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26 Millionen Krügel Bier mit der Kraft der Sonne

Von Franz Mauthner, Christoph Brunner, Matthäus Hubmann

Im Rahmen des EU - geförderten Projektes SolarBrew werden zur Demonstration der Machbarkeit drei solare Großanlagen im Leistungsbereich ≥ 1 MWth zur Versorgung unterschiedlicher industrieller Prozesse in Brauereien und Mälzereien (Maischen von geschrotetem Malz, Pasteurisieren von Bier, Trocknen von Grünmalz) errichtet. Mit der erfolgreichen Umsetzung dieses großangelegten Demonstrationsvorhabens an Standorten in Österreich (Göss), Spanien (Valencia) und Portugal (Vialonga) wird ein öffentlichkeitswirksamer Schritt gesetzt, der zu einer stärkeren Marktdurchdringung von Solarthermie in diesem Segment beiträgt.

Abbildung 1: Seit Juni 2013 liefern in der steirischen Brauerei Göss insgesamt 1.500 m² Flachkollek-toren gekoppelt an einen 200 m³ Heißwasser-Pufferspeicher Energie für den Maischprozess (Bildquelle: AEE INTEC)

Solarthermie in der Brauindustrie? – Eine Frage der Temperatur…

Für die Herstellung von Bier werden große Mengen an thermischer und elektrischer Energie benötigt, die gegenwärtig überwiegend aus fossilen Energieträgern generiert wird. Ein Benchmark-Vergleich zeigt, dass der thermische Endenergieverbrauch pro Hektoliter (hl) gebrautem Bier zwischen 16,7 kWh und 33,3 kWh liegt und dass darüber hinaus noch 7,5 kWh bis 11,5 kWh an elektrischer Energie benötigt werden. Zur Veranschaulichung: Der Bierausstoß der Brauerei Göss liegt bei etwa einer Million hl pro Jahr.

Von besonderem Interesse für die Solarthermiebranche ist hierbei, dass für sämtliche thermisch versorgten Prozesse in Brauereien und Mälzereien Wärme bei Temperaturen zwischen 25 und 105°C benötigt wird (vgl. Abbildung 2) und dass dieser Temperaturbereich effizient mittels konventioneller Flach- und Vakuumröhrenkollektoren bedient werden kann. Die höchsten solaren Erträge werden hierbei dann erreicht, wenn solar generierte Wärme auf minimal erforderlichem Temperaturniveau und auf direktem Weg einem geeigneten Prozess zugeführt wird. Erfolgt nun die Nachrüstung einer thermischen Solaranlage in einen bestehenden Industrieprozess besteht die Herausforderung darin, die neue, intermittierende Wärmequelle hydraulisch und regelungstechnisch so zu integrieren, dass diese den hohen technischen wie auch ökonomischen Anforderungen eines Industriestandortes genügt.

Abbildung 2: Prozesstemperaturniveaus in Brauereien und Mälzereien( Datenquelle [1])

Projektabriss SolarBrew

Unter der Leitung von AEE INTEC sowie in Zusammenarbeit mit HEINEKEN Supply Chain B.V., GEA Brewery Systems GmbH (Anlagenbau) und Sunmark A/S (Solarthermie) werden bis Sommer 2014 an den drei oben genannten Standorten insgesamt 7.845 m² (brutto) thermische Solarkollektoren mit einer thermischen Spitzenleistung von rund 5 MW zur Versorgung von Niedertemperaturprozessen (Prozesstemperaturen <80°C) errichtet. In nachfolgender Tabelle sind die Eckdaten der drei Demonstrationsanlagen angeführt (Stand: Oktober 2013).

Tabelle 1: Eckdaten zu den Demoprojekten im Rahmen von SolarBrew (Stand: Oktober 2013)

Brauerei Göss, Österreich

Bereits im Juni 2013 wurde in der steirischen Brauerei Göss eine 1.500 m² große thermische Solaranlage gekoppelt an einen druckbehafteten 200 m³ Energiespeicher erfolgreich in Betrieb genommen.

Die Solaranlage in der Brauerei Göss liefert thermische Energie für den Maischprozess, bei dem geschrotetes Malz und Wasser vermengt und anschließend stufenweise unter ständigem Umrühren und unter definierten Heizraten auf eine Temperatur von 78°C erhitzt wird.

Der besondere Innovationsgehalt dieses Projektes besteht darin, dass die Beheizung der sogenannten Maischebottiche bisher mittels Dampf erfolgte und für die Integration von thermischer Solarenergie sowie Abwärme aus dem anliegenden Holzverarbeitungsbetrieb Mayr-Melnhof Holz Leoben GmbH die Prozessenergieversorgung auf Heißwasser umgestellt wurde. Diese Umstellung ermöglicht es in Zukunft die Energieversorgung für den Maischprozess in Göss zu 100% mit erneuerbaren Energieträgern zu decken.

Die hydraulische Einbindung der Solaranlage in der Brauerei Göss erfolgt über einen Plattenwärmeübertrager am Einkopplungspunkt der Fernwärme in das System. Über diesen Wärmetauscher wird zu jeder Zeit die Versorgungstemperatur zu den Maischegefäßen sichergestellt. Die bestehende Dampfheizung bleibt als zusätzliches Backup erhalten (Abbildung 3).

Abbildung 3: Schematische Darstellung der neuen Prozessenergieversorgung der Maischebottiche in der Brauerei Göss

Bilder von den durchgeführten Umbauarbeiten an den beiden Maischebottichen in der Brauerei Göss (Nachrüstung von je sechs innenliegenden Wärmetauscherplatten und eines neuen Rührwerkes je Maischebottich) sind in nachfolgender Abbildung 4 dargestellt.

Abbildung 4: Bilder vom Umbau der Maischbottiche (Bildquelle: GEA Brewery Systems GmbH)

Brauerei Valencia, Spanien

Für eine Brauerei im spanischen Valencia befindet sich das Konzept für einen solarunterstützten Pasteurisationsprozess in der finalen Planungsphase und soll im Frühling 2014 zur Umsetzung gelangen. Insgesamt ist eine Kollektorfläche von 1.620 m² Flachkollektoren (Bodenmontage) gekoppelt an einen atmosphärischen 350 m³ Energiespeicher vorgesehen.

Am Standort Valencia wird Bier, bereits abgefüllt in Dosen, Einweg- oder Mehrwegflaschen, in sogenannten Tunnelpasteuren pasteurisiert. Während der Dauer eines Durchlaufes in einem Tunnelpasteur wird das befüllte Gebinde in unterschiedlichen Behandlungszonen (drei Aufheizzonen, Vor-Pasteurisation, Pasteurisation, drei Kühlzonen) von Abfülltemperatur bis auf Pasteurisationstemperatur erwärmt und anschließend wieder abgekühlt. Die Energieübertragung erfolgt über Wasser, das temperiert für die jeweilige Zone über die Gebinde versprüht wird. Die Prozessenergieversorgung erfolgt derzeit ausschließlich mittels Sattdampf über außenliegende Dampf-Rohrbündelwärmeübertrager (je 4 Wärmeübertrager pro Pasteur) (Abbildung 5, links).

Abbildung 5:
Links: Schematische Darstellung der derzeitigen Energieversorgung des Dosenpasteurs in der Brauerei Valencia mittels Dampf;
Rechts: Energieversorgung Vorpasteurisationsbecken nach Solarintegration

Im Zuge des Projektes wird der dampfbeheizte Tunnelpasteur für die Integration von thermischer Solarenergie um einen Wasser / Wasser Wärmeübertrager erweitert (Abbildung 5, rechts). Der neue Solar-Wärmeübertrager wird hierfür im Bypass zum Sprühkreislauf im Vorpasteurisationsbecken installiert und dient der Erwärmung eines Teilmassenstroms innerhalb des Sprühkreislaufes, sobald Energie im richtigen Temperaturniveau im Solarspeicher vorhanden ist. Die Prozessversorgungstemperaturen solarseitig liegen bei konstanten 85°C bei einer Spreizung von etwa 20 K.

Mälzerei Vialonga, Portugal

In Vialonga, Portugal gelangt das Konzept einer solaren Trocknungsluftvorwärmung zur Trocknung von Grünmalz in einer Darre zur Umsetzung. Anfang 2014 werden am Standort insgesamt 7.845 m² Flachkollektoren gekoppelt an einen atmosphärischen 400 m³ Energiespeicher realisiert (Planungsstand: Oktober 2013).

Der Trocknungsvorgang von Grünmalz in einer Darre ist ein typischer Batch-Prozess, bei dem es vorerst zu einer schonenden Vorwärmung des feuchten Gutes auf niedrigerer Temperatur kommt. Diese erste Trocknungsstufe wird als Schwelken bezeichnet und findet bei Trocknungslufttemperaturen zwischen 35 und 65°C statt. Erst ab einem Wassergehalt von < 12 % wird die Trocknungslufttemperatur schrittweise auf über 80°C gesteigert (Darren und Abdarren) [2].

Die Dauer eines Batchvorganges in Vialonga beträgt 18 bis 20 Stunden, wovon das Schwelken etwa 12 Stunden andauert. Am Standort Vialonga werden täglich zwischen 120 und 150 Tonnen an Grünmalz in zwei Darren verarbeitet. Die Energieversorgung für beide Darren erfolgt kaskadisch wie in nachfolgender Abbildung 5 schematisch für eine Darre dargestellt ist.

Abbildung 6: Schematische Darstellung von Darre 1 in Vialonga inklusive solarer Vorwärmstufe

In einem ersten Schritt wird Außenluft über einen Luft / Luft Wärmeübertrager durch die Prozessabluft aus der Darre vorgewärmt. Eine weitere Vorwärmstufe (Wasser / Luft Wärmeübertrager) nutzt die Abwärme einer anliegenden Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, um die vorgewärmte Trocknungsluft aus dem Luft / Luft-Wärmetauscher kommend weiter auf 35 - 40°C anzuheben (in Abhängigkeit der Jahreszeit bzw. Außentemperatur). Der für das Schwelken bzw. in weiterer Folge für das Darren und Abdarren erforderliche Restenergiebedarf wird schließlich über einen Dampf / Luft Wärmeübertrager eingebracht.

Für die eine der beiden Darren in Vialonga ist es nun geplant, vor dem Dampfwärmeübertrager eine weitere, solarversorgte Vorwärmstufe zu realisieren (Abbildung 6).

Da prinzipiell alle Brauereien und Mälzereien ähnliche Energieversorgungsstrukturen aufweisen, wird mit der Realisierung der Demonstrationsanlagen ein Multiplikatoreffekt innerhalb der Branche erwartet. Durch ein begleitendes Monitoringprogramm sollen umfangreiche Umsetzungs- und Betriebserfahrungen gewonnen werden. Der Heineken Konzern plant die Ergebnisse der solaren Prozessintegration sowie der messtechnischen Begleituntersuchung in Schulungsmaßnahmen zu integrieren, um die konzernweite Umsetzung des Konzepts weiter zu forcieren.

Danksagung

Das Projekt SolarBrew wird im Rahmen des siebten Forschungsrahmenprogrammes der Europäischen Kommission gefördert und durch den österreichischen Klima- und Energiefonds kofinanziert.

Besonderer Dank gilt an dieser Stelle allen Projektpartner (Heineken Supply Chain BV, GEA Brewery Systems GmbH und Sunmark A / S) für die gute Zusammenarbeit.

Autoren:

DI Franz Mauthner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Solarthermische Komponenten und Systeme von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

DI Matthäus Hubmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter

DI Christoph Brunner ist Leiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme von AEE INTEC

Literatur

  1. Herzog U., Possibilities fort he use of „Emerging Technologies“ in the food industry for reduced thermal energy consumption and solar thermal heat integration. Pinkafeld 2011 (master thesis)

  2. Kunze W., Technologie Brauer und Mälzer - 9. Überarbeitete Auflage, 2007. ISBN-13: 978-3-921690-56-7

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