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2012-03

 

Solarthermie

Weltgrößte Solaranlage in RiadAbbildung 1:Weltgrößte Solaranlage in Riad Quelle: Millenium Energy Industries

Ein zentraler technologischer Aspekt bei der Auslegung solarthermischer Großanlagen ist das Hydraulikdesign des Kollektorfelds. Der vorliegende Artikel beschreibt aktuelle Aktivitäten im Projekt „ParaSol“, das AEE INTEC in Zusammenarbeit mit den Firmen GREENoneTEC Solarindustrie GmbH und Sonnenkraft Österreich Vertriebs GmbH durchführt. Projektziel ist die detaillierte Untersuchung verschiedener Verschaltungs-Möglichkeiten von Kollektorfeldern durch Entwicklung und Validierung eines geeigneten Berechnungsmodells.

Hydraulikdesign in solarthermischen Großanlagen

Von Philip Ohnewein, Dieter Preiß und Robert Hausner *

Die Validierung des Berechnungsmodells geschieht durch messtechnische Untersuchungen im Labor von AEE INTEC sowie in Feldanlagen. Mit Hilfe der Berechnungstools sollen große Kollektorfelder mit mehreren 1.000 m² Kollektorfläche mit einem hydraulisch-thermisch gekoppelten Modell zuverlässig und detailliert untersucht werden. Dies soll zur Umsetzung technisch einfacherer, robusterer und preiswerterer solarthermischer Großanlagen beitragen.

In der ersten Projektphase wurden T-Stück-Verbindungen, wie sie in Solarkollektoren bei den Anschlüssen der Absorber- und Sammlerrohre vorkommen, genau unter die Lupe genommen. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf den Stoßdruckverlusten der T-Stücke unter realen Betriebsbedingungen und Fertigungstechniken.

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Messergebnisse sowie die Auswirkung verschiedener Einflussgrößen und vergleicht die Ergebnisse mit Ansätzen aus der Literatur.

Stand der Technik

Ein Hauptziel bei der Auslegung von solarthermischen Großanlagen ist das optimale Design des Kollektorfelds. Ein Kollektorfeld kann man als „optimal verschaltet“ bezeichnen, wenn einerseits kostengünstige Verschaltungen mit geringen Rohrlängen und andererseits eine möglichst gleichmäßige Strömungsverteilung einzelner Anlagenteile erreicht werden.

Warum ist eine homogene Strömungsverteilung wichtig? Ungleichmäßige Durchströmung von Anlagenteilen in Kollektorfeldern führt zu erhöhtem Druckverlust und dadurch ineffizientem Pumpenbetrieb mit hohem elektrischem Verbrauch. Eine ungleichmäßige Durchströmung führt außerdem zu erhöhten Temperaturen einzelner Anlagenteile, die mit Leistungseinbußen und ineffizientem thermischen Betrieb der Anlage bzw. mit partieller Stagnation gekoppelt sind, wenn schlecht durchströmte Anlagenteile die Siedetemperatur erreichen.

In Ermangelung anderer Möglichkeiten erfolgt die hydraulische Einregulierung des Kollektorfelds heute oft über mechanische Regelventile. Dies ist eine für Großanlagen nicht akzeptable Lösung. Die Nachteile liegen in einer unnötigen Kostenerhöhung durch die Investition und die benötigte Zeit für die hydraulische Einregulierung. Ein weiterer Nachteil ist die Defektanfälligkeit und Unzuverlässigkeit derartiger Armaturen im Kollektorfeld.

Insgesamt ist der derzeitige Planungsstandard solarthermischer Großanlagen im Hydraulikdesign der Kollektorfelder noch nicht zufriedenstellend, v.a. in den Bereichen Verrohrungsaufwand und Strömungsverteilung.

Große Kollektorfelder und geeignete Kollektortypen

Für den Einsatz in großen Kollektorfeldern eignen sich Großflächen-Kollektoren in Harfen- oder Mäander-Bauweise. Harfenkollektoren werden seriell zu Kollektorfeld-Reihen verschaltet, die Absorberrohre innerhalb jedes Kollektors sind parallel verbunden (siehe Abbildung 2a). Mäander-Großflächenkollektoren werden hingegen an 4 Anschlusspunkten verbunden, sodass alle Mäander einer Reihe parallel verschaltet sind (siehe Abbildung 2b). Sinngemäß gilt die Verschaltung auch für direkt durchströmte Vakuumröhrenkollektoren.

Für große Kollektorflächen werden mehrere solcher Reihen parallel verschaltet. Wichtig ist dabei das Erreichen möglichst großer Kollektorfeld-Flächen. Nur so kann der Verrohrungsaufwand minimal gehalten werden – ein aus Kostensicht zentraler Aspekt.

Aus technischer Sicht liegt die Problematik bei Parallelverschaltungen darin, dass es immer zu einer mehr oder weniger ungleichmäßigen Durchströmung der Elemente kommt. Dies gilt prinzipiell sowohl für Tichelmann-Verschaltungen als auch für Nicht-Tichelmann-Verschaltungen (siehe Abbildung 2c). Je höher der Druckverlust der parallel durchströmten Elemente im Verhältnis zum Druckverlust in den Sammel- und Verteilleitungen – je höher also die Autorität der parallel durchströmten Elemente – desto gleichmäßiger ist die Durchströmung. Derzeit gibt es keine belastbaren Kriterien für die maximal zulässige Ungleichverteilung und damit für maximal verschaltbare Flächen in einem Kollektorfeld.

In jedem Fall beeinflussen Vorgänge auf der Ebene einzelner Komponenten das charakteristische Verhalten des Gesamtsystems in Bezug auf die Verteilung der Volumenströme. Die größte Unbekannte bilden dabei die T-Stück-Druckverluste unter realistischen Randbedingungen.

Abbildung 2a: Abbildung 2a: Beispielhafte Verschaltung einer Kollektorfeld-Reihe mit Harfen-Kollektoren Quelle: AEE INTEC

Abbildung 2b: Abbildung 2b: Beispielhafte Verschaltung einer Kollektorfeld-Reihe mit Mäander-KollektorenQuelle: AEE INTEC

Literatur

Die Standardliteratur bietet umfangreiche Informationen zu Druckverlusten an T-Stücken. Diese Angaben sind allerdings aus mehreren Gründen mit Vorsicht zu genießen: Erstens sind die Angaben der genannten Literatur erst ab etwa R>2*10⁵anwendbar, wie sie in solaren Anwendungen praktisch nicht vorkommen. Brauchbare Angaben auch für Strömungen im laminaren sowie im Übergangsbereich sind in der Literatur praktisch nicht zu finden. Außerdem weichen die Druckverlust-Angaben aus den genannten Quellen bis zu 100% voneinander ab, wobei keine zufriedenstellenden Erklärungen für die Abweichungen gegeben werden. Weiters beziehen sich die Angaben auf idealisierte Geometrien der T-Stücke, d.h. es werden entweder mit einem definierten Radius gerundete oder scharfkantige T-Stücke vorausgesetzt. Untersuchungen haben gezeigt, dass T-Stücke häufig nicht-ideale Geometrien aufweisen (siehe Abbildung 3). Auf Grund des Fehlens belastbarer Angaben in der Literatur werden in der aktuellen Projektphase von „ParaSol“ Druckverlust-Beiwerte experimentell bestimmt, die für Kollektorfeld-Berechnungen unter den Randbedingungen solarthermischer Großanlagen verwendet werden können. Details zu weiterer Literatur finden sich in [7].

Abbildung 3a: Bei einer Untersuchung von zufällig aus der Produktion entnommenen marktüblichen Rohrregistern wurden die Sammlerrohre aufgeschnitten und die Eindringtiefen der Absorberrohre in die Sammlerrohre gemessen. Quelle: AEE INTEC

Abbildung 3b: Quelle: AEE INTEC

Abbildung 3c: Quelle: AEE INTEC

Methodik

Für die Druckverlustmessungen an T-Stücken wurden folgende Randbedingungen berücksichtigt, wie sie für solarthermische Anwendungen typisch sind:

  • Reynoldszahlen-Bereich: von tief laminarer Strömung über den laminar-turbulenten Übergangsbereich bis zu voll turbulenter Strömung.
  • Reale T-Stück-Geometrien: Absorberrohre, die in die Sammlerrohre hineinragen. Dies wurde im Versuchsaufbau durch einen speziellen, verstellbaren Prüfling bewerkstelligt (siehe Abbildung 4).
  • Einfluss unterschiedlicher Flächenverhältnisse (Sammler- zu Absorber-Querschnittsfläche): Absorberrohre der Dimension 8x0,5mm in Kombination mit Sammlerrohren 18x1mm, 22x1mm und 28x1mm.
  • Unterschiedliche Volumenstromverhältnisse zwischen abzweigendem und durchgehendem Volumenstrom
  • Verschaltungen: Stromtrennung und -vereinigung

Die Messungen wurden mit Strömungsmedium Wasser und isotherm bei Umgebungstemperatur durchgeführt. Aus Platzgründen kann hier nicht detaillierter auf den Versuchsaufbau und die verwendete Messtechnik eingegangen werden.

Abbildung 4: Bestandteile des T-Stück-Prüflings mit variabler EindringtiefeQuelle: AEE INTEC

Ergebnisse

Abbildung 5a: Volumenströme und Strömungsrichtungen bei StromtrennungQuelle: AEE INTEC

Abbildung 5b:Volumenströme und Strömungsrichtungen bei StromvereinigungQuelle: AEE INTEC

Zum Erhalt der Druckverlust-Beiwerte (zeta-Werte) wurden die Reibungsdruckverluste sowie Druckunterschiede auf Grund unterschiedlicher Strömungsgeschwindigkeiten vom Messergebnis abgezogen. Der verbleibende Anteil ist als irreversibel dissipierte Energie dem Stoßdruckverlust zuzuordnen. Zur Nomenklatur siehe Abbildung 5.

Einige Formeln

In der folge werden hier exemplarisch 2 Messreihen von Zeta-Werten gezeigt:

Abbildung Sammelrohr-Durchmesser Stromtrennung/ Stromvereinigung Re-Zahl, Bezug Vc Druckverlust-Beiwert für Durchgang / Abzweig
6 18mm Trennung 3500 Abzweig
7 28mm Trennung >7000 Durchgang

Die Druckverlust-Beiwerte für Abzweig bzw. Durchgang sind jeweils über verschiedene Volumenstromverhältnisse
zwischen Absorber- und Sammlerrohr aufgetragen. Das
gefüllte Dreieck-Symbol steht für das scharfkantige T-Stück
(Eindringtiefe 0 mm), farbig abgestuft die Ergebnisse für Ein-
dringtiefe ungleich null. Zum Vergleich sind die Werte aus der
Standardliteratur (jeweils für scharfkantige T-Stücke, aus [3],
[5], [8]) dargestellt.

Abbildung 5b:18mm-Sammler, Stromtrennung, R=3500. Druckverlust-Beiwert ζc,s (Abzweig). Quelle: AEE INTEC

Abbildung 5b:28mm-Sammler, Trennung, R>7000 (vollturbulent). Druckverlust-Beiwert ζc,st (Durchgang). Quelle: AEE INTEC

Schlussfolgerung und Ausblick

Im Rahmen der im Projekt „ParaSol“ durchgeführten Arbeiten wurden erstmals experimentelle Untersuchungen zu Stoßdruckverlusten an T-Stücken unter Randbedingungen durchgeführt, wie sie für solarthermische Anwendungen charakteristisch sind. Dies umfasst Messungen im laminaren, turbulenten sowie im laminar-turbulenten Übergangsbereich. Erstmals wurden nicht-ideale Ausführungen von T-Stücken vermessen, das heißt Absorberrohre, die in die Sammlerrohre hineinragen (13 verschiedene Eindringtiefen). Zudem wurde ein weiter Bereich geometrischer Verhältnisse (Querschnittsfläche Absorber- zu Sammlerrohr) berücksichtigt. Diese Messungen wurden für zahlreiche unterschiedliche Volumenstromverhältnisse (Abzweig- zu Gesamtvolumenstrom) durchgeführt, mit einer Häufung im für solarthermische Anwendungen maßgeblichen Bereich niedriger Volumenstromverhältnisse, wie sie bei der parallelen Verschaltung einer großen Zahl an Elementen auftreten. Auch im tief laminaren Bereich, wo die gemessenen Druckverluste zum Teil nur wenige Pascal betragen, konnten Druckverluste erfolgreich gemessen und in zeta-Werte umgerechnet werden. Aus den Ergebnissen der messtechnischen Untersuchungen geht hervor, dass die Eindringtiefe der Absorberrohre einen deutlichen Einfluss auf die resultierenden Stoßdruckverluste hat. Weitere Messreihen sind in Planung.

Erste Abschätzungen lassen signifikante Auswirkungen der Messergebnisse auf die Strömungsverhältnisse in Kollektoren vermuten. Nachfolgende Arbeitsschritte im Projekt „ParaSol“ untersuchen die Auswirkungen der Messergebnisse auf Kollektoren und Kollektorfelder, speziell auf die Homogenität der Strömungsverteilung und auf die hydraulischen Grenzen großer Kollektorfelder.

Das Gesamtergebnis von „ParaSol“ liefert durch den Ansatz einer umfassenden und vollständig hydraulisch-thermisch gekoppelten Abbildung von Kollektoren und Kollektorfeldern gänzlich neue Erkenntnisse für die Solarthermiebranche, speziell für solarthermische Großanlagen. Insbesondere die Möglichkeit der fundierten Modellierung und Berechnung von Parallelschaltungen in Kollektorfeldern bei akkurater Berücksichtigung von Strömungsverteilung, Reibungs- und Stoßdruckverlusten, Temperaturverteilung und Wirkungsgraden erhöht maßgeblich die Planungssicherheit und liefert eine neue Basis, auf der weitere Entwicklungen der Branche aufbauen können.

Literatur

  1. Bajura R. A., Jones E. H. (1976): Flow Distribution Manifolds. Journal of Fluids Engineering, Vol. 98, No. 4, pp. 654-664
  2. Glembin J, Eggert D, Schmateck T, Dieckmann H, Scheuren J, Rockendorf G (2010): Messtechnische Untersuchung zur verringerten Leistungsfähigkeit eines Kollektorfelds für die solar gestützte Kälteerzeugung. Abschlussbericht „PaSta“, Institut für Solarforschung GmbH Hameln, Förderkennzeichen: 0329283A, Abteilung Solarthermie, Emmerthal
  3. Idelchik IE (2008): Handbook of Hydraulic Resistance, 4th revised and augmented edition. Begell House, Inc., Redding, USA
  4. Jones GF, Lior N (1994): Flow Distribution In Manifolded Solar Collectors With Negligible Buoyancy Effects. Solar Energy, Vol. 52, No. 3, pp. 289-300, Elsevier Sci-ence Ltd, USA
  5. Miller DS (2008): Internal Flow Systems, second edition. Miller Innovations, Bedford, UK
  6. Ohnewein Ph., Preiß D., Hausner R., Fink Ch.: „Hydraulikdesign in solarthermischen Großanlagen“, 22. OTTI Symposium Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein, Deutschland
  7. VDI (2004): VDI-Richtlinie 6002 Blatt 1 (09-2004): Solare Trinkwassererwärmung - Allgemeine Grundlagen, Systemtechnik und Anwendung im Wohnungsbau
  8. VDI (2006): VDI-Wärmeatlas, Zehnte, bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer- Verlag, Berlin Heidelberg 2006
  9. Wagner W (1997): Strömung und Druckverlust, 4. Auflage. Vogel Verlag, Würzburg
  10. Wang XA, Wu LG (1990): Analysis and Performance of Flat-Plate Solar Collector Arrays. Solar Energy Journal, Vol. 45, No. 2, pp. 71-78.
Klimafonds-LogoDas genannte Forschungsprojekt „ParaSol“ („Hydraulikdesign von parallelen Kollektormodulen in solarthermischen Großanlagen“) wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „NEUE ENERGIEN 2020“ durchgeführt.

*)DI Philip Ohnewein, DI Dieter Preiß und DI Robert Hausner sind Mitarbeiter des Bereichs Solarthermische Komponenten und Systeme von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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