Zeitschrift EE

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2006-03: Photovoltaik im Aufschwung

Forschung und Entwicklung

Quelle: ertex-solar

Die organische Photovoltaik ist in den letzten Jahren immer mehr in den Blickpunkt der internationalen Forschungen geraten. Die Arbeiten zielten auf die Verbesserung des Wirkungsgrades ab. Es konnte gezeigt werden, dass die Erreichung eines Wirkungsgrades von 5 % realistisch ist. Die organische Photovoltaik ist eine zukunftsträchtige Technologie mit neuen Anwendungsmöglichkeiten und neuen Marktchancen.

Industrielle Aspekte der organischen Photovoltaik

Von Christoph Brabec*

Die klassische Photovoltaik hat im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energietechnologien eine unvorteilhafte Kostenstruktur. Der kostenintensivste Faktor bei der Herstellung sind teure Halbleitertechnologien. Photovoltaikelemente, die basierend aus dünnen Kunststoffträgern durch Aufdruck und Beschichtung vom Band gefertigt und dann übereinander geschichtet werden können, sind daher vom Kostenstandpunkt aus gesehen sehr attraktiv. Um diese Anforderungen zu erfüllen, müssten Anlagen für die Beschichtung von großen Mengen mit kostengünstigem Ausgangsmaterial errichtet werden. Mit flüssigen organischen und anorganischen Halbleitern kann dies erreicht werden.
Die Vorteile von organischen Halbleitern sind:

  • Sie sind flexibel und semitransparent
  • Ein kontinuierlicher Beschichtungsprozess ist möglich
  • Großflächige Beschichtung ist möglich
  • Einfache Integration in verschiedene Anwendungen
  • Substanzielle ökologische und ökonomische Vorteile

Am Energiemarkt wird der Wettbewerb jeder Solartechnologie durch die Faktoren Wirkungsgrad, Lebensdauer und Kosten je Watt p bestimmt. Kann ein Produkt nur zwei Punkte erfüllen, z.B. wettbewerbsfähige Kosten und einen guten Wirkungsgrad, wird es nur bei Nischenanwendungen zum Einsatz kommen, so lange nicht der dritte Punkt, in diesem Fall die Lebensdauer, verbessert wird.

Organische Halbleiter

Die meisten organischen Halbleiter sind eigenleitende Halbleiter. Photovoltaikzellen, die aus einzelnen organischen Halbleitern hergestellt werden, erreichen nur minimale Wirkungsgrade. 1995 konnte von mehreren Forschungsgruppen unabhängig von einander gezeigt werden, dass der Wirkungsgrad durch die Vermischung von zwei Materialien mit je einer Präferenz für positive und negative Ladung verbessert werden kann [1, 2, 3]. Bei der Vermischung von Materialien auf Nanometerebene sind die Schnittstellen in der ganzen Zelle verteilt. Dieses Konzept wurde unter dem Namen „Bulk Heterojunction Composites“ (Zusammensetzung mit Mehrfachschnittstellen) bekannt [4].

Wirkungsgrad

Der Wirkungsgrad ist der entscheidende Parameter für Solarzellen. Bei einem niedrigen Wirkungsgrad ist eine größere aktive Fläche nötig, um die gleiche Energie zu erzeugen. Ein minimaler Zellenwirkungsgrad von 10 % und ein Modulwirkungsgrad von 5 % sind notwendig, um am Markt wahrgenommen zu werden. Abbildung 1 zeigt einen typischen Verlauf der Stromstärke gegen die Spannung einer auf Polymeren basierenden Zelle mit Mehrfachschnittstellen mit ca. 5 % Wirkungsgrad, was deutlich unter dem Wirkungsgrad von anorganischen Photovoltaikzellen aber auch unter dem Wirkungsgrad von auf flüssigen Elektrolyten basierenden TiO2 Zellen liegt. Es stellt sich die Frage, ob auf Polymeren basierende Zellen das Potenzial haben, einen höheren Wirkungsgrad zu erreichen, oder ob es sich um eine grundsätzliche Limitierung handelt.
Um die maximal möglich erreichbare Effizienz von organischen Solarzellen abzuschätzen, ist es wichtig die Verlustmechanismen zu kennen. Die dazu aussagekräftigen Messgrößen, sind die externe Quanteneffizienz (EQE), die aus dem Verhältnis der einfallenden Photonen zu den generierten Ladungsträgern bestimmt wird und die interne Quanteneffizienz (IQE), die aus dem Verhältnis der absorbierten Photonen zu den generierten Ladungsträgern gebildet wird. Für organische Solarzellen konnten EQE Wirkungsgrade von über 75 % über einen großen Bereich des Spektrums erreicht werden, bei gleichzeitigen IQE Wirkungsgraden von nahe bei 100%. Das zeigt, dass die im Vergleich zu anorganischen Halbleitern niedrigere Beweglichkeit von organischen Halbleitern kein limitierender Faktor ist [5] und organische Solarzellen das gleiche Potential wie inorganische Solarzellen haben. Eine neue Studie über die Verluste bei polymerischen Zellen [6, 7] zeigte auf, dass die Verluste in erster Linie auf Absorptionsverlusten in den Elektroden, nicht perfekten Dioden und auf Materialunreinheiten zurückzuführen sind. Wenn diese Beschränkungen überwunden werden können, sind kurzfristig Wirkungsgrade von 7 % und mittelfristig über 10% erreichbar [7].

Abbildung 1: Stromstärke gegen die Spannung einer auf Polymeren basierenden Zelle mit Mehrfachschnittstellen

Lebensdauer

Nach dem Wirkungsgrad ist die Lebensdauer der zweitwichtigste Parameter. Aufgrund der hohen Kosten von anorganischen Photovoltaikzellen liegt ihre Amortisationszeit bei ca. 20 Jahren (ohne Förderungen). Für Niedrigpreiszellen werden Lebensdauern von 3 – 5 Jahren angesetzt. Dies stellt eine typische Lebensdauer von elektronischen Geräten dar, die durch Photovoltaikzellen betrieben werden könnten.

Abbildung 2: Messung des Wirkungsgrades einer polymerbasierenden Solarzelle über die Lebensdauer

Abbildung 2 zeigt eine temperaturbeschleunigte Lebensdaueranalyse einer polymerbasierenden Solarzelle, getestet unter Bedingungen analog zu den IEEE Normen für Si. Diese Systeme erreichen die geforderte Lebensdauer von 1000 Stunden bei einer Degradation von weniger als 80%. Beschleunigte Lebensdaueranalysen mit Temperaturen bis 85 °C werden deshalb durchgeführt, um eine Lebensdauer innerhalb einer vernünftigen Testzeit zu erhalten. Die Abbildung 2 zeigt eine Abnahme des relativen Wirkungsgrades um 20 % innerhalb der ersten 1000 Stunden. Der genaue Beschleunigungsfaktor der getesteten Materialkombination ist nicht bekannt, typische Faktoren liegen zwischen 15 und 40 bei den vorliegenden Temperaturen. Weitere IEEE Tests wie den „damp heat“ Test (1000 Stunden bei 65°C) oder den „high temperature storage“ test (1000 h, 85°C) passieren die organischen Solarzellen bereits ohne sichtbare Degradation.
Diese Ergebnisse sind vielversprechend, jedoch sind weitere Untersuchungen zur UV-Beständigkeit und zur Beständigkeit der Folien notwendig.

Kosten

Seit die vielversprechenden Entwicklungen im Bereich der polymerischen optoelektronischen Materialien in den letzten Jahren zu ersten kommerziellen Umsetzungen geführt haben (OLED- und PLED-Bildschirme), wurde die Diskussion um geeignete Herstellungstechnologien zusehends wichtiger. Bis jetzt werden in erster Linie Produktionsweisen aus der Mikroelektronik für die Herstellung von polymerischen optoelektronischen Materialien angepasst. Der Vorteil dieser neuen Materialien wird aber erst dann voll zur Geltung kommen, wenn neue günstigere Herstellungsverfahren entwickelt werden. Da die Polymere in ihrer flüssigen Phase eingesetzt werden, sind Drucktechniken eine bessere und günstigere Variante. Der Druckprozess kann mit dem Bedrucken von Papier oder Folien verglichen werden.
Eine typische Silicium-Wafer-Produktion mit einem 30 cm Waferprozess erzeugt jährlich 88.000 m² Siliziumzellen. Eine Druckmaschine wie eine Offset-Maschine kann dieselbe Menge je nach Technologie in 1-10 Stunden produzieren. Abbildung 3 vergleicht die Wirkungsgrade von bedruckten und mit Spin Coat-Technologie hergestellten organischen Solarzellen. Es kann festgestellt werden, dass der durchschnittliche Wirkungsgrad der bedruckten Zellen etwas über dem der mit Spin Coat-Technologie hergestellten Zellen liegt.
Unter der Annahme, dass die Materialpreise fallen bei gleichzeitiger Verbesserung ihrer Materialeigenschaften, sind Preise für organische Solarzellen unter 1 €/Wp realistisch.

Abbildung 3: Vergleicht der Wirkungsgrade organischen Solarzellen mit unterschiedlichen Herstellungsverfahren, (a) Bedruckt (b) Spin Coat

Zusammenfassung

Abbildung 4 zeigt die Anwendungsmöglichkeiten für organische Solarzellen. Die bisherigen Daten lassen noch keine Aussagen über eine Lebensdauer der Zellen über fünf Jahren zu, was für einen Eintritt in den Markt der netzgekoppelten Anlagen nötig wäre. Bei Anwendungen, bei denen der Wirkungsgrad nicht so bedeutend ist, sind erste Einsätze jedoch möglich. Dies sind elektronische Konsumgüter, Innenanwendungen und innovative Anwendungen. Mit einem Markteintritt wird innerhalb der nächsten drei Jahre gerechnet.

Literatur

  1. S. Morita, A. A. Zakhidov, and K. Yoshino, Solid State Commun., 1992, 82, 249.
  2. J. J. M. Halls, C. A. Walsh, N. C. Greenham, E. A. Marseglia, R. H. Friend, S. C. Moratti, A. B. Holmes, Nature 376: 498, 1995.
  3. G. Yu, J. Gao, J. C. Hummelen, F. Wudl, A. J. Heeger, Science 270: 1789, 1995.
  4. N. S. Sariciftci, L. Smilowitz, A. J. Heeger and F. Wudl, Science, 258: 1474, 1992.
  5. P. Schilinsky, C. Waldauf, I. Riedel, V. Dyakonov and C. J. Brabec, Appl. Phys. Lett. , submitted (2003)
  6. P. Schilinsky, C. Waldauf and C. J. Brabec, Appl. Phys. Lett. 81, 1 (2002).
  7. C. Waldauf, P. Schilinsky, J. Hauch and C. J. Brabec, Thin Solid Films, in print (2004).

*) Christoph J. Brabec, Jens A. Hauch, Pavel Schilinsky, Christoph Waldauf sind Mitarbeiter der Konarka Technologies Incorporated, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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