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EINSTEIN – Eine Methodik zieht Bilanz

Von der Datenerhebung zu mehr Energieeffizienz in Betrieben

Im Rahmen der IEE (Intelligent Energy Europe) Projekte EINSTEIN I & II wurden in 14 europäischen Ländern über 150 Energie-Audits in Industriebetrieben und großen Gebäuden mit hohem thermischen Energiebedarf durchgeführt. Der Weg von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Präsentation des letzten Berichts mit Vorschlägen zur Energieeffizienz und zum Einsatz von erneuerbarer Energie war ein langer und sollte letztendlich den Anstoß zur Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen liefern.

Abbildung 1: Einstein-Trainingskurs. Quelle: AEE INTEC

EINSTEIN – Methode und Software

Am Anfang des Projektes stand die Herausforderung, den Zeit- und Kostenaufwand im Rahmen eines Energieaudits für den Betrieb und den Auditor zu reduzieren und gleichzeitig die Qualität der Beratung auf einem sehr hohen Level zu halten. Dazu wurde die EINSTEIN Methode und Software entwickelt, mit der mögliche Einsparungspotentiale in Industriebetrieben sowie großen öffentlichen Gebäuden rasch identifiziert und evaluiert werden können. Im Wesentlichen wurde das zum einen durch standardisierte Abläufe der Energieaudits und zum anderen durch die EINSTEIN Software erreicht. Die 10 EINSTEIN Auditschritte begleiten den Auditor von der Kontaktaufnahme mit der Firma über die Datenerhebung und die Entwicklung und Bewertung von Alternativvorschlägen bis zur Erstellung des Berichts. Die Software wiederum unterstützt den User bei der Bewertung des Ist-Zustandes, indem sie die energieintensivsten Energieströme und Prozesse, die Erzeugung von Wärme und Kälte sowie deren Verteilung durch automatisierte Berechnungen und erstellte Tabellen und Grafiken in einem Endbericht zusammenfasst. Darauf aufbauend werden Potentiale zur Prozessoptimierung, vor allem Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung, und somit Effizienzsteigerung erhoben und mithilfe der Pinch Analyse Umsetzungskonzepte zur Wärmeintegration definiert, um letztlich die Substitution der fossilen Energieversorgung durch erneuerbare Energie zu untersuchen.

Ergebnisse der Audits

Im Rahmen der beiden IEE Projekte EINSTEIN I und EINSTEIN II wurden in 14 Ländern insgesamt 150 Energieaudits durchgeführt. Im Rahmen von EINSTEIN II wurden 52 Industriebetriebe und 20 öffentliche Gebäude mit großem thermischem Bedarf untersucht, wobei mit 47% der Großteil der Firmen aus dem Lebensmittelbereich stammt (siehe Abbildung 2), gefolgt von Gebäuden (28% - Krankenhäuser, Bürogebäude, Universitäten) und produzierenden Betrieben aus anderen Sektoren (10%).

Insgesamt werden in diesen 72 untersuchten Betrieben und Gebäudens mehr als 1.400 GWh Primärenergie eingesetzt, wovon mehr als 260 GWh (ca.20%) durch die vorgeschlagenen Maßnahmen eingespart werden könnten. Länder- und sektorspezifisch ergeben sich dabei naturgemäß große Unterschiede (min/max länderspezifisch: 2,8% in der Slowakei/45% in Frankreich, min/max sektorspezifisch: 16% in Gebäuden/30% in Brauereien, siehe Abbildungen 2 und 3). Identifizierte Optimierungsmaßnahmen lagen dabei in der Prozessoptimierung, der Wärmeintegration sowie der Optimierung und Substitution bestehender Energieversorgung durch effizientere Technologien (Kessel, KWK, etc.) und erneuerbare Energien (Solar, Biomasse, etc.). Die in den Abbildungen dargestellten Ergebnisse sind dabei nur ein Auszug, zeigen aber das außerordentlich große Potential für Optimierungen und Energie- und somit CO2-Emissions-Einsparungen.

Abbildung 2: Verteilung der durchgeführten Audits auf unterschiedliche Sektoren

Abbildung 3: Länderspezifischer (links) und sektorspezifischer Primärenergiebedarf vor und nach dem vorgeschlagenen Maßnahmen

Der Weg des Audits

Neben den Ergebnissen der erfolgreichen Energieaudits und der vorgeschlagenen Maßnahmen gilt es aber auch die richtigen Schlussfolgerungen aus den EINSTEIN Projekten zu ziehen. Allen Energieberatern und –managern und interessierten Personen steht eine erprobte, belastbare und erfolgreiche Methodik und Software zur Verfügung, mit der Energieaudits mit minimiertem Zeit- und Kostenaufwand auf einem sehr hohen Level durchgeführt werden können. Der Weg zu den vorliegenden Ergebnissen hat aber auch aktuelle Herausforderungen aufgezeigt und erlaubt die Frage nach der Erreichung der gesteckten Projektziele.

Am Beginn eines Audits steht meistens das Interesse einer Firma, die Energiekosten zu senken. Obwohl im Rahmen von EINSTEIN Audits vollkommen kostenfrei angeboten wurden, waren - speziell in einigen Ländern - das Interesse und die Bereitschaft der Firmen teilzunehmen begrenzt. Der erste identifizierte Grund dafür war die Schwemme an angebotenen Audits. Praktisch jede Woche wird einem produzierenden Betrieb eine solche Beratung angeboten. Gleichzeitig wird ein Gratis-Audit auch mit mangelnder Qualität verbunden. Was nichts kostet, ist nichts wert. Womit aber auch das Hauptproblem angesprochen ist. Viele durchgeführte Audits erreichen nicht die Qualität, die der Betrieb zu Recht erwartet, da ein Audit eine zeit- und kostenseitige Herausforderung für eine Firma darstellt. Audits die nach der EINSTEIN Methode durchgeführt werden, garantieren eine hohe Qualität, da die Vorgehensweise dem zukünftigen Standard für Energieaudits entspricht.

Der Ausgangspunkt in den Firmen ist sehr unterschiedlich. In vielen Betrieben wird Energieeffizienz groß geschrieben, viele Maßnahmen wurden bereits umgesetzt und evaluiert. Die vorhandene Datenlage ist eine sehr gute und der Betrieb kann als ein Vorzeigebetrieb betrachtet werden (siehe Abbildung 5). In anderen Betrieben spielten solche Überlegungen bis dato keine Rolle. Zum einen sind andere Probleme zu lösen (Thema Wirtschaftskrise) und zum anderen stellt die eingesetzte Energie nur einen geringen Anteil auftretender Betriebskosten dar. Einsparungen und effiziente Energieerzeugung liegen nicht im Fokus (siehe Abbildung 4). Der gemeinsame Blick mit dem Berater über den berühmten Tellerrand eröffnet neue Perspektiven und Ziele.

Abbildung 4: Ist-Stand Energieversorgung und Prozesstechnologie - Beispiel 2. Quelle: AEE INTEC

Abbildung 5: Ist-Stand Energieversorgung und Prozesstechnologie - Beispiel 1. Quelle: AEE INTEC

Projektzeitplan

Alle 150 EINSTEIN Audits parallel abzuwickeln, war naturgemäß nicht möglich, eine offene Kommunikation mit dem Betrieb über den Projektzeitplan daher umso wichtiger. Da neben den Audits die Methode und Software weiterentwickelt wurde, kam es zu zeitlichen Verzögerungen, die den Betrieben und Beratern teilweise nicht bewusst waren und dazu führten, dass die anfängliche Motivation speziell bei Betrieben im Laufe des Projektes dramatisch gesunken ist. Daraus muss eine sehr allgemeine Schlussfolgerung gezogen werden: Das gemeinsame Festlegen eines Zeitplans mit dem Betrieb stellt einen sehr wichtiger Schritt dar, um Erwartungen richtig zu steuern und Enttäuschungen zu vermeiden. Das sollte im ersten EINSTEIN Audit Schritt erfolgen. Eine Zeitspanne von der Datenerhebung bis zur Vorlage erster Ergebnisse von maximal zwei Monaten sollte eingehalten werden. Daran müssen sich selbstverständlich beide Seiten halten, auch wenn der Auditor verstärkt in die Pflicht zu nehmen ist.

Der gesamten Auditdurchführung steht häufig eine lückenhafte Energiedatenlage des Betriebes gegenüber. Um die Qualität der Bilanzierung und der darauf aufbauenden Evaluierung identifizierter Maßnahmen hoch zu halten, sind grundlegende Informationen über die eingesetzte Energie, die Effizienz der Technologien und die Spezifikation der Prozesse unabdingbar. In der EINSTEIN Methodik und Software ist es möglich, fehlende Daten abzuschätzen. Je weniger aber geschätzt werden muss, umso belastbarer sind die Ergebnisse. Im Rahmen der EINSTEIN Audits konnte festgestellt werden, dass das Bewusstsein in vielen Betrieben für Energieeffizienz vorhanden und die Kenntnis über die Energieverteilung groß ist. In einigen Betrieben war es aber teilweise überraschend, wie wenig auf diese Daten geachtet wird. Die vorhandene Datenlage für Audits war lückenhaft und die Ergebnisse der Audits ohne eigentlich notwendige Messungen nur wenig belastbar. Die enge Zusammenarbeit zwischen Betrieb und Auditor im Laufe des gesamten Audits und die realistische Einschätzung der Datenlage und des notwendigen Aufwandes der Erhebung müssen deshalb an dieser Stelle sehr klar herausgestrichen werden.

Am Ende des Audits stehen die Präsentation im Betrieb (Darstellung Status-Quo, Evaluierung identifizierter Maßnahmen, Prozess- und Systemoptimierung, Einsatz erneuerbarer Energien). Wozu macht ein Betrieb eine solche Beratung? Nur in den seltensten Fällen um einen Bericht in der Schublade verschwinden zu lassen und einmal grundsätzlich zu wissen, wie es energetisch um die Produktion bestellt ist. Auch der Berater wird nur sehr bedingt zufrieden sein, wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen und die Ergebnisse der Arbeit nicht einmal für die Umsetzung in Betracht gezogen werden. Mindestens zwei konkrete Maßnahmen, die beim Abschlussgespräch der Firma präsentiert werden, sind deshalb wichtig. Erstens muss der Betrieb bereits bei der Erarbeitung der Maßnahmen aktiv über Diskussionen eingebunden sein, um sicher zu stellen, dass diese sich mit den Interessen des Betriebs decken - umso wahrscheinlicher ist dann eine Realisierung. Zweitens muss die Lücke zwischen dem Vorlegen des Berichts durch den Berater und der Kontaktaufnahme zum umsetzenden Betrieb (Installateur, Anbieter, etc.) geschlossen werden, indem selbiger bei der Abschlusspräsentation in Absprache mit dem Betrieb bereits mit am Tisch sitzt. Nur dann werden die erarbeiteten Konzepte im Sinne des Erfinders auch zur Zufriedenheit aller umgesetzt werden.

Zertifizierte Auditoren

EINSTEIN ist eine einfache und klare Methodik, die sich in über 150 Audits bewährt hat. Sie ist ein Werkzeug, das den Berater auf einem sehr hohen Level unterstützt, ohne die gesamte Arbeit zu übernehmen. Die Software bedarf einer gewissen Übung, Einschulung und Verständnis. Die Modellierung über Vorlagen und die verwendeten Begriffe und Ausdrücke sind besser verständlich, wenn sie gemeinsam mit Ausbildnern erarbeitet werden. Angebotene Trainingskurse sind in einen Grund- und Fortgeschrittenenkurs und eine Projektarbeit unterteilt, um am Ende als zertifizierter EINSTEIN Auditor eingetragen werden zu können. Informationen dazu sind unter www.aee-intec.at (Downloadcenter) und bei den Autoren zu erhalten.

Autorenbeschreibung

DI Christoph Brunner ist Leiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

DI Jürgen Fluch ist Mitarbeiter des Bereichs Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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