Zeitschrift EE

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2004-01: Wasserstoff und Brennstoffzellen

Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen

Neben der direkten Nutzung von Biogas zur Erzeugung von elektrischem Strom mittels Gasmotor, Mikrogasturbine oder Brennstoffzelle stellt die Umwandlung in Wasserstoff eine wertvolle Ergänzung dar. Wasserstoff gilt langfristig in Europa als ein umweltfreundlicher Energieträger, dem vor allem in Verbindung mit der zukunftsträchtigen Brennstoffzellentechnologie ein großes Potenzial zugeschrieben wird.

Innovationsstrategien für Wasserstoff und Brennstoffzellen

Von Steven Trogisch, Marianne Haberbauer und Werner Ahrer*

Angesichts der Endlichkeit der fossilen Ressourcen sollte in allen Bereichen der Energieversorgung das langfristige Ziel sein, den globalen Energiebedarf aus emissionsfreien oder regenerativen Quellen zu decken. Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen an klimarelevanten Gasen ist die rationelle Energieerzeugung. In Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung in der Energiewirtschaft müssen jedoch neben den fossilen Quellen zur Wasserstoffproduktion auch erneuerbare Energiequellen verstärkt ins Auge gefasst werden. Das fermentativ erzeugte Biogas aus Biomasse und biogenem Abfall stellt dabei neben der Vergasungstechnologie einen viel versprechenden Ansatz dar, Wasserstoff tatsächlich umwelt- und ressourcenschonend zu erzeugen. Die Kombination mit Brennstoffzellen stellt dabei eine Möglichkeit dar, einen erneuerbaren Energieträger mit den hohen Wirkungsgraden und weiteren Vorteilen der Brennstoffzellentechnologie zu verbinden. Die Schlüsselfrage dabei ist, Wasserstoff in der entsprechenden Reinheit bereitstellen zu können.

Biogas als Energieträger

Biogas entsteht durch den anaeroben mikrobiellen Abbau organischer Substanzen (Biomasse). Dabei wird letztendlich Sonnenenergie, die in Pflanzen zwischengespeichert wurde, in Form des Energieträgers Methan wieder frei. Im Gegensatz zum Erdgas ist die chemische Zusammensetzung im Deponie-, Klär- und Biogasbereich nicht gleichbleibend, sondern ist abhängig von der Beschaffenheit des Klärschlammeintrages, von der Müllzusammensetzung, von jahreszeitlich bedingten Temperaturunterschieden bzw. von der organischen Zusammensetzung des Rohstoffes in einer Biogasanlage.
Neben den Hauptkomponenten Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) sowie Wasserdampf kann Biogas auch Verunreinigungen wie z. B. Schwefelwasserstoff (H2S), Ammoniak, Siloxane oder halogenierte Kohlenwasserstoffe enthalten.
Bis jetzt wird Biogas in konventionellen BHKWs verstromt, das bedeutet einen relativ niedrigen elektrischen Wirkungsgrad (im besten Fall ~43%) und eine große Menge Prozesswärme auf niedrigem Temperaturniveau. Im Biogas muss dafür die Schwefelwasserstoffkonzentration nur auf 50 bis 100 ppm reduziert werden. Bei diesen H2S-Konzentrationen können BHKWs ohne Probleme betrieben werden. Als Reinigungssysteme sind einfache Methoden wie Luftzuführung (biologische H2S Entfernung), aber auch physikalische und chemische Methoden in Verwendung.

Abbildung 1: Profactor betreibt zwei 20 Liter Fermentoren, um Daten für eine Optimierung des Biogasprozesses zu sammeln (Quelle: Profactor)

Anforderungen der Brennstoffzellen an Biogas

Brennstoffzellen sind nach Typ mehr oder weniger empfindlich gegenüber den verschiedenen Schadstoffen im Brenn- bzw. Treibstoff. Die Entwickler von Brennstoffzellen fokussieren nun die Komponenten, die als erste unter den Schadstoffen leiden. So beabsichtigt man, unempfindlichere Teile wie Membrane oder Katalysatoren zu entwickeln, um mehr Flexibilität bei der Wahl der Qualität des Treib- und Brennstoffes zu ermöglichen. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass kurzfristig marktfähige Produkte auf dem Markt kommen werden. Deshalb wird es als sinnvoller erachtet, an der Qualität des Biogases zu arbeiten. Die Gasaufbereitung ist daher die Schlüsselkomponente eines Biogas-Brennstoffzellensystems (Abbildung 1). Nur durch eine kosteneffektive Gasaufbereitung ist es möglich, Biogas als Brenngas in einer Brennstoffzelle zu verwenden.

Gasaufbereitung im Deponie-, Klär- und Biogasbereich

Biogas kann ebenso wie Erdgas sowohl zur direkten Wärmeerzeugung als auch zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Die Anforderungen an die Gasqualität sind vom Einsatzfeld abhängig. Für die Anwendung von Biogas in Brennstoffzellen müssen die in dem Gas enthaltenen Schwefel-, Siloxan- und Halogenverbindungen entfernt werden. Diese Verbindungen würden auch in geringen Konzentrationen die energetische Verwertung von Klär-, Deponie- und Biogas in Brennstoffzellen nachhaltig erschweren, da z. B. die organischen Siliziumverbindungen im Gas in Siliziumoxide umgewandelt werden.
In Abbildung 2 ist ein Prototyp zur H2S-Reinigung dargestellt, der im EU Projekt EFFECTIVE entwickelt wurde, mit dem H2S im Biogas auf biologischem Wege zu Schwefel bzw. Sulfat abgebaut wird.

Abbildung 2: Biotropfkörper zur H2S Reinigung in Biogas (Prototyp) (Quelle: Profactor)

Gasreformierung

Um Biogas in Brennstoffzellen verwenden zu können, muss Methan in Wasserstoff umgewandelt werden. Der Prozess um methanhältiges Gas in Wasserstoff umzuwandeln wird als Reformierung bezeichnet. Je nach angewandter Technik unterscheidet man dabei zwischen der Dampf-Reformierung, der autothermen Reformierung und der partiellen Oxidation. Daneben kommen auch Kombinationen dieser Verfahren zum Einsatz. In jedem Fall entsteht bei den Verfahren ein Gemisch aus Wasserstoff, KohlenmoNOxid, Kohlendioxid und Wasserdampf. Bei Hochtemperaturbrennstoffzellen wie die Schmelzkarbonatbrennstoffzelle (MCFC) oder die Oxidkeramische Brennstoffzelle (SOFC) wird deren Prozesswärme für eine interne Reformierung verwendet. Dadurch wird nochmals eine Effizienzsteigerung erreicht. Zusätzlich sind diese Brennstoffzellentypen unempfindlich gegenüber KohlenmoNOxid (CO) und CO2.
Für den Einsatz mit einer Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (PEMFC) bedarf es jedoch neben dem eigentlichen Reformierungsprozess weiterer Prozessschritte, wie sie in Abbildung 3 dargestellt sind, um reinen Wasserstoff aus Biogas zu erzeugen. Das durch den Reformierungsprozess erzeugte Gas muss durch den so genannten CO-Shift von KohlenmoNOxid weitgehend befreit werden, wobei weiterer Wasserstoff durch die Umwandlung des CO mit Wasser erzeugt wird. Das letztendlich nicht mehr umgewandelte CO muss schließlich durch eine CO-Feinreinigung entfernt werden. Der resultierende Wasserstoff kann anschließend für die Verstromung in einer PEMFC eingesetzt werden.

Abbildung 3: Verfahrensschema zur Erzeugung von reinem Wasserstoff aus Biogas (Quelle: Profactor)

Projektbeispiel Effective

1999 bildete sich eine Gruppe von Firmen, die sich als Ziel gesetzt hat, Biogas als Brennstoff in einer MCFC zu verwenden. Dieses Konsortium startete im Juli 2000 das von der EU und vom BMVIT mitfinanzierte Projekt EFFECTIVE. Partner in EFFECTIVE sind folgende Firmen: PROFACTOR (Koordinator), Linz AG, Studia, MTU (MCFC Hersteller), Seaborne, Ciemat, Urbaser und die Universität Nitra in der Slowakei. Das Gesamtbudget beträgt 3,5 Mio. Euro. Eines der Ziele von EFFECTIVE ist die Entwicklung einer kostengünstigen Aufbereitungseinheit zur Entfernung von H2S aus Biogas für die Nutzung in der MCFC. Weiters sollen zwei MCFC Teststände (inklusive sechs 300 W Stacks) gebaut und gemeinsam mit den Gasaufbereitungseinheiten getestet werden. Jeder Brennstoffzellenstapel (=Stack) besteht aus 10 MCFC Zellen.

Zwei Teststände

Um die Auswirkungen der Qualität verschiedener Biogase auf die Lebensdauer und des Wirkungsgrades der Brennstoffzellen zu erfahren, werden die Teststände an verschiedenen Biogasanlagen getestet. Teststand 1 wird jeweils 2.000 bis 4.500 Stunden in Deutschland, Österreich und Spanien zusammen mit der chemischen Gasaufbereitungseinheit betrieben. In Deutschland und in Österreich wurden bereits die ersten zwei Testzyklen durchgeführt. Seit Mitte Februar wird diese Anlage in Pinto (bei Madrid) getestet. In Pinto entsteht zurzeit die zweitgrößte Müllaufbereitungsanlage Spaniens. Die organische Fraktion des Madrider Hausmülls wird zum Teil vergärt. Das daraus entstehende Biogas wird gemeinsam mit Deponiegas für die EFFECTIVE-Versuche verwendet. Teststand 2 wurde stationär mit dem Biotropfkörper an der Biogasanlage in Kolinany bei Nitra in der Slowakei aufgestellt. Diese landwirtschaftliche Biogasanlage gehört zur Universität Nitra. Neben den Untersuchungen zur Gasaufbereitung werden Materialuntersuchungen durchgeführt, um die Auswirkungen der verschiedenen Gase auf die Zellen zu erforschen. Die vorläufigen Ergebnisse sind positiv: Biogas hat keinen negativen Einfluss auf die MCFC und der Wirkungsgrad wurde leicht erhöht durch den höheren CO2 Gehalt.

Zusammenfassung

Der heutige Stand der Technologie ist im Bereich der Erdgasreformierung (ca. 96% Methan) gut ausgereift. Bei Verwendung von Biogas anstelle von Erdgas müssen jedoch Störkomponenten im Biogas beachtet werden, wie zum Beispiel Schwefelwasserstoff oder Siloxane, die die Brennstoffzelle sowie den Katalysator im Reformer schädigen können. Die Forschungsaktivitäten gehen daher heute in zwei Richtungen: erstens werden kostengünstige Verfahren zur Abtrennung dieser Störkomponenten aus dem Biogas entwickelt und zweitens werden weniger anfällige Katalysatoren und Materialien für den Reformer sowie der Brennstoffzelle erforscht. Weiters ist die Entwicklung von kleinen und leistungsfähigen Reformereinheiten ein Ziel, das vor allem aus wirtschaftlicher Sicht eine Herausforderung darstellt.

 

*) Dipl.-Ing. (FH) Steven Trogisch und Dipl.-Ing. Marianne Haberbauer sind wissenschaftliche Mitarbeiter der Energie und Umwelttechnologiegruppe, Dip.-Ing. Dr. Werner Ahrer ist Forschungsleiter Energie und Umwelttechnologie bei der Profactor Produkionsforschungs GmbH in Steyr, Österreich, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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