Zeitschrift EE

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2003-02: Mobilität mit Erneuerbaren

Technisch-wissenschaftliche Beiträge

Während heute die Emission von Abgasschadstoffen eine entscheidende Rolle bei der weiteren Entwicklung von Antriebsaggregaten spielt, wird in Zukunft die Reduzierung der CO2–Emission zunehmend an Gewicht gewinnen.

Sun-Fuel-Strategie

Von Wolfgang Steiger*

In spätestens 20 Jahren wird jedoch die Verknappung konventioneller Energiequellen zusammen mit dem ansteigenden Weltenergieverbrauch der Entwicklung hocheffizienter Antriebe die höchste Priorität verleihen. In diesem Zusammenhang wird dem Wasserstoff-Brennstoffzellen Antrieb allgemein das höchste Potenzial eingeräumt.

Brennstoffzellen-Fahrzeuge haben bereits hervorragende Abgaseigenschaften, sind aber bei heutiger Technik, unter dem Gesichtspunkt der ganzheitlichen CO2-Emission, der Komplexität und bezüglich der Kosten, Fahrzeugen mit DI-Dieselmotor unterlegen. Eine erhebliche Vereinfachung des Systems und vor allem regenerativ erzeugter Wasserstoff als Energieträger an Bord werden benötigt. Bis zu deren Einführung wird noch erhebliche Zeit vergehen. Aus diesem Grund ist eine Evolutionsstrategie notwendig, deren Inhalte eine nachhaltige Mobilität garantieren.

Die Volkswagen AG sieht dies in der konsequenten Optimierung konventioneller Antriebe und deren Kraftstoffe. Die direkt einspritzenden Diesel- und Ottomotoren stellen heute die verbrauchsärmsten Aggregate dar und werden es vermutlich auch bleiben, wenn Gesamtenergieketten betrachtet werden. Allerdings sind beim heutigen Stand der Technik bezüglich Abgasemissionen Grenzen gesetzt. Kraftstoffeigenschaften spielen eine entscheidende Rolle, wenn weitere Fortschritte erzielt werden sollen.

Gerade in der integralen Betrachtung von Motor, Kraftstoff und Getriebe als ein Antriebssystem liegen erhebliche Potenziale zur Steigerung der Nachhaltigkeit. Die synthetische Herstellung von Kraftstoffen kann dabei als Schlüsseltechnologie gelten. Mit synthetisch hergestelltem schwefel- und aromatenfreiem Diesel- und Ottokraftstoff lassen sich nicht nur bessere Rohemissionen erreichen, sondern es sind darüber hinaus sprunghafte Verbesserungen bei der Abgasnachbehandlung zu erzielen. Der zukünftige Umstieg auf einen regenerativen Primärenergieträger zur Herstellung dieser Kraftstoffe wird zudem erheblich erleichtert, da die Qualität und die spezifischen Merkmale des Endkraftstoffes unabhängig von der eingesetzten Primärenergie sind. Durch die bei der Kraftstoffsynthese gegebenen Freiheitsgrade wird die Darstellung eines völlig neuen Brennverfahrens ermöglicht. Dieses Brennverfahren, bei Volkswagen CCS Combined Combustion System genannt, ermöglichen langfristig den Ersatz der heutigen diesel- und ottomotorischen Verfahren.

Diversifizierung der Kraftstoffquellen

Unter Umweltgesichtspunkten wird die Entwicklung von Kraftfahrzeugen und ihren Antrieben weiterhin durch sich ständig verschärfende Abgasstandards bestimmt, die beispielsweise in Kalifornien auch für konventionelle Antriebe praktisch bei Null liegen. Darüber hinaus gewinnen aber auch Maßnahmen zur Reduktion von Verbrauch und CO2-Emissionen einen ständig wachsenden Einfluss auf die Optimierung von Fahrzeug- und Antriebskonzepten. Mit dem dramatisch sinkenden Einfluss der Fahrzeugemissionen auf die Immissionssituation und damit die Luftqualität wird sich voraussichtlich die Balance zwischen der Emission klassischer Abgasschadstoffe wie CO, HC und NOx und der Emission von CO2 in die Richtung zunehmender Wichtigkeit der CO2 verschieben. Dies vor allem, da der Treibhauseffekt inzwischen weitergehend als Realität akzeptiert wird, obwohl ein objektiver Beweis noch aussteht. Erheblicher Druck wird auf die Automobilindustrie ausgeübt, da die CO2–Emissionen entgegen dem Trend der übrigen Schadstoffe noch bis zum Jahr 2010 ansteigen werden. Global betrachtet spielt dies jedoch eine untergeordnete Rolle, da der Anteil der durch den Straßenverkehr erzeugten CO2–Emissionen an den gesamten anthropogenen Emissionen nur ca. 11,5% beträgt.

Eine weitere wichtige Facette in diesem Bild stellt die steigende Weltnachfrage nach Energiedienstleistungen dar, bei sich gleichzeitig abzeichnender sinkender Verfügbarkeit von preiswerten fossilen Primärenenergieträgern, insbesondere von Mineralöl. Vor allem die extreme Konzentration auf Erdöl als Primärenergieträger birgt erheblich Risken für die Zukunft. Die Mobilitätswirtschaft ist davon in besonderem Maße betroffen.

So ergibt sich auf Basis einer Life Cycle Analysis für einen Golf eine 94%ige Abhängigkeit von Erdölprodukten. Eine langfristige sichere Versorgung mit Energieträgern für den Individualverkehr, besonders vor dem Hintergrund politischer Instabilitäten in den Förderregionen, setzt deshalb neben einem möglichst sparsamen Umgang mit Kraftstoff mittel- und langfristig eine Diversifizierung der für die Kraftstofferzeugung eingesetzten Energiequellen voraus, insbesondere die Einbeziehung alternativer und regenerativer Vorkommen.

Strategie

Für die Volkswagen-Konzernforschung, die als Unternehmensauftrag die langfristige Sicherstellung der technologischen Basis der Produkte der Volkswagen-Gruppe hat, stellte sich die Aufgabe der Erarbeitung einer Strategie für den schrittweise Übergang von heutigen Antrieben und konventionellen, mineralölstämmigen Kraftstoffen zu Zukunftsantrieben und den dafür benötigten Kraftstoffen und Primärenergieträgern. Diese Strategie umfasst drei Bereiche:

Die konsequente weitere Erhöhung der Effizienz der Antriebsaggregate
Die Einbeziehung alternativer Energiequellen zur Kraftstoffherstellung


Abbildung 1
Wirkungsgrade der Antriebe

 

Abbildung 2
Die im jährlichen Pflanzenzuwachs gespeicherte Energie entspricht etwa dem 50-fachen Energieverbrauch der Menschheit

 

Die Entwicklung von CO2-neutralen Pfaden zum Fahrzeugbetrieb
Auf dem Gebiet der Verbrauchsabsenkung wurden bereits in der Vergangenheit erhebliche Erfolge erzielt. Im Vergleich der verschiedenen Verkehrsmittel zeigen sich die heutigen PKW bereits als durchaus wettbewerbsfähig. Der mit modernster Effizienztechnologie ausgestattete 3L-Lupo stellt im Nahverkehr bereits das effizienteste Verkehrsmittel dar. Dennoch geht die Entwicklung zu noch sparsameren Antriebssystemen weiter.

Den höchsten Wirkungsgrad als Einzelaggregat zum Antrieb eines Fahrzeugs hat heutzutage die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle. Abbildung 1 zeigt auf Basis des neuen europäischen Fahrzyklus NEFZ einen Vergleich verschiedener Antriebskonzepte für ein typisches Fahrzeug der Kompaktklasse. Dabei wurde der Zeitraum 2005 bis 2010 angenommen, und es wurden sowohl für die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (VKM) als auch für die Brennstoffzellen-Fahrzeuge (BZ) Annahmen über die weitere Entwicklung der Technologien getroffen. Voraussetzung ist allerdings die Verfügbarkeit von Wasserstoff.

Zur Reduzierung der CO2-Emissionen kann Wasserstoff nur dann beitragen, wenn er regenerativ hergestellt wird. Dem stehen jedoch drei kritische Technologiebarrieren entgegen: Das fehlen eines für Kunden akzeptablen Speichers für die mobile Anwendung, die fehlende Infrastruktur und schließlich das Fehlen einer ökonomisch tragbaren Technologie für die regenerative Herstellung von Wasserstoff. Da bisher für keine der drei Barrieren ein technologischer Lösungsansatz verfügbar ist, kann Wasserstoff nur eine langfristige Lösung darstellen.

Die drei wesentlichen Forderungen an einen zukünftigen Kraftstoff – sichere Versorgung, gesamtwirtschaftliche Tragfähigkeit, Berücksichtigung von Umwelt- und Klimaschutzanforderungen – kann heute kein singulärer Energieträger, auch Wasserstoff nicht, erfüllen. Daraus könnte die Forderung nach einer Diversifikation der Kraftstoffe erfolgen. Die gleichzeitige Marktverfügbarkeit von Diesel, Ottokraftstoff, Methanol, Ethanol, Erdgas und anderer Kraftstoffe kann aber keine wirtschaftliche Lösung darstellen, da für jeden dieser Kraftstoffe ein eigenständiger Antrieb entwickelt werden müsste. Es muss daher nach einer Möglichkeit geforscht werden, die Primärenergien zu diversifizieren und dabei gleichzeitig die zum Einsatz kommenden Energieträger für den mobilen Einsatz auf möglichst wenige Varianten zu konzentrieren.

Synthetische Kraftstoffe

In den nächsten Jahren wird insbesondere ein verstärkter Einsatz von Erdgas erfolgen, was auch für die spezifischen CO2-Emissionen von Vorteil ist. Erdgas kann und wird direkt zum Fahrzeugantrieb genutzt werden. Allerdings ist wegen der bekannten Nachteile bezüglich Reichweite und Platzbedarf für den Tank, die für alle gasförmigen Kraftstoffe gelten, und des zunehmenden Aufwandes für die Abgasnachbehandlung zu Erfüllung strenger Abgasgrenzwerte wie Euro IV, kein Ersatz der heutigen Kraftstoffe durch Erdgas zu erwarten, sondern nur eine Ergänzung. Aus Erdgas können aber auch mit bekannten und großtechnischen erprobten Verfahren wie der Shell-Mittel-Destillat-Synthese (SMDS) andere Sekundärenenergieträger hergestellt werden.

Erdgas wird dazu in einer ersten Verfahrensstufe mittels einer Dampfreformierung in ein Synthesegas, einer Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid umgewandelt. Aus diesem Synthesegas kann über eine Fischer-Tropisch-Synthese konventioneller Kraftstoff, insbesondere Dieselkraftstoff hoher Qualität, ohne Schwefel- und Aromatengehalt, hergestellt werden. Diese sogenannte Gas To Liquid Technologie (GTL) ist beim heutigen Rohölpreis-Niveau in vielen Regionen der Erde, in denen kostengünstig Erdgas oder Erdölbegleitgas anfällt, höchst wirtschaftlich. Bis zu einer stabilen und relevanten Versorgung mit diesen synthetischen Kraftstoffen werden sicherlich noch fünf bis acht Jahre vergehen, die notwendig sind für die Investitionen und den Bau der Syntheseanlagen. Dies stellt daher eine kurz- bis mittelfristige Lösung dar.

Diese synthetischen Kraftstoffe besitzen ein enormes Potenzial zur Verbesserung der motorischen Brennverfahren. Die Spezifikation eines synthetischen Dieselkraftstoffs besticht vor allem durch die hohe Cetanzahl und die Aromaten- und Schwefelfreiheit. Als Beispiel sind in Abbildung 3 einige Werte beim Einsatz synthetischer Kraftstoffe in einem Dieselmotor dargestellt. Die Bezugsbasis stellt ein Standard-Dieselkraftstoff mit einem Schwefelgehalt 300 ppm dar. Zum Einsatz kommen zwei synthetische Dieselkraftstoffe von denen einer (Syn-Fuel B) mit sauerstoffhaltigen Komponenten angereichert ist. Wie zu erkennen ist, ermöglichen diese Kraftstoffe die gleichzeitige Reduzierung der NOx und der Partikelemissionen. Das Verhalten ist bei allen dargestellten Betriebspunkten vergleichbar. Insbesondere der mit Sauerstoff angereicherte Kraftstoff besitzt ein enormes Potenzial zur Verminderung der Partikelemission, hier als FSN (Filter Smoke Number) gemessen. Setzt man die Kraftstoffe in einem Fahrzeug ein ohne die Kalibrierung anzupassen, wie es bei einem Einsatz in bereits im Feld befindlicher Dieselmotoren der Fall wäre, so lassen sich mit einem EU III Fahrzeug ohne weitere Maßnahmen bereits die EU IV – Partikelgrenzwerte unterschreiten. In einem Golf mit 85 kW PDE-Dieselmotor wurden mit Kraftstoff B Partikelwerte kleiner 0,008 g/km in NEFZ gemessen.

 

Abbildung 3
Synthestischer Kraftstoff im Dieselmotor

SunFuel

Die Zwischenstufe Synthesegas ermöglicht nun zusätzlich den Einsatz regenerativer Energieträger, wie Restholz, Reststroh, Energiepflanzen oder Biomüll. Entscheidend ist, dass dabei die Qualität des Endproduktes nicht von der Beschaffenheit der eingesetzten Primärenenergie abhängig ist. Mit dieser Lösung wird die endliche Verfügbarkeit und die CO2-Emission der synthetischen Kraftstoffe beseitigt. Die im jährlichen Pflanzenwachstum gespeicherte Energie entspricht etwa dem fünfzigfachen Energieverbrauch der Menschheit, d. h.es existiert ein enormes Ersatzpotenzial. Auch aus politischer Sicht ergibt sich durch den Einsatz von Biomasse eine Entspannung auf dem Versorgungssektor, da gegenüber der fossilen Energieträger die Biomasse relativ gleichmäßig über die Erde verteilt ist. Die CO2-Emission wird damit lokal nicht zu Null, aber es wird ein CO2-neutraler Kreislauf geschaffen, dessen Antriebsenergie die Sonnenenergie darstellt (Abbildung 4). Damit integrieren wir den Kraftstoffzyklus in den natürlichen CO2-Kreislauf, der ca. 98% der gesamten CO2-Emissionen beinhaltet. In Deutschland und Europa würde sich die zur Verfügung stehende Biomasse im wesentlichen auf die drei Bereiche Resthölzer, Reststroh und den Anbau von Energiepflanzen verteilen. Insgesamt besteht somit ein gesichertes mittelfristiges Potenzial von ca. 2280 TWh/a an umwandelbarer Primärenergie. Unter Berücksichtigung eines mittelfristig erzielbaren Prozesswirkungsgrades von ca. 50% einschließlich aller Transport- und Verarbeitungsverluste, könnte man damit ca. 40% des gesamten heutigen Kraftstoffbedarfs in Europa und den Beitrittsländern abdecken. Allerdings kann man nur mit einer 50%igen Verfügbarkeit zur Kraftstofferzeugung ausgehen, da bereits heute stabile Pfade zur anderweitigen Nutzung von Biomasse bestehen.

Abbildung 5 beschreibt schematisch eine solche Anlage. Dargestellt ist das CarboV-Verfahren der Fa. Choren. Dabei wird in einem ersten Schritt mit einer Niedertemperaturvergasung die Biomasse in einen gasförmigen und eine festen Bestandteil (Biokoks) zerlegt. In einer zweiten Stufe wird dann das Synthesegas erzeugt. Die anfallende Schlacke enthält unter anderem alle mineralischen Bestandteile der Pflanzen, die während des Wachstums aufgenommen wurden. Das Synthesegas wird anschließend z. B. in einer Fischer-Tropsch-Synthese mit nachfolgendem Hydrocracker in Kraftstoff umgewandelt. Dieser Lösungsansatz eines biomassebasierten SunFuels kann als mittelfristig bezeichnet werden, da er heute noch nicht wirtschaftlich tragbar ist. Im Vergleich zum erdöl- oder erdgasbasiertem Kraftstoff (ca. 25 Cent/Liter) ergibt sich ein Kostennachteil von ca. 25 Cent/Liter in den reinen Herstellungskosten ohne Steuern (basierend auf einer Anlagengröße von 400 MWth). Jedoch liegen die Herstellungskosten weit unterhalb heutiger Tankstellenpreise, so dass es in der Hand der Politik liegt, durch entsprechende Steuergesetzgebung die Verfahrensentwicklung und erste Einführung dieser Kraftstoffe zu fördern, bis eine wirtschaftliche Machbarkeit dargestellt werden kann. Langfristig könnte, wenn kostengünstiger regenerativ gewonnener Wasserstoff zur Verfügung stünde, Synthesegas mit CO2 aus Verbrennungsprozessen, beispielsweise aus dem Rauchgas eines Kraftwerkes, gewonnen und zur Herstellung von synthetischem Kraftstoff genutzt werden. Dies bedeutet auch, dass die Implementierung einer Wasserstoffwirtschaft nicht zwangsläufig die Nutzung von Wasserstoff in der Mobilitätswirtschaft zur Folge hat. Gerade im Sinne einer Nachhaltigkeit könnten sich synthetische Kraftstoffe auf Basis von Biomasse unter ganzheitlicher Betrachtung als sinnvoller erweisen. Derartige Kraftstoffe sind CO2-neutral, da sie zu keiner zusätzlichen Emission von Kohlendioxid führen. So erzeugtes SynFuel bezeichnen wir als „SunFuel“.

 

Abbildung 4
CO2-neutraler Kreislauf mit SunFuel

 

 

*) NTV ... Niedertemperaturvergasung

Abbildung 5
SunFuel-Herstellung im CarboV-Verfahren der Fa. Choren

Mit der Annäherung an die technische Fördergrenze für Erdöl und den steigenden Weltenergiebedarf werden alternative Energieträger in Zukunft schnell an Bedeutung gewinnen müssen. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die konventionellen Kraftstoffe bezüglich deren Qualität und Reinheit. Die damit verbundenen Kostensteigerungen begünstigen die Einführung in der Regel teurerer Alternativen. VOLKSWAGEN sieht daher in den kommenden Jahren eine Kraftstoffevolution, die von den konventionellen, erdölgebundenen Kraftstoffen über synthetisch aus Erdgas erzeugten hin zu auf Biomasse basierenden SunFuels führt. Erst in ferner Zukunft, wenn alle Technologiebarrieren überwundern sind, kann sich Wasserstoff als Energieträger in der mobilen Anwendung einbringen.

Neues Brennverfahren CCS

Diese Überlegungen zeigen, dass auch in den nächsten 30 Jahren von der Verfügbarkeit flüssiger Kohlenwasserstoffe als Kraftstoffe ausgegangen werden kann. Gleichzeitig bieten die synthetisch hergestellten Kraftstoffe die Möglichkeit einer optimalen Anpassung der Kraftstoffeigenschaften an die Verbrennung. Denkt man an die weitere Absenkung der Schadstoffemissionen oder an eine Reduzierung des beträchtlichen Aufwandes der Abgasnachbehandlung, so wird beides nur dann zu erfüllen sein, wenn vor allem die NOx- Rohemissionen der geschichteten Brennverfahren herabgesetzt werden können. Das heißt, eine NOx- Produktion muss während der Verbrennung unterdrückt werden, ohne die Effizienz der Motoren zu verschlechtern, wozu man die Qualitätsregelung mit Direkteinspritzung (DI-,TDI- oder FSI- Verfahren) beibehalten muss. Es gilt daher, die jeweiligen Vorteile von Otto- und Dieselmotor in einem neuen Verfahren zu vereinen.

Mit der Einführung der Direkteinspritzung auch bei den Ottomotoren näherten sich die Brennverfahren beider Motorkonzepte bereits deutlich an. Die nächsten Stufen der Brennverfahrensentwicklung verstärken diesen Trend. Die Entwicklung einer „teilhomogenisierten Dieselverbrennung mit/ohne Fremdzündung“ und die in den Forschungs- und Entwicklungslabors ebenfalls aktuelle Entwicklungsstufe „Selbstzünder Ottomotor“ basieren bereits auf einer im Kern vergleichbaren Hardware. So ist es nur konsequent, über die Entwicklung eines neuen kombinierten Brennverfahrens nachzudenken, das die wesentlichen Merkmale beider Verfahren zusammenfasst. Dieses Verfahren wird bei Volkswagen CCS– Combined Combustion System genannt.

Grundlage dieses Verfahrens ist ein neuer synthetischer Kraftstoff. Zur Zeit werden gerade die grundlegenden Voraussetzungen eines solchen Verfahrens ermittelt. Soweit heute zu übersehen, ist im wesentlichen das Verdampfungs- und Zündverhalten, also dessen Komposition von entscheidender Bedeutung. Soll eine stärkere Homogenisierung der Gemischwolke erreicht werden, ohne dass die Selbstzündung zu früh beginnt, benötigt man einen Kraftstoff mit frühem Siedebeginn und –ende sowie reduzierten Selbstzündungseigenschaften. Diese Eigenschaften steigen in der Reihenfolge Diesel-Kerosin-Naphtha-Ottokraftstoff an. Beispielhaft ist dies Abbildung 6 zu erkennen, auf dem für eine Drehzahl von 1600 1/min und ein Drehmoment von 100 Nm die Reduktion des NOx-Partikel Trade-Offs für Diesel und Kerosin dargestellt wird. Wie deutlich zu erkennen ist, gelingt mit Kerosin eine wesentlich größere Absenkung der Emissionen bei Umsetzung des CCS Verfahrens. Zur Realisierung des CCS Verfahrens sind noch zahlreiche Hürden zu überwältigen. Im stationären Betrieb konnte das Verfahren bereits sehr stabil dargestellt werden. Der dynamische Betrieb setzt aber die Entwicklung völlig neuer Regelkonzepte, Sensoren und Aktuatoren voraus. Mit einer Markteinführung ist daher in diesem Jahrzehnt nicht mehr zu rechnen.

 

Abbildung 6
Kraftstoffpotenziale im CSS-Verfahren

 

 

Abbildung 7
Entwicklung zukünftiger Kraftstoffe und Antriebe

 

Abbildung 7 stellt ein Gesamtszenario der Entwicklung zukünftiger Antriebe und der dazugehörigen Kraftstoffe dar, sowie schematisch die daraus resultierende Entwicklung der spezifischen CO2-Emission. Mit heutigen Kraftstoffen aus Mineralöl und konventionellen Antriebsaggregaten werden sich die spezifischen CO2–Emissionen entsprechend der Selbstverpflichtung der Automobilindustrie und dem technischen Fortschritt weiter verringern. Dabei werden Motoren mit direkter Kraftstoffeinspritzung eine Schlüsselrolle spielen. Additiv zu den mineralölstämmigen Kraftstoffen werden in diesem Jahrzehnt synthetische konventionelle Kraftstoffe auf den Markt kommen, vornehmlich auf Basis von Erdgas. Für die gemeinsamen Kunden der Automobil- und der Kraftstoffindustrie ändert sich durch die Einführung synthetischer Kraftstoffe nichts, da alle Nutzungseigenschaften und die Infrastruktur erhalten bleiben. Die synthetischen Kraftstoffe sind frei von Schwefel und Aromaten und können in ihren Eigenschaften enger toleriert werden als heutige Kraftstoffe. Diese vorteilhaften Eigenschaften ermöglichen dem Automobilhersteller eine Weiterentwicklung seiner Produkte zu verringertem Verbrauch und, insbesondere bei Dieselmotoren, zu weiter verbesserten Emissionen. Wird Synthesegas nicht aus fossiler Primärenergie hergestellt, sondern auf Basis CO2 freier oder CO2 neutraler Energie, dann verringern sich die spezifischen CO2-Emissionen des Fahrzeugbetriebs auch bei unverändertem Verbrauch. Dies gilt unabhängig von der Art des Kraftstoffs, also auch für synthetischen Kraftstoff aus nachwachsenden Rohstoffen („SunFuel“). Der große Vorteil dieser Route liegt darin, dass auch in dieser Phase die heutige Kraftstoff-Infrastruktur erhalten bleiben kann.

Wie bereits dargestellt, werden mittelfristig neuartige motorische Brennverfahren, welche die Verbrauchsvorteile heutiger Dieselmotoren mit dem Emissionspotenzial von Ottomotoren verbinden, zum Einsatz kommen. Für diese hybriden Brennverfahren müssen auch die passenden Kraftstoffe zugeschnitten werden. Synthetische Kraftstoffe (Syn-Fuel, später SunFuel) bieten hierfür die besten Voraussetzungen. Langfristig ist damit zu rechnen, dass die noch bestehenden Probleme von Wasserstoffspeicherung und –infrastruktur gelöst werden. Der Weg für die Wasserstoffwirtschaft ist dann frei, vorausgesetzt, eine Gesamtbewertung ergibt ausreichende Vorteile. Für den Fahrzeugbetrieb ist dann anzunehmen, dass die Brennstoffzelle den heutigen Verbrennungsmotor nicht nur ergänzt, sondern ersetzt. Allerdings ist damit nicht in den nächsten 20 Jahren zu rechnen.

Literatur
Steiger, W., Sun Fuel – Strategie Basis nachhaltiger Mobilität, Alternative Kraftstoffe aus der Sicht von Volkswagen, Solarzeitalter 3/2002, Seiten 34 bis 40

*) Dr.-Ing. Wolfgang Steiger ist Leiter der Kernkompetenz motorische Antriebe und Leiter des Forschungsfeldes Energiewandlung bei der Volkswagen AG in Wolfsburg [^]

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