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GREENFOODS – Energieeffizienz in Bäckereien

Der Weg zum nachhaltig produzierten Brot

Von Jürgen Fluch, Wolfgang Glatzl

Ziel des IEE Projektes GREENFOODS ist es, die europäische Lebensmittel- und Getränkeindustrie zu mehr Energieeffizienz und somit einer Reduktion fossiler CO2- Emissionen zu führen. Abgeschlossene Audits in österreichischen Bäckereien zeigen rasch umsetzbare Wege und Optimierungspotentiale in der Produktion und Energieversorgung hin zu einer nachhaltigen Produktion sowohl in Klein- als auch Großbäckereien auf.

Im Rahmen des Projektes GREENFOODS wird ein Branchenkonzept für verschiedene Sub-Sektoren der Lebensmittel- und Getränkeindustrie entwickelt, das Nutzerinnen bei der Identifikation maßgeschneiderter Lösungen für eine „grüne Produktion“ in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) unterstützt. Durch die Kombination technischer Expertise mit Kenntnissen über Energieeffizienz und erneuerbaren Energieträger können klare Strategien für KMUs betreffend Prozessoptimierung und Energieversorgung entwickelt werden, um das Ziel einer Produktion ohne fossile CO2-Emissionen zu erreichen. Das GREENFOODS Branchenkonzept basiert auf der Durchführung und Ergebnissen von insgesamt 200 Basis-Energieaudits und daraus 20 detaillierten Audits in 6 europäischen Ländern (Österreich, Deutschland, Polen, Spanien, GB und Frankreich). Darüber hinaus wird ein GREENFOODS Trainingsmodul entwickelt, das in den Europäischen Energiemanager oder ähnliche Ausbildungen integriert wird. Spezielle und maßgeschneiderte Förderungs- und Finanzierungsmechanismen werden aufbauend auf einer Analyse bestehender Systeme entwickelt, um die Einbindung identifizierter Energieeffizienzmaßnahmen in KMUs zu erleichtern und zu fördern. Die Ergebnisse werden in sogenannten „Virtuellen Energie-Kompetenz-Zentren“ als One-Stop-Shop-Servicecenter verbreitet.

Sub-Sektor Bäckereien

Als einer der ersten Sub-Sektoren wurden in Österreich Bäckereien detailliert untersucht. Im Rahmen des Projektes wurden Daten aus 6 Bäckereien erhoben und um Daten bereits abgeschlossener Audits aus Vorprojekten (EINSTEIN, SolarFoods) ergänzt. Damit reicht die abgedeckte Betriebsgröße von sehr kleinen „Dorfbäckereien“ mit angeschlossenen Filialen über mittelgroße Bäckereien bis hin zu den größten Bäckereien Österreichs, womit ein repräsentatives Spektrum erreicht werden kann. Die Betriebsstruktur bedingt naturgemäß sehr unterschiedliche Ausgangspunkte und Voraussetzungen für Optimierungsmaßnahmen. Das beginnt beim Status-Quo der Energieversorgung und der eingesetzten Prozesstechnologie und geht bis hin zur Bereitschaft und der wirtschaftlichen Möglichkeit Maßnahmen umgehend umzusetzen

Status Quo des Energieverbrauchs

In kleineren bis mittelgroßen Bäckereien ist die Produktionsstruktur meist über die Jahre gewachsen und wurde laufend an spezifische Anforderungen angepasst. Das spiegelt sich in einer komplexen Versorgungsstruktur und den eingesetzten Technologien wider. Große Bäckereien haben ihre Standorte zumeist umfassend an neue Begebenheiten adaptiert, sind deshalb aber nicht einfacher zu evaluieren. Allen Betrieben gemein sind die wichtigsten Prozesse Backen, Reinigung und Gärung, aus deren Betriebsparametern sich die eingesetzten Energieträger ergeben. In Abbildung 1 ist eine typische Aufteilung der Energieträger eines mittelgroßen Betriebes zu sehen. Die notwendige Wärme für Backen und Gären wird meist über Erdgas und/oder Erdöl erzeugt. Dabei können die Backöfen (Stikkenöfen) entweder direkt befeuert oder über zentrale Einheiten (Dampf- bzw. Themoölkessel) versorgt werden. Bei beiden Varianten, deren Wahl auf das Produkt keine Auswirkungen hat, kann durch integrierte Wärmetauscher Restwärme aus der Abluft rückgewonnen werden, wodurch der Gesamtwirkungsgrad erhöht wird. Der sehr hohe Anteil des Strombedarfs in Abbildung 1 setzt sich aus Stromverbrauch für Kühlung, Druckluft und Produktionsprozesse zusammen (siehe Abbildung 3). In kleinen Betrieben ist der Stromanteil an der gesamten eingesetzten Energie deutlich größer. Zum einen setzen diese auch strombetriebene Backöfen ein, zum anderen sind der Produktion Verkaufsräume und Filialen angeschlossen, in denen Beleuchtung, gekühlte Vitrinen und Kühlschränke den Stromverbrauch deutlich erhöhen.

Abbildung 1: Typische Aufteilung der eingesetzten Energieträger in einem mittelgroßen Bäckereibetrieb

Abbildung 2: Weckerl in einem direkt befeuerten Stikkenofen. Quelle: Bäckerei-Konditoreiwaren-Café Bichlbäck, Niederndorf

Abbildung 3: Typische Aufteilung des Strombedarfs auf Verbrauchen in einem mittelgroßen Bäckereibetrieb

Abbildung 4: Stikkenofen. Quelle: AEE INTEC

Prozessoptimierungen

Identifizierte Optimierungspotentiale in Bäckereien aller Größen erfordern in einem ersten Schritt die Minimierung von Stillstandszeiten durch zu frühes Vorheizen der Öfen und weiters das nicht notwendige Halten der Ofen-Temperatur zwischen den Backzeiten. Beide Verlustzeiten können durch Schulung des Personals und das Abstimmen der einzelnen Backvorgänge reduziert werden. In großen Bäckereien ist das aufgrund der deutlich höheren Auslastung der Öfen und des verfügbaren Personals eher möglich als in kleinen Bäckereien. Das Aufzeigen dieses Potentials und die Schaffung des Bewusstseins dafür müssen aber in allen Betrieben passieren. So weit möglich muss auch auf eine optimierte Auslastung der Stikken geachtet werden – Ofen-Beladungen von nur 20% über einen gesamten Produktionszyklus sind keine Seltenheit. Das Potential dieser einfachen Optimierungen liegt je nach untersuchtem Betrieb zwischen 10 und 33% der in den Öfen eingesetzten Energie. Weitere, jedoch geringe Potentiale zur Prozessoptimierung konnten durch Absenkung der eingesetzten Warmwassertemperatur (Reinigung) identifiziert werden.

Systemoptimierung

Je nach bestehender Versorgungsstruktur in den Bäckereien (zentral, direkt befeuerte Öfen) sind sehr unterschiedliche Ansätze zu verfolgen. Ein erster Schritt betrifft die Backöfen an sich. Zwar werden Öfen mit integrierter Wärmerückgewinnung (Nutzung der Restenergie in der Abluft aus dem Ofen) als Stand der Technik betrachtet, jedoch wird unabhängig von der Größe der Bäckereien eine Vielzahl an Backöfen ohne integrierte Wärmerückgewinnung eingesetzt (siehe Abbildung 4). Dabei verlässt die Abluft die Öfen mit Temperaturen bis zu 220°C ungenutzt. Die Integration in ein bestehendes Versorgungsnetz oder zur Vorwärmung der eintretenden Luft ist naheliegend und kann die Energieeffizienz der Öfen um bis zu 15% erhöhen. Dies gilt auch im Falle einer zentralen Energieversorgung über Dampf oder Thermoöl für die Nutzung der Abwärme und die dadurch zu optimierende Energieeffizienz.

In Bäckereien besteht auch ein sehr hoher Kühlbedarf. Durch die Nutzung der Abwärme aus den bestehenden Kältemaschinen zur Bereitstellung von Warmwasser für die Reinigung kann die eingesetzte Gesamtenergie um bis zu 5% reduziert werden. Zur optimalen Ausnutzung der Wärmerückgewinnung aus Ablufttemperatur oder Abwärme der Kältemaschinen ist die Integration von Warmwasser-Speichern besonders in kleinen Bäckereien sinnvoll, um die Energie im Bedarfsfall nutzen zu können.

Große Bäckereien setzen teilweise anstatt direkt befeuerter Backöfen bereits zentrale Dampf- oder Thermoölnetze ein. Dadurch können zum einen die Backöfen, aber auch die Dampf- und Thermoölkessel effizient betrieben und die Nutzung der Abwärme in einem zentralen Netz sinnvoll umgesetzt werden. Für kleine Bäckereien ist eine solche Maßnahme aus wirtschaftlichen Gründen schwieriger umzusetzen.

Effiziente Energieversorgung und Integration Erneuerbarer Energieträger

Der Fokus für kurzfristige Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz in Bäckereien aller Größen muss es sein, die bestehende Infrastruktur möglichst effizient zu nutzen. Wärmerückgewinnungsmaßnahmen mit integrierten Speichern, optimierter Betrieb der Backöfen und Kessel und Vermeidung von Verlusten erhöhen die Energieeffizienz deutlich. Beim notwendigen Tausch von Backöfen ist auf eine integrierte Wärmerückgewinnung zu achten. Speziell in großen Bäckereien ist eine zentrale Versorgung der Prozesse mit Wärme und Kälte langfristig anzustreben, da damit auch die eingesetzte Energie effizienter genutzt werden kann.

Das Potential zur Integration Erneuerbare Energieträger liegt in Bäckereien im Bereich der Solarthermie und Photovoltaik. Der Bedarf an Warmwasser für die Reinigung eignet sich aufgrund des Temperaturniveaus (50 – 60°C) auch nach der Wärmeintegration zur Abdeckung mit Solarthermie, was auch ökonomisch sinnvoll bewertet werden kann. Aufgrund des hohen Strombedarfs für die Abdeckung des Kältebedarfs ist auch die Integration von Photovoltaik abhängig von verfügbaren Rahmenbedingungen sinnvoll zu prüfen.

Ausblick

Nach der erfolgten Untersuchung österreichischer Bäckereien werden die Ergebnisse dieser Sub-Branche in das GREENFOODS Branchenkonzept integriert, das allen Interessierten kostenfrei zur Verfügung steht. Weiters wird zumindest ein Betrieb im Rahmen des Projektes bei der Umsetzung der identifizierten Maßnahmen aktiv begleitet. Als nächste Sub-Branche werden Fleischereien und fleischverarbeitende Betriebe im Detail bewertet und auf ihr Optimierungspotential auf Prozess- und Systemebene sowie die Integration Erneuerbarer Energieträger hin untersucht. Molkereien, Unternehmen der Fischverarbeitung, Produzenten von Babynahrung, Getreideprodukten und Futtermitteln, sowie Brauereien und Fruchtsafthersteller folgen in den nächsten Monaten. Ergebnisse können laufend über die Projekt-Homepage oder über die unten angeführten sozialen Medien verfolgt werden.

Autorenbeschreibung

DI Jürgen Fluch und Wolfgang Glatzl, BSc, sind Mitarbeiter von AEE INTEC, Bereich Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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