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2005-04: Nachhaltige Energieregionen

Energieregionen

Im Projekt „Energieregion Oststeiermark“, das bis November 2006 unter der Trägerschaft des Regionalmanagement Oststeiermark läuft, gehen die Bezirke Feldbach, Fürstenfeld, Hartberg, Radkersburg und Weiz den Weg eine europäische „Musterregion für Erneuerbare Energie“ zu werden.

Energieregion Oststeiermark

Von Christian Luttenberger*

Dafür werden zahlreiche Projekte und Maßnahmen umgesetzt. Ökonomie, Ökologie und soziale Aspekte sollen gleichermaßen gestärkt werden und der Einsatz erneuerbarer Energieträger sowie die Wirtschaftsleistung und die Arbeitsplätze gesteigert werden. Ein wichtiger Punkt ist die gemeinsame Koordination der Energieaktivitäten und die Positionierung der Dachmarke „Erneuerbare Energie Oststeiermark“.

Günstige Ausgangssituation

Im Regionalentwicklungsprozess GO BEST (Gemeinsame Oststeirische Wirtschafts- und BEschäftigungsSTrategie, 2002-2004) attestierten über 400 oststeirische Akteure/innen dem Thema „Erneuerbare Energie, Energieeffizienz und Energiebewusstsein“, eines der zwei zukunftsträchtigsten Entwicklungsfelder der Oststeiermark zu sein. Aus dem regionalen Bedarf wurden die Inhalte des jetzigen Projektes erarbeitet.

Abbildung 1: Leistung von Ökostromanlagen in der Steiermark in MW und in der Energieregion Oststeiermark (Feldbach, Fürstenfeld, Hartberg, Radkersburg, Weiz)

In Abbildung 1 erkennt man die Vielfältigkeit der Nutzung der Erneuerbaren Energieträger in der „Energieregion Oststeiermark“, während in den anderen steirischen Bezirken in erster Linie Kleinwasserkraft und mit einigem Abstand Wind und feste Biomasse genutzt werden. Im oststeirischen Süden kristallisiert sich „Biogas“ als Stärkefeld heraus.
Biogas

Abbildung 2: Biogasanlagen in der Steiermark im Beitrieb und im Bau,Quelle: LEA, 2005

Die beiden oststeirischen Bezirke Radkersburg und Feldbach haben europaweit die höchste Dichte an Biogasanlagen. In der Oststeiermark stehen mit Stand September 2005 22 Anlagen (+5 in Bau), in der restlichen Steiermark 18 Anlagen (+3 in Bau), wie Abbildung 2 zeigt. Es werden vorrangig Schweinegülle und Mais, in weitaus geringeren Mengen Hühnermist, Rindergülle, Bioabfälle, Grünschnitt, Flotate und andere biogene Reststoffe vergoren.
Die häufigste Nutzungsform stellt die „Produktion“ von elektrischem Strom dar, der in das Netz eingespeist wird. Die Wärmenutzung beschränkt sich auf die Beheizung von landwirtschaftlichen Gebäuden. Wärmenutzungskonzepte, wie die Einspeisung in eine Ortsnahwärmeversorgung (z.B. Anlage Fürntratt in Auersbach oder Stadtwerke Fürstenfeld) sowie der Betrieb von Frucht-Trocknungsanlagen (z.B. in St. Stefan im Rosental www.biokw.at) bilden die Ausnahme.
Derzeit beschäftigen sich etwa 20 oststeirische Betriebe und Unternehmen mit dem Thema Biogas. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Steiermark sorgen für qualitativ hochwertige Ausrüstung der oststeirischen Biogasanlagen.
Die durchschnittliche Anlagengröße in der Oststeiermark mit 500 kW zählt zu den europaweit größten (Österreich: ca. 250 kW, Europa: < 200 kW). Eine Biogasanlage mit 1.000 kW elektrischer Leistung wurde in Mureck realisiert. Die Homepage des Netzwerkes Ökoenergie Steiermark [1] bietet eine Übersicht über Biogasprojekte mit oststeirischer Beteiligung.

Biomasse

Bei der Holzbiomasse besteht ein Überangebot an potenziellen Ressourcen. An der Entwicklung einer effizienten Logistik wird unter anderem im oststeirischen Leuchtturmprojekt „Rohstoffdrehscheibe“ gearbeitet.
1980 entstand die erste Biomasse-Fernwärme-Anlage in Feldbach. 1985 waren in der Steiermark nur drei Anlagen in Betrieb während mit Stand September 2004 bereits 199 Anlagen mit insgesamt 189,5 MW Haushalte und Gewerbebetriebe mit Wärme versorgten. 116 Anlagen liegen im Bereich bis zu einer Kesselleistung von 500 kW, 35 zwischen 500 kW und 1 MW, 33 zwischen 1 MW und 3 MW und 14 über 3 MW. Zwei der größten Nah-/Fernwärmenetze liegen in der „Energieregion Oststeiermark“: Hartberg und Passail (siehe auch Abbildung 3 [2]).

Abbildung 3: Biomasse-Wärmenetze in der Steiermark, Quelle: LEV, 9.2005 [2]

Bei der Fertigung von Kleinfeuerungsanlagen konnte in den letzten Jahren eine europäische Spitzenposition aufgebaut werden. Die Firma KWB hat Niederlassungen in ganz Europa, einen Exportanteil von 65% und 115 Mitarbeiter/innen nur im Stammwerk im oststeirischen St.Margarethen a.d.Raab. Zählt man die Zulieferindustrie und die Land- und Forstwirtschaft hinzu, werden derzeit von diesem Unternehmen 433 Arbeitsplätze gesichert.

Solarthermie

Über 100.000 m2 Sonnenkollektoren mit einer Leistung von 70 MWth sind in der Oststeiermark installiert. Im Bereich der Solarenergie für Warmwasserbereitung und Heizung ist Österreich international als führend bekannt. Diese Spitzenposition zeigt sich sowohl bei der erfolgreichen Nutzung im eigenen Land, als auch bei der Nachfrage nach österreichischen Technologien und Produkten im Ausland. So wurden von den im Jahr 2004 in Österreich produzierten Sonnenkollektoren (493.000 m²) etwa 320.000 m² exportiert.
Wesentliche Impulse für diese Entwicklungen sind aus der Oststeiermark gekommen. Mit der Entwicklung des Assembling-Verfahrens zum Bau von thermischen Solaranlagen Mitte der 80er Jahre wurden neue Wege in der technischen Entwicklung (Indachkollektoren) und in der Verbreitung und Marktaufbereitung aufgezeigt.
In den Anfangsjahren der „Solarbewegung“ haben die Gemeinden der Oststeiermark durch Informationsveranstaltungen bei der Marktaufbereitung wesentliche Unterstützung geleistet. Die 17 Gemeinden der Energieregion Weiz-Gleisdorf haben beschlossen jeden Quadratmeter Kollektorfläche mit mindestens € 35,- zu fördern. Impulsgeber war die Gemeinde Gleisdorf, die seit dem Jahr 2004 den Bau von thermischen Solaranlagen mit einem Unterstützungsbeitrag von € 200,- pro m² fördert.

Pflanzenöl

Die Anfänge zur breiteren Nutzung von Pflanzenölen für die energetische Verwertung machte die Südsteirische Energie- und Eiweißerzeugungsgenossenschaft (SEEG), die sich seit 1990 mit der Produktion von Biodiesel aus Raps, Altspeiseöl und Tierfett beschäftigt.

Abbildung 4: Tankstellen für Pflanzenöl in der Steiermark, Quelle: LEV, 2005

Parallel dazu erfolgte die Entwicklung der Nutzung des „reinen“ Pflanzenöls zum regionalen Treibstoff und zur Umwandlung in Wärme und Strom durch die Projektaktivitäten Poem I und Poem II (2000 - 2005) des Ökocluster Oststeiermark. Dadurch konnte ein Netzwerk mit 12 Pflanzenöl-Tankstellen realisiert werden (Abbildung 4).

Abbildung 5: Tanken mit Pflanzenöl

Diese fassen derzeit rund 117.000 Liter, der Einkauf und die Verteilung des Pflanzenöls wird vom Ökocluster Oststeiermark durchgeführt. Der Monatsverbrauch beträgt ca. 9.000 Litern, etwa 90 oststeirische Fahrzeuge wurden bereits umgerüstet. Die erste vollautomatisierte Pflanzenöltankstelle wurde im Jahr 2000 im Innovationszentrum ländlicher Raum in Auersbach errichtet, die zweite im Jahr 2004 bei den Feistritzwerken Gleisdorf.
Derzeit gibt es viele Aktivitäten im Rahmen des Projekts „Energieregion Oststeiermark“ zur Pflanzenöltechnologie, wie z.B. Anbauprojekte, Koordination zwischen Angebot und Bedarf und die Entwicklung der notwendigen Logistik.

Photovoltaik

Die Situation in der Oststeiermark ist geprägt durch das Erreichen der 15 MWp Deckelung im österreichischen Ökostromgesetz im Januar 2003. Durch das Aussetzen der Einspeisevergütungen fehlen derzeit wichtige Rahmenbedingungen in Österreich.
Die Feistritzwerke STEWEAG GmbH in Gleisdorf verzeichnen derzeit 300 kWp im eigenen Versorgungsnetz (Teile der Bezirke Weiz, Hartberg und Fürstenfeld). Die neu gegründete „Solarstrom“ in St. Margarethen errichtete bisher Klein-Anlagen von gesamt 20 kWp, weitere 50 kWp sind hier in Planung.

Abbildung 6: PV Module am Gemini Haus in Weiz

In Österreich wurden bis Ende 2003 16,8 MWp errichtet, davon durch „KW Solar“ 4,5 MWp, 2,2 MWp davon in der Oststeiermark gemeinsam mit Firmen-Partner Stadtwerke Hartberg und teilweise den Pichlerwerken, 2,1 MWp in der restlichen Steiermark.
In Summe ergeben sich so für die Energieregion Oststeiermark mit den bescheidenen Prognosen von 100 kWp für 2005 geschätzte 2,6 MWp installierte PV-Leistung 2005, was einem Anteil von 15% der österreichischen PV-Leistung entspricht.

Diese Zahl darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die derzeit fehlenden gesicherten Rahmenbedingungen in Form eines Ökostromgesetzes jegliche positive Entwicklung seit 2003 unterbrochen hat und große positive Effekte für die heimische Wirtschaft ungenutzt liegen bleiben.
Energieoptimiertes Bauen
Unter diesem Begriff finden sich in der „Energieregion Oststeiermark“ sowohl die hochwertige Sanierung, als auch der Neubau - speziell im Bereich Passivhaus. Für beide Bereiche finden derzeit sogenannte Leuchtturmprojekte statt:

  • „Modernisierungsinitiative Oststeiermark“: hochwertige Sanierung von 15 öffentlichen Gebäuden in den nächsten zwei Jahren.
  • „Passivhausinitiative Oststeiermark“: Realisierung von einem Passivhaus in jeder der 192 oststeirischen Gemeinden bis 2010

Abbildung 7: Ein Passivhaus hat einen Jahresheizenergiebedarf von weniger als 15 kWh/m²

Das Passivhaus stellt einen Baustandard dar, der durch den Jahresheizwärmebedarf von unter 15 kWh/m² ein behagliches Innenklima ohne herkömmliches Heizsystem gewährleisten kann. Die Deckung des Restwärmebedarfes erfolgt meist durch ein Lüftungssystem.
In der Region Oststeiermark haben sich eine Reihe von Unternehmen zum Thema „Passivhaus“ etablieren können, wie Baubetriebe, Technische Planungsbüros, , Architekten Komponenten- und Dämmstofferzeuger. Ca. 80% der steirischen Passivhäuser befinden sich in der „Energieregion Oststeiermark“ [4].

Geothermie

Das Steirische Becken ist das zweitwichtigste geothermische Erschließungsgebiet in Österreich. Eine terrestrische Wärmestromdichte von bis zu 95 Milliwatt/m², die mit einer Hochlage des Erdmantels zusammenhängt, erlaubt in Tiefen von kapp über 2.000 m die Erschließung von Wässern mit Temperaturen von 100 °C.
Der überwiegende Teil der im Steirischen Becken liegenden Tiefbohrungen (21 von 26) wurde für balneologische Zwecke, also die Nutzung für Thermalbäder, niedergebracht. Die für eine wirtschaftliche geothermisch-technische Nutzung notwendigen Ergiebigkeiten sind jedoch nur in den paläozoischen und mesozoischen Karbonatgesteinen des Beckenuntergrundes gegeben. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die geothermischen Anlagen des Steirischen Beckens.

Anlage Bad Blumau Bad Waltersdorf
Nutzung E, F, B, CO2 F, B, G
Installierte Leistung (MWth) 7,6 2,3
Volumenstrom (l/s) 30 17
Temperatur (°C) 110 63
Inbetriebnahme 1997 1980
Länge Fernwärmenetz (km) 1,5 1,5
E=Stromerzeugung, F=Fernwärme, B=Balneologie,
CO2=stoffliche Nutzung des Kohlenstoffdioxids, G=Gewächshaus.

Tabelle 1: Geothermische Anlagen im Steirischen Becken

Abbildung 8: 250 kW ORC-Anlage zur Beheizung des Rogner Bad Blumau

Wind

Abbildung 9: Bis Mitte 2006 wird in der Steiermark eine Windkraftleistung von 48 MW installiert sein

In der Energieregion Oststeiermark treten nutzbare Windgeschwindigkeiten in erster Linie in den Bezirken Weiz und Hartberg auf. Für die Windkraft unter ökonomischen Gesichtspunkten nutzbar sind die Erhebungen der Teichalm, die Kammlagen des Stuhleckzuges sowie der Hochwechsel und seine Ausläufer.
Mit den derzeit errichteten und genehmigten Anlagen befindet sich eine Windkraftleistung von 13,75 MW in der Energieregion Oststeiermark, das entspricht einem Anteil von 28,5 % an der in der Steiermark bis Mitte 2006 installierten Gesamtleistung von 48,3 MW.
Als erzeugender Betrieb im Bereich Windkraft Generatoren tritt seit Mitte der 80er Jahre die ELIN EBG Motoren GmbH in Weiz auf. Der geringe Platzbedarf der ELIN Motoren und Generatoren durch kompakte Bauweise kommt besonders in der Windkraft voll zur Geltung. Das Lieferspektrum geht derzeit von 750 bis 3000 kW. Durchschnittlich werden jährlich über 800 Windkraft-Generatoren mit einer mittleren Leistung von 1200 kW ausgeliefert und mangels eines österreichischen Windkraftanlagenherstellers in alle Welt exportiert.

Ausblick

Die „Energieregion Oststeiermark“ kann in einigen Themenbereichen auf günstige Entwicklungen verweisen. Es gilt mit den Partnern aus dem Bedarf heraus die Problemstellungen zu bearbeiten und die vorhandenen Stärken weiter zu verbessern. Die „Erneuerbare Energie Oststeiermark“ kann zum integrativen Bestandteil der oststeirischen Menschen werden.

Quellen für den Bericht:

Dieser Bericht wurde mit freundlicher Unterstützung der folgenden Experten zusammengestellt:

Biogas Ing. Karl Puchas, LEA (Lokale Energieagentur Oststeirmark, Kompetenzknoten des NOEST (Netzwerk Ökoenergie Steiermark) für Biogas und Themenkoordinator für das Stärkefeld „Biogas“ im Rahmen von „Energieregion Oststeiermark“
Biomasse Erwin Stubenschrott, KWB (Kraft und Wärme aus Biomasse und Themenkoordinator für das Stärkefeld „Biomasse“ im Rahmen von „Energieregion Oststeiermark“
Solarthermie Ing. Ewald Selvicka, AEE INTEC (AEE INTEC), Kompetenzknoten des NOEST (Netzwerk Ökoenergie Steiermark) für Sonnenenergie und Themenkoordinator für das Stärkefeld „Solarthermie und Photovoltaik“ im Rahmen von „Energieregion Oststeiermark“
Pflanzenöle Bakk. Birgit Birnstingl Gottinger, AKREMI (Arge Kreislaufwirtschaften mit Mischkulturen), Ökocluster Oststeiermark und Themenkoordinatorin für das Stärkefeld „Pflanzenöle und Mobilität“ im Rahmen von „Energieregion Oststeiermark“
Photovoltaik Gerhard Faninger, Photovoltaikmarkt in Österreich 2003, Dir. Ing. Walter Schiefer, Ing. Robert Kohl, Feistritzwerke Gleisdorf, Arch. DI Erwin Kaltenegger, Architekturbüro Kaltenegger, Gerhard Korpitsch, KW Solar, Josef Stubenschrott, Solarstrom
Energieoptimiertes Bauen Ing. Wolfgang Lackner, CPH (Cellulose Dämmstoff Produktion), Obmann der IG Passivhaus Steiermark-Burgenland und Arch. DI Erwin Kaltenegger, Architekturbüro Kaltenegger – beide Themenkoordinatoren für das Stärkefeld „Energieoptimiertes Bauen“ im Rahmen von „Energieregion Oststeiermark“
Geothermie Univ.-Prof. Dr. Johann Goldbrunner, Geschäftsführer Geoteam Ges.m.b.H.
Wind Otmar Frühwald, ecowatt – erneuerbare energien GmbH
DI Thomas Kirsch, ELIN EBG Motoren GmbH Windenergie

Referenzen:

1: http://www.noest.or.at/index.asp?page=projekte.htm&navpage=nav_projekte.htm
2: www.lev.at
3: Aus dem Projekt „1000 Passivhäuser in Österreich“, ein Haus der Zukunft Projekt, unterstützt vom BMVIT
4: Dokumentiert unter http://www.igpassivhaus.at/, 7 davon weiters unter http://www.energieregion.at/index.php?seitenName=solarausstellung
Bilderquellen wenn nicht anders angegeben: Energieregion Oststeiermark, RMO

*) Christian Luttenberger ist Projektleiter der "Energieregion Oststeiermark", Regionalmanagement Oststeiermark [^]

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