Zeitschrift EE

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2005-01: Nachhaltige Energieversorgung - Neue Wege in der Entwicklungszusammenarbeit

Wasserkraft und Biomasse

Das Königreich Bhutan verfügt über ein reiches Wasserkraftpotenzial von etwa 2.600 GWh/km². Die aus Wasserkraft produzierte Elektrizität wird, soweit sie nicht im Land verbraucht wird, ins benachbarte Indien exportiert.

Wasserkraft in Bhutan

Von Rudolf Hüpfl*

Bhutan verwendet die Exporterlöse, welche mehr als 40% des Landesbudgets ausmachen, zur Finanzierung der eigenen Entwicklung in den Sektoren Schule, Gesundheit und Ausbau von Wasserversorgung, Straßenbau und Kommunikation. Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) unterstützt Bhutan beim Aufbau seiner Energieversorgung.
Das Königreich Bhutan folgt einer holistischen Entwicklungsphilosophie, genannt "Gross National Happiness" (Bruttoglücksprodukt), welche auf ökonomisches Wachstum, materielle Entwicklung, emotionale Sicherheit und geistigen Fortschritt des Individuums abzielt. Damit soll ein Ausgleich zwischen dem ökonomischen Fortschritt, der Erhaltung bhutanischer Kultur und geistiger Werte, dem Sozialwohl und dem Umweltschutz geschaffen werden. Aus diesem Anspruch heraus plant die Regierung, allen Bhutanern bis zum Jahr 2020 den Zugang zu Elektrizität zu ermöglichen und die geplanten Sozialprogramme aus Erlösen des Wasserkraftexports nach Indien zu finanzieren.
Studien zum möglichen, nachhaltigen Ausbau der Wasserkraft bescheinigen Bhutan ein Potenzial von mehr als 23.000 MW (siehe Tabelle 1).

Flussgebiet
Anzahl der
Standorte
Leistung
[MW]
Arbeitsvermögen
[GWh/a]
Amochhu
6
2.060
9.656
Wangchhu
10
2.740
11.139
Punatsangchhu
19
8.099
25.495
Mangdechhu
17
3.889
18.322
Drangmechhu
20
6.692
33.422
Kleine Flüsse
4
280
1.213
Gesamt
76
23.760
99.247

Tabelle 1: Liste der identifizierten Wasserkraftwerksstandorte (über 10 MW Leistung)

Kraftwerksbestand

Das erste Wasserkraftwerk wurde 1967, mit einer Leistung von 360 kW, am Samtelingchhu zur Versorgung der Hauptstadt Thimphu errichtet. Der Ausbau startete 1974 mit dem Baubeginn des 336 MW Kraftwerkes Chukha am Wangchhu. Im Rahmen weiterer bilateraler Vereinbarungen zwischen Indien und Bhutan folgte das Kraftwerk Kurichhu (60 MW) und das im Bau befindliche KW Tala (1 020 MW). Kraftwerke mit insgesamt 468 MW Leistung sind in Betrieb. Die Anlagen werden nicht als Speicher- sondern als Laufkraftwerke gebaut. Dadurch entfallen zahlreiche typische Umweltprobleme. In den geeigneten Engtälern gibt es auch keine Siedlungen, sodass keine Absiedlung erforderlich ist. Die National Environmental Commission (unterstützt vom WWF) und ein modernes Umweltverträglichkeitsgesetz garantieren die Einhaltung internationaler Umweltnormen.

Österreichisches Know-How

Der ausgezeichnete Ruf der österreichischen Wasserkraft und die erfolgreiche Errichtung eines Kleinkraftwerkes in der Mt. Everest Region Nepal's führte 1986 zu einer Einladung an die OEZA, auch in Bhutan Kleinwasserkraftanlagen zu unterstützen. Den Anfang bildete das 1996 in Betrieb genommene KW Rangjung mit 2,2 MW zur Versorgung von rund 23.000 Menschen im Osten Bhutans. Das Projekt wurde im Rahmen einer Zusammenarbeit einiger Geber (Asiatische Entwicklungsbank und Niederlande für das Leitungsnetz und Österreich für das Kraftwerk) abgewickelt. Der österreichische, nicht rückzahlbare Beitrag für Planung, Bau und Maschinenlieferungen betrug 6,3 Mio EUR. Bei den spezifischen Ausbaukosten von 3.400 USD/kW handelt es sich um eines der kostengünstigsten Kleinwasserkraftvorhaben, welches je aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit in Entwicklungsländern gebaut wurde.
Im April 1995 startete mit der Unterzeichnung eines Finanzierungsabkommens die Realisierung des weltweit bisher größten Einzelprojektes der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit , die Errichtung der Kraftwerksgruppe Basochhu. Im November 1997 legte die damalige Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner den Grundstein für die Oberstufe des aus zwei Kraftwerken bestehenden Kraftabstieges. Dieses Kraftwerk wurde vom Konsortium CCB, unter der Führung von Bernard & Partner, Hall i.T. geplant und den Firmen Alstom Power (ABB), Wien, VA-Tech MCE, Linz und Yarkay Construction Company, Phuentsholing, Bhutan errichtet. Mit einer Leistung von 24 MW und einer Erzeugung von 108 Mio. kWh im Regeljahr unterstützt die Oberstufe seit Aufnahme des Betriebes im Oktober 2001 die Elektrizitätsversorgung von Westbhutan. Die Finanzierung erfolgte durch nicht rückzahlbare 13,08 Mio EUR aus OEZA-Mitteln, einem ERP-Kredit über 17,15 Mio EUR und 4,8 Mio EUR aus Eigenmitteln der bhutanischen Regierung.
In der anschließenden Unterstufe von Basochhu wurden die Bauarbeiten am 20. März 2002 aufgenommen. Das Kraftwerk mit einer Leistung von 40 MW und einer durchschnittlichen Jahreserzeugung von 186 Mio. kWh nutzt nicht nur das Wasser aus dem Oberliegerkraftwerk, sondern auch den beigeleiteten Rurichhu. Für dieses Vorhaben wurde ein schlüsselfertiger Generalunternehmervertrag gewählt. Das ausführende Konsortium besteht aus den Firmen VA Tech Hydro, Alstom Power, Alpine Mayreder und Verbundplan. Die Finanzierung erfolgt durch einen Exportförderungskredit der ÖKB über 31,25 Mio. EUR und 16,5 Mio EUR Eigenmittel der bhutanischen Regierung, insbesondere für die Errichtung der Freiluftschaltanlage und der 220 kV-Leitung zum Umspannwerk in Semtokha.
Die OEZA stärkt die bhutanische Bauleitung durch technische Assistenz (Bernard & Partner) in der Abwicklung dieses Bauvorhabens. Dem österreichischen Konsortium gelang es die Bauarbeiten rascher als im Bauzeitplan vorgesehen voranzutreiben, sodass der Betrieb dieses Kraftwerkes bereits am 8. September 2004 aufgenommen werden konnte.

Ausbildungsmaßnahmen

Neben der Unterstützung konkreter Bauvorhaben fördert die OEZA den Wasserkraftsektor Bhutans durch zahlreiche Ausbildungsmaßnahmen. Seit 2001 finanziert die OEZA zahlreiche spezialisierte Ausbildungskurse im Kraftwerk Basochhu, welche durch Experten aus österreichischen Kraftwerksbetrieben gehalten werden. Ziel dieser Unterstützung in Betriebsführung (TIWAG) und Anlagenwartung (Verbundplan) ist nicht nur der verbesserte Umgang mit moderner Technologie, sondern auch die Schonung im Umgang mit Ressourcen und die Verbesserung der Arbeitssicherheit.

Referenzen
Bharat Thamang, Hydropower Potential of Bhutan and Its Prospective Development, NBM & CW, India, May 2004
Norconsult, 2003-2022 Power System Master Plan Update, November 2003,
Bharat Thamang, Hydropower Development in Bhutan, 1993, published by National Environmental Commission
Evaluierung der Kleinwasserkraftprojekte Namche Bazar (Nepal) und Rangjung (Bhutan), ENTEC AG, St. Gallen, Schweiz, März 2001

 

*) Dipl.-Ing. Rudolf Hüpfl ist Konsulent für Energiefragen der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit im Außenministerium und der Austrian Development Agency und in dieser Eigenschaft auch bestellter Minitoring Consultant der beiden Wasserkraftwerke am Basochu, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. [^]

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