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2005-01: Nachhaltige Energieversorgung - Neue Wege in der Entwicklungszusammenarbeit

Energiepolitik

Energie bildet die Grundlage jeglicher menschlichen Tätigkeit, und der Zugang zu modernen Energiedienstleistungen ist eine Grundvoraussetzung für soziale und wirtschaftliche Entwicklung. In unserer heutigen Welt sind jedoch die Energiezugangsmöglichkeiten nicht gleich und gerecht verteilt.

EU- Energieinitiative für Entwicklungsländer *

Während die OECD-Länder, auf die 70% des Weltenergieverbrauchs entfallen, inzwischen für Energiekrisen weniger anfällig sind, werden die Entwicklungsländer immer verletzbarer. Sie sind im Allgemeinen stärker von Erdöleinfuhren abhängig und benötigen doppelt soviel Erdöl für eine Einheit Wirtschaftleistung. Energiepreisschwankungen wirken sich in diesen Ländern stärker auf die Wirtschaft aus. Der Zugang zu modernen Energiedienstleistungen ist meistens auf städtische Ballungsgebiete und Industriezentren begrenzt. Ein begrenzter Zugang zu hochwertigen, zuverlässigen Energiedienstleistungen ist ein beträchtliches Hindernis für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Luftverschmutzung durch traditionelle Energiequellen und schlechte Normen moderner Energieinstallationen beeinflussen besonders die Gesundheit armer Bevölkerungsgruppen.
Im Bewusstsein der Bedeutung eines besseren Energiezugangs für die Armen lancierte die EU auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung die EU-Initiative "Armutsminderung und nachhaltige Entwicklung durch Energie" (EU-Energieinitiative). Die Initiative zielt darauf ab, durch die Bereitstellung angemessener, erschwinglicher und nachhaltiger Energiedienstleistungen für die Armen zur Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele beizutragen. Entscheidend für den Erfolg dieser Initiative ist die Mitwirkung der Begünstigten.

Energie und Armut

Heute haben weltweit fast zwei Milliarden Menschen - überwiegend in Entwicklungsländern - keinen Zugang zu modernen Energiedienstleistungen. Ein besonders dramatisches Beispiel für diese Ungleichheit ist Subsahara-Afrika, wo über 80% der Bevölkerung nur begrenzten Zugang zu modernen Energieformen haben. Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung armer Bevölkerungsgruppen wird durch die langfristig nicht tragbare Verwendung von Holz und anderer Biomasse zur Energiegewinnung und den schwierigen Zugang zu anderen Energieformen wie Strom und flüssigen Kraft- und Brennstoffen gebremst.
Der Zugang zu angemessenen, erschwinglichen und nachhaltigen Energiedienstleistungen ist eine Voraussetzung für die Verwirklichung der meisten Entwicklungsziele, z.B. in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Licht, Heizung, Verkehr, Landwirtschaft, Industrieproduktion und moderne Kommunikationsmittel. Dieser Zusammenhang wurde vom Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im Durchführungsplan von Johannesburg bestätigt.

Zugang zu Energie

Die Gewährleistung des Zugangs zu Energiedienstleistungen ist eine Herausforderung, deren Bewältigung nicht den Marktkräften allein überlassen werden darf. Hier ist konzertiertes Handeln des öffentlichen Sektors erforderlich. Außerdem sind viele Akteure beteiligt, von den in Armut lebenden Gemeinschaften über Behörden auf lokaler und nationaler Ebene bis zu transnationalen Gesellschaften. Die Energiequellen sowie die technologischen Optionen unterscheiden sich von Ort zu Ort. Ein Patentrezept für die Bereitstellung von Energiedienstleistungen gibt es nicht.

Energiefinanzierung

Fast die Hälfte der weltweit bis 2030 zur Verbesserung und Erneuerung der Versorgungskapazität benötigten Investitionen entfallen auf die Entwicklungsländer. Mehr als je zuvor muss das für den Energiesektor benötigte Kapital von privaten und ausländischen Investoren aufgebracht werden. Das Investitionsrisiko gilt als extrem hoch, vor allem bei Investitionen, die den Energiezugang armer Verbraucher verbessern sollen. Öffentliche Mittel und Mittel der offiziellen Entwicklungshilfe müssen in innovativer Weise eingesetzt werden, um Katalysatorwirkung zu entfalten und den Zufluss ausreichender Investitionen in diesen Sektor zu fördern.

Hintergrund des EU-Konzepts

Es ist Zeit, dass in der Entwicklungshilfe die Bedeutung der Energie für die Armutsbekämpfung stärker berücksichtigt wird. Der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung hat zwar viel erreicht und bewirkt, dass der Energieaspekt in der internationalen Entwicklungsdebatte wieder thematisiert wird, doch in der Praxis wurde dem Energiebedarf nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. Die Mittelzuweisungen für den Energiesektor sind zurückgegangen, und eine Trendwende ist derzeit nicht in Sicht. Die Zuschüsse zugunsten des Energiesektors der Entwicklungsländer haben sich in den letzten Jahren im Vergleich zu den 90er Jahren halbiert. Einige EU-Mitgliedstaaten berücksichtigen jedoch den Energieaspekt in ihren bilateralen Entwicklungshilfeprogrammen.
Erstmals angekündigt wurde die EU-Energieinitiative von der Kommission in ihrer Mitteilung über die außenpolitische Dimension der nachhaltigen Entwicklung /3/. Da die EU-Mitgliedstaaten dieses Vorhaben in verschiedenen Beschlüssen des EU-Ministerrats und des Europäischen Rates unterstützten, könnte die EU-Initiative "Armutsminderung und nachhaltige Entwicklung durch Energie" auf dem Weltgipfel von Johannesburg erfolgreich lanciert werden.
Die Mitteilung der Kommission "Die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern im Energiebereich" /4/ steckte den Rahmen für die Energiezusammenarbeit ab und identifizierte folgende Schwerpunktbereiche: Reform des Energiesektors, Technologietransfer, Zusammenarbeit auf Nachfrage- und Angebotsebene, Förderung der Energiediversifizierung, Förderung der Entwicklung von Netzen und vor allem von Verbundnetzen usw.
Nach dem Gipfel von Johannesburg wurde Ende 2003 in der Mitteilung "Ein Jahr nach dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung: den Verpflichtungen Taten folgen lassen" /5/ Bilanz gezogen und die Entwicklung der EU-Energieinitiative beleuchtet. In der Mitteilung wurde der Fortschritt der EU-Energieinitiative bestätigt und festgestellt, dass eine ausreichende Finanzierung sichergestellt sein muss. Die EU-Mitgliedstaaten bekräftigten, dass für die Initiative angemessene Finanzmittel bereitgestellt werden müssen (Schlussfolgerungen des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" (8566/04) vom April 2004).

Die Finanzielle Herausforderung

Seit dem Weltgipfel ist es eine anerkannte Tatsache, dass für Energie und Armutsbekämpfung deutlich mehr Mittel aufgewandt werden müssen, wenn die Millenniums-Entwicklungsziele erreicht werden sollen. Bisher ist der Anteil der privaten Investitionen, die in die Erbringung von Energiedienstleistungen für die Armen fließen, verschwindend gering. Deshalb sind dringend neue und flexible Finanzierungsmechanismen nötig, welche die öffentlichen Mittel und die offizielle Entwicklungshilfe als Hebel einsetzen, um mehr Mittel aus dem privaten Sektor, von Entwicklungsbanken und Finanzinstituten zu mobilisieren. Öffentlich-private Partnerschaften sind ein entscheidendes, strategisches Instrument der EU-Energieinitiative, und der Energiesektor bietet zahlreiche Möglichkeiten, wo die EU und die Entwicklungsländer in solchen Partnerschaften mit dem Privatsektor, den Finanzinstituten und der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten können. Dennoch sind auf politischer Ebene noch größere Anstrengungen notwendig, um rascher angemessene und flexiblere Ressourcen und Instrumente einschließlich Startkapital bereitzustellen.
Seit Johannesburg hat EU-Energieinitiative eine solide Grundlage für konkrete Aktionen entwickelt und ist nun zu einem Quantensprung bereit. Um die Dynamik aufrechtzuerhalten und tatsächlich vor Ort Ergebnisse zu erzielen, sind erhebliche zusätzliche Mittel nötig. Diese Mittel sollte die EU bereitstellen und damit ihr Engagement für die Millenniums-Entwicklungsziele und den Durchführungsplan von Johannesburg unter Beweis stellen. Die Europäische Kommission ist darum bemüht, eine mit 250 Mio. EUR ausgestattete Energiefazilität für die AKP-Länder (Afrika, Karibik, pazifischer Raum) zu schaffen.

Ziele

Die Energiefazilität sollte gezielt auf die Verwirklichung der Ziele des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung sowie der Millenniums-Entwicklungsziele ausgerichtet werden und sich schwerpunktmäßig auf diejenigen AKP-Länder konzentrieren, die im Rahmen ihrer Armutsminderungsstrategie bereits über eine kohärente Energiepolitik verfügen bzw. engagiert an der Entwicklung einer solchen Politik gemäß den Grundsätzen der verantwortungsvollen Staatsführung (Good Governance) arbeiten. Unter anderem wird die Energiefazilität die Empfängerländer bei der Schaffung eines institutionellen und rechtlichen Rahmens unterstützen und die Mobilisierung zusätzlicher Finanzmittel für öffentlich-private-Partnerschaften erleichtern.

Eigenverantwortung

Das Konzept der Eigenverantwortung ist ein zentrales Element der Energiefazilität. Eine Reihe von AKP-Ländern betrachten die Energie- und Armutsagenda als vorrangig und möchten als Partner an der EU-Energieinitiative teilnehmen. Die Maßnahmen der Energieinitiative sollten mit den nationalen Strategien und Verpflichtungen in Einklang stehen und sich idealerweise aus dem Prozess der Armutsminderungsstrategie ergeben. In einigen Ländern ist die Entwicklung der erforderlichen politischen Rahmenbedingungen recht weit gediehen, so dass sie auf die Durchführung vorbereitet sind. Andere Länder hingegen müssen zunächst noch eine geeignete Politik und geeignete Strategien entwickeln.

Schlussfolgerungen

Die EU-Energieinitiative ist eine gemeinsame Maßnahme der Kommission und der Mitgliedstaaten, die durch Bündelung der entwicklungspolitischen Strategien und Aktionen Synergien schafft. Umgesetzt wird die Initiative durch einen Dialog und spezifische Partnerschaften mit den Entwicklungsländern, wozu auch die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, dem Privatsektor und den Finanzinstitutionen gehört. Seit Johannesburg ist die EU-Energieinitiative vorangekommen: So trug z. B. die Konferenz "Energie für Afrika", die im November 2003 in Nairobi organisiert wurde, dazu bei, die afrikanische Mitwirkung und die wichtigsten Prioritäten zu skizzieren. Der Dialog mit den Entwicklungsländern hat gezeigt, dass es notwendig ist, dass die EU in diesen Bereich wesentlich mehr Mittel investiert.
Die Europäische Kommission ist darum bemüht, die EU-Energieinitiative künftig operationaler zu gestalten und den Erfordernissen der AKP-Länder besser gerecht zu werden. Das Bewusstsein für die Herausforderungen im Bereich Energie und Armut soll geschärft werden. Diese Ziele sollen durch eine Erhöhung der finanziellen Mittel, die durch den Rat der Europäischen Union genehmigt werden muss, erreicht werden.

Abbildung 1: Foto: Rudolf Moschik

Abbildung 2: Foto: Jens Kötter

Referenzen
Zitierte Mitteilungen der Kommission:
/1/ "Mitteilung über die künftige Entwicklung der EU-Energieinitiative und die Modalitäten für die Einrichtung einer Energiefazilität zugunsten der AKP-Länder", KOM(2004) 711.
/2/ Mitteilung über die außenpolitische Dimension der nachhaltigen Entwicklung, KOM(2002) 82.
/3/ "Die Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft", KOM (2000) 212.
/4/ "Die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern im Energiebereich", KOM(2002) 408.
/5/ "Ein Jahr nach dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung: den Verpflichtungen Taten folgen lassen", KOM(2003)829.

Kontakt und weitere Informationen:

DG Development, B/5, Rue de Geneve 12, Brüssel, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

*) Dieser Text ist ein Auszug aus dem Kommunikationspapier KOM(2004) 711 der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Brüssel, 15.10.2004 [^]

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