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2002-02: Solare Kühlung

Solare Kühlung

Am 1. August 2000 wurde in der nahe Dresdens gelegenen Lessing-Stadt Kamenz das neue Malteser-Krankenhaus in Betrieb genommen. Es ist mit einer weltweit einmaligen Kombination von Brennstoffzelle, Solaranlage, Adsorptionskältemaschine und Kompressionskältemaschine mit Eisspeicher ausgestattet.

Betriebserfahrungen mit der Adsorptionskältemaschine Kamenz

Von Andreas Gassel*

Das System ist umfangreich mit Messtechnik ausgerüstet. Die Daten werden durch die Technische Universität Dresden ausgewertet. Das neuerrichtete Malteser-Krankenhaus Kamenz verfügt über eine Kapazität von 210 Betten und dient der medizinischen Grundversorgung einer Region mit etwa 160.000 Einwohnern.
Krankenhäuser benötigen relativ kontinuierlich Strom, Wärme und Kälte, weshalb in diesen Objekten schon häufiger Anlagen der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung installiert wurden. In der Regel handelt es sich hierbei um eine Kombination von Motor-Blockheizkraftwerken und Lithiumbromid-Absorptionskältemaschinen.
In Kamenz wurde stattdessen eine Phosphorsäure-Brennstoffzelle sowie eine Adsorptionskältemaschine mit dem Stoffpaar Silicagel/Wasser installiert. Die Brennstoffzelle hat gegenüber einem konventionellen Blockheizkraftwerk den Vorteil eines höheren Wirkungsgrades, besseren Teillastverhaltens und fast völliger Emissionsfreiheit. Die Adsorptionskältemaschine arbeitet mit geringeren Heiztemperaturen und reagiert flinker auf Laständerungen als Absorptionskältemaschinen. Beide Aggregate sind im Prinzip wartungsarm und zuverlässig.

Die Adsorptionskältemaschine

In Kamenz ist eine Adsorptionskältemaschine Mycom ADR 30 des japanischen Herstellers Mayekawa installiert. Ebenso wie bei Absorptionsmaschinen wird Heizwärme als Antriebsquelle genutzt, um Wärme von einem unteren Temperaturniveau (Kälte) auf ein mittleres Temperaturniveau zu heben und dann über einen Kühlturm an die Umgebung abzugeben.
Gegenüber einer Absorptionsmaschine besteht der Vorteil einer deutlich geringeren Heiztemperatur, dem Nichtvorliegen eines Kristallisationsrisikos und der schnelleren Verfügbarkeit nach dem Einschalten. Nachteile sind der gegenwärtig noch höhere Preis sowie große Masse und Volumen der Anlage. Auch ist die Technik noch nicht ganz ausgereift, da es an Erfahrungen fehlt. Bis jetzt existieren erst 20 Maschinen dieses Typs in Europa.
Da Silicagel als Feststoff nicht pumpfähig ist, besitzt die Maschine zwei Silicagelkammern zwischen denen zyklisch umgeschaltet wird. Der Zyklus dauert zehn Minuten und verursacht charakteristische Schwankungen in Austrittstemperaturen und Kälteleistung.

 
Auslegung
Typischer Dauerbetrieb
 
Kälte
Kühlung
Heizung
Kälte
Kühlung
Heizung
Eintritt [°C]
12
27
80
11
27,5
64,4
Austritt [°C]
6
32
70
8,5
30,1
58,3
Volumenstrom [m³/h]
15
50
15
20
59
17
Leistung [kW]
105
290
174
58
179
121

Tabelle 1: Temperaturen, Volumenstrom und Leistung der Adsorptionskältemasche im Auslegungsfall und im Betriebsfall

Die Maschine wurde ursprünglich für eine Heiztemperatur von 80 °C ausgelegt (siehe Tabelle 1). Real arbeitete sie meist bei etwa 65 °C. Dies ist ein für Sorptionskältemaschinen außerordentlich geringer Wert. Speziell für die Sonnenkollektoren ist dieses Niveau sehr von Vorteil. Es führt jedoch zu Einschränkungen hinsichtlich Leistung und Effizienz der Kältemaschine.

Verfügbarkeit

Abbildung 1: Statistik aller Stunden für den Einsatz der Adsorptionskältemasche für das neuerrichtete Malteser-Krankenhaus in Kamenz. Die Anlage wurde im August 2000 in Betrieb genommen

Von allen Stunden der bisherigen Messperiode wurde die Adsorptionskältemaschine in 65% der Stunden nicht benötigt, weil kein Kältebedarf vorlag oder dieser extrem klein war. In den realen Betriebsstunden arbeitete die Maschine selten im Dauerbetrieb. Meistens lag Teilbetrieb vor, das heißt die Maschine arbeitete intermittierend. In 2% der Stunden war die Kältemaschine nicht verfügbar und in 1% war sie in Betrieb, arbeitete aber nicht korrekt.
Die Nichtverfügbarkeit wurde zunächst im Jahr 2000 durch ein Leck an der Vakuumpumpe verursacht. Dieses Problem konnte jedoch behoben werden. Alle weiteren Nichtverfügbarkeiten sowie alle Fehlbetriebszeiten sind Folge der Wasserhaltung. Diese Probleme treten bis zum heutigen Tag regelmäßig auf.
Die Wasserhaltung ist die Achillesferse der Kamenzer Kältemaschine. Als Kältemittel kommt Wasser zum Einsatz. Ein Teil dieses Wassers ist stets im Silicagel gebunden, ein anderer Teil befindet sich in flüssiger Form in Verdampfer und Kondensator. Aufgrund von Schwankungen der äußeren Temperaturen und des Zykluszustandes variiert diese Menge. Zum Ausgleich steht ein Teil des Verdampfervolumens zur Verfügung. Dieses erwies sich als unzureichend.
Es kommt gelegentlich vor, dass sich zu wenig flüssiges Wasser in der Maschine befindet. Die Maschine liefert dann fast keine Kälte. Etwa 40% des Normalbedarfs der Wärme wird weiterhin benötigt. Dies ist die Menge für die regelmäßige Aufheizung der Kammern, also eine rein sensible Wärmemenge ohne Latentanteil.
Auch der entgegengesetzte Fall, dass zuviel flüssiges Wasser vorhanden ist, tritt gelegentlich auf. In diesem Fall läuft Wasser aus dem Verdampfer in die Silicagelkammern über. Dies führt zu einem latenten Wärmetransport von der Heiz- zur Rückkühlseite unter Umgehung des Verdampfers, also ohne Kälteentwicklung. Die Maschine erreicht noch etwa 30% der Normalkälteleistung, benötigt dafür aber 150% der normalen Heizleistung.
Die Wasserhaltung ist ein spezielles Problem der Maschine in Kamenz. Später gebaute Maschinen rüstete der Hersteller mit einem speziellen Zusatztank für den Ausgleich der Niveauschwankungen aus.

Bilanzen

Abbildung 2: Wärmemenge in MWh und Kälteverhältnis COP vom dritten Quartal 2000 bis zum ersten Quartal 2002

Seit Eröffnung des Krankenhauses lieferte die Adsorptionskältemaschine eine Kältemenge von 158 MWh und verbrauchte dafür 391 MWh Wärme (siehe auch Abbildung 2). Die Kältelieferung wurde durch den Bedarf, also letztlich durch das Wetter bedingt. Das Kälteverhältnis COP ist im Durchschnitt über den betrachteten Zeitraum 0,4. Dieser Wert ist zwar besser als die Daten, die von einigen Absorptionskälteanlagen bekannt sind, liegt aber deutlich unter dem Auslegungswert von 0,6. Folgende Randinformationen sind bei der Wertung dieses Messwertes noch zu berücksichtigen:

  • Die Maschine arbeitet oft nicht kontinuierlich, sondern ihr Betrieb wird oft unterbrochen. Das Kälteverhältnis sinkt dadurch. Insbesondere im Winterhalbjahr ist das Kälteverhältnis dadurch geringer.
  • Die Maschine wird nicht mit dem Auslegungswert von 80 °C, sondern nur mit etwa 65 °C beheizt.
  • Aufgrund Verschmutzung an Wärmeübertragern stieg die Rückkühltemperatur im Laufe der bisherigen Betriebszeit kontinuierlich um etwa 1 Kelvin an.
  • Im 4. Quartal 2001 wurde die Solltemperatur der Kälte von 8 °C auf 6 °C gesenkt. Dies führte zu einer deutlichen Verringerung des Kälteverhältnisses.
  • Es gibt auch bei kontinuierlichem Betreib und günstigen Randbedingungen ein Defizit der Maschine.

Betriebszustände

Einzelne Soll- und Istwerte für typische Betriebszustände des Dauerbetriebs sind in Tabelle 2 enthalten. Die Istwerte wurden gemessen, die Sollwerte entstammen dem Katalog des Herstellers. Der Dauerbetrieb ist derart definiert, dass die Kältemaschine mindestens eine Stunde ohne Unterbrechung läuft.

Typ
Istwert (gemessen)
Sollwerte
Häufigkeit
 
 
 
Kälte
Khlg.
Heizung
COP
 
Lstg. Kälte
COP
 
taus
Lstg.
tein
tein
Lstg.
 
°C
kW
°C
°C
kW
-
kW
-
gut gekühlt
8,6
60
25,2
63,4
116
0,52
90
0,61
2000 of
Störfall Wasser
19,0
9
24,5
71,6
69
0,13
 
 
selten
Störfall Kühlung
21,9
9
47,7
78,1
48
0,19
 
 
sehr selten
gut geheizt
7,7
85
29,3
78,7
184
0,46
110
0,59
manchmal
normal
8,6
59
27,2
63
123
0,48
71
0,57
ab 2001 oft

Tabelle 2: Typische Betriebszustände und ihre Häufigkeit des Dauerbetriebs (gemessene Volumenströme: Heizung: 17,2 bis 26,0 m³/h, Kühlwasser: 54,7 bis 68,0 m³/h, Kaltwasser: 16,0 bis 22,6 m³/h)

Zusammenfassung

Die Kältemaschine in Kamenz hat bewiesen, dass sie tatsächlich bei solargeeigneten Heiztemperaturen von 60 bis 70 °C Kälte liefern kann. Allerdings gibt es bei Leistung und Effizienz noch Defizite. Ein spezifisches Problem der Maschine in Kamenz ist die Wasserhaltung. Dieses ist bei neueren Maschinen dieses Typs gelöst. Weitere Informationen zum Projekt sind der Internetpräsentation: http://www.malteser-krankenhaus-kamenz.de zu entnehmen.

Danksagung

Die innovative Energietechnik des Krankenhauses Kamenz wurde im Rahmen von EU-Thermie gefördert. Weitere Fördermittel bzw. Sponsorengelder gaben der Freistaat Sachsen, die Verbundnetz Gas AG, Thyssengas sowie die Gasversorgung Sachsen Ost GmbH.

*) Dr.-Ing. Andreas Gassel ist Habilitationsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft und arbeitet an der TU Dresden, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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