Zeitschrift EE

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2002-03: Passivhäuser

Gebaute Beispiele

Mehrfamilienhaus Wolfurt Oberfeld

Von Gerhard Zweier*

15 kWh/m²a Heizenergiebedarf und 120 kWh/m²a Primärenergieverbrauch - das sind die hohen Anforderungen an ein Passivhaus, um das Ziel zu erreichen, die notwendige Heizenergie nur über eine kontrollierte Wohnungsbelüftung einbringen zu können. Der niedrige Grenzwert beim Primärenergiebedarf gewährleistet gleichzeitig, dass alle anderen Energieverbräuche, insbesondere beim Haushaltsstrom, auf ein Minimum reduziert werden. Ein umfassendes Konzept mit einer hoch gedämmten und luftdichten Gebäudehülle, ein intelligente Haustechnikkonzept und der Einsatz von energieeffizienten Haushaltsgeräten ist dazu erforderlich und der Entwurf spielt eine zentrale Rolle, wenn dabei auch die Baukosten gesenkt werden sollen.
Als Alternative zum klassischen Reihenhaustypus konzipiert, bietet das Projekt in Wolfurt in zwei Baukörpern je vier Wohneinheiten mit 130 m² und zwei Ateliers mit 65 m² an. Die kompakte Anordnung der einzelnen Wohneinheiten minimiert die Gebäudehüllflächen im Verhältnis zur Kubatur und ermöglicht dadurch einen relativ großen Öffnungsanteil der Fassaden, unabhängig von ihrer Orientierung. Ein neutraler, rechteckiger Grundriss lässt eine freie Einteilung nach individuellen Bedürfnissen zu. Den zweigeschossigen Einheiten ist jeweils ein großer Garten zugeordnet, den Wohnungen im Dachgeschoss eine große Terrasse.
Durch das zentrale, allgemein zugängliche Stiegenhaus und die damit gewährleistete Zugänglichkeit in jedem Geschoss ist eine Teilbarkeit der 130 m²-Einheiten in z.B. zwei Einheiten zu je 65 m² möglich, oder auch einzelne Räume (z. B. Büronutzungen sind denkbar). Die Optimierung des statischen Systems und der Erschließung auf Grundlage der Kompaktheit ermöglicht eine Realisierung zu vergleichsweise niedrigen Kosten, trotz Mehrkosten durch den Passivhausstandard. Hohe Wohnqualität wird auch durch ein großzügiges Angebot an gemeinschaftlichen Nebenflächen gewährleistet: Kommunikationsbereiche im Stiegenhaus, Tiefgarage, Fahrradräume, Wasch- und Trockenräume, Werkstatt, Mehrzweckraum, Sauna- und Musikraum und schließlich gemeinschaftliche Freiflächen.
Die Konstruktion ist eine Mischbauweise mit Stahlbetondecken auf Stahlstützenkonstruktion und aussteifenden Stahlbetonwandscheiben und Holzfertigteilaußenwände mit innerer Gipskartonvorsatzschale. Innenausbau und Wohnungstrennwände sind als Gipskartonständerwände ausgeführt. Eine durchgehend dichte Ebene an der Innenseite des Holzfertigteiles (Dampfsperre) vor der Stahlbeton- und Stahlstützenkonstruktion bildet die luftdichte Ebene, die durch eine innere Gipskartonvorsatzschale geschützt wird und als Installationsebene dient.
Niedrigenergiefenster der Firma Sigg, eine Holzfensterkonstruktion mit 88 mm Stock- und Flügelprofil und 3-Scheibenisolierverglasung mit einem U-Wert von 0,6 W/m²K und Thermix-Abstandhaltern reduzieren die Wärmeverluste der Fenster. Wärmebrücken wurden konstruktiv vermieden oder minimiert. Die Fensterrahmen sind durch die Fassadenkonstruktion voll überdämmt, Deckenkonstruktion und Stahlstützen liegen in der inneren Gipskartonvorsatzschalenebene, das Holzfertigteil geht in voller Konstruktionsstärke durch. Durch die innere Vorsatzschale entstehen keine durchgehenden Wärmebrücken bei der Unterkonstruktion. Der Übergangsquerschnitt der inneren Wandscheiben auf die Kellerdecke ist auf das statisch erforderliche Maß reduziert.
Das Herzstück der kontrollierten Wohnungslüftung stellt das AEREX Lüftungsgerät der Fa. Drexel Solarlufttechnik dar, das dezentral in jeder Wohnung angeordnet ist. Die Wärmerückgewinnung erfolgt dabei über einen Gegenstromplattenwärmetauscher und die Nachheizung der Zuluft über ein Warmwasserregister, zusätzlich wird die Zuluft über einen Erdwärmekollektor vorerwärmt. Die zentrale Heizwärme- und Warmwassererzeugung besorgen ein Pelletsheizkessel mit 15 kW und eine Solaranlage mit 40 m² Kollektorfläche.
Das Stromsparkonzept sieht den Einsatz von passivhausgeeigneten Haushaltsgeräten, einen Warmwasseranschluss für Waschmaschine und Geschirrspüler, einen kontrolliert be- und entlüfteten Wäschetrockenraum im Keller mit vorgewärmter Zuluft über den Erdkollektor und den weitgehenden Einsatz von energiesparenden Lampen bei der Beleuchtung vor.
Die Gesamtheit all dieser Maßnahmen ermöglicht die Reduzierung des Endenergieverbrauches auf 20% gegenüber vergleichbaren konventionellen Neubauten und die Erhöhung des Wohnkomforts durch höhere Oberflächentemperaturen der Außenbauteile. Weiters ist die Luftqualität durch ständige Frischluftzufuhr gesichert.

*)Arch. Dipl.-Ing. Gerhard Zweier ist freier Architekt in Wolfurt, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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