Zeitschrift EE

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2002-04: Ökostrom

Ökostrom

Dank Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz muss uns seit geraumer Zeit mitgeteilt werden, woher der Strom stammt, den wir konsumieren. Auf Ihrer Jahresabrechnung finden Sie eine Tabelle, die Ihnen zeigt, wie viel Prozent des Stromes aus Ökoenergie, aus Wasserkraft, aus Gas, Erdölprodukten, Kohle, Atomenergie und sonstigen Energieträgern stammt.

Hat der Strom ein Mascherl?

Von Heidelinde Adensam*

"Ist auch wirklich das drinnen, was drauf steht? Fällt es schon beim Joghurt schwer, die Inhaltstoffe nachzuweisen, wie soll das erst beim Strom gehen, der ja schon gar nicht mehr in seine ursprünglichen Energieträger zerlegt werden kann?", fragt sich da der kritische Konsument. Es könnte gehen! Der Strom aus der Steckdose zeigt uns zwar in keiner Weise, aus welchen Energieträgern er stammt, aber da Stromhändler und Produzenten genau Buch darüber führen, wie viel Strom von welchem Lieferanten oder aus welchem Kraftwerk kommt, könnte theoretisch nachvollzogen werden, aus welchen Energieträgern der Strom stammt und damit hätte Ihr Strom wirklich "ein Mascherl um". Theoretisch deshalb, weil die Qualität der Stromkennzeichnung von den Details abhängt, und hier schlägt wieder einmal der österreichische Föderalismus zu.
Was Ihnen die Tabelle mit den Energieträger-Prozenten tatsächlich verrät, hängt nämlich vom Bundesland ab, in dem Sie den Strom beziehen, denn: das Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz gibt zwar den Rahmen für eine Stromkennzeichnung vor, schweigt sich aber zu den Details aus und delegiert die heiklen Dinge an die Länder weiter. Diese wiederum schlagen in ihren Gesetzen und Verordnungen zur Stromkennzeichnung ganz individuelle Wege ein und sind derzeit noch weit weg von einer bundeseinheitlichen Regelung.

Händlermix oder Produktmix

"Händlermix" oder "Produktmix", das ist hier die Frage! Händlermix bedeutet, dass auf den Rechnungen für sämtliche Kunden des Stromhändlers die gleiche Stromkennzeichnung aufscheinen muss, nämlich der Energieträgermix seiner Gesamtlieferung. Was aber, wenn Ihnen Ihr Händler nun ein besonderes Produkt wie zum Beispiel "Ökostrom pur" anbietet, natürlich auch zu einem ganz anderen Preis als den "Dumping-Strom" für die gewöhnlichen Kunden? Dann finden Sie, obwohl Sie Ökostrom pur bestellt und bezahlt haben auf Ihrer Stromrechnung unter Stromkennzeichnung die durchschnittliche Energieträgerverteilung Ihres Stromhändlers, also z. B. auch den relativ billigen importierten Atomstrom oder den Strom aus Kohlekraftwerken.
Unfair? Gut, dann eben auch den "Produktmix" zulassen. Das bedeutet, dass Ihr Händler zum Beispiel auf der Rechnung der braven und zahlungskräftigen "Ökostrom pur Kunden" auch wirklich 100% Ökoenergie draufschreiben darf. Den anderen, "gewöhnlichen" Kunden, wird der Händlermix verkauft und spätestens hier wird das Strommascherl zur Maskerade: Es ist zu verstehen, dass Kunden, die spezielle Stromprodukte wie z. B. Kraftwärmekopplungsstrom oder Ökostrom kaufen und bezahlen, diese auch auf ihrer Rechnung wieder finden. Da diese speziellen Produkte aber auch zur Gesamtlieferung für die Berechnung des Händlermixes zählen, finden auch die restlichen Kunden diese speziellen Stromprodukte in ihrer Händlermix-Stromkennzeichnung. Auch nicht fairer!
Was tun nun die Bundesländer derzeit noch mit dieser Misere? In einigen Bundesländern (wie z. B. in der Steiermark oder Oberösterreich) darf der Händler bei der Stromkennzeichnung nur einen einheitlichen Mix aufgrund seiner Gesamtlieferung angeben, also nur den Händlermix auf die Rechnung schreiben. Damit haben sie als Kunde, der kein spezielles Stromprodukt kauft, die Sicherheit1, dass "das was drauf steht auch drinnen ist". Kunden, die ein spezielles Produkt kaufen, finden dieses aber nicht in ihrer Stromkennzeichnung. Hingegen ist in Niederösterreich beispielsweise entweder Händlermix oder Produktmix erlaubt, das heißt, es geht aus der Stromkennzeichnung nicht eindeutig hervor, wie viel des angegebenen Ökostromes sich auch auf der Rechnung der speziellen Ökostromkunden findet.
Kompliziert? Nicht mehr lange, denn mit der neuen Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes wird es einfacher - dann ist nämlich schon im Bundesgesetz der "Händlermix" vorgeschrieben, und individuelle Interpretationen seitens der Länder sind dann nicht mehr möglich.

 

1)"Sicherheit" ist in diesem Zusammenhang zwar nicht die treffende Bezeichnung - was, wenn der Strom auf einer Börse gekauft wurde, wo niemals nachvollzogen werden kann, woher der Strom stammt - darauf und auch auf die Sache mit dem UCTE-Mix wird aus Platzgründen nicht weiter eingegangen.

Abbildung 1: Bei der Stromkennzeichnung lassen manche Energieversorger im Dunkeln, wie hoch der Ökostromanteil in ihrem Strommix ist

 

*) Mag. Heidelinde Adensam ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Österreichischen Ökologieinstitut; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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