Zeitschrift EE

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2004-02: Nachhaltige Wasserwirtschaft

Forschungsergebnisse

Der Abbau bestimmter organischer Spurenschadstoffe in Hotelabwasser durch eine Pflanzenkläranlage wurde im Rahmen von SWAMP, einem Projekt im 5. Rahmenprogramm der EU, untersucht. Im Zusammenhang mit der Wiederverwendung von Abwasser sollte endokrinen Disruptoren besonders hohe Beachtung zukommen.

Endokrine aktive Stoffe in Pflanzenkläranlagen

Von Fabio Masi*

Chemische Substanzen, welche die normale Funktion des Drüsensystems stören, wurden als "endocrine disrupting chemicals" (EDCs, Keith et al. 1997), in Deutsch oft auch als endokrin aktive Stoffe (EAS) bezeichnet. Die Liste der bisher bekannten EAS umfasst eine ganze Reihe von anthropogenen oder natürlichen Komponenten, zum Beispiel Phthalate, Pestizide, polychlorierte Biphenyle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Alkylphenol, Östrogene, Phytoöstrogene, Dioxine und Furane. Einige dieser Substanzen gelangen seit Jahrzehnten in nennenswerten Mengen in die Umwelt. Auf Grund ihrer geringen Abbauraten konnte ein direkt damit zusammenhängender Anstieg der Grundkonzentration in allen Lebensräumen beobachtet werden. Zum Beispiel sind Spuren von Phthalaten auch im Eis der Antarktis zu finden, wo es an und für sich keine Quellen für diesen Stoff gibt.
Selbst einfaches kommunales Abwasser eines einzelnen Hauses oder einer Gemeinde enthalten EAS in Konzentrationen von einigen ng/l bis mg/l, womit sie als mit organischen Spurenschadstoffen belastet eingestuft werden müssen. Am häufigsten zu finden sind Stoffe, wie die von Frauen natürlicherweise ausgeschiedenen Östrogene, die weltweit als Weichmacher eingesetzten Phthalate, bestimmte in handelsüblichen Produkten enthaltene Tenside, zum Beispiel Alkylphenolpolyethoxylate (ApnEO) und ihre Abbauprodukte, die Alkylphenole (AP) und Alkylphenolcarboxylate (APEC), sowie einige Pestizide und PAKs (sie werden bei Trockenwetter im Boden abgelagert und dann bei Regen in den Wasserkreislauf eingetragen). Aufgrund ihrer schlechten Bioabbaubarkeit und ihrer Tendenz zur Bioakkumulation in der Umwelt wurde ihr Vorkommen in einigen konventionellen Kläranlagen in den letzten Jahren untersucht. Auf Grund einer möglichen langfristigen Belastung der Nahrungskette gebührt ihnen besondere Aufmerksamkeit, sobald gereinigtes Abwasser für die Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen verwendet werden soll. Darüber hinaus sind Kläranlagenabläufe eine der wichtigen Immissionsquellen dieser Gruppe von Schadstoffen für viele Ökosysteme. Ebenso hat die Konzentration von hydrophoben Bestandteilen und ihrer Transformationsprodukte in Klärschlämmen einen großen Einfluss auf ihre Entsorg- bzw. Verwertbarkeit. Ein besseres Verständnis der Prozesse und des Schicksals von EAS bei der Abwasserreinigung sollte es erlauben, die Belastung des Menschen und der Umwelt mit diesen Stoffen zu reduzieren.

EAS in Abwasserreinigungsprozessen

Viele der bekannten EAS sind nichtpolar und hydrophob, was bei der Abwasserreinigung zur Folge hat, dass sie sich im Schlamm bzw. an Biofilmen ansammeln. Jeder mechanische Reinigungsschritt, wie Filtration oder Sedimentation, würde einen bedeutenden Anteil davon aus der flüssigen Phase zur absetzbaren oder fixierten Biomasse verschieben. Die vier allgemein anerkannten Mechanismen für die Entfernung von organischen Substanzen aus dem Abwasser sind:

  1. Aerober und anaerober biochemischer Abbau
  2. Abiotischer, chemischer Abbau
  3. Adsorption an Feststoffe oder Biofilme oder Fixierung an Ölen und Fetten
  4. Verflüchtigung

Diese verschiedenen Vorgänge können sich, je nach angewandtem Reinigungsverfahren, gegenseitig stark beeinflussen. So kann zum Beispiel der Einsatz eines Biorasens auf Trägermaterial reduzierende Prozesse durch anaerobe Mikroorganismen fördern, die beim Abbau komplexer organischer Moleküle oft viel wirksamer sind als aerobe Mechanismen.
In Pflanzenbeeten, mit ihrem hohen Wirkungsgrad bei der Reduktion von Feststoffen und der guten Sorptionsfähigkeit des Biorasens für im Zulauf enthaltene organische Substanzen, sind drei der vier Abbaumechanismen besonders wirksam. Pflanzenbeete können zu regelrechte Fallen für gegen den biochemischen Abbau sehr resistente organische Moleküle werden, da sich dank der langen Aufenthaltszeit auch sehr langsame biochemische und chemische Abbauprozesse ausreichend entwickeln können. Zusätzlich entsteht in Pflanzenkläranlagen kein Schlamm. Es ist also von einer solchen Anlage nur eine vergleichsweise geringe Menge Primärschlamm zu entsorgen, was das Problem der Schlammentsorgung in Zusammenhang mit EAS weiter reduziert.

Anlagenbeispiel

Im Rahmen von SWAMP, einem Projekt im 5. Rahmenprogramm für Forschung der Europäischen Union, hat das Chemische Institut der Universität von Florenz eine Studie über den Abbau von EAS in einer hybriden Pflanzenkläranlagen eines Hotels in Florenz durchgeführt. Die Pflanzenkläranlage besteht aus einem Horizontalfilter (HF) und einem nachgeschalteten Vertikalfilter (VF), wie in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Pflanzenkläranlage - Hybridsystem

Die Ergebnisse zeigen eine sehr überzeugende Abbauleistung des Systems für EAS durch die erwähnten Abbaumechanismen. Wie in Abbildung 2 dargestellt, wurden die untersuchten Östrogene und Phenole nahezu vollständig entfernt. Die hier dargestellten Ergebnisse sind Mittelwerte aus fünf Messungen in der flüssigen Phase. Die feste Phase wurde ebenfalls untersucht. Es zeigte sich, dass die aus der flüssigen Phase entfernten Stoffe in der festen Phase angelagert wurden.

Abbildung 2: Östrogen- und Phenolkonzentration im Zulauf (IN), nach dem Horizontalfilter (HF) und im Ablauf (OUT) des Vertikalfilters (VF)

Aus dem Vergleich der PAK-Konzentrationen in den beiden Phasen (Abbildung 3) ergibt sich deutlich, dass die am stärksten hydrophoben Komponenten auch die stärkste Tendenz haben an Feststoffen anzuhaften. Diese wiederum werden durch die Pflanzenkläranlage sehr effizient entfernt.

Abbildung 3: PAK-Konzentration im Zulauf (IN), nach dem Horizontalfilter (HF) und im Ablauf (OUT) des Vertikalfilters (VF) jeweils für die flüssige und die feste Phase

*) Dr. Fabio Masi Chemiker, Dr. der Umweltwissenschaften, ist Technischer Direktor und Forschungsleiter von IRIDRA Srl, www.iridra.com, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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