Zeitschrift EE

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2001-02: Photovoltaik

Betriebsergebnisse und Projekte

"Gott sei Dank" oder "Energiekosten sei Dank" oder vielleicht sogar "Vernunft sei Dank" sehen sich Planer und Architekten immer häufiger mit dem Wunsch eines Bauherren konfrontiert, Besitzer einer Solaranlage werden zu wollen. Allzu oft aber wird diese Tatsache noch immer vielmehr als planerische Einschränkung denn als architektonische Herausforderung angesehen.

Fassadenintegrierte PV-Anlagen: Der architektonische Anspruch

Von Michael Heim*

Über den Sinn und die Bedeutung von Solaranlagen im Allgemeinen und PV Anlagen im Speziellen soll an dieser Stelle nicht mehr eingegangen werden. Vielmehr soll ein weiterer wichtiger Schritt getan werden - ein Schritt, der die Frage aufwirft: Rechtfertigt die Nutzung der Sonnenenergie und die damit verbundene Montage von Kollektorflächen jedes willkürliche Erscheinungsbild eines Gebäudes oder Bauwerkes?

Abbildung 1: Die beste Ausrichtung rechtfertigt jedes Erscheinungsbild (?)

Besonders bei bestehenden Gebäuden stellt das Anbringen oder Integrieren von Solaranlagen eine große Herausforderung an die Planer dar. Oft werden solche Anlagen "nur von reinen E-planern" konzipiert, geplant und ausgeführt, was nicht selten zur Folge hat, dass ausschließlich der reinen Funktionalität (und somit der Ausrichtung des Kollektors) Rechnung getragen wird und einer optisch ansprechenden Lösung kein, oder zu wenig Augenmerk geschenkt wird. Gerade hier wäre der Rat eines Gesamtplaners häufig von fundamentaler Bedeutung.
Zu glauben, die angesprochene Problematik müsste bei Neubauten eine wesentlich geringere sein, wird durch zahlreiche - jüngst ausgeführte - Beispiele eindrucksvoll widerlegt. An dieser Stelle wird von allen, an der Errichtung einer Solaranlage Beteiligten (ob Solarthermie oder Photovoltaik), ein Umdenkprozess gefordert: Solarpaneele sind nicht farbige Glasplatten, die möglichst viel Sonnenstrahlen abbekommen sollen und nach Möglichkeit unsichtbar zu installieren sind, sondern vielmehr handelt es sich dabei um einen hochwertigen Baustoff für Fassade und Dach und somit um ein neues Gestaltungselement und wird dadurch zur architektonischen Herausforderung!
Es sind Lösungen gefordert - und auch möglich, die diese Technologie nicht als "notwendiges Muss" erscheinen lassen, sondern ein Gebäude optisch positiv prägen und von diesem selbstbewusst zur Schau getragen werden.

Abbildung 2: Neubau, Fassadenintegration einer Photovoltaik Anlage

Nur mit dieser (geänderten) Einstellung der Planer zur Solaranlage wird ein Ergebnis möglich, das dem Betrachter des fertigen Produktes das Gefühl der Selbstverständlichkeit vermitteln kann. Diese Einstellung muss ein Projekt begleiten und zwar ab dem ersten Entwurfsgedanken. Der Vorgabe "Solaranlage" haben sich die anderen Entwurfskomponenten unterzuordnen. Dies ist Grundvoraussetzung für ein architektonisch befriedigendes Ergebnis und rechtfertigt - neben dem energie - und umwelttechnischen - auch den optisch - visuellen Einsatz dieser Technologie.
Eine zusätzliche Dimension erhält dieser Gedanke speziell bei fassadenintegrierten Anlagen - d.h. noch mehr Komponenten sind bereits im Entwurfsstadium zu berücksichtigen. Was auf der einen Seite zusätzliche gestalterische Parameter und somit planerische Herausforderung darstellt, ist auf der anderen Seite ein nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Vorteil.
Mindestens zwei offensichtliche Gründe sprechen aus ökonomischer Sicht für eine "Hüllenlösung". Zum Ersten entfallen im Bereich der PV-Anlage die Kosten für die Dach- bzw. Wandbeplankung und zum Zweiten kann auf (teilweise sehr kostenintensive) Aufständerungen und Befestigungsmechanismen verzichtet werden. Für beide Varianten gilt aber gleichermaßen die Tatsache, dass aus ökonomischen Gründen auf den Einsatz von Kollektoren mit Sondermaßen verzichtet und auf Standartmaße der angebotenen Produkte zurückgegriffen werden sollte. Dies setzt wiederum voraus, sich bereits im Vorfeld der Planung mit den Dimensionen der geplanten PV Anlage und den infragekommenden Produkten auseinanderzusetzen.
Solaranlagen haben längst den Wandel vom rein technischen Energieerzeuger zum optisch gestalterischen Element vollzogen. Allen an der Projektierung, Planung und Ausführung beteiligten Personen sollte klar sein, dass jeder Einzelne mit Verantwortung trägt, dieser Technologie die notwendige breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu verschaffen.

Sonnenpark in Dornbirn

Der Sonnenpark in Dornbirn ist ein Wohn, Büro und -geschäftshaus in zentraler Lage mit klaren Vorgaben an das Energiekonzept (PV-Anlage, Heizung mittels erneuerbarer Energie, Dämmung), an die Raumstruktur (alle Räume natürlich belichtet und belüftet), an das äußere Erscheinungsbild (positives Echo und Akzeptanz der breiten Bevölkerung) und an die Kostenstruktur (möglichst große Synergieeffekte der PV-Anlage) seitens der Bauherrschaft.
Durch die Vorgaben des Raumprogramms - überwiegend Büro- und Geschäftsflächen - war die Frage nach der Positionierung der PV-Anlage schnell beantwortet. Da diese Räumlichkeiten keinen direkten Lichteinfall von Süden benötigen, wurde eine 135 m² große Solarwand (197 PV-Paneele mit Standartmaß, 18,08 kWp) dem gesamten Gebäudekomplex südseitig vorgestellt. Unterbrochen wird diese hinterlüftete Paneelwand lediglich durch zwei Fensteröffnungen im Bereich des Penthouses.
Dadurch entsteht der positive Nebeneffekt der völligen Südbeschattung: Das Gebäude kommt trotz Büronutzung ohne jegliche klimatische Anlage aus, was sich wiederum positiv auf die Kostenstruktur des Gebäudes auswirkt. Noch gewichtiger stellt sich die Einsparung bei der Fassade dar. Unter dem Gesichtspunkt, dass ein Büro und -geschäftshaus in zentraler Lage auf jeden Fall eine hochwertige und somit auch hochpreisige Fassade erhält, können hier mehr als ein Drittel der Kosten der PV-Paneele gegengerechnet werden. Der Vorgabe betreffend erneuerbaren Heizmaterialien wurde mittels einer Pelletsheizung Rechnung getragen.

Abbildung 3: Der Sonnenpark in Dornbirn, Planung: Arch. Büro MHM - Dornbirn, DI Arch. Michael Heim, DI Arch. Herbert Müller, Ausgezeichnet mit dem Österreichischen Solarpreis 1999. 18,08 kWp aus 197 PV-Paneelen, Großzügige Öffnungen an der West- und Ostseite des Gebäudes zur Belichtung der Büroräume.

Büro- und Produktionsgebäude, Energiepark West in Satteins

Resultierend aus einer klaren Vorgabe der Bauherrschaft betreffend Baukosten und deren Einhaltung sowie der Forderung sowohl nach einer PV-Anlage als auch einer thermischen Solaranlage konnte die Lösung nur in einer Gebäudehülle integrierten Solaranlage liegen. Das Ergebnis ist eine 220 m² große Energiefassade die genau nach Süden ausgerichtet ist. Zwei Drittel dieser Fläche entfallen dabei auf die PV-Anlage (Jahresleistung 17,16 kWp - Jahresüberschuss von 3,1 kWh) das restliche Drittel ist mit einer Thermischen Anlage versehen (10,17 kWh für Warmwasserbereitung und teilsolare Raumheizung).

Abbildung 4: Der Energiepark West in Satteins, Planung: Arch.büro MHM - Dornbirn, DI Arch. Michael Heim, DI Arch. Herbert Müller, Ausgezeichnet mit dem Österreichischen Solarpreis und dem Eurosolarpreis 2000. Energiefassade mit 220 m² Solarpaneele - 17,16 kWp bzw. 10,17 kWh

Für den Fall, dass bei längeren Schlechtwetter- oder Kälteperioden der thermische Ertrag der Solarfassade nicht ausreicht, sind zwei biodieselbetriebene Blockheizkraftwerke (je 10,2 kW) installiert und somit die Forderung der Bauherrschaft - 100% der benötigten Energie aus CO2 neutralen Energiequellen zu beziehen - vollends erfüllt.

 

*) Dipl.-Ing. Arch. Michael Heim hat seit 1990 ein eigenes Architektenbüro in Dornbirn - seit 1993 eine Bürogemeinschaft mit Dipl.-Ing. Arch. Herbert Müller [^]

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