2002-03: Passivhäuser
Passivhäuser
Im Rahmen des EU-Forschungs- und Demonstrationsprojekts CEPHEUS (Cost Efficient Passive Houses as EUropean Standards) wurden im Laufe der Jahre 1999 bis 2001 an 14 Standorten in Europa Passivhäuser unterschiedlicher Bauart mit insgesamt 221 Wohneinheiten fertiggestellt.
CEPHEUS Austria
Der österreichische Beitrag zu CEPHEUS bestand in der Errichtung von 9 Passivhaus-Gebäuden mit 84 Wohneinheiten an 9 verschiedenen Standorten in den Bundesländern Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg. Die von privaten Bauträgern und gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften errichteten frei stehenden Einfamilienhäuser, Reihenhäuser und Geschosswohnbauten in Massiv-, Leicht- oder Mischbauweise in üblicher Art als Baustellenfertigung oder in vorgefertigten Elementen zeigen, dass das Passivhaus ein Konzept ist, welches mit unterschiedlichen Baumaterialien und Bauformen errichtet werden kann.
Über die allgemeinen Ziele von CEPHEUS hinaus, war es für Österreich wichtig, in möglichst vielen Bundesländern Passivhäuser als Demonstrationsprojekte zu errichten, um damit Erfahrungen bei der baupraktischen Umsetzung zu gewinnen. Nach einem österreichweiten Aufruf unter Architekten und Bauträgern wurden aus zahlreich eingereichten Projekten jene ausgewählt, welche einerseits im Rahmen des gemeinsamen Gesamtzeitplanes errichtet und messtechnisch untersucht werden können und andererseits die energetischen Zielsetzungen von CEPHEUS erfüllen. Die einzelnen Projekte wurden bereits in der Ausgabe 1-2000 der erneuerbare energie vorgestellt und im Detail beschrieben. Die Tabelle 1 vermittelt eine Übersicht über alle CEPHEUS-Projekte.
Projekt | Gebäudeart | Konstruktion | Wohneinheiten | Energie-bezugsflächen | Wohnnutz-fläche | QH (berechnet) [kWh/(m²a)] |
QH (gemessen*) [kWh/(m²a)] |
CEPHEUS 01 Germany, Hannover | Reihenhaus | Mischbauweise; Tragende Struktur aus Betonfertigteilen; Außenwand und Dach als vorgefertigte Holzleichtbauelemente |
32 | 3576 | 3805 | 11,8 | 15,3 |
CEPHEUS 02 Germany, Kassel | Geschoss-Wohnungsbau | Massivbau (Kalksandstein mit Wärmedämmverbundsystem) | 40 | 3055 | 3164 | 13,4 | 15,1 |
CEPHEUS 03 Sweden, Göteborg | Reihenhaus | Holzbau | 20 | 2635 | ca. 2704 | 12,4 | n.n. |
CEPHEUS 04 Austria, Egg | Mehrfamilienhaus | Massivbau (Ziegelmauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem) | 4 | 310 | 321 | 15,7 | 24,5 |
CEPHEUS 05 Austria, Hörbranz | Reihenhaus | Massivbau (Ziegelmauerwerk mit Wärmedämmverbundsystem) | 3 | 381 | 370 | 13,8 | 7,5 |
CEPHEUS 06 Austria, Wolfurt | Mehrfamilienhaus | Mischbauweise: Stahlskelettkonstruktion mit Stahlbetondecken und aussteifenden Betonscheiben, Außenwände aus vorgefertigten Holzelementen |
10 | 1296 | 1200 | 13,5 | 15,7 |
CEPHEUS 07 Austria, Dornbirn | Einfamilienhaus | Mischbauweise: Stahlskelett und Stahlbetondecken, vorgefertigte Holzleichtbau-Wandelemente | 1 | 125 | 133 | 19,7**) | 33,2 |
CEPHEUS 08 Austria, Gnigl | Mehrfamilienhaus | Stahlbetonschottenbauweise, Außenwände als selbsttragende Leichtbaukonstruktion | 6 | 329 | 337 | 18,0**) | 25,7 |
CEPHEUS 09 Austria, Kuchl | Mehrfamilienhaus | Mischbauweise: Stahlbetondecken auf Stahlstützen, vorgestellte Außenwände in Holzleichtbaukonstruktion | 25 | 1798 | 1400 | 15,1 | 14,3 |
CEPHEUS 10 Austria, Hallein | Geschoss-Wohnungsbau | Mischbauweise: Stahlbetonskelettbauweise kombiniert mit Holzrahmenbauweise | 31 | 2318 | 2340 | 13,9 | n.n. |
CEPHEUS 11 Austria, Horn | Einfamilienhaus | Fertigteilhaus in Mischbauweise, Teile der Außenwände (O,W,N) als Mauerwerk, sonst vorgefertigte Holzbauelemente | 1 | 173 | 170 | 16,2 | 29,0 |
CEPHEUS 12 Austria, Steyr | Einfamilienhaus | Massivbau (Kalksandstein mit Wärmedämmverbundsystem) | 3 | 467 | 468 | 12,3 | 18,1 |
CEPHEUS 13 Switzerland, Nebikon | Reihenhaus | Holzbau | 5 | 613 | 641 | 15,0 | 21,0 |
CEPHEUS 14 France, Rennes | Mehrfamilienhaus | Tragende Konstruktion als Stahlbetonskelettbau; südliche Außenwand als Strohlehmwand (EG bis 3.OG); sonst. Außenwände in Holzbauweise |
40 | 2601 | 2744 | 27,2**) | n.n. |
*) aus Messungen in der ersten Heizperiode hochgerechnet und standardisiert, vgl. Abschnitt 4.2.2.2.2 / n.n.: noch keine Messergebnisse über ausreichend lange Zeiträume **) zu den Überschreitungen des Zielwertes von 15 kWh/(m²a) siehe Abschnitt 2.4.1 |
Tabelle 1: Übersicht über die CEPHEUS-Projekte (Gebäudeart, Konstruktion, Wohneinheiten, Flächen, Wärmebedarf)
CHEPEUS als Entwicklungsimpuls
Mit dem Projekt konnten insbesondere in den Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz bedeutende Innovationsimpulse für (Weiter-) Entwicklungen hocheffizienter Bauteile und Technikkomponenten von Passivhäusern (z. B. Dämmsysteme, Fenster, Lüftungsanlagen, Kompaktheizgeräte etc.) sowie für eine breite Markteinführung von Passivhäusern gegeben werden. CEPHEUS hat in Österreich bewirkt, dass unter dem Namen "Haus der Zukunft" ein nationales Impulsprogramm des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie auf den Vorgaben von CEPHEUS aufbaut, diese ergänzt und in weitere Gebäudearten fortführt. Im Zuge der in diesem Programm eingereichten Entwicklungs- und Forschungsarbeiten sind einige Weiterentwicklungen von Passivhauskomponenten eingereicht worden. Die angestrebte Impulsgebung für die breite Markteinführung des Passivhausstandards hat schon während der Laufzeit des Projekts, im wesentlichen aufgrund der Aktivitäten der CEPHEUS-Partner - auch außerhalb des Projektzusammenhangs - eine ungeheure Dynamik erreicht. Die Zahl der Anbieter von passivhaustauglichen Komponenten steigt kontinuierlich. Einige Länder nahmen den Passivhaustandard als eigene Kategorie in ihre Wohnbauförderungsrichtlinien auf.
In Österreich haben bereits zwei Bundesländer Sonderförderungen für Passivhäuser eingerichtet. Gleichzeitig sind durch die Zusammenarbeit des Energieinstitutes Vorarlberg mit der Donauuniversität Krems im Rahmen des Universitätslehrgangs Solararchitektur das Wissen um das Passivhaus verbreitet und einige Master-Thesis zu diesem Thema abgeschlossen worden. Indiziert durch die Folgeprojekte der Architekten und Bauträger sind andere ausführende Handwerker und Fachplaner mit dem Passivhaus konfrontiert und damit geschult worden.
Klimaneutrale Deckung des Energiebedarfs
Die Raumwärme wird im Passivhaus vorzugsweise durch thermische Solarnutzung in Kombination mit Biomasse gedeckt. Mehr als die Hälfte der österreichischen CEPHEUS-Projekte verfügen über Biomasseheizungen. Damit kann die Raumwärmeversorgung als CO2- bzw. klimaneutral bezeichnet werden.
Abbildung 1: Einfamilienhaus in Mischbauweise mit 170m² WNF in Horn, Niederösterreich
Ökonomische Rentabilität
Passivhäuser unterscheiden sich von konventionellen Gebäuden durch eine erheblich verbesserte Gebäudehülle und hocheffiziente Lüftungswärmerückgewinnung. Beide Qualitätsverbesserungen erfordern Mehrinvestitionen. Für die CEPHEUS - Projekte in 01-Hannover, 03-Göteborg und 14-Rennes sind diese baulich/technischen Mehrinvestitionen als anrechenbare Kosten innerhalb des Thermie - Projektes gefördert worden. Alle anderen Projekten haben diese Mehrkosten unabhängig vom CEPHEUS - Programm finanziert. Das CEPHEUS - Programm beschränkte sich bei diesen Projekten auf Beratung, wissenschaftliche Begleitung, Qualitätssicherung (insbesondere Drucktests und Thermographien), Messtechnik und wissenschaftliche Auswertung.
Die Ermittlung der Mehrkosten war insbesondere bei den Projekten innerhalb des sozialen Wohnungsbaus nicht einfach:
Auch wenn eine Zuordnung der Kosten bei einigen Projekten nur begrenzt möglich ist, zeigen die Ergebnisse doch, dass die Errichtung von Passivhäusern ohne bedeutende Mehrinvestitionen realisierbar ist und sich in einem vertretbaren Bereich abspielen. Die Investitionskosten der österreichischen Projekte liegen zwischen 0 und 17 % höher als die jeweiligen Referenzgebäude. Umgerechnet auf die spezifischen Mehrkosten pro Quadratmeter beheizter Wohnnutzfläche ergibt dies zwischen 0 und 337 Euro.
Dokumentiert werden die Kostenanalysen hier nur für die Projekte, bei denen entsprechende Angaben seitens der Projektpartner vorlagen.
Eine Besonderheit liegt beim Salzburger Projekt Gnigl (08) vor: Die Lage dieses Wohngebäudes an einer verkehrsreichen Straße verursacht höhere Kosten für die konventionellen Aufwendungen eines verbesserten Schallschutzes als die Mehrkosten des Passivhaus-Standards betragen würden. In den folgenden Wirtschaftlichkeitsanalysen setzen wir die Mehrkosten für dieses Projekt bei 0 an.
Abbildung 2:Die besonderen Schallschutzanforderungen, die beim Projekt Gnigl in Salzburg gegeben waren, konnten durch die Mehraufwendungen zur Erreichung des Passivhausstandards erreicht und damit ökonomisch kompensiert werden.
Referenzgebäude
Die Mehrinvestitionen wurden gegenüber einem Gebäude gleicher Bauart und Architektur, jedoch ohne Wärmerückgewinnung, ohne Passivhaus-Fenster und mit reduzierter Wärmedämmung ermittelt. Die Referenzgebäude sind so definiert, dass bei ihnen die jeweiligen nationalen oder regionalen Anforderungen zum Zeitpunkt der Genehmigung eingehalten wurden.
Das Passivhaus wird aus den Referenzgebäuden durch erhebliche Qualitätsverbesserungen entwickelt:
- Wärmedämmung (additive Dämmstoffdicken)
- Wärmebrückenreduktion
- Luftdichtheit (u.a. Drucktest)
- Dreischeibenwärmeschutzverglasungen und Passivhausfenster
- hocheffiziente Wärmerückgewinnungsanlagen
Jede dieser Maßnahmen erfordert eine Mehrinvestition gegenüber dem Referenzfall.
Durch die Vereinfachung des konventionellen Heizsystems gibt es andererseits in einigen Projekten Einsparungen. Z. B. im Projekt 03-Göteborg kompensieren die Einsparungen bei der konventionellen Haustechnik bereits die Mehrinvestitionen bei Dämmung, Fenstern und Lüftung. Dies vor allem daraus zu erklären, dass in Schweden bereits heute ein sehr guter Baustandard gesetzlich gefordert und realisiert wird: Lüftungsanlagen, wenn auch ohne Wärmerückgewinnung und Dreischeibenverglasungen sind in Schweden Standard. Auch die Dämmschichten müssen für das Passivhaus nicht wesentlich erhöht werden. Aber auch beim schwedischen Projekt verbleiben die Mehrinvestitionen für die thermische Solarkollektoranlage.
Projekt Nr. | 01 | 02 | 03 | 04 | 05 | 06 | 07 | 08 | 09 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | |
Investitionen | Germany, Hannover | Germany, Kassel | Sweden, Göteborg | Austria, Egg | Austria, Hörbranz | Austria, Wolfurt | Austria, Dornbirn | Austria, Gnigl | Austria, Kuchl | Austria, Hallein | Austria, Horn | Austria, Steyr | Switzerland, Luzern |
France; Rennes |
alle Projekte |
Bauart | Mi | mass | Holz | mass | mass | Mi | Holz | Holz | Mi | Mi | Mi | mass | Holz | Mi | |
Anzahl Wohnungen | 32 | 40 | 20 | 4 | 3 | 10 | 1 | 6 | 25 | 31 | 1 | 3 | 5 | 40 | 212 |
gesamte Nutzfläche (TFA) m² | 3576 | 3055 | 2635 | 310 | 381 | 1296 | 125 | 328 | 1798 | 2318 | 173 | 467 | 613 | 2601 | 19674 |
Bauwerkskosten gesamt T€ |
3333 | 3041 | 2400 | 376 | 527 | 1310 | 242 | 645 | 2600 | 3067 | 225 | 476 | 1277 | 2697 | 22215 |
spezifische Bauwerkskosten Euro/m² |
932 | 996 | 911 | 1215 | 1381 | 1011 | 1939 | 1965 | 1446 | 1323 | 1304 | 1019 | 2084 | 965 | 1129 |
Mehrinvestitionen für Energieeffizienz und erneuerbare Energie T€ | 397 | 255 | 40 | 40 | 66 | 102 | 42 | -20 | n.n. | 229 | 28 | 72 | 122 | 265 | 1659 |
Mehrinvestition in % | 12% | 8% | 2% | 11% | 13% | 8% | 17% | 0% | n.n. | 7% | 13% | 15% | 10% | 10% | 8% |
spezifische Mehrinvestitionen €/m² | 111 | 84 | 15 | 130 | 174 | 79 | 337 | 0 | n.n. | 99 | 164 | 153 | 199 | 102 | 93 |
Tabelle 2: Mehrinvestitionen für den Passivhausstandard in 13 CEPHEUS-Projekten;
inkl. Kosten für Solaranlagen; (Mi = Mischbau; mass = massiv); n.n. - keine Angaben möglich
*) Arch. Dipl.-Ing. Helmut Krapmeier ist Mitarbeiter des Energieinstitut Vorarlberg, Dornbirn; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.energieinstitut.at, www.cefeus.at [^]