Zeitschrift EE

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2000-04: Solare Raumheizungsanlagen

Verwaltungs- und Industriebauten

Der Energiepark West wurde im Frühjahr 1999 als neues Betriebsgebäude der Firmen Doma Solartechnik, stromaufwärts Photovoltaik und SAG Solarstrom eröffnet. Wärme und Strom für die 470 Quadratmeter Bürofläche und 1.380 Quadratmeter Produktionsfläche stammen ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern. Das Gebäude wurde nach den Plänen der beiden Architekturbüros "Gruppo Sportivo"(Bludenz) und MHM (Dornbirn) errichtet. Durch optimale Planung und Wärmedämmung erfüllt der Bürotrakt mit einem spezifischen Energiebedarf von 50 kWh je Quadratmeter Fläche und Jahr die Anforderungen des Vorarlberger Energiesparhauses. Neben der vollständigen Energieversorgung aus erneuerbaren Energieträgern, war die ökologische Bauweise des Objektes von Bedeutung. So wurde im ganzen Gebäude auf die Verwendung umweltschädlicher Materialien wie PVC verzichtet.

100% erneuerbare Energieträger für ein Bürogebäude und eine Produktionshalle

Von Gebhard Bertsch*

Energieversorgung des Bürogebäudes und der Produktionshalle

Durch die ideale Anordnung des Büros und der Produktionshalle wird die passive Sonnenenergie optimal genutzt. An aktiven Systemen zur Stromerzeugung, Brauchwasserbereitung und Raumheizung sind zwei mit Biodiesel betriebene BHKW's, eine Photovoltaikanlage und eine thermische Solaranlage installiert. Die Energiefassade an der Südfront bildet dabei das Kernstück der Energieversorgung für das Gebäude. In dieser 220 Quadratmeter großen Fassade sorgen 143 polykristalline Kyocera Hochleistungsphotovoltaik-Module mit gut 130 Quadratmetern für die Versorgung mit Strom. Die Jahresleistung liegt bei 17,16 kWp. Produzierte Stromüberschüsse werden in das öffentliche Netz eingespeist. Ebenfalls in der Südfassade integriert sind 80 Quadratmeter fassadenintegrierte Sonnenkollektoren für die Warmwasserbereitung und teilsolare Raumheizung (Büro und Produktionshalle). Für längere Schlechtwetter- und Kälteperioden wurden zwei mit Biodiesel betriebene Blockheizkraftwerke mit je 10,2 kW thermischer und 5,4 kW elektrischer Leistung installiert. Strom, Beheizung und Warmwasser werden also zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energiequellen und somit CO2-neutral bezogen.
Die Wärmeabgabe im Bürogebäude erfolgt mittels Wandflächenheizung (65 m²). In der Produktionshalle wird der Monofinish-Betonboden (90 Kubikmeter) als Wärmespeicher und Heizkörper genutzt, der wie die Wandkollektoren im Büro angenehme Strahlungswärme abgibt. Dabei wird das Heizsystem mit sehr niedrigen Vorlauftemperaturen betrieben. Im Bürogebäude beträgt diese maximal 30°C, in der Produktionshalle maximal 25°C bei einer Außentemperatur von minus 14°C. Durch den Fußbodenspeicher konnte der wassergeführte Pufferspeicher auf ein Minimum von 950 l reduziert werden.

Erste Erfahrungen

Um Erfahrungen zu sammeln wird gerade die thermische Seite der Energieversorgung detailliert vermessen. Eine visualisierte Oberfläche steigert den Komfort der Regelung beträchtlich. Dabei können die thermischen und hydraulischen Vorgänge im gesamten Energieversorgungsnetz mittels PC jederzeit kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden.
Dass das Konzept schlüssig ist, konnte spätestens nach dem ersten Betriebsjahr belegt werden. Gerade 4.200 Liter Biodiesel wurden benötigt - trotz einer überdurchschnittlich langen und intensiven Kälteperiode im Winter 99/2000 und trotz des üblichen Mehrverbrauchs bei Neubauten. Die beiden Blockheizkraftwerke werden wärmegeführt gesteuert und schalten sich nur ein, wenn der thermische Ertrag der Solar-Fassade nicht ausreicht.

Elektrische Energie:
Photovoltaik-Fassade Süd
11.076 kWh
Blockheizkraftwerke
16.728 kWh
Strombezug vom Netz
14.601 kWh
Stromlieferung ans Netz
17.703 kWh
Überschuss
3.102 kWh
Thermische Energie:
Blockheizkraftwerk 1 + 2
20.653 kWh
Thermische Solaranlage ab Feb. 2000
10.166 kWh

Tabelle 1: Energieinput und Energieoutput vom 1.09.1999 bis 1.09.2000. Die Erträge der thermischen Solaranlage wurden ab 1.02.2000 erfasst.

Über die eigene Energieversorgung hinaus, wurde von der SAG Solarstrom GesmbH. auf dem Dach des Energiepark West das in Österreich bislang größte Photovoltaik-Kraftwerk für Privatnutzer installiert. Die Leistung des mit 450 Quadratmetern PV-Modulen ausgestatteten Sonnenkraftwerkes wird in "SolarPlus" - Paketen zum Preis von monatlich 99Schilling für 120 kWh/Jahr an Privatinteressenten verkauft.
Der Energiepark West war von Anfang an als Zentrum für erneuerbare Energieformen konzipiert. Das gesamte Betriebsgelände des Energiepark West umfasst ca. 7.000 Quadratmeter, wovon derzeit ca. 1.800 Quadratmeter verbaut sind. In weiteren Ausbaustufen ist an eine Ansiedlung von adäquaten Betrieben und Institutionen gedacht. Die Verleihung des europäischen Eurosolarpreises Ende November in Berlin betrachtet man im Energiepark West einerseits als motivierende Anerkennung für die konsequente Umsetzung eines modernen und zukunftsweisenden Energiekonzeptes, andererseits auch als Auftrag für die weitere Entwicklung des Energiepark West als Zentrum für die Anwendung, Weiterentwicklung und Nutzung von Technologien für erneuerbare Energieträger.

 

*) Gebhard Bertsch ist Geschäftsführer der Soartechnikfirma DOMA in Vorarlberg. www.doma.co.at [^]

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