Zeitschrift EE

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2000-02: Solar-Luftsysteme

Realisierte Beispiele

Zu den klassischen Einsatzgebieten des Luftkollektors zählt die Beheizung von Hallenbädern. Unter den hier gegebenen Nutzungsbedingungen erreicht er Höchstwerte für den solaren Ertrag, den solaren Deckungsgrad und, bei erwiesener Langlebigkeit der Technik, auch für die Wirtschaftlichkeit, die der von Raumwärme aus fossilen Brennstoffen vergleichbar ist.

Solare Warmluft für Hallenbäder

Von Armin Schwab*

Hallenbäder haben auf Grund ihrer besonderen Nutzungsbedingungen ganzjährig einen sehr hohen Wärmebedarf, da sowohl die Temperatur der Raumluft als auch die des Beckenwassers konstant auf Werten um die 30 °C gehalten werden müssen. Hinzu kommen Energiebedarf für die Duschen und die konstante Erneuerung des Beckenwassers. Der Wärmebedarf eines Hallenbades entspricht damit dem von mehr als 100 Einfamilienhäusern, die nach den aktuellen Anforderungen an den Wärmeschutz gebaut sind. Zur Deckung dieses Energiebedarfs werden in der Regel fossile Brennstoffe eingesetzt - mehr als 200.000 Liter Öl oder Kubikmeter Gas können dabei pro Jahr in einem ganzjährig betriebenen Hallenbad verheizt werden.

Die Lüftung eines Hallenbades verbraucht den größten Teil der Energie

Wegen der Verdunstung des Beckenwassers und zur Erneuerung der Atemluft der Besucher ist in einer Schwimmhalle eine ständige, hohe Zufuhr von Frischluft erforderlich. Bei dem im Titelfoto gezeigten Beispiel - einem Hallenbad in Ingolstadt, das vor etwa 10 Jahren mit Luftkollektoren ausgerüstet wurde - sind dies rund 20.000 m3/h (oder 26 t/h !), die auf eine Raumtemperatur von 30 °C erwärmt werden müssen. Das bedeutet einen ständigen Bedarf an Heizwärme bis - mit Ausnahme der wärmsten Tage - in den Sommer hinein. Der Anteil für die Erwärmung der Frischluft am Gesamtwärmebedarf beträgt dabei für das oben genannte Beispiel nach einer Untersuchung des Büros Ebert-Ingenieure 46 % oder 840 MWh pro Jahr - mit dieser Energie könnte der Wasserinhalt von 10 Schwimmbecken zum Kochen gebracht werden.
Allerdings werden keine hohen Anforderungen an das Temperaturniveau gestellt - die Lüftungsanlage bläst die Frischluft mit maximalen Temperaturen von 35 °C bis 40 °C in den Hallenbereich ein. Daher bietet die Erwärmung der Frischluft ein hohes technisches Potential für den Einsatz von Solarenergie.
Da das zu erwärmende Medium die der Halle zugeführte Frischluft ist, bietet sich der Einsatz von Solarluftkollektoren an. Die Frischluft wird dabei von der ohnehin vorhandenen Lüftungsanlage nicht mehr direkt, sondern über das Kollektorfeld angesaugt. Die lufttechnische Ankopplung an die bestehende Technik ist daher in der Regel sehr unkompliziert, weshalb die solare Frischlufterwärmung sich auch gut zur Nachrüstung eignet.

Die Frischlufterwärmung führt zu hohen solaren Erträgen

In den wärmeren Monaten - April bis September - werden nicht selten über die solare Erwärmung allein schon die erforderlichen Zulufttemperaturen von mehr als 30 °C erreicht. Hier wirkt sich dann besonders positiv aus, dass eine konventionelle Nachheizung - mit kurzen Brennerlaufzeiten, den entsprechend geringen Wirkungsgraden und hohen Schadstoffemissionen - seltener gestartet werden muss bzw. zeitweise ganz abgeschaltet bleiben kann.
Aber auch - und gerade - dann, wenn die Kollektorleistung allein nicht ausreicht, wird die Solarenergie hocheffizient genutzt: um jedes Grad, das die Solaranlage die Frischluft erwärmen kann, fällt der fossile Energiebedarf für die Nachheizung geringer aus. Die direkte Erwärmung der Zuluft in den Kollektoren ohne die Notwendigkeit eines Wärmetauschers und den damit verbundenen Verlusten ermöglicht diese optimale Ausnutzung der solaren Energie. Auch diffuses Licht, das nur einen Bruchteil der Energiedichte direkten Sonnenscheins erreicht, kann auf diese Weise genutzt werden und trägt einen Teil zur Erwärmung der Frischluft bei.

Abbildung 1: Jährliche Nutzwärmeerträge der Solarluftanlage am Hallenbad Ingolstadt zwischen 1991 und 1997

Abbildung 2:

Die seit der Inbetriebnahme der Luftkollektoranlage in Ingolstadt durchgeführten Messungen bescheinigen daher auch einen sehr hohen Wirkungsgrad der Anlage. In sechs Jahren wurden durchschnittlich jährlich rund 675 kWh Wärme pro m² Kollektorfläche geerntet, woraus sich - bei etwa 1290 kWh Einstrahlung auf den mit 45 ° Neigung aufgestellten Kollektor - ein Wirkungsgrad des Luftheizsystems von etwa 52 % ergibt. Die Werte könnten sogar noch etwas günstiger ausfallen, wenn die Anlage auch im Sommer durchgängig genutzt würde - aber im August ist das Hallenbad geschlossen.
Die Kollektoranlage des Ingolstädter Hallenbades ist mit 350 m² eine der größten Solarluftanlagen in Deutschland; sie stellt jährlich rund 236.600 kWh an Wärmeenergie bereit, was zu einer Einsparung von etwa 36.000 m3 Gas jährlich führt. Die Solaranlage trägt daher durchschnittlich mit einem Deckungsgrad von 28% zur Frischlufterwärmung bei.

Hoher Ertrag und lange Lebensdauer

Abbildung 2 zeigt, dass der hohe solare Ertrag der Anlage in den sechs Jahren des Untersuchungszeitraumes nur geringfügig (- 5%, + 7%) schwankt. Dies deckt sich mit den Erfahrungen an anderen Objekten und zeigt, dass auch die Solarenergie eine über lange Zeiträume hin zuverlässige Energiequelle darstellt. In Verbindung mit der Langlebigkeit der Luftkollektortechnik - viele Anlagen sind bereits seit zehn und mehr Jahren im Einsatz (s. Tabelle im Text), untersuchte Anlagen wie das Ingolstädter Hallenbad zeigen keine Anzeichen für eine Verringerung der Anlagenerträge - lassen sich die Kosten der solaren kWh über lange Zeiträume gut kalkulieren (wohingegen die Kosten fossiler Energie durchaus nicht für alle Zeit so stabil bleiben müssen wie in den letzten Jahrzehnten).

Standort Kollektorfläche [m²] Inbetriebnahme
Nürnberg Schulzentrum 60 1990
Fürth Scherbsgraben 350 1991
München Gilmstraße 180 1991
Nürnberg Langwasser 120 1994
Amberg Reha-Klinik 45 1997
Dormagen 175 1999
Wiesbaden-Kostheim 420 1999

Tabelle 1: Hallenbäder mit Grammer-Luftkollektoranlagen in Deutschland

Das erstaunliche Ergebnis von Berechnungen, die der Hersteller der Kollektoren durchgeführt hat, sind Preise von 0,036 bis 0,05 Euro/kWh (0,50 bis 0,70 öS/kWh) solarer Wärme, je nachdem, welche Annahmen in diese Rechnungen einfließen. Dies liegt im Bereich von Wärme, die mit Hilfe der Verbrennung von Erdgas erzeugt wird, und nur wenig über den derzeitigen Kosten der Wärmeerzeugung mit Erdöl. Wenn hingegen elektrischer Strom durch den Einsatz von Luftkollektoren substituiert werden kann - wie zum Beispiel elektrische Flächenstrahler in den Umkleiden bei der Sanierung eines anderen Hallenbades -, dann führt dies in der Regel zu einer Amortisation der Kollektoranlage innerhalb weniger Jahre.

Großes Potential für Luftkollektoranlagen für die Hallenbadbeheizung

Die große Zahl von Hallenbädern in Deutschland - nahezu jede kleinere Stadt oder größere Kommune betreibt mindestens eine solche Freizeit- und Sportstätte - und die weitgehend ähnliche Anlagentechnik dieser Objekte eröffnen dem Einsatz des Luftkollektors ein großes - technisches und schon aktuell wirtschaftliches - Einsatzpotential. Der Idealfall ist hier natürlich beim Neubau einer solchen Anlage gegeben, bei dem alle Komponenten und Platzverhältnisse perfekt aufeinander abgestimmt werden können.
Aber auch für die nachträgliche Ausrüstung eines Hallenbades mit einer Luftkollektoranlage liegen die Verhältnisse oft kaum schlechter. Der Anschluß des Kollektorfeldes an die Lüftungsanlage kann normalerweise problemlos an die Frischluftansaugung erfolgen, unter ungünstigen Umständen muss der Strömungswiderstand des Kollektorfeldes mit Hilfe eines zusätzlichen Gebläses kompensiert werden.
Die Aufständerung der Kollektoren ist auf den Flachdächern ist problemlos möglich, wenn das Dach die notwendigen statischen Reserven hat. Eine spezielle Starkwindsicherung ist wegen des Eigengewichtes der Kollektoranlage oft nicht notwendig. Auch bei nachträglicher Installation auf einem Altbau ist die perfekte Südausrichtung des Kollektorfeldes in der Regel kein Problem.
Unter diesen Verhältnissen bietet die solare Beheizung von Hallenbädern den öffentlichen oder privaten Betreibern eine wirtschaftliche und technisch unkomplizierte Möglichkeit, ohne Komfortverlust erhebliche Mengen an Primärenergie einzusparen und entsprechend - wozu sich Länder wie Deutschland verpflichtet haben - den 2-Ausstoß zu reduzieren.

 

*) Dr. Armin Schwab ist Diplom-Physiker und Unhalber eines Ingenieurbüros für Planungs- und Messdienstleistungen im Bereich rationellen und regenerativen Energieeinsatzes in Wertheim-Bettingen, Deutschland. http://www.protherm-online.de [^]

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