Zeitschrift EE

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2011-04

Industrielle Prozesse

Abbildung 1: Untersuchte Betriebe in Österreich, Bulgarien und Großbritannien (Quelle: AEE INTEC)

Im Rahmen von 72 Energieberatungen in Europa soll mit der EINSTEIN Methode und Software das große Potential der betrieblichen Energieeinsparung und des Einsatzes von erneuerbarer Energie für Produktionsprozesse gezeigt werden. Durch das EU-Projekt EINSTEIN wurden dieses Software-Instrument und diese Methode entwickelt, um Industriebetrieben mit geringem Kostenaufwand eine konkrete Aussage über mögliche Einsparungspotentiale geben zu können.

Mit EINSTEIN zu geringeren Energiekosten
Erste Ergebnisse durchgeführter Energie-Audits in Europa

Von Jürgen Fluch, Christoph Brunner, Matthäus Hubmann *

Das Ziel der EINSTEIN Methode ist die rasche Identifizierung von möglichen Einsparungspotentialen in Industriebetrieben sowie großen öffentlichen Gebäuden oder Sportstätten. Dazu werden die energieintensivsten Energieströme erfasst und mithilfe der Pinch Analyse Umsetzungskonzepte zur Wärmeintegration definiert. Begleitend werden mögliche Prozessoptimierungen erkannt und in die am Ende der Audits vorliegenden Konzepte integriert. In einem weiteren Schritt wird die Energieversorgung untersucht und Potentiale zum Einsatz erneuerbarer Energien zur Substitution fossiler Energieträger aufgezeigt. Durch die standardisierte EINSTEIN Audit Methode und im Hintergrund angewandte Modelle können Prozesse abgebildet und der Aufwand für ein Energie-Audit sowohl zeitlich als auch monetär deutlich reduziert werden.
Im Rahmen der ersten Runde von durchgeführten Energieberatungen im Projekt EINSTEIN wurden in Europa 10 Industriebetriebe und Groß-Gebäude untersucht, davon von AEE INTEC Betriebe in Österreich, Bulgarien und Großbritannien (Abbildung 1). Das Spektrum reichte dabei von Brauereien, metallbearbeitenden Betrieben über Schulen sowie einem Rechenzentrum, wodurch die vielfältigen Einsatzgebiete der EINSTEIN Software getestet wurden.
Im ersten Schritt der EINSTEIN Audit Methode wurde den untersuchten Betrieben eine Frageliste zugesandt, in welcher der notwendige Datenumfang spezifiziert ist. Darin enthalten sind

  • Informationen zum Betrieb (Produkte, Fließschemata, Energieverbrauch und -kosten, Mitarbeiter, Gebäudebestand, Betriebszeiten…),
  • Beschreibungen der energieintensivsten Prozesse (Prozesstyp, Produktmenge, ein- und austretende Stoff- und Energieströme),
  • Informationen zu Heiz- und Kühlsystemen (Spezifikationen, Brennstoffverbrauch pro Equipment, Abgastemperaturen…)
  • sowie Wärmespeicher und Wärmetauscher.

Im Rahmen von Firmenbesuchen wurden fehlende Daten durch Gespräche mit Angestellten und schnellen Messungen ergänzt. Im nächsten Schritt wurden die Prozesse in EINSTEIN modelliert und der“ present state“ (Ist-Zustand) abgebildet, um die Energieströme in den Betrieben je Prozess und Verbraucher zu identifizieren und mit gemessenen bzw. zur Verfügung gestellten Energieverbräuchen abzugleichen. In EINSTEIN wird nicht von gemittelten Werten über ein Jahr ausgegangen, sondern die Prozesse zum tatsächlichen Betriebszeitpunkt über Stundenmittelwerte über ein ganzes Kalenderjahr dargestellt. So werden zeitliche Abhängigkeiten und saisonale Schwankungen gut erfasst und bewertet.

Ergebnisse

In allen untersuchten Industriebetrieben und Gebäuden konnten Einsparungspotentiale und Maßnahmen zur Effizienzsteigerung erkannt werden. Darin enthalten sind zum einen Umsetzungskonzepte mit Wärmetauschernetzwerken (Nutzung von Abwärmen als Energiequellen in anderen Prozessen zur Steigerung der Gesamtenergieeffizienz). Zum anderen wurde der Einsatz von Solarkollektoren bzw. Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) zur Deckung des thermischen und elektrischen Bedarfs vorgeschlagen bzw. ein neuer Kessel installiert. Mit den Verantwortlichen wurden diese Schritte und deren wirtschaftliche Bewertungen in EINSTEIN (Investitions- und Betriebskosten, pay-back-period) diskutiert sowie die ökologisch und ökonomisch sinnvollsten Varianten ausgewählt. Die Ergebnisse von vier Projekten sollen im Folgenden näher dargestellt werden.

  • Projekt 1: Errichtung einer KWK-Anlage (teilweise Deckung des elektrischen und thermischen Energiebedarfs mittels Gasturbine, elektrische Nennleistung 650 kW)
  • Projekt 2: Installation von 2 Wärmetauschern (Reduktion des Primärenergiebedarfs, thermische Leistung gesamt 101 kW) und Errichtung einer Solaranlage (teilweise Deckung des thermischen Energiebedarfs, thermische Nennleistung 500 kW)
  • Projekt 3: Substitution des bestehenden Kessels zur Deckung des Heizbedarfs (thermische Nennleistung 40 kW)
  • Projekt 4: Errichtung einer Solaranlage (teilweise Deckung des thermischen Bedarfs für Heizung und Warmwasser, thermische Nennleistung 811 kW)

Die Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen sind in Abbildung 2 ersichtlich. Im Vergleich zum „present state“ kann der Gesamt-Primärenergieeinsatz in allen Projekten zwischen 12 % und 43 % verkleinert werden. Damit wird der Einsatz fossiler Energieträger und die daraus entstehenden CO2-Emissionen deutlich reduziert. Insgesamt kann im Falle der Umsetzung der Konzepte mit einer Einsparung an eingesetzter Primärenergie um 13.964 MWh sowie einer Reduktion der CO2-Emissionen um 2.304 t gerechnet werden.
Bis zum Ende des Projektes im Mai 2012 werden in Europa 72 Energie-Audits durchgeführt (30 davon von AEE INTEC) und dabei Potentiale zur Reduktion der in den Industriebetrieben und Groß-Gebäuden eingesetzten Primärenergie und CO2-Emissionen dargestellt und die tatsächlich umgesetzten Maßnahmen verfolgt.

Abbildung 2: Ergebnisse der Energie-Audits in 4 untersuchten Indstriebetrieben/Gebäuden (Quelle: AEE INTEC)

Erklärung: PEC…Primärenergieeinsatz; present state…Ist-Zustand; proposal…vorgeschlagene Alternative

*) DI Christoph Brunner ist Leiter der Forschungsgruppe „Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE“ von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!); DI Jürgen Fluch ist Mitarbeiter der Forschungsgruppe „Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE“ von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!); DI Matthäus Hubmann ist Mitarbeiter der Forschungsgruppe „Industrielle Prozesse und Energiesysteme – IPE“ von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!). [^]

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