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Umfassende Sanierungsbegleitung zur Steigerung der Sanierungsrate im Einfamilienhausbereich

Umfassende thermische Sanierung ist ein komplexer Bauvorgang mit vielen Stolpersteinen. Kann eine kostenlose und unabhängige Sanierungsbegleitung über die Energieberatung hinaus die notwendige Hilfe bereitstellen, um den Umfang und die thermische Qualität der Sanierung positiv zu beeinflussen? In der Studie „Renovation Coaching“ wurde erstmals eine Sanierungsbegleitung bei Einfamilienhäusern erprobt. Aus deren Erfahrungen wurden mögliche Erweiterungen der gängigen Beratungsangebote definiert. Die Ergebnisse des vom Klima- und Energiefonds geförderten dreijährigen Forschungsprojektes liegen nun vor und können hier nachgelesen werden.

Warum ist eine Sanierungsbegleitung notwendig?

Die energetische Sanierung von Einfamilienhäusern birgt in Österreich ein enormes CO2-Reduktionspotenzial. Verschiedene energiepolitische Strategien sehen eine Steigerung der Sanierungsrate von derzeit 1 % auf 3 % pro Jahr vor. Zwar wurden in den letzten Jahren einige Sanierungsanreize geschaffen, das angestrebte „3 % Ziel“ blieb aber im Großen und Ganzen unerreicht. Auch in Zukunft müssen neue Wege gefunden werden, um die EigentümerInnen von hochwertigen energetischen Sanierungen zu überzeugen und diese auch in die Tat umzusetzen.

So verschieden die Angebote zur Energieberatung in Österreich auch sind, so sind sie ein geeignetes und langjährig erprobtes Instrument, den HauseigentümerInnen energetische Maßnahmen zu empfehlen und wertvolle Tipps zur Umsetzung mit auf den Weg zu geben. Zwar sind die KundInnen von der Kompetenz der BeraterInnen überzeugt und für die Beratungsdienstleistungen dankbar, doch die Erfahrungen der Energieberatung zeigen, dass das ökonomisch und ökologisch mögliche Einsparungspotenzial eines Gebäudes bei einer Sanierung meist nicht voll ausgeschöpft werden. Die Gründe dafür sind vielfältig – doch eines ist klar: Für EigentümerInnen ist die Sanierung eines Hauses nach wie vor eine finanzielle, koordinative und technische Herausforderung, die ohne entsprechende Unterstützung kaum problemlos bewältigbar ist.

Abbildung 1: Toolbox zur Definition der Kriterien für eine umfassende Sanierungsbegleitung

Das Projekt „Renovation Coaching“ - RenCo

RenCo hat genau dort angesetzt, wo die klassische Energieberatung sonst endet. Renovation Coaching dehnte die Begleitung von der Planungsphase bis zur Realisierung aus, um den EigentümerInnen kompetente Beratungsunterstützung während des gesamten Sanierungsprozesses zur Verfügung zu stellen. Dieses „Coaching“-Angebot wurde von Juni 2010 bis April 2012 bei 20 niederösterreichischen Haushalten, die eine umfassende Sanierung durchführen wollten, erprobt. Um die Ergebnisse des Coachings zu quantifizieren, wurden diese mit ähnlichen Sanierungsfällen, die nur eine einmalige klassische Energieberatung erfuhren, verglichen und evaluiert.

Die Coaching-Toolbox

Eine ausgearbeitete „Toolbox“ ist das Ergebnis des umfangreichen Evaluierungsprozesses. Mit der Toolbox wurden jene Bausteine und Kriterien definiert, die für eine umfassende Sanierungsbegleitung notwendig sind und angeboten werden sollten (Abbildung 1).

Die Ergebnisse im Detail

Im Projektgebiet Niederösterreich stand eine Auswahl von etwa 5.000 potenziellen SaniererInnen (Erstkontakte bei der niederösterreichischen Energieberatung) zur Verfügung. Fünf ausgewählte RenCo-BeraterInnen begleiteten 18 Sanierungen, geplant waren 20. Zwei Vorhaben mussten aufgrund sich ändernder Umstände vorzeitig abgebrochen werden. Von den 18 begleiteten Sanierungen schafften 12 die Fertigstellung der Sanierung im Rahmen der Projektlaufzeit in fast zwei Jahren, obwohl alle Haushalte angaben, in nur einem Jahr fertig sein zu wollen.

Die Erfolge des Coachings waren von Fall zu Fall unterschiedlich und können aufgrund der geringen Grundgesamtheit nur schwer pauschalisiert und quantifiziert werden. Rund 1/3 der RenCo-KundInnen konnte den Vorstellungen und Erwartungen des Coachings entsprechend intensiv betreut werden. Darin wurde auch das vorgegebene maximale Zeitkontingent von 15 Beratungsstunden erfüllt bzw. auch übererfüllt. Ein weiteres Drittel wurde vom Betreuungspensum als gerade noch ausreichend angesehen, wogegen das letzte Drittel das Angebot nur unzureichend in Anspruch genommen hat und hier kaum von einem Coaching gesprochen werden kann.

Die Faktoren sind vielfältig und liegen u.a. beim Bauherrn/frau selbst, ob er/sie das kostenlose Beratungsangebot nutzen wollte bzw. ob er/sie seinem/ihrem Coach auch sein/ihr volles Vertrauen schenkte. Auch die unterschiedliche individuelle Herangehensweise der BeraterInnen hat über die Intensität der Betreuung entschieden. Die Kontollgruppenbefragung der Haushalte, die ohne Coach saniert haben, zeigte, dass sie gerne einen Coach gehabt hätten, der ihnen zur richtigen Zeit mit seinem/ihrem „Know-How“ beiseite steht, am besten aber kostenlos. Obwohl das Coachingangebot für die 18 gecoachten KundInnen kostenlos war, wurde es von einigen während des Prozesses nicht aktiv nachgefragt. Die Kontaktinitiative ging in den meisten Fällen immer wieder vom Coach selbst aus. Das Projektteam zog daraus die Schlussfolgerung, dass es für viele Menschen schwierig ist, sich in einem so freien Setting Hilfe zu holen.

Worauf kommt es beim Coaching an?

Das wichtigste Erfolgskriterium des Coachings ist der richtige Zeitpunkt. Genau dann vor Ort zu sein oder von KundInnen um Rat gefragt zu werden, wenn es darum geht bei der Auswahl der Angebote zu unterstützen, die unterschiedlichen Gewerke zu koordinieren oder bei der Umsetzung dabei zu sein. Nur in wenigen Fällen gelang es den BeraterInnen von KundInnen gerufen zu werden, wenn Entscheidungen anstanden oder wesentliche Arbeiten gemacht wurden. Für ein wirkungsvolles Coaching müssen dessen Rahmenbedingungen, die Leistungsinhalte und die Kommunikationswege beiderseits klar sein um sicherzustellen, dass an kritischen Punkten (Ausschreibung, Angebotsvergleich, Baustellenkoordination…) der Coach auch kontaktiert wird.

Abbildung 2: Wichtige Aspekte bei der Umsetzung von Sanierungsbegleitung (Renovation Coaching)

Was bringt Coaching?

Obwohl wissenschaftlich die Erfassung Coachingeffekte auf die Sanierung quantitativ nicht möglich war, waren die SaniererInnen überwiegend froh, dass sie ein Coaching hatten. Klar war, dass das Sanierungs-Coaching den SaniererInnen deutlich mehr Sicherheit und Struktur gibt, weil bei Bedarf auf erfahrene BeraterInnen zurückgegriffen werden konnte. Im Kleinen gelingt es damit, die individuellen Hemmnisse zu senken, um ein umfangreiches Sanierungsprojekt zu starten und im Großen kann damit ein wichtiger Baustein zur Steigerung der Sanierungsqualität und langfristig vielleicht auch der Sanierungsraten geschaffen werden.

AutorInnenbeschreibung

Doris Hammermüller, M.A. ist Geschäftsführerin der AEE NÖ-Wien (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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