Zeitschrift EE

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2009-03

Solarthermie

Abbildung 1

In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Systeme präsentiert, die eine Kombination von Solaranlagen und Wärmepumpen darstellen. Die Systeme auf dem Markt umfassen einfache Lösungen, bei denen die Solarkollektoren und die Wärmepumpe ohne Interaktion und Ausnutzung möglicher Synergieeffekte nebeneinander arbeiten, bis hin zu ausgeklügelten Systemen, beispielsweise mit Phasenwechselmaterialwärmespeichern.

Solarthermie und Wärmepumpen - getrennt oder zusammen?

Von Hans-Martin Henning und Marek Miara *

Stand der Nutzung von Wärmepumpen zur Wärmebereitstellung in Gebäuden
In zwei aktuell laufenden Projekten, die am Fraunhofer ISE durchgeführt werden, wird jeweils eine große Anzahl von Wärmepumpen im realen Einsatz vermessen. Dabei werden mit hoher zeitlicher Auflösung Volumenströme, Temperaturen, Wärmemengen und Stromverbräuche erfasst und per Datenfernabfrage täglich am Institut gespeichert und ausgewertet (weitere Details zu den Projekten unter [1] und [2].
Abbildung 2 stellt die mittleren Jahresarbeitszahlen (JAZ) der ausgewerteten Sole/Wasser-Wärmepumpenanlagen aus dem Projekt „WP-Effizienz“ (Neubau) dar. Der Mittelwert für die erfassten JAZ liegt im Jahr 2008 bei 3,8 (Neubau) und 3,3 bei den Bestandsgebäuden (Projekt „WP im Gebäudebestand E.ON“).

Abbildung 2: Mittlere Arbeitszahlen der Sole/Wasser-Wärmepumpenanlagen im Jahr 2008 (Neubau)

Die Anlagen sorgen sowohl für die Bereitstellung der Heizwärme als auch für die Erwärmung des Brauchwassers. Für den reinen Heizbetrieb der Wärmepumpenanlagen beträgt der Mittelwert der Arbeitszahlen bei aktuellem Baustandard 4,1. Die elektrische Zusatzheizung (z. B. Heizstab) wird bei der Berechnung der genannten Arbeitszahlen berücksichtigt.

Übersicht über Systemtypen
Im Folgenden wird ein erster Versuch unternommen, die auf dem Markt identifizierten Kombinationen aus Solaranlagen und Wärmepumpen zu systematisieren und der entsprechende Systemtyp wird jeweils kurz vorgestellt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Für zwei beispielhafte Varianten wurden die Anlagenschemata dargestellt, die sich auf die Hauptbestandteile der Systeme beschränken (weitere Anlagenschemata unter [3]).

  • Systemtyp 1 – „Unabhängig voneinander operierend“
    Abbildung 3: Schema Systemtyp 1 – „Unabhängig voneinander operierend“
    Die Hauptbestandteile der Anlage arbeiten unabhängig voneinander. Der Aufbau ist unkompliziert, die Regelung für Wärmepumpe und Solaranlage ist voneinander getrennt. Der Hauptvorteil – neben der Brauchwassererwärmung durch Solarenergie – ist die Senkung der benötigten Durchschnittsvorlauftemperatur auf Kondensatorseite und der damit verbundene Anstieg der Arbeitszahl. Es findet bei dem System keine Nutzung von Solarenergie auf der Wärmequellenseite der Wärmepumpe statt, sondern lediglich eine reduzierte Wärmeabnahme im Sommer aufgrund der solaren Brauchwassererwärmung.
  • Systemtyp 2 – „Aktive Regeneration“
    Hauptmerkmal dieser Variante ist die Nutzung der Solarenergie zur Regenerierung der Solewärmequelle. Zu beachten ist, dass die aktive Regenerierung eine Dehydrierung/das Abtrocknen der Sole im Bohrbereich, verursachen kann, was einen Nachteil im Hinblick auf eine zukünftige natürliche Regeneration darstellt. Ein weiteres Problem ist die mögliche Abfuhr der gespeicherten Energie über das Grundwasser. Dieser Prozess kann den Vorteil der aktiven Regeneration des Bohrbereiches erheblich verringern, hängt jedoch von lokalen Gegebenheiten ab. Das System erhöht den Gewinn an Solarenergie und mindert die Gefahr einer Stagnation des Solarkollektors im Sommer.
  • Systemtyp 3 – „Großer Pufferspeicher“
    Der Herzstück des Systems – ein Pufferspeicher – verfügt über ein großes Volumen (z. B. 800 l) und dient auch als Wärmequelle für die Wärmepumpe; sinkt die Speichertemperatur zu weit ab, nutzt die Wärmepumpe das Erdreich als Wärmequelle. Als Konsequenz der vielen hydraulischen Komponenten (unter anderen zwei Wärmespeicher) benötigt das System mehr Platz, verursacht einen höheren Kostenaufwand und die Regelung ist aufwändiger. Eine aktive Regenerierung der Wärmequelle ist dabei zumeist nicht vorgesehen.
  • Systemtyp 4 – „Maximale Integration“
    Der Kernbestandteil des Systems ist der Schichtwärmespeicher. Der Verflüssiger der Wärmepumpe ist direkt im Wärmespeicher platziert. Es findet keine aktive Regenerierung der Wärmequelle statt. Solaranlage und Wärmepumpe operieren unabhängig voneinander, sind jedoch über den Wärmespeicher verbunden (solares Kombisystem). Das System ist sehr kompakt und hoch integriert mit nur einem Steuerelement. Die Brauchwassererwärmung erfolgt über einen externen Wärmetauscher.
  • Systemtyp 5 – „Unverglaste Solarkollektoren“
    Das System nutzt die unverglasten Solarkollektoren zur Erhöhung der Vorlauftemperatur für die Wärmepumpe und für die aktive Regenerierung des Erdreichs, jedoch nicht zur Brauchwassererwärmung. Die nicht abgedeckten Solarkollektoren sind kostengünstiger als übliche abgedeckte Kollektoren und ermöglichen eine einfache Integration der Kollektoren in die Hausfassade. Ähnlich wie bei anderen Systemen mit aktiver Regenerierung der Solewärmequelle besteht die Möglichkeit die Erdsonden kleiner zu dimensionieren.
  • Systemtyp 6 – „Solares Heizungssystem“
    Abbildung 4: Schema Systemtyp 6 – „Solares Heizsystem“
    Systemtyp6_Henning.jpg
    Hauptbestandteile dieses Systems sind spezielle Hybridsolarkollektoren mit Luftwärmetauscher, Wärmepumpe, Trinkwasserspeicher und Eisspeicher. Der Eisspeicher akkumuliert die durch die Hybridkollektoren gewonnene Energie mit hoher Energiedichte. Die Wärmepumpe nutzt als Wärmequelle den Eisspeicher und produziert Wärme für Heizung und Brauchwasser. Auf Grund niedriger Speichertemperatur kennzeichnen den Speicher geringe Verluste. Es besteht kein Bedarf für Erdsonden oder Erdkollektoren als Wärmequelle. Der Hybridkollektor nutzt die Sonneneinstrahlung oder die Umgebungsluft als Wärmequelle zur Speicherladung.
  • Systemtyp 7 – „Luft-Wärmepumpen mit solarer Unterstützung“
    Die Hauptbestandteile des Systems sind Solarkollektoren, eine Luft-Wasser-Wärmepumpe sowie ein Wärmespeicher. Die Wärmepumpe nutzt die Energie der Solarkollektoren oder der Umgebungsluft als Wärmequelle; in einigen Anlagen kommen spezielle Verdampfer zum Einsatz, die sowohl mit Luft als auch mit Sole betrieben werden können. Der Solarkollektor produziert direkt Wärme für Heizung und Brauchwasser, sofern das erforderliche Temperaturniveau erreicht wird. Es sind keine Erdsonden oder Erdkollektoren erforderlich.

Ergebnisse der Systemsimulationen

Im Folgenden werden erste Ergebnisse der Systemsimulationen beschrieben. Diese sollen einen Anhaltspunkt dafür geben, welche Verbesserungen erreichbar sind, wenn eine übliche Solaranlage und eine Luft-Wasser-Wärmepumpe kombiniert werden und das nutzbare Temperaturniveau der Solaranlage dadurch ausgedehnt wird, dass die Solaranlage als Niedertemperatur-Wärmequelle der Wärmepumpe genutzt wird. Die detaillierten Rahmenbedingungen für die durchgeführte Simulationen sind unter [3] zu finden.
Als Systemkonzept wurde eine ähnliche Variante wie Systemtyp 7 gewählt; allerdings sind im Rechenmodell die Solaranlage und die Wärmepumpe über einen Niedertemperatur-Pufferspeicher gekoppelt. Die Solaranlage gibt Wärme an diesen Pufferspeicher ab, sofern das Temperaturniveau nicht für eine direkte Versorgung von Heizung und/oder Brauchwasserbereitung ausreicht. Die Wärmepumpe nutzt je nach verfügbarem Temperaturniveau entweder Wärme aus dem Niedertemperatur-Pufferspeicher oder aus dem Außenluftwärmetauscher.
Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass die Nutzung einer üblichen solaren Brauchwasseranlage zu einer deutlichen Reduktion des Stromverbrauchs im Vergleich zu einer reinen Versorgung mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe führt. Die Rechnungen zeigen dabei, dass sich dieser Effekt einerseits aus dem unmittelbaren Beitrag der solar bereit gestellten Wärme und andererseits aus den günstigeren Betriebsbedingungen für die Wärmepumpe und der resultierenden erhöhten Arbeitszahl der Wärmepumpe von 3,03 auf 3,15 zusammensetzt. Die Nutzung der Solaranlage als Niedertemperaturwärmequelle für die Wärmepumpe bringt in der hier untersuchten Variante (Niedertemperatur-Pufferspeicher, Wasser, 300 Liter) eine weitere Steigerung der System-Arbeitszahl von 3,59 auf 3,65. Interessant erscheint der Einsatz eines Latentwärmespeichers, der die Niedertemperaturwärme der Wärmepumpe auf einem Temperaturniveau von 15-20 °C einspeichern kann. Der Ersatz des Wasserspeichers durch einen derartigen Latentwärmespeicher verspricht eine signifikante Erhöhung der System-Jahresarbeitszahl auf über 4,0. Hier ist sicher noch eine Optimierung möglich, wobei ein höheres Temperaturniveau des Schmelzbereichs günstiger ist für die Arbeitszahl der Wärmepumpe und ungünstiger für die Solaranlage (und entsprechend umgekehrt). Der optimale Schmelzbereich ist insofern von der Wärmepumpe (Kennlinie), den Kennwerten der Solaranlage als auch dem Klima abhängig.

Zusammenfassung und Ausblick

Wärmepumpen haben einen guten technischen Stand erreicht und ermöglichen bei einer entsprechenden Auslegung, Installation und Betriebsführung eine primärenergetisch günstige Wärmeversorgung von Wohnhäusern. Die Kombination von Wärmepumpen und solarthermischen Anlagen erlaubt eine darüber hinaus gehende signifikante Reduktion des Energiebedarfs für Heizung und Brauchwassererwärmung. Durch diese Kombination eröffnet sich eine Vielfalt an technischen Lösungsansätzen, von denen heute bereits etliche am Markt verfügbar sind. Das Potenzial dieser Kombination ist jedoch sicher noch nicht vollständig ausgeschöpft und durch zusätzliche neue Komponenten, wie z.B. den in diesem Beitrag untersuchten Latentwärmespeicher auf der Seite der Niedertemperatur-Wärmequelle ergeben sich weitere sinnvolle Lösungsansätze. Die wesentlichen Herausforderungen liegen zurzeit in der Identifikation und Entwicklung optimierter technischer Lösungsansätze in Bezug auf energetische und ökonomische Aspekte sowie deren Umsetzung in ausgereifte, betriebssichere und für den Installateur handhabbare Produkte. Weitere Aufgaben sind die Entwicklung angepasster optimierter Regelungskonzepte sowie die Entwicklung von Bewertungsverfahren, in denen die unterschiedlichen Systemkonzepte fair und unter Verwendung klar definierter Kriterien vergleichend bewertet werden können.
Das Solar Heating & Cooling Programme sowie das Heat Pump Programme der Internationalen Energie-Agentur (IEA) haben die Thematik der Kopplung von elektrischen Wärmepumpen und solarthermischen Anlagen als wichtiges Thema identifiziert und die Implementierung eines entsprechenden, internationalen Projektes im Rahmen dieser Programme befindet sich in der Vorbereitung.

Literatur

  • [1] Miara, Marek: Richtig geplant – wirklich gespart, in IKZ Haustechnik, Heft 3, Feb. 2009, S. 28-32.
  • [2] Miara, Marek: Feldmessung – neuer Wärmepumpen „Wärmepumpen-Effizienz“ – Zwischenergebnisse, in: 6. Forum Wärmepumpe, Tagungsband 2008, Berlin 2008, S. 40-44.
  • [3] Henning, Hans-Martin; Miara, Marek: Kombination Solarthermie und Wärmepumpe – Lösungsansätze, Chancen und Grenzen, in: Tagungsband 19. Symposium Thermische Solarenergie, Staffelstein 2009, S. 40-44.

*) Dr. Hans-Martin Henning leitet die Abteilung „Thermische Anlagen und Gebäudetechnik am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!,
Dipl. Ing.
Marek Miara leitet das Team „Wärmepumpen“ am Fraunhofer ISE Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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