Zeitschrift EE

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2010-03: Plus-Energiegebäude

Solarthermie

Abbildung 1: Quelle AEE INTEC

Um den Anteil der erneuerbaren Energieträger in der Europäischen Union auf die geforderten 20% anheben zu können, ist es notwendig auch alle Einsatzmöglichkeiten die mit solarthermischen Kollektoren abgedeckt werden können zu nutzen. Die Energiedienstleistung „Wärme für Gebäude“ mit 21 – 24°C zählt da ganz sicher dazu. Die Errichtung von solaren Kombianlagen - sowohl im Rahmen eines Gebäudeneubaus als auch im Bestand von Ein- und Mehrfamilienhäusern - ist ein ganz wesentlicher Bestandteil einer auf Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger ausgerichteten Energieversorgung.

Projekt „CombiSol“ – Solar-Kombianlagen im Einfamilienhausbereich unter der Qualitätslupe

Von Johann Breidler und Alexander Thür *

Einleitung

Mit solaren Kombianlagen kann der Anteil des Energiebedarfs für Warmwasser und Heizung, der erneuerbar und umweltfreundlich mit der Sonne gedeckt wird, erheblich erhöht werden - von 15%-20% bei WW-Anlagen auf derzeit bis zu 50% bei Kombianlagen, allerdings stellen diese Anlagen auch erhöhte Anforderungen an die Qualität von Komponenten und System. Im Zuge des IEE-Projekts „CombiSol – Standardisation & Promotion of Solar Combisystems“ wurden daher in den vier Ländern Deutschland, Frankreich, Schweden und Österreich nun insgesamt 70 kürzlich realisierte Anlagen einer qualitativen Prüfung unterzogen. Bei 45 dieser Kombianlagen wird über 12 Monate bis Ende 2010 eine genaue Energiebilanz über die gesamte thermische Energieversorgung und -verteilung erstellt.

Umfang der Untersuchung und Vorgehensweise

In Österreich wurden 20 Anlagen mit Kollektorflächen zwischen 12 m² und 40 m² evaluiert. Die dazugehörigen Pufferspeichervolumen liegen zwischen 800 ltr und 3000 ltr. Die qualitative Überprüfung wurde mittels eines dafür entwickelten Evaluierungsformulares [1] durchgeführt. Dieses besteht aus 113 Punkten, welche in Anlagenabschnitte gegliedert sind, um alle Daten der Komponenten von Solar-Kombianlagen aufzunehmen. Die Untersuchung der Anlagen reichte von der Art der Warmwasserbereitung und der Qualität der Installation von Dämmung und Hydraulik bis hin zu Fühlerpositionen, Anschlusshöhen am Speicher, Dimensionen aller Systemkomponenten und vieles mehr. Durch die gesammelten Informationen ist es möglich, diese Systeme mit einer ausreichenden Detaillierung zu beschreiben.
Zehn von den 20 evaluierten Solar-Kombisystemen wurden mit Messtechnik ausgestattet, wobei die Messdaten über ein ganzes Jahr bis Ende 2010 aufgezeichnet werden. Realisiert wurde dies durch Wärmemengenzähler in allen hydraulischen Kreisen, Messung des Strom-, Öl- bzw. Gasverbrauchs der gesamten Heizanlage sowie der Installation eines Pyranometers in der Kollektorebene zur Messung der Sonneneinstrahlung auf den Kollektor.

Verbesserungspotentials bei der Anlagen-Qualität

Speicherdämmung und Speicheranschlüsse
Der Energiespeicher stellt in einer Solar-Kombianlage eine der wichtigsten Komponenten dar. Dieser kann die Aufgabe der verlustarmen Wärmespeicherung nur erfüllen, wenn auf die Ladestrategie (Schichtung, Anschlusshöhen, etc.) und ganz besonders auf die Speicherdämmung (Qualität der Verarbeitung, Dämmstärke, Dämmung der hydraulischen Anschlüsse am Speicher etc.) geachtet wird. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass einige Anlagen bei der Speicherdämmung grobe Defizite aufweisen.
Der Grund hierfür liegt jedoch nicht nur in der Montage vor Ort, sondern auch in der Verantwortung der Lieferfirmen, welche durch eine gute Vorfertigung der Speicherdämmung bzw. –konstruktion eine optimale Basis für die Montage bieten können, wie dies bei einigen Anlagen auch realisiert wurde.

Abbildung 2: Links: ungedämmte Speicherabdeckung eines Tank in Tank Systems, rechts: gut gedämmter Pufferspeicher, lückenlos gedämmte Rohrleitungen inklusive Thermosiphonanschlüsse (Quelle: AEE INTEC)

Ein wichtiges, aber immer noch sehr selten ausgeführtes Installationsdetail, das massive Wärmeverluste durch Fehlströmungen in den Rohrleitungen vermeidet, ist ein „Thermosiphon“. Besonders bei den hydraulischen Anschlüssen im „heißen“ Bereich des Energiespeichers sollte dieser zum Installationsstandard zählen.

Fühlerposition und -montage
Bei den 20 untersuchten Solar-Kombianlagen wurde festgestellt, dass der Fühler am tiefsten Punkt (abhängig vom Typ des Solarwärmetauschers) des Speichers, der als Referenztemperaturfühler für die Solaranlage dient, oft zu hoch positioniert wurde. In diesen Fällen kann nicht das maximale Speichervolumen genutzt werden. Des Weiteren stellte sich heraus, dass die Fühlerpositionen der Nachheizung am Speicher in manchen Fällen suboptimal gewählt wurden. Zum Teil wird das Schaltvolumen zu groß dimensioniert, sodass das Solarspeichervolumen sehr begrenzt ist. Auch die Einbindung der Nachheizung könnte seitens der Solarsystemanbieter hydraulisch, aber besonders regeltechnisch eindeutig vorgegeben werden, um ein ganzheitliches Gesamtkonzept zu gewährleisten.

Komponenten zu Druckhaltung und Sicherheitseinrichtungen
Komponenten wie zum Beispiel Membranausdehnungsgefäße, Überdruckventile und deren Ausblaseleitung sowie das Auffanggefäß für das Glykolgemisch müssen zu jeder Zeit funktionstüchtig sein. Wird etwa ein Absperrventil zwischen dem Membranausdehnungsgefäß und dem hydraulischen Kreis installiert (siehe Abbildung 3), besteht die Gefahr, dass die Funktion der Druckhaltung durch unbeabsichtigtes Wegsperren nicht mehr gegeben ist. Ein temperaturbeständiges, ausreichend großes Auffanggefäß nach dem Überdruckventil kann bei Auslösen des Ventils durch Ausblasen von Glykolgemisch unangenehme Folgen (Austritt von Flüssigkeit) vermeiden. Bei mehr als 50 % der untersuchten Anlagen fehlte ein entsprechendes Gefäß gänzlich.

Abbildung 3: Links: wegsperrbares Membranausdehnungsgefäß unten angeschlossen, was zu einer maximalen Belastung der Gummimembrane führt, rechts: Korrekt installiertes Membranausdehnungsgefäß von oben angeschlossen, nicht wegsperrbar (Quelle: AEE INTEC)

Komponenten in Kollektornähe
Bei Komponenten in unmittelbarer Kollektornähe können im Stagnationsfall Temperaturen bis 200°C (überhitzter Dampf) entstehen. Bei weiter entfernten Komponenten, die im Stagnationsfall aber mit Dampf beaufschlagt werden, muss mit Temperaturen bis 160°C (Sattdampf) gerechnet werden. Deshalb ist bei der Auswahl von Komponenten, welche in Kollektornähe installiert werden, auf deren ausreichende Temperaturbeständigkeit zu achten. Auch Entlüfter, welche im Bereich der Dampfreichweite (Stagnationsfall) installiert werden, dürfen nicht automatisch öffnen. Diese Geräte können nicht zwischen Luft und Dampf unterscheiden und könnten somit im Stagnationsfall die Anlage entleeren.

Rohrdämmung
Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass bei der Rohrdämmung besonders im Außenbereich teilweise Defizite zu verzeichnen sind. In Abbildung 4 wird ein Beispiel gezeigt, das verdeutlicht, dass hier besonders bei nicht dachintegrierten Kollektoren oft deutliches Verbesserungspotential besteht.

Abbildung 4: Links: nur teilweise gedämmte Rohrleitung im Freien, rechts: vorbildliche externe Rohrleitungsdämmung mit Schutz gegen UV-Strahlung und Tierbisse (Quelle: AEE INTEC)

Zusammenfassende Ergebnisse

Die Untersuchungen der Anlagen ergaben, dass teilweise Fehler bei der Installation der Hydraulik und bei der Verarbeitung der Wärmedämmung passieren, die die Effizienz der gesamten Heizungsanlage senken können. Unterlagen für die Betriebsführung wie zum Beispiel Wartungsprotokolle, Anlagenlogbücher, Dokumentationen der Einstellwerte der Regelungen, Wartungsverträge sowie ein vor Ort befindliches Hydraulikschema waren in einigen Fällen nicht vorhanden. Ein Ergebnis der Evaluierung ist auch, dass die Anlagen noch eine geringe Kompaktheit aufweisen, insbesondere hinsichtlich Einbindung der Nachheizung. Durch einen höheren Vorfertigungsgrad könnten Installationsfehler und spätere Probleme vermieden werden.
Generell kann gesagt werden, dass Solar-Kombianlagen dem Qualitätsstandard von klassischen Heizanlagen entsprechen, und keine schwerwiegenden Mängel festgestellt wurden. Jedoch wurden bei der durchgeführten qualitativen Evaluierung viele kleine und grundsätzlich leicht vermeidbare Mängel festgestellt, welche die Effizienz und auch die Betriebssicherheit der Anlagen beeinträchtigen. Wird von den Solarsystemanbietern durch Erhöhung des Vorfertigungsgrades einerseits und andererseits von den Installateuren bei der Ausführung auf die bemängelten Aspekte speziell geachtet, lassen sich ohne großen Mehraufwand energieeffizientere und langlebige Solar-Kombianlagen realisieren. Die intensive Nutzung und Absolvierung von einschlägigen Schulungen, wie auch im Rahmen des Projekts „CombiSol“ angeboten, soll dazu beitragen, dass sich Qualität und Leistungsfähigkeit von Solar-Kombianlagen weiter verbessern.

Referenz:
[1] Projekthomepage: www.combisol.eu

*) DI (FH) Johann Breidler ist Mitarbeiter von AEE INTEC, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
DI Dr. Alexander Thür ist der national verantwortliche Leiter des Projektes „CombiSol“ und ebenfalls langjähriger Mitarbeiter von AEE INTEC, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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