Zeitschrift EE

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2012-04: Zukunftsfähige Kollektortechnologien

Mit innovativen Kollektortechnologien zu hohen solaren Deckungsanteilen

Abbildung 1:CPC-Vakuumröhrenkollektor mit Antireflexbeschichtung(Quelle ITW Stuttgart)

Eine solare Gebäudebeheizung mit hohen solaren Deckungsanteilen, bis hin zu einer vollständigen solaren Wärmeversorgung, ist ein zentrales Ziel der Solarthermie [3]. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg stellen die sogenannten Solar-Aktivhäuser dar. Hier werden solare Deckungsanteile von deutlich über 50% realisiert. Relativ große Kollektorflächen mit 30 - 60 m² in Verbindung mit großen Warmwasserspeichern mit 5 - 10 m³ Volumen sind die zentralen Systemkomponenten. Neue Kollektortechnologien ermöglichen hohe solare Deckungsanteile mit reduzierten Flächen und helfen die solare Wärmeversorgung kompakter und preisgünstiger zu realisieren.

Von Henner Kerskes und Harald Drück *

Neue Hochleistungskollektoren

Eine Vielzahl der sich heute auf dem Markt befindlichen Sonnenkollektoren zeichnen sich seit vielen Jahren durch einen hohen Entwicklungsstand und eine Solar-Keymark geprüfte Qualität aus. Auf Grund der bereits sehr hohen Leistungsfähigkeit sowohl von Vakuumröhren-Kollektoren als auch von Flachkollektoren finden viele Entwicklungen im Bereich der Qualitätssteigerung, Kosten- und Gewichtsreduzierung und Verbesserung der Montagefreundlichkeit statt. Auch im Hinblick auf die thermische Leistungsfähigkeit ist das Potential immer noch nicht ausgeschöpft. Den Herstellern gelingt es auch in diesem Bereich immer wieder neue Maßstäbe zu setzten. Dies wird mitunter dadurch motiviert, dass neue Einsatzgebiete der thermischen Solarenergie, wie beispielsweise die solare Prozesswärme, neue Kollektortechnologien erfordern. Von diesen Neuentwicklungen, die in der Regel auf Effizienzsteigerungen bei höheren Temperaturen (> 150 °C) ausgelegt sind, profitiert auch die solare Gebäudebeheizung. Nachfolgend werden exemplarisch zwei Beispiele vorgestellt:

Durch eine neuartige Antireflex-Beschichtung wurden die Transmissionseigenschaften eines bisher schon leistungsstarken CPC-Vakuumröhrenkollektors nochmals deutlich verbessert. Durch die verbesserten optischen Eigenschaften verschiebt sich die Kollektorkennline über den gesamten Betriebsbereich um ca. 5 bis 10 Prozentpunkte hin zu höheren Wirkungsgraden.

Als signifikanter Verbesserungsschritt im Bereich der Flachkollektoren ist ein neuer mit Vakuumwärmedämmung versehener Flachkollektor auf den Markt gekommen. Auch er ist prinzipiell für den Prozesswärmebereich bis zu Einsatztemperaturen von ca. 180 °C entwickelt worden, zeigt aber aufgrund seiner extrem hohen Effizienz auch im Niedertemperaturbereich hervorragende Ergebnisse. Die beschriebenen Entwicklungsschritte bezüglich der thermischen Leistungsfähigkeit sind in Abbildung 2 dargestellt. Abgebildet sind die Wirkungsgrade für eine senkrechte solare Einstrahlung von 1000 bzw. 400 W/m² über der Temperaturdifferenz zur Umgebung für die beiden Kollektoren im Vergleich zu einem CPC-Vakuumröhrenkollektor ohne Antireflexbeschichtung und einem konventionell wärmegedämmten Flachkollektor dargestellt. Für die solare Gebäudebeheizung ist unter anderem die Kollektorleistung bei geringerer Strahlung, wie sie in den Übergangsmonaten und im Winter häufig auftritt, von großer Bedeutung. Das linke Diagramm in Abbildung 2 zeigt die Verhältnisse für eine Einstrahlung von 400 W/m². Bei einer Umgebungstemperatur von 0°C erreichen die Hochleistungskollektoren heizungstypische Vorlauftemperaturen von 50 °C und mehr bei über 60 % Wirkungsgrad. Die den Kurven zugrunde liegenden Messdaten wurden am Forschungs- und Testzentrum für Solaranlagen (TZS) des ITW entsprechend EN 12975-2 ermittelt.

Abbildung 2: Wirkungsgradkennlinen für verschiedene Kollektortypen aufgetragen über der Differenz der mittleren Kollektortemperatur zur Umgebungstemperatur. Diagramm links: 400 W/m² senkrechte Einstrahlung in Kollektorebene, Diagramm rechts: 1.000 W/m²

Leistungsfähigkeit innovativer solarer Kombianlagen

Die Untersuchung der thermischen Leistungsfähigkeit der vorgestellten Kollektoren für Anwendung in Kombianlagen mit hohen solaren Deckungsanteilen wurde mit Hilfe dynamischer Systemsimulationen mit der Simulations-Software TRNSYS durchgeführt. Die Bestimmung des Wärmebedarfs und der zeitlichen Wärmelast erfolgte am Beispiel eines energieeffizienten Einfamilienhauses am Standort Würzburg (Deutschland) mit einer beheizten Wohnfläche von 128 m². Der jährliche Heizwärmebedarf dieses Gebäudes beträgt ca. 4.540 kWh pro Jahr bzw. 35 kWh/m²*a, der Wärmebedarf für die Trinkwassererwärmung beträgt 2.945 kWh pro Jahr. Daraus ergibt sich ein jährlicher Gesamtwärmebedarf von 7.485 kWh. Die Kollektoren sind auf dem südorientierten Dach mit einer Neigung von 45° montiert.

Nachfolgend werden die Ergebnisse der Simulationsstudie vorgestellt, in der unterschiedliche Systemkonfigurationen simuliert und verglichen wurden. Als Referenz wurde zunächst eine „konventionelle“ solare Kombianlage mit einem Warmwasserspeicher, der ein Volumen von 10 m³ besitzt, betrachtet. Die Wärmeverlustrate dieses Speichers wurde mit 10 W/K angesetzt, was einer guten Wärmedämmung entspricht. Basierend auf dieser Anlage wurde der Einfluss der Hochleistungskollektoren, Vakuumflachkollektor und CPC-Vakuumröhrenkollektor mit Antireflexbeschichtung, im Vergleich zu einem Standard-Flachkollektor und CPC-Vakuumröhrenkollektor ohne Antireflexbeschichtung untersucht. Zur Bewertung der thermischen Leistungsfähigkeit der Anlagen wird die anteilige jährliche Energieeinsparung fsav herangezogen. fsav beschreibt den prozentualen Anteil der Energie, die durch die Solaranlage pro Jahr im Vergleich zu einer konventionellen, nicht solaren Heizungsanlage eingespart wird.

Als zusätzlicher Innovationsschritt wurde die simulierte Solaranlage mit einem Vakuum gedämmten Speicher, ebenfalls mit einem Volumen von 10 m³ ausgestattet. Für diese Berechnungen wurde die Wärmeverlustrate um den Faktor 10 auf 1 W/K reduziert [2][3].

Die Ergebnisse der Simulationsrechnungen sind in Abbildung 3 dargestellt und zeigen, dass extrem hohe solare Deckungsanteil bis hin zu einer „quasi“ Volldeckung erreicht werden können. Die Anlage mit Vakuumflachkollektor erreicht bei gleicher Kollektorfläche eine deutlich höhere jährliche Energieeinsparung im Vergleich zu einem konventionellen Flachkollektor. Mit 20 m² Kollektorfläche werden beim Einsatz des Vakuumflachkollektors bereits 60 % anteilige Energieeinsparung erreicht. Mit 40 m² sind es 80 %. Ebenfalls bemerkenswert sind die Ergebnisse für den verbesserten CPC-Vakuumröhrenkollektor. Trotz der bereits sehr hohen Leistungsfähigkeit des Ausgangsmodells wird eine deutliche Steigerung gegenüber der Variante ohne Antiflexbeschichtung erzielt.

Die Reduzierung der Wärmeverlustrate des Speichers auf 1 W/K, wie sie für die Verwendung einer Vakuumdämmung angenommen wurde, führt nochmals zu einer signifikanten Steigerung der Energieeinsparung; oder anders ausgedrückt zu einer weiteren Verkleinerung der Anlagengröße bei gleicher Energieeinsparung. Mit nur 30 m² Kollektorfläche des Vakuumflachkollektors oder des CPC-Vakuumröhrenkollektor mit Antireflexbeschichtung wird eine 80%ige anteilige Energieeinsparung erzielt.

Abbildung 3: Anteilige jährliche Energieeinsparung einer solaren Kombianlage mit einem 10 m³ Warmwasserspeicher für unterschiedliche Kollektortypen.

Fazit

Die Entwicklung von solarthermischen Anlagen zur Gebäudebeheizung mit hohen solaren Deckungsanteilen schreitet deutlich voran in Richtung solarer Volldeckung. Dabei profitiert die Technologie von neuesten Entwicklungen im Bereich der Kollektortechnik und der Wärmespeicherung. Der Einsatz von Vakuumwärmedämmung ist sowohl im Kollektorbau wie auch bei Wärmespeichern ein sehr Erfolg versprechender Ansatz. Im Bereich der Vakuumröhren-Kollektoren wurde eine nennenswerte Verbesserung der thermischen Leistungsfähigkeit durch Antireflexbeschichtungen erreicht.

Die durchgeführte Simulationsstudie zeigt deutlich, dass für energieeffiziente Gebäude (Heizwärmebedarf 35 kWh/m²*a) mit solaren Kombianlagen in Verbindung mit den neu entwickelten Hochleistungskollektoren und beispielsweise Vakuum gedämmten Speichern bereits mit relativ geringen Kollektorflächen sehr hohe solare Deckungsanteile bis hin zur quasi solaren Volldeckung erreicht werden können.

Es ist anzunehmen, dass sowohl die neuen Kollektor- als auch Speichertechnologien, zumindest zum Zeitpunkt der Markteinführung, teurer sind als konventionelle Produkte. Dieser Effekt sollte jedoch durch die deutlich verringerte Anlagengröße überkompensiert werden. Zusätzlich führt die reduzierte Kollektorfläche zu einer größeren Anwendbarkeit auch auf kleinen Dachflächen. Auf dem Weg zur Erreichung des in der ESTTP-Forschungsstrategie [3] formulierten Ziels, eine 50%ige solarthermische Wärmeversorgung für Europa zu erreichen, sind kompakte solare Kombianlagen mit hoher Speicherkapazität, geringen Wärmeverlusten und relativ kleinen hocheffizienten Kollektorflächen ein wesentlicher Schritt.

Abbildung 4: Vakuumflachkollektor Quelle ITW Stuttgart

Literatur

[1] T. Beikircher, F. Buttinger, M. Demharter: Super-isolierter H2O-Langzeit-Wärmespeicher für hohe solare Deckungsgrade, 3. Symposium Aktiv-Solarhaus, S.78 – 85, 2011, Regensburg, Deutschland, ISBN 978-3-941785-63-2

[2] F. Altenburger, C. Fink, W. Wagner, R. Hausner, W. Pink, S. Gunczy: Vakuumdämmung für thermische Energiespeicher, 22. Symposium Thermische Solarenergie, S. 294 – 295, 20012 Otti-Technologie-Kolleg, Regensburg, ISBN 978-3-941785-89-2

[3] Solar Thermal Vision 2030 – Vision of the usage and status of solar thermal energy technology in Europe and the corresponding research topics to make the vision reality; Published by the European Solar Thermal Technology Platform (ESTTP), May 2006; http://www.rhc-platform.org/structure/solar-thermal-technology-panel/downloads/ (Stand 10.2012)

*) Dr.-Ing. Henner Kerskes ist am Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart auf dem Gebiet der thermischen Solartechnik tätig. In der Abteilung Forschungs- und Testzentrum für Solaranlagen (TZS) koordiniert er die Forschungsaktivitäten mit dem Schwerpunkt thermische Energiespeicherung. (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
Dr.-Ing. Harald Drück ist Leiter des Forschungs- und Testzentrums für Solaranlagen am Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart [^]

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