Zeitschrift EE

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2005-02: Energieeffiziente Klimatisierung

Passives Kühlen

Das in Stadl-Paura (OÖ) errichtete ChristophorusHaus beherbergt mit der MIVA (Missions- Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft) und dem Beschaffungsbetrieb der MIVA (BBM) zwei eigenständige Betriebe, welche sich durch ihre Tätigkeit in der Mission und Entwicklungszusammenarbeit auch mit der ökologisch verträglichen Energie- und Wasserversorgung in Entwicklungsländern beschäftigen. Die damit gegebene Identifikation mit der Thematik war ausschlaggebend, ihr neues Bürogebäude nach energierelevanten und ökologischen Gesichtspunkten in Passivhausbauweise zu errichten.

Das Christophorus Haus

Von Waldemar Wagner, Dagmar Jähnig, Ernst Blümel*

Gebäudekonzept

Motiviert durch das sehr früh involvierte Planungsteam (Architekten, Energietechniker, Holzbautechniker) entschied sich die Geschäftsführung zum Bau eines multifunktionalen Gebäudes mit Büro-, Logistik- Geschäfts- und Veranstaltungsräumlichkeiten in Passivhausbauweise. Die Gesamtnutzfläche umfasst rund 2.100 m², wobei der Bürotrakt 1.215 m², der Lagerbereich inklusive Waschbox 325 m² und der Keller 550 m² ausmacht (siehe Abbildung 1).
Die ambitionierten Zielvorgaben reichten dabei neben der Zertifizierung des Gebäudes als "qualitätsgeprüftes Passivhaus" durch das Passivhaus-Institut in Darmstadt über die Minimierung der sommerlichen Kühllasten bis hin zur Realisierung einer Energieversorgung, die den Restenergiebedarf (Heizen und Kühlen) zur Schaffung behaglicher Raumtemperaturen mittels Umweltenergien abdeckt.
Um diese Vorgaben auch realisieren zu können, war es notwendig das dynamische Verhalten des Gebäudes durch Modellierung und Simulation in der Simulationsumgebung TRNSYS möglichst exakt den tatsächlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Nur so war es möglich, dass das ChristophorusHaus durch konsequente Optimierungsarbeiten an Architektur, Bauweise und Konstruktion entscheidend verbessert und schlussendlich mit einem durchschnittlichen Heizwärmebedarf von 14 kWh/m²a, einem gesamten Primärenergiebedarf von 49 kWh/m²NGF und einer Luftwechselzahl n50 von 0,4 h-1 vom Passivhausinstitut in Darmstadt als "qualitätsgeprüftes Passivhaus" zertifiziert wurde. Die Überreichung des Zertifikats erfolgte innerhalb der Eröffnungsfeierlichkeiten am 18. Oktober 2003 durch Dr. Wolfgang Feist.

Abbildung 1: Grundrisse des ChristophorusHauses, Links: EG, Rechts: 1. und 2. OG (identisch)

Energie- und Lüftungskonzept

Die schrittweise Reduktion des Energiebedarfes für Heizen und Kühlen war die Voraussetzung für die Definition eines nachhaltigen und gleichzeitig kostengünstigen Systems zur Energieversorgung. Aufgrund des doch erheblichen Kühlenergiebedarfes spielte hier vor allem die Kälteversorgung eine entscheidende Rolle. Neben den Vorgaben einer Energieversorgung aus erneuerbaren Energieträgern bzw. Umweltenergien, galt es auch den betriebswirtschaftlichen Vorgaben zu entsprechen. Um diese Vorgaben zu erfüllen, wurde vom Energie-Planungsteam ein monovalentes System ausgearbeitet, das sowohl Wärme- als auch Kälteversorgung in einem ermöglicht (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Blockschaltbild zur Wärme-, Kälte- und Frischluftversorgung des Christophorus-Hauses

Die Energieversorgung erfolgt im Winter über eine Wärmepumpe mit Erdsonden als Wärmequelle gepaart mit einer hocheffizienten Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Im Sommer erfolgt die Kühlung des Gebäudes mittels "direct cooling" über die Erdsonden. Die Energieabgabe in den Räumen passiert zum einen über das Lüftungssystem (Grundlast) zum anderen über Heiz- bzw. Kühlflächen. In Tabelle 1 sind die wesentlichen Komponenten zur Energieversorgung bzw. Energieabgabe und deren Aufgaben angeführt.

Tabelle 1: Komponenten zur Energieversorgung bzw. Energieabgabe, deren Aufgaben und technischen Eckdaten

Energieversorgung Anwendung Technische Daten
Erdsonden Heizen (Wärmepumpe) und Kühlen ("direct cooling") 8 x 100 m Duplex - Erdsonden,
(Doppel-U-Rohre DN 32)
Wärmepumpe Heizen Nennleistung 43 kW bei COP 4,03
PV - Anlage Deckung des überwiegenden Jahresstrombedarfs der Wärmepumpe 10 kWpeak
Thermische Solaranlage Brauchwassererwärmung 5 m² Kollektorfläche
Energieabgabe Anwendung Technische Daten
Lüftungsanlage für die Büroräume Frischluftversorgung, Heizen, Kühlen Nennvolumenstrom 2.800 m³/h, Wärmerückgewinnungsgrad 78%
Lüftungsanlage für die Seminar- und Veranstaltungsräume Frischluftversorgung, Heizen, Kühlen Nennvolumenstrom 1.000 m³/h, Wärmerückgewinnungsgrad 86%
Heiz- und Kühlflächen Heizen, Kühlen "direct cooling" ~ 25 W/m²

Monitoring

Die Erfahrung zeigt, dass bei Objekten mit einem sehr hohen Innovationsgrad wie beim ChristophorusHaus, neben einem integralen Planungsansatz (frühzeitige Einbindung sämtlicher Gewerbe), einer sorgfältigen, fachgerechten Bauausführung, das Monitoring den dritten wesentlichen Bestandteil einer erfolgreichen Qualitätssicherung darstellt.
Nur so kann gewährleistet werden, dass einerseits mögliche Optimierungen im Gebäudebetrieb zielgerichtet durchgeführt, andererseits wertvolle Erkenntnisse für zukünftig zu errichtende nachhaltige Gebäude gewonnen werden können. Im gegenständlichen Projekt wurde ein umfangreiches, über zwei Jahre laufendes Monitoring vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) beauftragt.

Ergebnisse aus dem ersten Betriebsjahr

Das im April 2004 gestartete Monitoring soll einerseits das Zusammenspiel aller wesentlichen haustechnischen und nutzerspezifischen Parameter zeigen, sowie anderseits eine Validierung des gesamten Energiekonzeptes ermöglichen. Die Evaluierung beinhaltet dabei die Analyse von Komfortparametern (Raumtemperatur und Raumfeuchte) und von thermischen und elektrischen Energieströmen (Heizen, Kühlen, Warmwasser) über das gesamte Gebäude, einzelne Büroeinheiten sowie diverse Verbrauchergruppen (Wärmepumpe, Technikstrom, etc.).
Zur objektiven Beurteilung des Gebäudes und einer Vergleichbarkeit mit Objekten an anderen Standorten werden außerdem die Globalstrahlung auf die horizontale Ebene und die Außentemperatur erfasst. Diese Daten sind nicht nur zur Beurteilung des Raumklimas von Relevanz, sie sollen in weiterer Folge auch für eine klimabereinigte Beurteilung des Heiz- und Kühlbedarfs des Gebäudes herangezogen werden. Ein Vergleich zwischen den Simulationsergebnissen aus der Planungsphase und den tatsächlichen Daten beim Betrieb des Gebäudes wird somit möglich.

 


Abbildung 3: Überblicksdiagramm zum Raumklima mit Raumtemperatur und Raumfeuchte im Sommer 2004 und im Winter 2004/05

Abbildung 3 zeigt in den Verlauf der Minimal-, Maximal- und Mitteltemperaturen sowie der relativen Feuchten in den vermessenen Büroräumen als Tagesmittelwerte über den Messzeitraum von je drei Monaten für den Sommer 2004 und den Winter 2004/05. Die Außentemperatur und die globale Solareinstrahlung sind ebenfalls im Diagramm dargestellt und dienen der besseren Bewertung der äußeren Einflüsse. Es ist ersichtlich, dass die Raumtemperaturen durchwegs auch über längere Betrachtungsperioden sehr konstante, behagliche Temperaturen entsprechend der Jahreszeit aufweisen. So bewegt sich die Temperatur während der Bürozeiten im Sommer 2004 in der Regel im Bereich von 21 °C bis 26 °C und im Winter 2004/05 zwischen 22 °C und 23 °C.

Abbildung 4: Raumtemperaturen in Abhängigkeit von der Außentemperatur

Abbildung 4 zeigt die Punktwolke der mittleren Raumtemperatur über der mittleren Außentemperatur, mit dem Behaglichkeitsbereich nach DIN1946 (gelb hinterlegte Fläche), als Stundenmittelwert in 10 ausgewählten Räumen, bei denen aufgrund der Orientierung Überhitzungsneigung besteht. Die relativ enge Streuung der Raumtemperatur lässt erkennen, dass das Zusammenspiel von Gebäudemassen, Dämmung, Glasflächen und Klimatechnik sehr gut funktioniert.

Betrachtet man die Raumtemperaturverläufe für den Sommer- und Winterbetrieb etwas detaillierter für jeweils zwei Wochen und in Form von Stundenmittelwerten, so ergeben sich die in Abbildung 5 dargestellten Verläufe. Beim Sommerbetrieb ist zu erkennen, dass trotz Außentemperaturen von über 30 °C die Raumtemperatur sehr konstant verläuft. Teilweise Spitzen treten hierbei nur im oberen Bereich des Atriums auf. Die Temperaturabfälle in der Nacht (Seminarraum, Buffet) sind mit der Nachtlüftung erklärbar.
Auch im Winterbetrieb kann man erkennen, dass bei niedrigen Außentemperaturen über einen längeren Zeitraum die Raumtemperaturen konstant im Behaglichkeitsbereich liegen. Weiters ist eine bewusste Temperaturabsenkung des kaum genutzten Seminarraums, sowie aller Räume in der Nacht ersichtlich.

Abbildung 5: Raumtemperaturverlauf an zwei heißen Sommerwochen und an zwei kalten Winterwochen

Die Raumtemperaturen verlaufen sehr konstant und liegen in einem sehr behaglichen Bereich. Diese konstanten Temperaturverläufe über mehrere Tag/Nachtzyklen sind umso bemerkenswerter, da die Lüftungsanlage, die im wesentlichen das Energieverteilsystem darstellt, nur tagsüber und nur von Montag bis Samstag in Betrieb ist. Dadurch ist es möglich den Betrieb der Lüftungsanlage wesentlich effizienter für den Erhalt einer guten Luftqualität anzupassen.

Abbildung 6: Heiz- und Kühlenergie - Kennwerte (Mai 2004 bis März 2005)

Im nächsten Schritt ist es interessant, ob die sehr guten Raumbedingungen auch mit den prognostizierten geringen Energieverbrauch realisiert werden können.
Abbildung 6 zeigt dazu die monatliche Energiebilanz für die bisherigen 11 Monate der Monitoringphase. Neben der zum Heizen verwendeten Energie ist die zum Kühlen verwendete Energie mit negativen Werten dargestellt. Addiert man die Kühlenergie (negative Werte) im betrachteten Zeitraum, so liegt der Kühlenergiebedarf bei 6,4 kWh/m² und Jahr (NGF). Diese Kühlenergie wird ausschließlich im "direct cooling Betrieb" bereitgestellt, das heißt, die Erdsonden liefern die erforderliche Kühlenergie direkt aus dem Erdreich ohne zusätzlichen Energieeinsatz. Die Messdaten entsprechen somit den Planungsdaten, die je nach berücksichtigten Klimadatensatz 4,5 kWh/m²a (gemäßigter Sommer) und 10 kWh/m²a (heißer Sommer) betragen.
Der Heizenergiebedarf liegt bei 19,3 kWh/m² Jahr (ohne April). Vergleicht man diesen mit den Ergebnissen aus der Planungsphase (8 kWh/m²a für einen sehr milden Winter und 19 kWh/m²a für einen sehr kalten Winter), so liegen die Monitoringergebnisse auf den ersten Blick zwar geringfügig höher als die Planungsdaten, was jedoch bei detaillierter Betrachtung sehr einfach zu erklären ist. Der Grund für diese Abweichung liegt bei einer geringeren Belegung des Gebäudes als in der Planungsphase angenommen (weniger Leute, weniger PC). Weiters wurde auch noch keine Klimabereinigung durchgeführt.

Fazit

Trotz der schwierigen Ausgangsbedingungen, die ein Bürohaus mit sich bringt, wie hoher Glasanteil, hoher Anteil an Leichtbauweise, hohe innere Lasten, unterschiedlichste individuelle Bedürfnisse, ständiger Besucherstrom und unterschiedlichste Belegungen, ist es beim ChristophorusHaus in ausgezeichneter Art und Weise gelungen mit sehr geringem Energieaufwand ein äußerst behagliches Raumklima zu schaffen.
Die sehr guten Messergebnisse bestätigen einmal mehr den Erfolg und die Notwendigkeit einer dreistufigen Qualitätssicherung, welche aus einem integrierten Planungsprozess, hochwertige Bauüberwachung bzw. -ausführung und einem Mindestmonitoring besteht. Das ChristophorusHaus ist nicht nur im Bereich der Energieeffizienz ein leuchtendes Beispiel für die Umsetzung eines multifunktionalen Bürogebäudes, sondern geht weit über die Passivhausanforderungen hinaus.
Es wurde auch besonderer Wert auf den Einsatz von ökologisch vertretbaren Baustoffen bzw. auf nachwachsende Rohstoffe gelegt.
Durch eine optimierte Tageslichtnutzung bzw. eine geregelte künstliche Beleuchtung konnte auch in diesem Bereich ein wertvoller Beitrag für ein wegweisendes Gesamtkonzept geleistet werden.
Schlussendlich spiegelt auch ein nachhaltiges Konzept der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung das hohe Bewusstsein des Bauherrn und seines Teams für den Klimaschutz und den sensiblen Umgang mit Ressourcen wieder.

*)Ing. Waldemar Wagner, Dipl.-Ing. Dagmar Jähnig und Dipl.-Ing. Ernst Blümel sind AEE INTEC- Mitarbeiter, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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