Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2004-01: Wasserstoff und Brennstoffzellen

Energiepolitik

Präsident Bush hofft seinen trüben Ruf in Bezug auf Energie und Umwelt mit etwas umkehren zu können, was die Administration lautstark als einen alternativen Plan zur Bekämpfung des Treibhauseffekts und zur Sicherstellung der Energiesicherheit preist. Aber dieser Vorschlag ist nur ein trojanisches Pferd, um den Interessen von Kohle-, Öl-, Gas und Nuklearindustrie Vorschub zu leisten.

Achillesferse der Wasserstoffenthusiasten

Von Jeremy Rifkin*

Vom 19.-21. November 2003 lud das Weiße Haus Energieminister aus der ganzen Welt dazu ein, ein Abkommen über gemeinsame Forschung und Entwicklung zu unterzeichnen - mit dem Ziel, innerhalb der nächsten Dekaden eine Wasserstoffwirtschaft einzuteilen. Die USA haben vorgeschlagen, diese erste globale Anstrengung für Forschung und Entwicklung zu leiten, was sie als "Internationale Partnerschaft für eine Wasserstoffwirtschaft" bezeichnen.
Die Umweltgemeinschaft befindet sich in Aufruhr über Bush´s Wasserstoffagenda. Warum? Wasserstoff hat ein Janusgesicht. Obwohl man ihn überall auf der Erde finden kann, existiert er selten ungebunden in der Natur. Er muss aus fossilen Brennstoffen, Wasser oder Biomasse extrahiert werden. Mit anderen Worten, es gibt "schwarzen" und "grünen" Wasserstoff. Und es ist dieser entscheidende Unterschied, der Bush´s Vision einer Wasserstoffzukunft von der von vielen aus der Umweltbewegung trennt. Bush und sein Energiesekretär Spencer Abraham sagen, dass Wasserstoff uns von der Abhängigkeit von ausländischem Öl befreien kann. Was sie aber unerwähnt lassen, ist ihr Plan Wasserstoff aus allen alten Energiequellen zu gewinnen - Öl, Naturgas und Kohle - und durch die Nutzung der Kernenergie. Bush will also in eine Wasserstoffzukunft einläuten, ohne jemals die fossile und nukleare Vergangenheit zurückzulassen.

Woher kommt der Wasserstoff?

Heute wird der meiste kommerzielle Wasserstoff mit Hilfe eines Dampf-Behandlungs-Prozesses aus Erdgas extrahiert. Obwohl Erdgas bei der Produktion von Wasserstoff weniger Kohlendioxid emittiert als andere fossile Brennstoffe, ist es doch eine begrenzte Ressource und relativ knapp. Wasserstoff kann auch aus Kohle extrahiert werden, und Enthusiasten weisen darauf hin, dass die USA über üppige Kohlereserven verfügen. Das Problem ist, dass Kohle doppelt so viel CO2 produziert wie Erdgas, was einen dramatischen Anstieg des Treibhauseffektes impliziert. Die Kohleindustrie entgegnet darauf, dass es möglich sei, CO2 unterirdisch oder in den tiefen Ozeanen für tausende von Jahren sicher zu deponieren. Für viele Umweltaktivisten ruft die CO2-Lagerung unheimliche Parallelen zu den von der Nuklearindustrie genutzten Argumente in Bezug auf Atommüll wach. Die Atomindustrie würde gerne Wasserstoff produzieren, aber da gibt es immer noch die ungelöste Atommüllproblematik, die in den Himmel schießenden Kosten bei der Errichtung neuer Reaktoren und die Verletzbarkeit von Nuklearanlagen im Falle terroristischer Angriffe.

Erneuerbare Energiequellen für Wasserstoffgewinnung?

Es gibt einen anderen Weg, Wasserstoff zu produzieren, einen grünen, der keine fossilen oder nuklearen Brennstoffe benutzt. Erneuerbare Energiequellen wie Wind, geothermische Energie und Photovoltaik werden in wachsendem Maße zur Stromerzeugung genutzt (siehe Abbildung 1). Dieser Strom wiederum kann in einem Elektrolyseprozess genutzt werden, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen.

Abbildung 1: Unter den erneuerbaren Energiequellen zur Herstellung von Wasserstoff hat Windenergie in unseren Breiten wahrscheinlich das größte Potenzial

Abbildung 1: Unter den erneuerbaren Energiequellen zur Herstellung von Wasserstoff hat Windenergie in unseren Breiten wahrscheinlich das größte Potenzial(Quelle: Hydrogen Now! © 2002)

Der Vorschlag des Weißen Hauses ruft nach hohen Subventionen zugunsten der Kohle- und Nuklearwirtschaft für die Wasserstoffgewinnung. Der Energiesekretär behauptet, dass die Verwaltung sich in gleichem Maße für Forschung und Entwicklung von erneuerbaren Energiequellen für die Wasserstoffgewinnung engagiert. Jedoch haben das Weiße Haus und die Republikanische Partei im Kongress systematisch die Anstrengungen blockiert, Zielvorgaben für die stufenweise Einführung Erneuerbarer Energien in der Energieerzeugung und im Verkehr zu etablieren. Wenn die Vereinigten Staaten erfolgreich die Internationale Partnerschaft für eine Wasserstoffwirtschaft in Richtung einer schwarzen Wasserstoffzukunft lenken, könnte dies die Weltwirtschaft für einen großen Teil des 21. Jahrhunderts im alten Energieregime gefangen halten - mit schweren Folgen für Umwelt und Wirtschaft.
Die wahren Vorzüge einer Wasserstoffzukunft können nur verwirklicht werden, wenn Erneuerbare Energien stufenweise eingeführt und letztlich die primäre Quelle für die Wasserstoffextraktion werden. In der Zwischenzeit sollte die US-Regierung strengere Standards für Autotreibstoffe, Hybrid-Autos, die Überholung des nationalen Stromnetzes, das Kyoto-Protokoll zur globalen Erwärmung und Benchmarks für die Einführung regenerativer Energien unterstützen. All diese Initiativen sollten parallel in einem ehrgeizigen nationalen Kraftakt durchgeführt werden, um die Forschung und Entwicklung von Technologien für Erneuerbare Energien, Wasserstoff und Brennstoffzellen sicherzustellen und zu fördern. Das Ziel sollte eine vollintegrierte grüne Wasserstoffwirtschaft zum Ende der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts sein.

Referenzen:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Artikel "Grüner statt schwarzer Wasserstoff - Präsident Bush zeigt die Achillesferse der Wasserstoff-Enthusiasten" von Jeremy Rifkin in der Zeitschrift Solarzeitalter, Ausgabe 4/2003

*) Jeremy Rifkin ist einer der wichtigsten Autoren zum Thema Klimaschutz in den USA und Präsident der "Foundation on Economic Trends", Präsident der "Greenhouse Crisis Foundation" und steht der "Beyond Beef Coalition" vor. [^]

Top of page