehen waren. Während z.B. die erhöhten Speicherverluste auf technische Mängel zurückzuführen sind und durch geeignete Maßnahmen deutlich verringert werden können, lassen sich manuelle Eingriffe in den Betrieb der Solaranlage sowie ein verändertes Lastprofil von außen nur sehr schwer beeinflussen. Im Falle der untersuchten Pilotanlage ist zu erwarten, dass der Ertrag der Solaranlage im weiteren Betrieb zwar ansteigt, den geplanten Wert wahrscheinlich aber nicht, bzw. nur bei vollständiger Automatisierung der Brauwasserversorgung erreicht.

Abbildung 3: Blick aus dem Sudhaus auf die in 2010 installierte Solaranlage. Seit der Einbindung des neuen Kochverfahrens wird die Kupferpfanne nur noch zum Maischen verwendet. (Foto: Universität Kassel)

Branchenkonzept

Zur Erarbeitung des allgemeingültigen Branchenkonzepts zur Nutzung solarer Prozesswärme in Brauereien wurden neben der Hütt-Brauerei weitere Brauereien im Rahmen von Fallstudien untersucht. Der Detaillierungsgrad dieser Untersuchungen reichte von kurzen Screenings bis hin zu sehr detaillierten Betrachtungen inklusive der Konzepterstellung für die Einbindung solarer Prozesswärme. Die untersuchten Brauereien variierten sowohl im Ausstoß (Jahresproduktion von 15.000 bis 1.800.000 hl) als auch in ihren Produktionszeiten und dem Produktspektrum.

Neben den mittels Fallstudien generierten Erkenntnissen wurde zur Darstellung der angewandten Prozesse und verwendeten Anlagentechnik auch eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt, die neben den Standardwerken des Brauwesens auch die besten verfügbaren Techniken zur Vermeidung und Verminderung von Umweltauswirkungen im Brauwesen umfasste. Zur Untersuchung des Energieverbrauchs und möglicher Einsparpotentiale wurden zusätzlich Studien zur nachhaltigen Produktion und Effizienzsteigerung herangezogen. Zur Berücksichtigung existierender Anlagen und deren Betriebsweise sowie zur Untersuchung der Integrationsmöglichkeiten von Solarwärme wurden schließlich auch die technischen Spezifikationen der jeweiligen Maschinen unterschiedlicher Anlagenhersteller herangezogen.

Unter Einbeziehung all dieser Informationsquellen wurde ein umfassendes Dokument erarbeitet [4], welches interessierten Akteuren wie Energieberatern oder Solarplanern, die bisher noch keine Erfahrungen im Brauwesen sammeln konnten, als wichtige Hilfestellung dienen kann. Das Branchenkonzept beinhaltet zunächst Informationen zur Struktur der Brauereibranche und gibt einen hinreichend genauen Überblick über die Produktionsabläufe in Brauereien. Neben den relevanten Prozessen und Anlagen werden auch die Energiebereitstellung und Aufteilung der Energieverbräuche erläutert. Da die Wärmerückgewinnung innerhalb des Sudhauses auch Einfluss auf den Warmwasserhaushalt einer Brauerei und damit auch auf die Möglichkeiten der Nutzung von Solarwärme hat, wird auch diese Thematik behandelt. Des Weiteren wird erläutert, wie ein geeigneter Punkt zur Einbindung von Solarwärme identifiziert und anhand unterschiedlicher Kriterien hinsichtlich einer Umsetzung bewertet werden kann. Schließlich werden die identifizierten Integrationspunkte detailliert beschrieben und geeignete Konzepte zur Einbindung von Solarwärme vorgestellt. Das Branchenkonzept und ein stark komprimierter Leitfaden können unter www.solar.uni-kassel.de heruntergeladen werden.

Zusammenfassung

Eine Vielzahl von Prozessen in Brauereien benötigen thermische Energie und eignen sich prinzipiell für die Integration von Solarwärme. Hauptsächlich sind dies Prozesse, bei denen ein Medium zunächst aufgeheizt und anschließend auf Temperatur gehalten werden muss. Die Prozesstemperaturen liegen dabei häufig im Bereich von 80 °C, wie z.B. bei der Reinigung von Flaschen und Fässern, der Pasteurisation oder der CIP-Reinigung. Demnach muss eine Solaranlage zur Unterstützung dieser Prozesse in der Lage sein, über eine längere Zeit Vorlauftemperaturen von etwa 90 °C bereitstellen zu können. Da die solarthermische Bereitstellung von Wärme auf einem niedrigeren Temperaturniveau jedoch effizienter und damit in der Regel auch wirtschaftlicher ist, sollte stets geprüft werden, ob eine Solaranlage nicht auch auf einem niedrigeren Temperaturniveau integriert werden kann. Dabei kommt bei Brauereien häufig nur die Brauwasserversorgung in Frage. Die Möglichkeit, an dieser Stelle dieIntegration zu realisieren, wird allerdings maßgeblich von der sudhausinternen Wärmerückgewinnung bestimmt. Die Untersuchungen im Rahmen der Entwicklung des Branchenkonzepts lassen den Schluss zu, dass sich dieser Integrationspunkt bei kleineren Brauereien besser umsetzen lässt, da diese meist einen höheren spezifischen Wasserbedarf als große Brauereien haben.

  • Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), 2010. Energiedaten -Nationale und Internationale Entwicklung, Berlin.
  • F. Mauthner, W. Weiss, 2013. Solar Heat Worldwide. Markets and contribution to the energy supply 2011. Edition 2013. AEE INTEC, Gleisdorf, Österreich.
  • C. Lauterbach, B. Schmitt, K. Vajen, 2014. System analysis of a low-temperature solar process heat system. Solar Energy 101 (2014) 117–130.
  • Schmitt, B., Lauterbach, C., Vajen, K., 2012. Branchenkonzept solare Prozesswärme in Brauereien, Teil 2 des Abschlussberichtes zum Forschungsvorhaben „SOPREN – Solare Prozesswärme und Energieeffizienz“, Förderkennzeichen: 0329601T.

Autorenbeschreibung

M.Sc. Bastian Schmitt ist Bereichsleiter für Prozesswärme am IdE - Institut dezentrale Energietechnologien gGmbH in Kassel (b.schmitt@ide-ka

Prof. Dr. Klaus Vajen leitet das Fachgebiet Solar- und Anlagentechnik am Institut für thermische Energietechnik der Universität Kassel (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).ssel.de).

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