Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2011-04

Solarthermie

Abbildung 1:Ansicht der am Dach einer riesigen Lagerhalle montierten 36.305 m² großen Kollektorfläche (Bildquelle: Millennium Energy Industries)

Solarthermische Großanlagen zur Generierung von Wärme für Nah- oder Fernwärmenetze, industrielle Prozesse als auch thermisch getriebene Kältemaschinen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Zahlreiche Projekte in Europa (insbesondere in Dänemark), in China als auch im arabischen Raum unterstreichen diesen Trend eindrucksvoll. Die aktuell weltgrößte solarthermische Anlage wurde in Riad, Saudi Arabien von Millennium Energy Industries errichtet und hat mit Ende Juli 2011 ihre Wärmelieferung aufgenommen.

Die weltgrößte solarthermische Anlage in Riad

Von Christian Fink, Rudolf Moschik, Robert Hausner und Hisham Mikhi *

Das Projekt

Nördlich von Riad, Saudi Arabien, wird aktuell das Princess Noura Bint Abdulrahman Universitätsareal für Frauen errichtet. Der insgesamt 8 km² große Universitätscampus bietet neben 13 Universitätsfakultäten auch Platz für die Beherbergung von rund 40.000 weiblichen Studierenden, dem gesamten Lehr- und Übungspersonal, ein eigenes Krankenhaus sowie jede sonst notwendige Infrastruktur, womit das Areal einer selbstständigen Stadt gleicht. Die Versorgung dieser zahlreichen und vielfältigen Verbraucher mit Warmwasser als auch mit Raumwärme (über 40 Heiztage in Riad) erfolgt über ein Fernwärmenetz. Gespeist wird das Fernwärmenetz zentral über die 36.305 m² Kollektorfläche (ca. 25 MWth) umfassende thermische Solaranlage und einem Ölheizkesselsystem mit insgesamt 70 MWth Spitzenleistung. Die Sommerlast des Fernwärmenetzes wurde mit rund 30 MWth veran-schlagt. Mit der Planung und Errichtung des gesamten Solarprojektes sowie dessen Betriebsführung über zumindest ein Betriebsjahr wurde Millennium Energy Industries beauftragt.

Das Solarsystem

Die gesamte Kollektorfläche von 36.305 m² wurde als zentrales Kollektorfeld am Flachdach einer über 60.000 m² großen Lagerhalle ausgeführt. Die solarthermisch generierte Wärme wird überwiegend direkt in das Fernwärmenetz eingespeist. Zur Überbrückung von Zeiten mit hoher Einstrahlung und geringem Verbrauch wurde ein Speichersystem mit einem Volumen von insgesamt 900 m³ eingeplant.
Seitens des Planers und Errichters der solarthermischen Anlage (Millennium Energy Industries) erfolgte zu Beginn ein Screening zu geeigneten Kollektoren, die einerseits die Anforderungen von Anlagen in dieser Größenordnung und andererseits die speziellen klimatischen Rahmenbedingungen im mittleren Osten erfüllen. Neben den Aspekten der Energieeffizienz und der Ökonomie wurde hierbei Hauptaugenmerk auf eine günstige Hydraulik mit Hinblick auf eine einfache Integration in große Kollektorfelder bei minimiertem Verrohrungsaufwand außerhalb des Kollektors geachtet. Darüber hinaus musste die Vorgabe erfüllt werden, dass der Kollektor statische Belastungen resultierend aus Sandstürmen bis über 150 km/h standhält.

Abbildung 2: Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Kollektorfeldes und der Kollektorfeldverrohrung in der finalen Phase der Fertigstellungsarbeiten der 36.305 m² großen Solaranlage. Im Hintergrund ist die Skyline von Gebäuden des Universitätsareals zu erkennen. (Bildquelle: AEE INTEC)

Abbildung 3: Sechs Speicher zu je 150 m³ geben die Möglichkeit einer Ausgleichsspeicherung über einige Stunden (Bildquelle: AEE INTEC)

Abbildung 4: Ansicht der Plattenwärmetauscher für das Solarsystem (Bildquelle: AEE INTEC)

Starke österreichische Beteiligung am Projekt

Den Zuschlag für die Kollektorlieferung erhielt schlussendlich der österreichische Kollektorproduzent GREENoneTEC mit seinem Großflächenkollektor GK 3100. Dieser Großflächenkollektor wurde 2009 in Kooperation mit AEE INTEC insbesondere für den Einsatz in solarthermischen Großanlagen entwickelt. Die spezielle hydraulische Ausführung des Mäanderrohrabsorbers in Verbindung mit den Vor- und Rücklaufsammelrohren erlauben einfache Parallelschaltungen von bis zu 110 m² Kollektorfläche (11 Kollektoren) bei Tichelmannanspeisung und 80 m² Kollektorfläche (8 Kollektoren) bei Verzicht auf eine Tichelmannanspeisung. Als Indikator hierbei wurde die Strömungsverteilung in den parallelen Absorberrohren definiert. Bei den oben definierten Grenzen stellt sich ein Verhältnis zwischen höchster und niedrigster Strömungsgeschwindigkeit von maximal 1,5 ein, was einerseits eine kostengünstige Verrohrung der Kollektorfelder bei geringsten Wärmeverlusten ermöglicht und andererseits partielle Stagnation praktisch ausschließt.
Weiters wurde AEE INTEC von Millennium Energy Industries im gegenständlichen Projekt mit der Durchführung des Hydraulikdesigns des gesamten Solarprimärkreislaufes inkl. der Konzeptentwicklung im Bereich Stagnationsverhalten und Sicherheitstechnik beauftragt.

Ausblick

Die Inbetriebnahme der thermischen Solaranlage und damit auch der Beginn der Wärmelieferung an das Wärmenetz erfolgten mit Ende Juli 2011. Die Fertigstellung der Bauaktivitäten des gesamten Universitätsareals und somit die Aufnahme des vollen Ausbildungsbetriebes befindet sich aktuell in der finalen Phase. Ein entsprechendes Monitoring für die solarthermische Anlage ist geplant und wird Aufschluss über die Funktionalität einzelner Hydraulikdetails und Lösungen im Umgang mit Anlagenstagnation sowie auch der energetischen Gesamtperformance geben.

*) Ing. Christian Fink, Ing. Rudolf Moschik und DI Robert Hausner sind Mitarbeiter der AEE INTEC (www.aee-intec.at); DI Hisham Mikhi ist Geschäftsführer der Millennium Energy Industries GmbH (www.millenniumenergy.co.uk) [^]

Top of page