Zeitschrift EE

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2004-02: Nachhaltige Wasserwirtschaft

Forschungsergebnisse

Wasserrecycling im Haushalt, zwischenzeitlich fast in Vergessenheit geraten, sah vor 40 Jahren anders aus als heute.

Wasserrecycling im Haushalt

Von Erwin Nolde*

Damals haben unsere Großmütter das Salatwaschwasser nicht einfach weggeschüttet sondern zur Gartenbewässerung genutzt und samstags gab es den Familienbadetag. Warmwasser wurde in großen Töpfen auf dem Holzofen erhitzt und die Kinder - einer nach dem anderen, immer der Größe nach - in der mobilen Zinkwanne, die eigens zu diesem Zweck in die warme Küche gebracht wurde, abgeschrubbt. Das Badewasser wurde nicht getauscht - es wurde lediglich Warmwasser nachgefüllt, wenn das Bad zu kalt wurde. In ländlichen Gebieten sammelte man sogar das Spülwasser aus der Küche, um es anschließend den Schweinen vorzusetzen.
Aus rein ökologischer Sicht ist Wasserrecycling im Haushalt also nichts grundsätzlich Neues aber die Komfortansprüche haben sich seitdem stark geändert. Wir genießen das Duschbad heute - am liebsten zweimal täglich - auch wenn wir nicht schmutzig sind. Sich unter der Dusche von den Strapazen des Alltags zu entspannen, wird von vielen als ein Stück Lebensqualität empfunden und auf diese Form der Entspannung möchte keiner mehr verzichten.

Öko ohne oder mit Technik?

Als in den 80- und 90-er Jahren an den ersten Grauwasser-Recycling-Anlagen gebastelt wurde, waren die Erinnerungen an die 60-er Jahre noch gegenwärtig. Nicht nur den eingefleischten Gegnern von Wassersparmaßnahmen kam das Grauen, wenn sie nur an Grauwasser dachten. Auch ökologisch engagierte Menschen, die anfangs mit sehr viel Elan ihr Dusch- und Badewasser nicht oder nur unzureichend aufbereitet für die Toilettenspülung nutzten, hatten früher oder später keine Lust mehr dreckige Badewannen oder stinkende Tanks und Spülkästen regelmäßig zu reinigen. Wissenschaftliche Untersuchungen aus Hannover und Berlin machten deutlich, dass Wasserrecycling im Haushalt - unabhängig davon, ob Experten darin ein gesundheitliches Risiko sehen oder nicht - von der Bevölkerung heute nur dann angenommen wird, wenn die Nutzer gegenüber dem gewohnten Komfort keine Abstriche machen müssen.

Erfolgreiche Konzepte

Es haben sich in den letzten 15 Jahren mehrere Systeme bewährt, die im Hinblick auf die Wasserqualität etwa gleich einzuordnen sind (siehe Abbildung 1). Man verwendet bevorzugt das am niedrigsten verschmutzte Abwasser aus Badewannen und Duschen, bereitet es über bewachsene Bodenfilter, eine Tauchtropfkörperanlage oder neuerdings über einen geschlossenen mehrstufigen Sequencing Batch Reaktor (SBR) auf. Dieses neue Verfahren soll hier näher erläutert werden.

Abbildung 1: Drei bewährte Verfahren für das Grauwasser-Recycling (SBR: Sequencing Batch Reaktor)

Alle drei erwähnten Verfahren arbeiten ausschließlich mechanisch biologisch ohne den Zusatz von Chemikalien. Das aufbereitete Dusch- und Badewasser, welches bei dem hier vorgestellten Verfahren "Klarwasser" genannt wird (die DIN-gerechte Bezeichnung wäre "Betriebswasser"), hat diesen Namen zweifellos verdient. Allein nach dem Aussehen beurteilt, ist das Klarwasser kaum vom Trinkwasser zu unterscheiden. In Pilotanlagen wurden bisher mehrere Mio. Liter Klarwasser hergestellt. Messtechnische Untersuchungen, die seit 1995 durchgeführt wurden, zeigen sogar, dass die Hygieneanforderungen, wie sie innerhalb der EU an Badegewässer gestellt werden, in der Praxis meist um den Faktor 10 bis 100 unterschritten werden.
Vielen Kunden erschien es von Anfang an nicht nachvollziehbar, warum derartig hochwertiges Klarwasser nur zur Toilettenspülung genutzt werden soll. Mittlerweile stehen auch namhafte Hersteller wie Miele, Kärcher und Gardena dem Anliegen der Mehrfachnutzung positiv gegenüber - sofern das "Nicht-Trinkwasser" eine hohe Qualität aufweist.

Sequencing Batch Reaktor

Der AquaCycle 900 ist eine Wasseraufbereitungsanlage für den Haushalt und arbeitet nach dem Prinzip des Sequencing Batch Reaktor (siehe Abbildung 2). Einmal in Betrieb genommen, muss man sich dank der weitestgehenden Automatisierung kaum noch um den AquaCycle 900 kümmern. Die ersten mit Bakterienkulturen besiedelten Schaumstoffwürfel in den Reinigungsbehältern sehen nach den ersten sieben Jahren noch genauso aus wie nach sieben Wochen Betriebszeit. Abnutzungserscheinungen sind nicht festzustellen. Bakterien und Schaumstoffwürfel reinigen nicht nur das Wasser sondern nebenbei auch die Behälterinnenwände. Der Filter im Anlagenzulauf wird, bevor er überhaupt verstopfen könnte, automatisch mit Klarwasser gespült und die sich am Behälterboden bildenden Sedimente werden regelmäßig ohne zutun des Betreibers in den Schmutzwasserkanal abgeleitet. Für den Anlagenstrom wird bei 0,6 kWh pro Tag mit jährlichen Energiekosten von etwa 30 € gerechnet. Das ist nicht mehr als ein kleiner Kühlschrank benötigt. Die Entwickler arbeiten bereits daran die Energie des warmen Grauwassers (ca. 25 - 30°C) zur Vorerwärmung des Warmwassers zu nutzen.
Die Kunden der ersten Versuchsanlagen schätzen ferner den kompakten Aufbau, welche kaum hörbar das Haushaltswasser ganz ohne Chemikalienzusatz und völlig unabhängig von Regenereignissen im Sommer und im Winter Tag für Tag zu einem hochwertigen Klarwasser aufbereiten. Durch die geschlossene Bauweise treten weder Geruchs- noch Feuchtigkeitsemissionen auf. Bei dem ansprechenden Design der AquaCycle 900 (siehe Abbildung 2) - so geht aus einer Kundenbefragung hervor, ist es vielen fast zu schade die Anlage im Keller zu "verstecken".

Abbildung 2: AquaCycle 900 mit einer Aufbereitungskapazität von 600 Litern pro Tag neben Waschmaschine und Trockner

Für den qualifizierten Fachhandel aus der Sanitärbranche entfaltet sich ähnlich wie mit der Solartechnik ein zusätzliches interessantes Betätigungsfeld. Die ganze Anlage wird in zwei vor Ort zu verschraubenden Anlagenteilen auf einer Europalette geliefert. Für die Aufstellung und den Anschluss an das vorbereitete Leitungsnetz benötigt der geschulte Installateur etwa eine Arbeitsstunde. Anschließend wird die Anlage über ein übersichtlich gestaltetes Display mit Folientastatur gestartet. Bei der erstmaligen Inbetriebnahme wird den schmutzfressenden Bakterienkulturen eine Adaptationszeit von ca. zwei bis drei Wochen gegeben. Danach ist die Einfahrphase beendet, die Anlage geht automatisch in den Normalbetrieb über und produziert für viele Jahre hochwertiges Klarwasser.

Modularen Aufbau

Viele Planer, die bereits seit Jahren ein zweites Leitungsnetz zur getrennten Haushaltswassererfassung und Klarwasserverteilung installieren ließen, warten schon lange auf eine professionelle Haushaltswasser-Recyling-Anlage. Am AquaCycle schätzen sie insbesondere den modularen Aufbau. Bei einen Gesamtbehältervolumen von 900 Litern kann eine Anlage ohne jegliche Erweiterungen in Abhängigkeit von der Verschmutzung des Haushaltswassers problemlos den Klarwasserbedarf für zwei bis drei Familien aufbereiten. Für Reihenhäuser und Wohnanlagen können alle drei Stufen durch baugleiche Zusatztanks, den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend, ganz einfach erweitert werden. Durch die Modultechnik ist das System auch für den gewerblichen Einsatz, z. B. für Hotels und Pensionen, Sportstätten und Campingplätze, hervorragend geeignet. Bei einem größeren Klarwasserbedarf wird das System mit einer Doppelpumpanlage ausgestattet, was die Versorgungssicherheit im Gewerbe und im Mehrfamilienhausbereich erhöht. Die Modultechnik trägt ganz wesentlich dazu bei, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Die Amortisation ist dort, wo gleich mehrere Familien an ein System angeschlossen werden können, am Besten. Im Gegensatz zur Regenwassernutzung können Planer und Endkunden bei vergleichbaren Investitionskosten ganz sicher davon ausgehen, dass nicht nur die Trinkwasserkosten deutlich sinken, sondern zusätzlich auch die meist noch höheren Abwasserkosten gesenkt werden.
AquaCycle 900 arbeitet weitestgehend automatisch. Im Hinblick auf Wartung und Betrieb ist sie vergleichbar mit einer Zentralheizungsanlage. Ein Wartungspunkt ist die UV-Desinfektionsanlage. Hier muss nach spätestens 6.000 Betriebsstunden ein Strahler ausgetauscht werden, worauf der Kunde durch das Display hingewiesen wird. Bis dahin hat die Anlage allerdings bereits bis zu 1,4 Mio. Liter biologisch gereinigtes Haushaltswasser desinfiziert. Für den Austausch des Strahlers steht dann natürlich der qualifizierte Handwerker mit Rat und Tat zur Verfügung. Für die Behälter gilt eine zehnjährige und für die übrigen Komponenten eine zweijährige Gewährleistung.

Ausblick

Bisher sieht es fast so aus, als ob es beim Wasserrecycling nur Gewinner geben würde. Langfristig gesehen ist davon auszugehen. Anfangs werden einzelne Wasserver- und -entsorger noch klagen, wenn die ersten Kundenrechnungen deutlich niedriger ausfallen. Später werden sie erkennen, dass sie durch die dezentralen Anlagen selbst - sowohl bei der Trinkwasseraufbereitung und -verteilung als auch bei der Abwasserreinigung - Kosten einsparen können, da so manche Investition durch das ökologische Wasserrecycling nicht mehr erforderlich sein wird. In diesem Zusammenhang ist es sicherlich auch kein Geheimnis mehr, dass ausländische Wasserversorger bereits ernsthaft darüber nachdenken, ihren Endkunden zukünftig auch Wasser-Recycling-Anlagen gekoppelt mit einem Betreibervertrag anzubieten, um sich das Geschäft mit der innovativen Öko-Technik nicht entgehen zu lassen.

 

*) Dipl.-Ing. Erwin Nolde ist Inhaber des Berliner Ingenieurbüros "Nolde & Partner - Technologieberatung für innovative Wasserkonzepte" und seit Gründung der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e. V. 1995 aktiv im Vorstand tätig, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.nolde-partner.de [^]

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