Zeitschrift EE

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2010-03: Plus-Energiegebäude

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Bürogebäude Südfassade mit integrierten solarthermischen Kollektoren (Quelle: AEE Kärnten)

Als der Neubau des Bürogebäudes vor 10 Jahren notwendig wurde, sollte die inhaltliche Zielsetzung der AEE Kärnten auch sichtbar umgesetzt werden. Ausgangspunkt der Idee war es mit einer Solaranlage nicht nur einen Großteil der thermischen Energie für das Gebäude zu liefern sondern diese auch als gestalterisches Element großflächig in der Fassade einzusetzen. Überschüssige „Plus-Energie“ versorgt über ein Mikronetz die unmittelbare NachbarInnenschaft..

Plus-Energie im Netzverbund – das Konzept der AEE Kärnten

Von Sonja Geier und Armin Themeßl *

„Die Zeit ist reif für das erste Plus-Energie Passivhaus“ – mit der Errichtung des neuen Bürogebäudes am Stadtrand von Villach wurden konsequent die Grundsätze des solaren Bauens von Beginn an verfolgt. Ausgehend von der Lage des Grundstückes, der Orientierung der Baukörper am Grundstück und der Gestaltung des Gebäudes wird die Optimierung der solaren Erträge und Minimierung der Transmissionswärmeverluste konsequent umgesetzt.

Passivhausbau mit ökologischen Materialien

Durch den Anspruch, das Bürohaus aus ökologischen und regional verfügbaren Materialien zu errichten, wurden die beiden Obergeschosse in Holzriegelbauweise wärmebrückenoptimiert gebaut und mit Zellulosedämmstoff ausgeblasen. Durch diesen Wandaufbau konnte ein U-Wert von 0,1 W/m2K erreicht werden. Die Dachelemente sind nach demselben Prinzip gebaut. Auch der Keller, in dem sich ein Veranstaltungsraum und die Technikräume befinden, wurde in das Passivkonzept integriert und gedämmt.

Energieversorgungskonzept

Die Energieversorgung basiert auf erneuerbaren Energieträgern. Die solarthermische Produktion erfolgt über die großflächige Kollektoranlage, die in der Südfassade integriert ist. Bis 2005 wurde Biodiesel in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) eingesetzt. Der Restenergiebedarf wurde über zwei „Tandem“-Pelletskessel mit 20 und 32 kW abgedeckt. Das BHKW arbeitete zwei Jahre lang wärmegeführt, musste aber 2005 aus technischen und wirtschaftlichen Gründen ausgeschieden werden. Nach dem Ausfall wurde ein dritter Pelletskessel mit 56 kW zusätzlich installiert. Im Jahr 2004 wurde eine 3,6 kWp Photovoltaikanlage installiert, sie liefert zwischen 3,6 und 3,9 MWh Ökostrom im Jahr, der vollständig ins Netz eingespeist wird.

Mikronetz

Abbildung 2: Lageplan Mikronetz AEE Kärnten, Villach. Blau: Bürogebäude, Rot: Mehrfamilienhäuser als Abnehmer der überschüssigen Wärmeenergie. (Quelle: AEE Kärnten)

Die mit 76 m² sehr groß dimensionierte Kollektoranlage ließ schon in einer sehr frühen Projektphase riesige ungenutzte Überschüsse erwarten. Daher wurde versucht AbnehmerInnen für diese Wärme zu suchen – und diese wurden in unmittelbarer Umgebung auch gefunden. In der ersten Ausbaustufe wurden drei benachbarte Zweifamilienhäuser angeschlossen und der Grundstein für ein Mikronetz geschaffen. 2010 sind sechs Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 15 Wohnungen und circa 30 BewohnerInnen integriert.
Die Wärme aus den Kollektoren und der Pelletskesselanlage wird in einem Schichtspeicher mit 3.050 L zusammengeführt und für die weitere Verteilung bereitgestellt – drei Stränge versorgen die umliegenden Häuser, die gesamte Länge der Wärmeverteilung beträgt 210 m. Drei weitere externe Speicher zu je 1.000 L, die in drei der sechs Objekte untergebracht sind werden intermittierend versorgt – im Winter zwischen vier- bis fünfmal täglich, jeweils mit einer Ladezeit von ein bis eineinhalb Stunden und im Sommer und in der Übergangszeit ein- bis dreimal täglich. Obwohl in keinem der Objekte eine Fußboden – oder Flächenheizung installiert ist, konnte durch verschiedene regelungstechnische Maßnahmen erreicht werden, dass die Rücklauftemperaturen der Fernwärmestränge zum zentralen Schichtspeicher 35°C nicht übersteigen.

Energiebilanz

Abbildung 3: Primärenergetische Bilanzierung Bürogebäude AEE Kärnten anhand von Verbrauchsdaten aus dem Jahr 2008. Primärenergiefaktoren aus GEMIS 4.5 Quelle Pölz W. (2010).

Die AEE Kärnten betreibt eine sehr genaue Energiebuchhaltung seit der Inbetriebnahme der Anlage. Die Aufzeichnungen werden im laufenden IEA Joint Project „Towards Net Zero Energy Solar Buildings“ ausgewertet und sollen die Möglichkeiten, Vorteile und Nachteile einzelner Bilanzierungsmodelle aufzeigen. Die in Diagramm 1 dargestellte Form der Bilanzierung erfolgt auf Basis der Primärenergie. Die überschüssige Wärmenergie – erzeugt durch die Solaranlage und die Pelletskesselanlage wird als Plus-Energie ins Mikronetz abgegeben. Die Betrachtung der Verbrauchsdaten inkludiert auch den für den Bürobetrieb erforderlichen Stromverbrauch. Weiters wird die in das System gelieferte Menge an Pellets zur Produktion der Wärme verbrauchseitig bilanziert. Die, durch die solarthermischen Kollektoren und die Pelletskessel erzeugte Wärmeenergie wird als Gutschrift für den Mehrverbrauch an elektrischer Energie angesetzt. Der durchschnittliche Stromverbrauch für das Bürogebäude beträgt zwischen 13 bis 14 MWh pro Jahr. Mit dem BHKW, das wärmegeführt betrieben wurde, konnte in den ersten Betriebsjahren dieser Verbrauch auch ohne Photovoltaikanlage abgedeckt werden. Durch den Wegfall und dem alleinigen Fortbetrieb der Photovoltaikanlage wird nur mehr ein Teil des Stromverbrauches abgedeckt. Doch durch die Gutschrift für die überschüssige Produktion thermischer Energie und den geringen Verbrauch des Bürogebäudes für Heizung und Warmwasser kann dennoch eine primärenergetisch positive Bilanz erzielt werden.

Resümee

Das Bürogebäude der AEE Villach wurde zu Zeiten, als Null- oder Plus-Energiekonzepte noch in den Anfängen waren, geplant und errichtet. Dass Konsequenz nicht nur während der Bau- und Planungsphase sondern auch während der anschließenden Nutzung erheblichen Einfluss auf Ressourcenverbrauch hat, zeigt sich deutlich. Durch sorgfältige Energiebuchhaltung und regelmäßige Auswertungen können fehlerhafte Systeme oder unverhältnismäßige Verbräuche sehr rasch erkannt und korrigiert werden. Wesentlich erscheint aber, dass es auch ein Plus-Energiegebäude gibt, das sich vom derzeitigen Mainstream des „all-electric“ Gebäudes abhebt. Nicht nur Strom- sondern auch Wärmenetze sind eine Möglichkeit Plus-Energiekonzepte zu verwirklichen. Wenn auch Biomasse und vor allem Pellets als erneuerbarer Energieträger nicht ganz unumstritten sind – die Diversität im Einsatz lokal und regional verfügbarer Energiequellen steigern sie allemal.

Literatur:

  • [1] Themeßl A. (2007): „Das Passivhaus in der Praxis. Projektdokumentation Passiv-Bürohaus und Energiekonzept für das Mikronetz der AEE Villach“, Wiener Neustadt 2007.
  • [2] Pölz W. (2010): „Chancen und Grenzen eines Bewertungssystems auf Basis der Primärenergie“, Strategieforum 20. Mai 2010, Graz Franziskanerkloster

*) DI Sonja Geier ist Mitarbeiterin der AEE – Institut für Nachhaltige Technologien in der Abteilung Nachhaltige Gebäude E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Ing.
Armin Themeßl ist Mitarbeiter und Geschäftsführer der AEE Kärnten und der AEE Energiedienstleistungen GmbH E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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