Zeitschrift EE

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2008-03: Neue Trends in der Solarthermie

Solarthermie

Abbildung 1: Prototyp des Vakuumflachkollektors

Zur Bereitstellung solarer Prozesswärme über 120 °C bei hohen Wirkungsgraden wird eine neue Generation von Solarkollektoren benötigt. Für diesen Temperaturbereich besteht in Industrienationen eine große Nachfrage an industrieller Prozesswärme [1]. Des Weiteren können mit Temperaturen um 140 °C zweistufige Absorptionskältemaschinen effizient betrieben und damit solare Kälte bereitgestellt werden. Aus diesem Grund wird am ZAE Bayern ein stationärer, konzentrierender Vakuumflachkollektor für den Prozesswärmebereich von 120 °C bis 150 °C entwickelt, der unter mitteleuropäischen Bedingungen Wirkungsgrade von über 50 % erreicht.

Stationärer CPC-Kollektor mit Edelgasfüllung

Von Frank Buttinger, Markus Pröll und Wolfgang Schölkopf*

Konzept

Um effizient Wärme von 140°C mit Solarkollektoren erreichen zu können, müssen die Wärmeverluste der Kollektoren an die Umgebung minimiert werden. Dazu werden folgende Techniken eingesetzt: Die Strahlungsverluste werden durch Konzentration der Solarstrahlung über nicht nachgeführte CPC-Spiegel drastisch reduziert. Zur Verringerung der Konvektions- und Gaswärmeleitungsverluste wird der Kollektor bei geringem Innendruck (1 - 50 mbar) mit Luft oder Edelgasen betrieben. Weiterhin können die Festkörperleitungsverluste durch Verkleinerung der Berührflächen zwischen Absorber und Gehäuseteilen und durch Materialwahl verkleinert werden.
Der flache, modulare Aufbau (2 x 1 m Module) des Kollektors ermöglicht eine Aufstellung auf Flachdächern oder eine einfache Integration in die Gebäudehülle. Das Konstruktionsprinzip verspricht einen kostengünstigen Flachkollektor mit tiefgezogener Metallwanne und kleiner Modulgröße.

Kollektoraufbau

Der Aufbau des Kollektors beruht auf der Integration von parallel angeordneten Absorber-Reflektor-Einheiten in ein evakuiertes Flachgehäuse. Die durch die Solarglasscheibe eintretenden Sonnenstrahlen werden durch CPC-Spiegel auf die Absorberrohre konzentriert. Weitere Reflektoren unterhalb der Sammelrohre verhindern longitudinale Endverluste. Der Kollektor soll stationär mit ost-west-orientierten Absorberrohren betrieben werden.

Abbildung 2: Kollektoraufbau im Schnitt

Verlustreduktion durch Strahlungskonzentration

Die Reduktion von Wärmestrahlungsverlusten in Solarkollektoren ist wegen des Anstiegs der Wärmeverluste mit der vierten Potenz der Absorbertemperatur, bzw. der entsprechenden Temperatur der Glasabdeckung, sehr wichtig. Zum einen ist dies mit Hilfe von selektiven Schichten und zum anderen mit Hilfe von Strahlungskonzentration möglich. Die Nutzung selektiver Beschichtungen ist heute Stand der Technik. Dabei wird der Emissionsgrad der Absorberoberfläche, unter gleichzeitiger Beibehaltung hoher Absorptionsgrade, stark minimiert.
Die Strahlungskonzentration basiert auf dem Prinzip der Vergrößerung des Verhältnisses zwischen der von der Sonne bestrahlten Einstrahlfläche (Aperturfläche) und der tatsächlichen Absorberfläche. Die Einstrahlfläche sind dabei die Spiegel, welche die Sonnenstrahlung auf kleinere Absorber reflektieren. Somit wird die wärmeabstrahlende Oberfläche und damit die Strahlungsverluste minimiert. Zur Konzentration können Parabol- oder Fresnel-Spiegel verwendet werden, die dem Lauf der Sonne nachgeführt werden müssen, oder CPC-Spiegel (Compound Parabolic Concentrator), die in nicht-nachgeführten Kollektoren eingesetzt werden können [2].
Für den entwickelten stationären Kollektor wurde die optimale Geometrie für eine Prozesswärmeanwendung mit einer Arbeitstemperatur von 150 °C für einen mittel- und einen südeuropäischen Standort über Jahressimulationen ermittelt. Bewertungskriterien bei der Auswahl des geeigneten Reflektors waren neben den optischen Verlusten auch Herstellungsaufwand und Geometrie. Als Reflektorform wurde die symmetrische V-Form nach McIntire mit einer Konzentration von 1,8 gewählt [3].

Verlustreduktion mittels Vakuumtechnik

Zur Reduzierung der Konvektions- und Gaswärmeleitungsverluste wurden Untersuchungen mit verschiedenen Gasfüllungen bei unterschiedlichen Drücken angestellt. Durch eine Absenkung des Drucks im Kollektor in das Kontinuumsgebiet wird die Konvektion fast vollständig unterdrückt und der Wärmetransport im Gas findet nur noch durch reine Gaswärmeleitung statt [4]. Untersucht wurden als Füllgase Luft und Krypton. Als Referenzwert diente der Wärmeverlust mit Luft bei Umgebungsdruck.
Der Druckbereich des Kontinuumsgebiets befindet sich für den untersuchten Kollektor für Luft zwischen ca. 10 Pa und 5000 Pa und für Krypton zwischen ca. 10 Pa und 2500 Pa. Durch die Grobevakuierung in den Kontinuumsbereich können die Wärmeverluste im Arbeitsbereich 120 – 150 °C mit Luft um 40 % und mit Krypton um 60 % gesenkt werden.
Abbildung 3 zeigt dazu beispielhaft die Temperaturverteilung in einem Kollektorabschnitt im evakuierten (links) und unevakuierten (rechts) Zustand. Durch den, im evakuierten Zustand, geringen Wärmetransport mittels Gaswärmeleitung wird nur wenig Wärme vom Absorber an die umgebenden Teile abgegeben. Dadurch bleiben die Scheibe und der Kollektorrahmen relativ kalt, wodurch auch die Gesamtverluste des Kollektors and die Umgebung gering ausfallen. Anders im rechten Bild. Durch die Konvektion, die bei Umgebungsdruck auftritt, findet ein weitaus höherer Wärmeaustausch zwischen Absorber und umgebenden Teilen statt, die umgebenden Teile erwärmen sich stärker, und die Wärmeverluste erhöhen sich entsprechend.

Abbildung 3: Simulierte Temperaturverteilung im Schnitt durch eine symmetrische Absorber-Reflektor-Einheit
(TAbs = 150 °C, TUmg = 20 °C (GWL) und a) evakuiert bei p = 10 mbar und b) Umgebungsdruck p = 1000 mbar mit Luft)

Statik und Dichtung des Kollektors

Die Glasscheibe sowie die Wanne müssen den Kräften von etwa 10 t/m², welche aus der Druckdifferenz zwischen Umgebungsdruck und Vakuum resultieren, standhalten und dabei leicht und kostengünstig zu fertigen sein. Für den Kollektor wurde deshalb ein neuartiges Kollektorgehäuse entwickelt, das den Anforderungen an einen Vakuumflachkollektor genügt. Zwischen Scheibe und Wanne ist zur Abstützung ein Stützgerüst eingebracht, welches gleichzeitig die Spiegel zentriert, vgl. Abbildung 2.
Die Dichtung eines Vakuumkollektors zwischen Kollektorwanne und Glasscheibe und zu den Anschlüssen muss eine sehr geringe Leckrate aufweisen, sodass der Kollektor über seinen Betriebszeitraum von mindestens 20 Jahren im vorgesehenen Vakuumbereich arbeiten kann. Der neue Kollektor nutzt dazu eine Dichtung aus verschiedenen Polymeren. Bei diesen dauerelastischen Kleb-Dichtstoffen wurden Leckraten gemessen, die einen Betrieb des Kollektors im Kontinuumsbereich über einen Zeitraum von 20 Jahren garantieren. Damit kann der konstruktive und materielle Aufwand der Kollektordichtung, im Vergleich zu Standardausführungen, um ein Vielfaches reduziert werden.

Experimentelle Ergebnisse

Im Herbst 2007 wurde der erste Prototyp des Kollektors, mit einer Aperturfläche von 2 x 1 m aufgebaut. Seitdem werden am Freiluftprüfstand des ZAE Bayern in München ausführliche Messungen hinsichtlich seiner statischen, optischen und thermischen Eigenschaften durchgeführt.

Abbildung 4: Gemessene Wirkungsgradkurven des Kollektor-Prototyps für unterschiedliche Gasfüllungen

Ausblick

Schon mit dem ersten Prototyp des Vakuumflachkollektors konnte gezeigt werden, dass die Bereitstellung von Prozesswärme mit stationären Flachkollektoren mit hohen Wirkungsgraden möglich ist. Durch Verwendung optisch hochwertiger Glasabdeckungen und einer Verbesserung der Durchführung des Absorbers durch die Gehäusewand ist eine nochmalige Verbesserung des Wirkungsgrades zu erwarten. In der folgenden Serienfertigung besteht großes Optimierungspotenzial vor allem in einer leichteren und Material sparenderen Bauweise sowie in der Auswahl der Materialien und den nötigen Fertigungsprozessen.
Mit der Markteinführung des Kollektors könnte nach entsprechender Fertigungsentwicklung in ca. zwei bis drei Jahren gerechnet werden.

Abbildung 5: Prototyp am Freiluftprüfstand

Literatur

  • [1] Ermittlung von Energiekennzahlen für Anlagen, Herstellverfahren und Erzeugnisse, Forschungsstelle für Energiewirtschaft, München, 1999.
  • [2] Rabl A., Comparison of solar concentrators, Solar Energy 18, 93-111, 1975.
  • [3] Pröll M., et al.: Simulationsprogramm zur optisch-thermischen Optimierung und Ertragsvorhersage für die Entwicklung eines solarthermischen Kollektors, Tagungsband 17. Symposium Thermische Solarenergie 2006, OTTI e.V., Regensburg, 2007.
  • [4] Beikircher T., Gaswärmeleitung in evakuierten Sonnenkollektoren, LMU München, 1996.Biermayr, et al., 2008: Peter Biermayr, Werner Weiss, Irene Bergmann; Erneuerbare Energie in Österreich – Marktentwicklung 2007, Berichtsteil Solarthermie; EEG und AEE INTEC, Wien, 2008

*) Dipl.-Ing. Frank Buttinger ist Mitarbeiter am ZAE Bayern in Garching, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.zae-bayern.de
Dipl.-Phys. Markus Pröll ist Mitarbeiter am ZAE Bayern in Garching, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dipl.-Phys. Wolfgang Schölkopf ist Leiter der Abteilung 1 „Technik für Energiesysteme und Erneuerbare Energien“ des ZAE Bayern in Garching, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein![^]

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