Zeitschrift EE

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2004-03: Solaranlagen im Geschoßwohnbau

Sanierung und Gebäudebestand

Eine neue Solaranlage, bei der die Sonnenenergie via Wärmetauscher direkt in das Warmwasserzirkulationsnetz im obersten Geschoß eingespeist wird, läuft seit Mai in Basel. Der Verzicht auf Solarleitungen vom Dach zum Keller und der Wegfal

Solare Zirkulationseinbindung im Geschoßwohnbau
Kostengünstiges Warmwasser aus Solarenergie

Von Bernd Siezmann*

Das Ökozentrum Langenbruck entwickelte ein innovatives Konzept zur Einbindung einer Solaranlage in das Warmwasserzirkulationsnetz im obersten Stockwerk von Geschoßwohnungen. Damit wird die Bewirtschaftung des Speichervolumens über die bestehenden Leitungen möglich, was zu einer erheblichen Kostenreduktion führt. Die 2001 im Auftrag des Bundesamtes für Energie gemachte Vorstudie «Kosteneinsparungen bei solaren Warmwasseranlagen durch Einbindung in die Warmwasserzirkulation» zeigt eine attraktive Möglichkeit zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit von solaren Warmwasseranlagen insbesondere im Geschoßwohnungsbau.

Direkt ins Zirkulationsnetz

Bei herkömmlichen Solaranlagen wird Sonnenwärme über eine neu zu erstellende Leitung in den Keller zum Solarspeicher geführt, eine Temperaturschichtung findet nicht statt. Bei der neuartigen Solaranlage entfallen die Solarleitungen inklusive Steuerkabel zum Keller sowie ein spezieller Solarspeicher. Die Energieübertragung geschieht über den in den meisten Mehrfamilienhäusern und Altersheimen bestehenden Zirkulationskreislauf. Die gute Schichtladung des Warmwasserspeichers (60 °C) erlaubt die Abschaltung des Zusatzheizkessels über Stunden, was den Gesamtwirkungsgrad der Warmwasserbereitung zusätzlich erhöht.


Abbildung 1: Vergleich der solaren Zirkulationseinbindung mit herkömmlichen Solarsystemen

Start im Mai 2003

Die Gewährleistung des Komforts (konstante Warmwassertemperatur bei allen Verbrauchern) hatte oberste Priorität bei der Ausarbeitung und der Entwicklung des gesamten Systems durch das Ökozentrum Langenbruck. Der Solar- sowie der Warmwasserkreis werden einzeln temperaturgeregelt. Zwei programmierbare Digitalregler steuern die Pumpendrehzahl der beiden interaktiv verknüpften Regelkreise, was hohe Anforderungen an die Regelstabilität stellt. Im Frühjahr 2003 erstellte die Firma SE Salerno Engeler GmbH eine 20 m2 große Solaranlage auf dem Dach, die Pilotübergabestation im Estrich sowie die nötigen Anschlüsse an den bestehenden Warmwasserspeicher im Keller des Mehrfamilienhauses an der St. Jakobstrasse 29 in Basel.

Abbildung 2: Solarübergabe in den Warmwasserkreis im Dachgeschoß der ersten Testanlage

Zuverlässiger Betrieb

Das Ökozentrum Langenbruck überwacht die Solaranlage permanent mit einer Labview-Datenerfassung. Über eine Handy-Verbindung werden die Messwerte von zwei Wärmezählern und 20 Temperaturen an Kollektor, Leitungen, Wärmetauscher und Speicher abgerufen. Die neuartige Solaranlage mit Zirkulationseinbindung läuft sehr zuverlässig.
Die vereinzelt auftretenden Überschwinger der Kollektortemperatur bei der Startphase als Folge der noch nicht optimierten Regelung werden im derzeitigen Industrie-Projekt 'Solar-Kompaktmodul' mittels MatLab-Simulation am Ökozentrum Langenbruck gelöst.
Die von Mai 2003 bis Mai 2004 gewonnene Solarenergie von 11.800 kWh darf trotz Temperaturhochhaltung als hoch bezeichnet werden - Solarenergie, die ohne Umweg über einen Speicher direkt dem Verbraucher übergeben wird. Der solare Bruttoertrag, nach meteorologischer Korrektur beläuft sich auf 510 kWh/m2a bei einen solaren Deckungsgrad von 29%.

Förderung

Die Solaranlage an der St. Jakobs-Strasse 29 in Basel wurde im Contracting von den Industriellen Werken Basel (IWB) finanziert. Gefördert wurde das Projekt durch das Amt für Umwelt und Energie (AUE) des Kantons Basel-Stadt und das Schweizer Bundesamt für Energie (BfE).

Serienprodukt angestrebt

Die Innovation der solaren Zirkulationseinbindung führte zum Folgeprojekt «Solar- Kompaktmodul», das durch die Schweizerische Kommission für Technologie und Innovation (KTI) gefördert wird. Ziel der Partnerschaft mit zwei namhaften Industriepartnern ist ein standardisiertes Modul, das zwischen die Kollektoranlage und den Warmwasserkreislauf im obersten Geschoß von Mehrfamilienhäusern geschaltet wird. Das Kompaktmodul enthält Pumpen für den Solar- und Warmwasserkreislauf, den Wärmetauscher und das Reglersystem, das ohne elektrische Verbindung zum Keller arbeitet. Die eigentliche technische Innovation liegt vor allem in der Entwicklung des intelligenten Reglers. Die Inbetriebnahme der Feldtestanlage mit 120 Wohnungen ist auf Sommer bzw. Herbst 2004 geplant. Die unternehmerischen Ziele der Wirtschaftspartner sind die Herstellung und die Vermarktung eines neuartigen Solar-Kompaktmoduls zur kostengünstigen Warmwasserbereitung durch Solarenergie sowie das Erschließen eines bisher brachliegenden Marktsegmentes mit großem Potenzial im Geschoßwohnungsbau.

*) Dipl.-Ing. Bernd Siezmann ist Mitarbeiter am Ökozentrum Langenbruck, Schweiz, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.oekozentrum.ch [^]

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