Zeitschrift EE

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2010-03: Plus-Energiegebäude

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Quelle Fotolia

Für die Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser in Gebäuden gehen rund 30 % des gesamten Endenergieverbrauchs in Österreich auf. Während die Gebäude im Winter infolge eines besseren energetischen Zustands immer weniger Heizenergie benötigen, steigt der Energieverbrauch für die Gebäudekühlung kontinuierlich. Das EU-Projekt KeepCool II hat nach Lösungen für energiesparenden, nachhaltigen Sommerkomfort gesucht.

Heißes Thema Gebäudekühlung - Was können passive Maßnahmen leisten?

Von Nicole Hartl *

Durch großzügige Glasflächen und leichten Innenausbau in heute üblichen Büroneubauten steigt der Kühlbedarf in Österreich. Dieser Kühlbedarf wird bisher zumeist durch herkömmliche Klimaanlagen gedeckt. Das Ergebnis ist eine große Anzahl von Gebäuden, in denen man sich weniger wohl fühlt und die teurer zu bauen sind, als es möglich wäre. Obendrein entstehen Betriebskosten, die um ein Vielfaches höher sind, als dies bei Berücksichtigung von nachhaltigem Sommerkomfort nötig wäre.
Wenn man bedenkt, dass wir rund 90 % unserer Zeit in Gebäuden verbringen, sind nicht nur die Energiekosten, sondern auch der Innenraumkomfort von großer Bedeutung. Angenehme Innenraumbedingungen (Temperatur, Luftqualität, Tageslichtnutzung etc.) beeinflussen das Wohlbefinden und wirken sich positiv auf alle Aktivitäten aus.
Doch wie kann man Gebäude ohne oder mit nur geringer Energiezufuhr kühl halten und auch im Sommer angenehme Innenraumbedingungen bieten? Mit diesem Thema hat sich das Projekt KeepCool II in den letzten zweieinhalb Jahren beschäftigt. Detaillierte Simulationen zeigen das Potenzial von passiven Maßnahmen zur Vermeidung von Überhitzung in Gebäuden.

Abbildung 2: Beispiel Sonnenschutz in Bürogebäuden (Quelle: Tokamuwi/Pixelio)

Abbildung 3: Beispiel Sonnenschutz in Bürogebäuden (Quelle: Thomas Max Müller/Pixelio)

Abbildung 4: Bürogebäude 1, 18.261 m², 12 Stockwerke, 45 % Glasanteil, innenliegende Verschattung (manuelle Steuerung) (Quelle: Österreichische Energieagentur)

Die Simulationen haben ergeben, dass mit einfachen Maßnahmen wie z. B. der außenliegenden Beschattung durch Jalousien, die abhängig von der Sonneneinstrahlung gesteuert werden, im Vergleich zur Referenzausstattung 72 % des Kühlbedarfes eingespart werden können.
Da der Sonnenschutz eine Schlüsselrolle bei der Erreichung des nachhaltigen Sommerkomforts einnimmt, wurden im Rahmen des Projektes KeepCool II Produktsteckbriefe für die gängigsten Systeme erstellt. Diese dienen als Hilfestellung für Planer und Bauherren bei der Auswahl des richtigen Sonnenschutzes. Die Produktsteckbriefe zeigen Energie-Einsparwerte hinsichtlich Kühlen, Beleuchten und Heizen. Darüber hinaus bilden sie typische Produktprofile ab und ermöglichen eine klare Produktdifferenzierung hinsichtlich Energieeffizienz, Tageslichtnutzung, Blendschutz, Kontakt zur Außenwelt, Einbaulage, Lebenserwartung, Windbeständigkeit etc.
Eine frühe und umfassende Planung ermöglicht die Realisierung angenehmer Innenraum-bedingungen, die ohne oder mit nur geringem Einsatz an elektrischer Energie bereitgestellt werden. Die folgenden zehn Schritte dienen als Basis auf dem Weg von der klassischen „Kühlung“ zum „nachhaltigen Sommerkomfort“.

  1. Definition genauer Komfortkriterien mittels adaptivem Komfortmodell, wenn möglich
  2. Beachtung der Ausrichtung des Grundstücks und Eigenschaften der Umgebung, welche den Sommerkomfort beeinflussen könnten
  3. Kontrolle und Reduktion der Wärmegewinne an der äußeren Oberfläche der Gebäudehülle
  4. Kontrolle des Wärmeflusses durch die Gebäudehülle
  5. Reduktion der internen Lasten
  6. Ermöglichung von lokalen und individuellen Anpassungen
  7. Nutzung passiver Maßnahmen, um die überschüssige Wärme aus dem Gebäude zu entfernen (Nutzung von natürlichen Kältesenken wie z. B. Grundwasser, kalte Nachtluft, Erdreich)
  8. Verwendung aktiver, solar unterstützter Kühlanlagen
  9. Falls notwendig, Einsatz hoch effizienter konventioneller Kühlanlagen, um die restliche Wärme aus dem Gebäude zu entfernen.
  10. Information an Facility Manager und Nutzer über den korrekten Betrieb, die Überwachung und Wartung des Gebäudes und seiner Anlagen.

Somit erhält der Bauherr/Nutzer Gebäude, die angenehm zu bewohnen sind und geringe Betriebskosten verursachen.
Details zu den einzelnen Schritten sowie die Sonnenschutz-Produktsteckbriefe und weitere umfangreiche Tipps und Leitlinien finden Sie auf www.keep-cool.eu.

*) DI (FH) Nicole Hartl ist Mitarbeiterin der Österreichischen Energieagentur, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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