Zeitschrift EE

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2011-03

Windkraftnutzung

Abbildung 1: 400-m²-Solaranlage für Früchtetrocknung, Alimentos -Campestres, Guatemala Quelle: CONA Entwicklungs- und Handes GesmbH

Wachsender Beliebtheit erfreuen sich in den letzten Jahren Kleinwindkraftanlagen. Darunter versteht man Anlagen bis max. 10kW zusammen. Eine genaue Definition gibt es aber nicht. Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Richtlinien (Bauordnung, Elektrizitätsrecht), welche eine Grenze darstellen, und ab deren Überschreitung die Genehmigungsverfahren aufwendiger werden. Doch bei der Planung und der Anlagenwahl ist Vorsicht geboten. Vor allem die Standortwahl stellt eine Herausforderung dar.

Kleinwindkraftwerk

Von Daniel Reiterer *

Technik

Rein optisch leicht zu unterscheiden sind die unterschiedlichen Rotortypen. Der Horizontalläufer ist wohl das verbreitetste System und auch aus der Großwindkraft bekannt. Doch auch Vertikalläufer in Form des H-Darrieus- und des Savoniusrotors sind am Markt verfügbar, jedoch nicht sehr verbreitet. Der Horizontalläufer benötigt eine Windnachführung. Hierbei unterscheidet man ebenfalls unterschiedliche Systeme: Der Leeläufer braucht keine gesonderte Nachführung, da seine Rotorblätter selbst als Windfahne fungieren und die Anlage somit immer im Wind steht. Die Nachführung per Windfahne ist das einfachste System und bei kleinen Anlagen verbreitet, weil einfach und kostengünstig. Eine weitere Variante ist die Nachführung per Windrichtungsmessung und Stellmotor, wie auch in der Großwindkraft üblich.

Abbildung 1: Gebräuchliche Rotortypen:
Horizontalläufer mit Windfahne als Nachführung Quelle: AEE NÖ-Wien
Vertikal: H-Darieus Rotor Quelle: AEE NÖ-Wien
Savonius Rotor Quelle: www.newtak.it

Abbildung 2:
Weitere Arten der Nachführung (nur bei Horizontalanlagen erforderlich)
Nachführung per Stellmotor Quelle: www.maschinenmarkt.vogel.de
Leeläufer Quelle: AEE NÖ-Wien

Die Netzanbindung ist mit jener von Photovoltaikanlagen zu vergleichen: Mittels Wechselrichter wird der erzeugte Strom in eine netzkonforme Frequenz umgewandelt. Dabei kann nicht immer eingespeist werden. Wenn nur wenig Wind weht, wird zwar Energie erzeugt, diese ist aber für die Einspeisung zu gering und wird verheizt bzw. nicht genutzt. Es ist sinnvoll diese für die Heizung von Warmwasser- oder Pufferspeichern zu verwenden. Dies kann relativ einfach über eine elektrische Heizpatrone realisiert werden.

Abbildung 3: Schema Elektrische Anbindung

Sturmsicherung

Essenziell bei Kleinwindkraftanlagen ist die Sicherung gegen Sturm. Ohne eine ausreichende Sicherung kann es schon bei kurzzeitigen Böen zu dramatischen Auswirkungen kommen. Die Zerstörung beschränkt sich dann nicht nur auf die mechanischen Komponenten. Im schlimmsten Fall können auch der Generator, die Steuerungselektronik bis hin zum Wechselrichter zerstört werden. Es finden sich verschiedene Arten von Sturmsicherungs- und Bremssystemen, meist in Kombination:

  • Stall-Regelung (Strömungsabriss)
  • Scheibenbremse
  • Generatorkurzschluss (Bremswirkung durch höheren mechanischen Widerstand)
  • „Aus dem Wind nehmen“ (durch drehen, Klappmechanismus oder Drehung der Rotorblätter)

Rechtliches

Im Wesentlichen sind 3 rechtliche Bereiche bei der Errichtung einer Kleinwindkraftanlage zu beachten:

  1. Baurecht (lokale Baubehörde: Gemeinde und Land)
  2. Elektrizitätsrecht (zuständiges EVU)
  3. Umweltrecht (zuständige Bezirkshauptmannschaft)

Je nach Bundesland oder sogar Ort gibt es also unterschiedliche Auflagen. Diese sind unbedingt im Vorhinein in Erfahrung zu bringen, um spätere Ungereimtheiten zu vermeiden.

Wirtschaftlichkeit

Ein wirtschaftlicher Betrieb ist unter den derzeitigen Bedingungen nur unter 2 Voraussetzungen möglich:

Guter Windstandort
Von guten Standorten spricht man ab 1000 Vollaststunden/Jahr. Das bedeutet, eine 10kW Anlage würde im Jahr 10.000 kWh erzeugen. Dies ist in Österreich allerdings nur in wenigen Gebieten der Fall. Aus diesem Grund muss unbedingt vor der Errichtung eine Standortanalyse durchgeführt werden. Professionelle unabhängige Messungen übersteigen schnell die 1000€ Marke. Es gibt jedoch auch andere, wenn auch ungenauere, Möglichkeiten um eine erste Einschätzung zu bekommen, wie die Messung mit Hobbywetterstationen, die Verwendung von Messdaten aus der Umgebung (Flugplätze, Wetterdienste etc.) und die Analyse des Geländes vor Ort. Bei der Verwendung von Windkarten ist Vorsicht geboten, da sich diese auf Höhen ab 50m beziehen. Das darunterliegende Relief, Gebäude und Vegetation schwächen den Wind jedoch maßgeblich ab.

Möglichst hoher Anteil an Eigenverbrauch
Sowohl die Installationskosten als auch die elektrischen Erträge (guter Standort vorausgesetzt) sind mit Photovoltaik vergleichbar. Für Kleinwindkraft gibt es allerdings kaum Förderungen. Da die eingespeiste kWh derzeit nur mit 9,7c vergütet wird, ist ein wirtschaftlicher Betrieb bei Einspeisung nicht möglich. Wird der Strom hingegen selbst verbraucht erspart man sich pro kWh je nach Stromanbieter bis zu 20c/kWh. Bei guten Standorten ist ein wirtschaftlicher Betrieb (kein Verlust) auf lange Sicht so gerade möglich.

Standortfrage

Unser Feldtest in NÖ hat leider gezeigt, dass die durchschnittliche Auslastung der betrachteten Anlagen nur bei knapp über 500 Vollaststunden/Jahr liegt. Viele Anlagen stehen nach unseren Untersuchungen auf Standorten, welche eigentlich nicht für Windkraft geeignet sind. Dies ist meist darauf zurückzuführen, dass die BetreiberInnen aus „Prestige Gründen“ unbedingt eine Anlage wollten. In einigen Fällen sind leider auch die maßlos überschätzten Prognosen von Anlagenvertreibern für diese Misere verantwortlich. Als Folge reduziert sich der Ertrag erheblich, und ein wirtschaftlicher Betrieb ist unmöglich.
Als Richtwert sollte eine Durchschnittswindgeschwindigkeit von mehr als 4 m/s = 14,4 km/h vorherrschen. Aussagekräftiger ist jedoch eine Windklassenverteilung (nur durch vor Ort Messungen ermittelbar), da vor allem die hohen Windgeschwindigkeiten interessant sind. Abbildung 4 zeigt eine Windklassenverteilung an einem sehr guten Standort im Weinviertel und eine beispielhafte Leistungskennlinie. Dabei wird die gegenläufige Tendenz der beiden Grafiken deutlich: Niedrige Windgeschwindigkeiten sind durch die Anlagen nicht nutzbar. Auf der anderen Seite sind nur selten hohe Geschwindigkeiten verfügbar bei denen die Anlage mit hoher Leistung arbeiten kann.

Abbildung 4: Windklassenverteilung (oben) und Leistungskurve (unten)

Zuverlässigkeit

Die notwendige Qualität der verkauften Anlagen ist leider nicht bei allen Herstellern gegeben. Teils lässt auch das Service nach dem Kauf zu wünschen übrig. Aus diesem Grund sind eine gewissenhafte Anlagenwahl und die Überprüfung der Referenzen der Hersteller unumgänglich.

Fazit

Kleinwindkraftanlagen können bei guten Windverhältnissen vor Ort dazu beitragen, den eigenen Stromverbrauch zu decken. Als lukratives Anlageobjekt sind sie unter den derzeitigen Bedingungen allerdings nicht zu sehen. Nähere Infos, Empfehlungen und Ergebnisse unserer Projekte finden Sie unter www.aee-now.at

Links:

  • Allgemeines: www.kleine-windkraft.at, www.aee-now.at
  • Feldtest NÖ: www.aee-now.at

 

Aktuell laufende Projekte:

  • Kleinwindkraftanlagen: Qualitätssicherung, Netzeinbindung, Geschäftsmodelle und Information www.evn.at/kleinwindkraft, www.bww.cc
  • STEP-A (Untersuchung des technologischen & ökonomischen Potentials von Kleinwindenergieanlagen in bewohnten Gebieten in Österreich) www.aee-now.at
  • IPPONG (Einsatz von numerischer Strömungssimulation zur optimalen Positionierung von Kleinwindkraftanlagen) www.aee-now.at

*) Daniel Reiterer M.A. ist Projektleiter von AEE NÖ-Wien, (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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