Zeitschrift EE

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2007-01: Große Solaranlagen

Wassermanagement

Im oststeirischen Hügelland, kurz vor Markt Hartmannsdorf aus Richtung Gleisdorf kommend, umgeben von Weinbergen, liegt der alte Gutshof Pöllau 18 - das Tor zum Vulkanland. Das 1874 erbaute Anwesen war seit Jahren dem Verfall preisgegeben und fast verloren. Von einem privaten Bauträger erworben, wird es jetzt umfassend saniert und ausgebaut. Mit bemerkenswerter Konsequenz wird hier ein Projekt umgesetzt, das nahezu über die gesamte Bandbreite aller Bereiche des „Ökologisch - Nachhaltigen Bauens“ in sich vereint.

Ökologisches Bauen
am Beispiel einer Wohnanlage in der Oststeiermark -
Energie, Wasser, Baustoffe und Lebensraum

Von Christian Platzer*

Für den Bauträger Herrn Mag. Manfred Feistritzer ist die Sanierung des alten Vierkanthofes in Pöllau 18 bereits das zweites Projekt, in dem der private Bauträger konsequent auf eine hochwertige und ökologisch nachhaltige Sanierung setzt.
Das 1. Projekt, ein Um- und Zubau einer alten Getreidemühle zu einer Wohnanlage, liegt mitten im Ortszentrum von Markt Hartmannsdorf und umfasste 6 Wohneinheiten (285m²) und Therapieräumlichkeiten in der Größe von 180m².
Die positiven Erfahrungen aus diesem Projekt - das Gebäude wurde bereits kurz nach Fertigstellung im Jahre 2005 zur Gänze verwertet - ermutigten den Bauherrn, das gesamte Konzept auf den annähernd doppelt so großen Gutshof zu übertragen bzw. konsequent weiter zu entwickeln.

Eckdaten des Projektes

Die Wohnanlage umfasst 3 Gebäude auf insgesamt etwas mehr als 11.000 m², den renovierten Gutshof, einen neu errichteten Zubau und ein aufwendig und liebevoll restauriertes Kellerstöckel.
In den Gebäuden werden insgesamt 8 Wohneinheiten mit einer Größe zwischen 45 und 106 m², Büroräumlichkeiten, ein Keller zur Weinproduktion und ein gemauerter Gewölbekeller zur Weinlagerung untergebracht sein.
Integriert in die Anlage ist weiters ein Veranstaltungsraum, welcher einerseits für Weinverkostungen im Rahmen der geplanten Vinothek, aber auch für Firmenseminare oder für die eine oder andere Feierlichkeit, zur Verfügung steht.
Federführend im damit expandierenden Weinbaubetrieb ist die Familie Gerstl aus Pöllau, mit der steirischen Weinprinzessin Mara, die durch ihre strikte Qualitätsorientierung seit Jahren hervorragende Weine in unmittelbarer Nähe des Gutshofes keltert.
Selbstverständlich steht der Veranstaltungsraum auch den zukünftigen Bewohnern des Wohn- und Weinressorts nach Absprache zur Verfügung. Ein Weindeputat aus eigener Produktion ist dabei eine Selbstverständlichkeit. Die Nutzung der gesamten Grünanlage rund um das Objekt selbst verspricht größten Erholungswert.

Abbildung 1: Restauriertes Kellerstöckel

Abbildung 2: Wohnraum Kachelofen, Veranstaltungsraum (Rohbau), Holz-Kastenfenster mit hochwertiger 3-Scheibenverglasung.

(Die Wohnanlage befindet sich derzeit noch im Bau)

CO2 neutrale Energieversorgung

Eine Sonnenkollektoranlage mit einer Leistung von 42 kWth (60 m²) wurde in die südseitige Dachfläche des Veranstaltungssaales integriert. Die Anlage deckt den Energiebedarf zu 30% und wird sowohl für die Brauchwasserbereitung wie auch zur Raumheizungsunterstützung genutzt. Ein Hackgutkessel mit ca. 50 kW thermischer Leistung deckt den Energiebedarf über einen ca. 6 m³ fassenden Energiespeicher an den sonnenlosen Tagen im Winterhalbjahr. Das Hackgut stammt aus der Region und wird von ortsansässigen Landwirten angeliefert. Eine Kombination Hackgutkessel - Stirling-Motor zur Ökostromproduktion war vorgesehen, musst Mangels marktreifer Geräte vorerst fallen gelassen werden.
Eine 17 m² große Photovoltaikanlage ist geplant und wird einerseits zur Stromproduktion und andererseits als Verschattungselement für die südseitigen Wohnungen dienen.
Die Energieverteilung für Warmwasser und Raumheizung erfolgt vom zentralen Heizhaus über ein 2-Leiternetz mit dezentralen Wärmeübergabestationen in jeder Wohnung. Diese Stationen versorgen auch einige historische Kachelöfen in den Wohnungen. Alle Geschirrspüler in den Wohnungen sind ebenfalls an das Warmwassernetz angeschlossen. Dies ermöglicht einerseits, die Sonnenenergie vollständig zu nutzen und anderseits den Bewohnern Stromkosten zu sparen.

Energieeffizienz und Baustoffe

Das gesamte Anwesen, Neubau und sanierter Altbestand, ist hochwertig wärmegedämmt. Der spezifische Energiebedarf liegt bei unter 50 kWh/ m².a und entspricht somit Niedrigenergiehausstandard.
Es ist gelungen den Charakter des Gutshofes, trotz umfassend wärmetechnischer Sanierung, unverändert zu bewahren. So wurden z.B. die alten Kastenfenster gegen neue Holz-Kastenfester mit hochwertiger 3-Scheibenverglasung ausgetauscht. Eingestürzte Gemäuer und Gewölbe wurden mit alten K+K Mauerziegeln, in mühvoller Kleinarbeit, authentisch aufgebaut. Alte Baumaterialien fanden auch bei der Dacheindeckung, den Dachstühlen und den alten Holzdecken Wiederverwendung. Selbst die alten Holzfensterläden fanden nach umfassender Restaurierung auf ihren angestammten Platz zurück.

Das Wasserkonzept

Ein Anschluss an den öffentlichen Kanal war aufgrund der dezentralen Lage nicht wirtschaftlich realisierbar. Für die Abwasserreinigung war daher eine hauseigene Kleinkläranlage vorzusehen.
Es war für den Bauerherrn bald klar, keine klassische „End of Pipe“ - Abwasserlösung zu implementieren, sondern bereits im Gebäude beim Wasserverbrauch anzusetzen und z.B. auch Regenwasser zu nutzen oder Teile des Wasserstroms im Gebäude im Kreislauf zu führen.
Wassersparende Armaturen, Toilettenspülungen und Haushaltsgeräte ermöglichen ohne großem Mehraufwand den Trinkwasserbedarf ohne nennenswerten Komfortverlust zu senken.
Die Nutzung von Regenwasser hilft, weiteres kostbares Trinkwasser zu substituieren bzw. Betriebskosten zu sparen. Hierfür wurden Regenwasserzisternen mit einem Nutzinhalt von insgesamt 42 m³ installiert. Das gefilterte Niederschlagswasser wird zukünftig neben den beiden zentralen Waschküchen auch zur Bewässerung der Außenanlagen und der Weingärten zur Verfügung stehen. Die Waschmaschinen zweier zentraler Waschräume werden ebenfalls mit Regenwasser gespeist das in eigens installierten Wärmeübergabestationen auf die richtige Temperatur gebracht wird. Zur Deckung des Löschwasserbedarfs wird von der Anlagensteuerung allzeit eine Restwassermenge in den Zisternen belassen.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Die Nutzung von „weichem“ Regenwasser reduziert den Wasch- und Reinigungsmittelbedarf erheblich (Regenwasser enthält keinen Kalk, für den Waschmitteleinsatz gilt Härtegrad 1) und die Geräte verkalken nicht.
Im Sinne der Schließung des natürlichen Wasserkreislaufs wird das Regenwasser der versiegelten Hofflächen nicht abgeleitet, sondern optimalerweise am Anwesen versickert. Entsprechendes Retentionsvolumen und Sickerflächen wurden in Form einer Teichanlage geschaffen. Neben einer optischen Bereicherung dient das Element Wasser hier, indem es in den Wohn-Erlebnisraum integriert wird, als Gestaltungs- bzw. Erlebniselement und zur Verbesserung des Mikroklimas.

Grauwasser

Im Haushalt fallen im Schnitt pro Person täglich ca. 55 bis 80 Liter Grauwasser an. Die Wiederverwendung aufbereiteten Grauwassers als Betriebswasser erlaubt es, den Trinkwasserbedarf wie auch den Abwasseranfall im selben Umfang zu verringern. Unter Grauwasser versteht man das relativ schwach verunreinigte Abwasser aus den Duschen, den Badewannen und den Handwaschbecken.
Anfallendes Grauwasser wird getrennt von den Fäkalabwässern gesammelt, einer eigens installierten Grauwasserreinigungsanlage zugeführt und zu Betriebswasser aufbereitet. Die erreichte Wasserqualität entspricht Badewasserqualität nach EU-Richtlinie und ist vollkommen klar und geruchlos. Das gereinigte Wasser wird im Anschluss in ein Betriebswasserleitungsnetz eingespeist.

Grauwasserreinigungssystem

Nachdem sich für Grauwasserreinigung adaptierte klassische Kleinkläranlagen in der Vergangenheit aufgrund des recht beträchtlichen Energieverbrauchs und Wartungsaufwands als ungeeignet erwiesen, entwickelte die Firma Pontos ein speziell für diesen Einsatzzweck optimiertes Reinigungssystem.
Die Anlage wird im Keller bzw. Technikraum aufgestellt. Der Platzbedarf entspricht etwa dem von zwei Waschmaschinen. Die Installation erfolgt ähnlich einer Waschmaschine. Die Anlage wird einfach mit den vorbereitet Anschlüssen verbunden und gestartet („Plug and Play“). Die Betriebsführung erfolgt voll automatisiert. Die biologische Wasserreinigung basiert auf dem SBR-Prinzip (SBR heißt "Sequencing Batch Reactor") mit einer nachgeschalten Reinigungsstufe zur UV–Desinfektion. Klarwasserspeicher und Haushebewerk sind integriert. Die modulare Bauweise erlaubt eine einfache Anpassung an den zu erwartenden Grauwasseranfall. Überschussschlamm wird automatisch in den Kanal abgepumpt. Bei eventuellen Störungen erfolgt eine automatische Umschaltung auf Regenwasser bzw. Trinkwassernachspeisung. Fehlermeldungen können als Text einfach von einem Display abgelesen werden.
Sämtliche Toiletteanlagen und Urinale sowie die Wasserhähne im Außenbereich werden mit Betriebswasser gespeist. Im Gegensatz zu Regenwasser steht Grauwasser sobald das Objekt bewohnt wird praktisch immer in ausreichender Menge zur Verfügung. In Ausnahmefällen wird automatisch Regenwasser oder Trinkwasser in das System nachgespeist.

Wärmerückgewinnung

Wärmerückgewinnung aus Grauwasser ist eine sehr interessante Sparmaßnahme mit enormem Potenzial, die bislang aus Mangel an „Know How“ nicht genutzt wurde. Leider fließt immer noch weltweit die Wärmeenergie des Abwassers aus Dusche und Bad ungenutzt den Kanal hinunter. Es ist daher beabsichtigt, das relativ warme Grauwasser (Wohnblock Ost), die Ablauftemperaturen bewegen sich zwischen 28°C und 40°C, über einen eigens konstruierten Grauwasserwärmetauscher zu leiten und die aus dem Dusch- und Badewasser mitgeführte Wärme rückzugewinnen. Die „recycelte“ Wärmeenergie wird in das Heizsystem im Kellerbereich eingespeist. Das auf dem Durchlauferhitzer-Prinzip basierende Grauwasserwärmetauschersystem, eine Entwicklung der Forstner Speichertechnik GmbH., fand bereits erfolgreich in Hallenbädern Anwendung. Für den Einsatz in Wohngebäuden wurde das System entsprechend weiterentwickelt, verkleinert („miniaturisiert“) und mit einer automatischen Filterrückspülung ausgestattet.

Pflanzenkläranlage zur Abwasserreinigung

Die anfallenden Fäkalabwasser (Schwarzwasser und Urin) und die Küchenabwässer werden einer Pflanzenkläranlage zugeführt und biologisch gereinigt. Die Pflanzenkläranlage wird fremdenergiefrei betrieben. D.h. da mechanische Bauteile wie Pumpen oder Kompressoren entfallen wird für die Wasserreinigung keine elektrische Energie aufgewandt.
Im Sinne der Schließung des natürlichen Wasserkreislaufs wird das biologisch gereinigte Wasser nicht abgeleitet sondern noch am Anwesen oberflächennah verrieselt. Bei Bedarf kann das nährstoffreiche Wasser zukünftig auch für die Weingartenbewässerung herangezogen werden.

Abbildung 3: Bau der Regenwassersammelschächte, Gesamtvolumen von 42.000 Liter. Der kleine Schacht rechts beinhaltet die Filtereinheit

Nährstoffe

Neben der Reduzierung des Abwasseranfalles und langer Transportwege, einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung und einer effizienten Trinkwassernutzung war und ist die Ausbildung eines Wasser- und Stoffstrommanagements das wichtigste Ziel für einen nachhaltigem Umgang mit Wasser.
Jeder Mensch produziert typischerweise 1,8 Liter Ausscheidungen täglich, davon 350 Gramm Feststoffe mit etwa 90 Gramm organischer Substanz, 20 Gramm Stickstoff und weiteren Nährstoffen – vor allem Phosphor und Kalium. D.h. jeder produziert etwa so viel Pflanzennährstoffe, wie für seinen Lebensmittelbedarf nötig sind.
Zukünftig ist vorgesehen die anfallenden nährstoffreichen (Klär-)Schlämme der zur Pflanzenkläranlage gehörenden Vorreinigung in einem Vererdungsbeet zu kompostieren und als hochwertigen Dünger wiederzuverwenden. Im Gegensatz zu kommunalen Klärschlämmen, deren Entsorgung aufgrund der Schwermetallproblematik zunehmend Probleme verursacht, ist bei Wohnanlagen kein Eintrag von Schwermetallen in das Abwasser zu erwarten.

Untersuchung der integrierten Wassersysteme

NASPA (Nachhaltige Siedlungswasserwirtschaft - Praktische Anwendungen) soll ein detailliertes Monitoring Auskunft über die Auswirkungen von nachhaltigen Maßnahmen in Wassersystemen geben. Geplant ist die Messung des Nutzverhaltens über den Wasserverbrauch und die Erfassung von Daten zu Grau-, Regen- und Schwarzwasser, sowohl was Menge als auch Qualität betrifft. Zweitens soll der neu entwickelte Grauwasserwärmetauscher vermessen und das energetische Potenzial von Grauwasser untersucht werden.
Hauptprojektziel ist es, durch Pilotprojekte und Sammlung von (Mess-)Daten die Vorteile neuer Sanitär- und Wassertechniken (Ecosantechniken) zu untermauern - was sowohl den „ökologischen Fußstapfen“ wie auch die Kosten/Nutzenrechnung betrifft - und die gewonnenen Erkenntnisse zu verbreiten.

Lebensraum

Entsprechend dem Kerngedanken, Altes zu bewahren und weiterentwickeln, wurde versucht, einen angenehmen und ökologischen Lebensraum zu schaffen, der in Summe ausgehend von der hochwertigen und stimmigen Ausstattung der Wohnanlage bis hin zu Details wie etwa der Auswahl der verbauten Materialien, der Lage und dem Umfeld der Wohnanlage, höchste Wohn- und Lebensqualität verspricht.
Die Idee, einen für alle Bewohner kostenlos zu nutzenden zentralen Waschraum zu schaffen, hat sich bereits im 1. Projekt des Bauträgers hervorragend bewährt. Von allen Mietern sehr gut angenommen hat sich der Ort zu einem regelrechten Dreh- und Angelpunkt des häuslichen Zusammenlebens entwickelt. Daher wurde auch in diesem Projekt der Gemeinschaftswaschraum umgesetzt.
Der Bezug der Wohnanlage ist im Frühsommer 2007 geplant.

Schlussbemerkung

Als besonders erwähnenswert ist anzuführen, dass alle ökologischen Maßnahmen ohne zusätzliche Projektfördermittel implementiert wurden. Die zusätzlichen Investitionskosten sollten sich jedoch rasch über die gewonnen Einsparungen bei den Betriebskosten amortisieren. So reduzieren sich z.B. die Kosten für die Trinkwasserbereitstellung um mehr als die Hälfte, die Kanalgebühren entfallen vollständig. Die Nutzung der Solarenergie senkt die Heizkosten um etwa ein Drittel und die hochwertige Dämmung ermöglichte es, den Heizenergiebedarf auf ¼ des ursprünglichen Gebäudestandards zu verringern.
Die Verwendung von lokalem Hackgut entkoppelt die Heizkosten von den schwankenden Energiepreisen der fossilen Brennstoffe.
Das Bewusstsein um die Notwendigkeit des Einsatzes von alternativer Energietechnik steigt in zunehmenden Maße, auch bei Mietinteressenten.
Nicht zuletzt nutzt der Bauträger daher auch ganz bewusst die innovativen und ökologischen Maßnahmen als Faktor in seinem Marketingkonzept, das sich doch deutlich von Mitbewerben abhebt, die zwar oft schnell, aber langfristig weder effizient noch nachhaltig bauen.
Die Aufnahme als Referenz- und Schauprojekt in die oststeirische Energieschaustraße ist eine weitere Erfolgsbestätigung dieser Strategie.
Das ökologische Gesamtkonzept entstand in Zusammenarbeit von Bauträger und AEE INTEC.

*) Ing. Christian Platzer ist Mitarbeiter der AEE INTEC, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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